Falllösung zu Fall 3 - Die Weinversteigerung
Gliederung
Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises gem