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aktuelles Dokument: FallloesungFall3Weinversteigerung
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Version [74192]

Dies ist eine alte Version von FallloesungFall3Weinversteigerung erstellt von JanaBonssWolf am 2016-11-24 20:07:05.

 

Fallbeispiel - Die Weinversteigerung


Lösungsvorschlag



 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/FallloesungFall3Weinversteigerung/Fall3Weinversteigerung.jpg)

1. Lösungsskizze:


E müsste den Wein bezahlen
Voraussetzungen: Anspruch auf Kaufpreiszahlung nach § 433 II BGB erworben, Anspruch nicht verloren, Anspruch durchsetzbar


I. Anspruch erworben?
Voraussetzungen: Vertragsschluss, Inhalt, Wirksamkeit


1. Vertragsschluss
Voraussetzungen: Zwei übereinstimmende Willenserklärungen in Form von Angebot (§ 145 BGB) und Annahme (§§ 147 ff. BGB)
E und S nehmen an Versteigerung teil, somit gilt für Vertragsschluss § 156 BGB.
E müsste Gebot (Angebot) abgegeben haben und S müsste Zuschlag (Annahme) erteilt haben.


a. Gebot (Angebot) des E
P Fraglich ist, ob das Winken des E eine Willenserklärung darstellt
Voraussetzungen: innerer und äußerer Tatbestand der Willenserklärung


aa. Äußerer Tatbestand = objektiver Tatbestand (+)
Aus Sicht eines objektiven Dritten (Empfängerhorizont) (+)
Sachverhalt: Nach den deutlich aushängenden Versteigerungsbedingungen signalisiert Winken mit der Hand die
Abgabe eines höheren Kaufangebots. Ein objektiver Dritter musste davon ausgehen, dass E mit dem Armheben ein
Gebot über 150 € abgibt.


bb. Innerer Tatbestand = subjektiver Tatbestand
Voraussetzungen: Handlungswille, Erklärungsbewusstsein, kein Willensvorbehalt


aaa. Handlungswille (+)
= Bewusstsein zu handeln
Sachverhalt: Beim Heben des Armes hatte E das Bewusstsein zu handeln.


bbb. Erklärungsbewusstsein (+)
= Bewusstsein des Handelnden (hier E), dass sein Handeln irgendeine rechtserhebliche Erklärung darstellt.
Sachverhalt: E nahm schon zum wiederholten Male an einer Versteigerung teil. Ihm musste daher bewusst
sein,dass das Heben des Armes als rechtsgeschäftliche Handlung bewertet wird und für ihn Rechtsfolgen
auslöst.


ccc. Kein Willensvorbehalt (+)
Keine Hinweise ersichtlich


ddd. Innerer Tatbestand = subjektiver Tatbestand (+)


cc. Gebot (Angebot) des E (+)


b. Zuschlag (Annahme) durch S (+)
Sachverhalt: S hat E den Zuschlag erteilt.


2. Vertragsschluss zwischen E und S (+)


3. Vertragsinhalt (+)
Sachverhalt: Gegenstand des Vertrags ist der Kauf von Wein.
Somit liegt inhaltlich Kaufvertrag vor.


4. Wirksamkeit (+)
Keine Wirksamkeitshindernisse ersichtlich.


5. Anspruch erworben (+)

II. Anspruch verloren (-)


III. Anspruch durchsetzbar (+)

Ergebnis:
E muss den Wein bezahlen.


Lösungsskizze Fall 3 – Abwandlung 1


Lösungsskizze bis Pkt. bbb) Erklärungsbewusstsein identisch!


bbb. Erklärungsbewusstsein (-)
= Bewusstsein des Handelnden (hier E), dass sein Handeln irgendeine rechtserhebliche Erklärung darstellt
Sachverhalt: E hat noch nie an einer Versteigerung teilgenommen.
Ihm ist daher nicht bewusst, dass er durch das Heben des Armes eine rechtserhebliche Erklärung abgibt.


P Es stellt sich die Frage, ob durch das fehlende Erklärungsbewusstsein auch eine ungültige WE vorliegt?


2 Ansichten vertretbar:
Willenstheorie vs. Erklärungstheorie


(1) Willenstheorie
Erklärungsbewusstsein ist maßgeblicher Bestandteil der WE. Dies wird aus einem Umkehrschluss aus § 118 BGB
hergeleitet. Ohne Erklärungsbewusstsein fehlt es an der notwendigen privatautonomen Gestaltung in Selbstbestimmung.


Nach dieser Ansicht: WE des E (-)


(2) Erklärungstheorie
Nach h. M. ist Erklärungsbewusstsein nicht zwingender Bestandteil einer WE. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass generell der
Erklärungsempfänger das Erklärungsrisiko trägt. WE liegt auch dann vor, wenn Erklärende kein Erklärungsbewusstsein hatte, aber bei
gehöriger Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als WE
aufgefasst werden durfte (Erklärungsfahrlässigkeit).
Sachverhalt: Versteigerungsbedingungen waren deutlich sichtbar ausgehangen. Bei sorgfältigem Lesen hätte E erkennen können, dass
Winken mit der Hand ein Angebot auslöst. Folglich hätte E vermeiden können, dass sein Winken nach objektiver Ansicht als WE
aufgefasst werden durfte.


Nach dieser Ansicht: WE des E (+)


Folgt man der Erklärungstheorie ist der weitere Aufbau identisch mit dem Ausgangsfall!


Lösungsskizze Fall 3 – Abwandlung 2


Lösungsskizze bis Pkt. bbb) Erklärungsbewusstsein identisch


bbb. Erklärungsbewusstsein (+)
= Bewusstsein des Handelnden (hier E), dass sein Handeln irgendeine rechtserhebliche Erklärung darstellt
Sachverhalt: E ist bewusst, dass er durch das Handheben eine rechtlich relevante Erklärung abgibt.
Die Tatsache, dass sich E hier hinsichtlich der Gebotshöhe irrt, ändert nichts daran, dass er ein Gebot erklären will.


ccc. Geschäftswille (-)
= Der Wille, mit der Erklärung eine ganz bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen
Sachverhalt: E hat sich bei Abgabe der Erklärung (Abgabe des Gebots) geirrt. Sein Wille war nicht auf Abschluss eines Kaufvertrages
zum Preis von 150 €, sondern auf Abschluss eines Kaufvertrages zum Preis von 50 € gerichtet.


Der Geschäftswille ist jedoch kein konstitutives Element einer Willenserklärung. Sein Fehlen führt lediglich zur Anfechtbarkeit der
Willenserklärung!


ddd. Kein Willensvorbehalt (+)
Keine Hinweise ersichtlich


eee. Innerer Tatbestand = subjektiver Tatbestand (+)


Weitere Fallprüfung identisch mit Ausgangsfall!



2. Formulierungsvorschlag:


E müsste den Wein bezahlen, sofern S gegen E einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung nach § 433 II BGB erworben hat, diesen nicht verloren hat und der Anspruch zudem auch durchsetzbar ist.

I. Anspruch erworben
S könnte den Kaufpreisanspruch gegen E erworben haben.
Hierfür müssten S und E einen Vertrag geschlossen haben, welcher inhaltlich einen Kaufvertrag darstellt und der Vertrag müsste auch wirksam sein.

1. Vertragsschluss
S und E könnten einen Vertrag geschlossen haben.
Dies setzt zwei übereinstimmende Willenserklärungen in Form eines Angebots nach § 145 BGB und dessen Annahme i.S.d. § 147 BGB voraus.
E und S nehmen an einer Versteigerung teil, somit gilt für den Vertragsschluss § 156 BGB.
Folglich müsste E ein Gebot (Angebot) abgegeben haben und S müsste den Zuschlag (Annahme) hierfür erteilt haben.

a. Gebot (Angebot) des E
E könnte ein Angebot abgegeben haben, als er den Arm hob, um einer Bekannten zuzuwinken.
Fraglich ist jedoch, ob dieses Winken auch eine Willenserklärung darstellt.
Hierfür müssten der äußere und auch innere Tatbestand einer Willenserklärung gegeben sein.

aa. Äußerer Tatbestand = objektiver Tatbestand
Der äußere Tatbestand einer Willenserklärung könnte hier vorliegen.
Dann müsste sich das Verhalten des E für einen objektiven Dritten als Äußerung eines Rechtsfolgewillens darstellen.
Nach den deutlich aushängenden Versteigerungsbedingungen signalisiert das Winken mit der Hand die Abgabe eines höheren Kaufangebots. Auch andere Teilnehmer der Versteigerung und insbesondere S mussten davon ausgehen, dass E mit dem Winken bzw. Heben des Armes ein Gebot über 150 € abgeben wollte.
Der äußere Tatbestand einer Willenserklärung ist folglich gegeben.

bb. Innerer Tatbestand = subjektiver Tatbestand
Weiterhin müsste der innere Tatbestand einer Willenserklärung vorliegen.

aaa. Handlungswille
Dies setzt zunächst voraus, dass der E mit Handlungswillen gehandelt hat.
Der Handlungswille ist das Bewusstsein überhaupt zu handeln, also bewusst ein äußeres Verhalten vorzunehmen.
Der E hat den Arm gehoben, um einer Bekannten zu winken. Er hat also bewusst diese Handlung vorgenommen.
Somit liegt ein Handlungswille des E vor.

bbb. Erklärungsbewusstsein
Der E müsste aber neben dem Handlungswillen auch mit Erklärungsbewusstsein gehandelt haben.
Fraglich ist jedoch, ob dieses Erklärungsbewusstsein vorliegt.
Dann müsste dem E bewusst gewesen sein, dass seine Handlung (hier das Winken einer Bekannten) eine rechtserhebliche Erklärung darstellt.
Laut Sachverhalt nimmt E häufig und schon zum wiederholten Male an einer Versteigerung teil. Ihm musste daher bewusst sein, dass das Heben des Armes als rechtsgeschäftliche Handlung bewertet wird und für ihn Rechtsfolgen auslöst.
Somit handelte E auch mit Erklärungsbewusstsein.

ccc. Kein Willensvorbehalt
Die Willenserklärung des E dürfte letztlich auch nicht unter einem Vorbehalt abgegeben worden sein.
Hinweise diesbezüglich liegen nicht vor.
Folglich hat E auch keine Willenserklärung unter einem Vorbehalt abgegeben.

ddd. Somit liegt auch der innere Tatbestand einer Willenserklärung vor.

cc. E hat mithin ein Gebot (Angebot) über den Kauf des Weines für 150 € abgegeben.

b. Zuschlag (Annahme) durch S
Dieses Angebot des E müsste der S auch durch einen Zuschlag (Annahme) angenommen haben.
Laut Sachverhalt hat S dem E den Zuschlag erteilt.

2. Damit ist ein Vertrag zwischen S und E zu Stande gekommen.

3. Vertragsinhalt
Es müsste sich inhaltlich auch um einen Kaufvertrag i.S.d. § 433 BGB handeln.
Gegenstand des Vertrags ist der Kauf von Wein.
Somit liegt inhaltlich ein Kaufvertrag vor.

4. Wirksamkeit
Der zwischen E und S geschlossene Kaufvertrag müsste zudem auch wirksam sein.
Dem Sachverhalt sind hier keine Wirksamkeitshindernisse zu entnehmen.

5. S hat somit gegen E einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung nach § 433 II BGB erworben.

II. Diesen Anspruch hat S auch nicht verloren.

III. Der Anspruch ist zudem durchsetzbar.

IV. Ergebnis: E muss den Wein bezahlen.


Lösungsskizze Fall 3 – Abwandlung 1

Lösungsskizze bis Pkt. bbb. Erklärungsbewusstsein identisch

bbb. Erklärungsbewusstsein
E müsste neben dem Handlungswillen auch mit Erklärungsbewusstsein gehandelt haben.
Fraglich ist jedoch, ob dieses Erklärungsbewusstsein vorliegt.
Dann müsste dem E bewusst gewesen sein, dass seine Handlung (hier das Winken einer Bekannten) eine rechtserhebliche Erklärung darstellt.

E hat noch nie an einer Versteigerung teilgenommen. Ihm ist daher nicht bewusst, dass er durch das Heben des Armes eine rechtserhebliche Erklärung abgibt.

Folglich handelte E ohne Erklärungsbewusstsein.

Es stellt sich jedoch die Frage, ob das Erklärungsbewusstsein ein zwingender Bestandteil einer Willenserklärung ist.
Das Erklärungsbewusstsein des E könnte hier entbehrlich sein, sofern das Vertrauen des S auf die Abgabe der Erklärung des E schutzwürdig ist und der E auch bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt und nach Treu und Glauben nicht hätte erkennen oder vermeiden können, dass seine Äußerung als Willenserklärung aufgefasst werden durfte.

Die Versteigerungsbedingungen waren deutlich sichtbar für jeden ausgehangen. Bei sorgfältigem Lesen hätte der E erkennen können, dass das Winken mit der Hand ein Gebot auslöst. Folglich hätte E vermeiden können, dass sein Winken nach objektiver Ansicht als WE aufgefasst werden durfte. Das Vertrauen des S in die Erklärung des E ist daher schutzwürdiger als das fehlende Erklärungsbewusstsein des E.

ccc. Kein Willensvorbehalt
Die Willenserklärung des E dürfte letztlich auch nicht unter einem Vorbehalt abgegeben worden sein.
Hinweise diesbezüglich liegen nicht vor, so dass E auch keine Willenserklärung unter einem Vorbehalt abgegeben hat.

ddd. Somit liegt der innere Tatbestand einer Willenserklärung vor.

Folgt man - wie hier - der Erklärungstheorie ist der weitere Aufbau identisch mit dem Ausgangsfall!


Lösungsskizze Fall 3 – Abwandlung 2

Lösungsskizze bis Pkt. bbb. Erklärungsbewusstsein identisch

bbb. Erklärungsbewusstsein
Der E müsste neben dem Handlungswillen auch mit Erklärungsbewusstsein gehandelt haben.
Dann müsste dem E bewusst gewesen sein, dass seine Handlung (hier die Abgabe eines Gebots) eine rechtserhebliche Erklärung darstellt.
E ist bewusst, dass er durch das Handheben eine rechtlich relevante Erklärung abgibt.
Die Tatsache, dass sich E hinsichtlich der Gebotshöhe irrt, ändert nichts daran, dass er ein Gebot erklären will.

E handelte somit mit Erklärungsbewusstsein.

ccc. Geschäftswille
Fraglich ist allerdings, ob E auch mit Geschäftswillen hinsichtlich des von ihm objektiv erklärten Gebots (Angebots) über 150 € handelte.

Der Geschäftswille ist der Wille, mit der Erklärung eine ganz bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen, also das Bewusstsein, eine rechtlich relevante Erklärung abzugeben, die auf einen konkreten rechtlichen Erfolg zielt.

E hat sich bei der Abgabe der Erklärung (Abgabe des Gebots) geirrt. Sein Wille war nicht auf Abschluss eines Kaufvertrages zum Preis von 150 €, sondern auf Abschluss eines Kaufvertrages zum Preis von 50 € gerichtet.

Der Geschäftswille ist jedoch kein konstitutives Element einer Willenserklärung. Sein Fehlen führt lediglich zur Anfechtbarkeit der Willenserklärung.

ddd. Kein Willensvorbehalt
Die Willenserklärung des E dürfte letztlich auch nicht unter einem Vorbehalt abgegeben worden sein.
Hinweise diesbezüglich liegen nicht vor, so dass E auch keine Willenserklärung unter einem Vorbehalt abgegeben hat.

eee. Somit liegt auch der innere Tatbestand einer Willenserklärung vor.

Weitere Fallprüfung identisch mit Ausgangsfall!

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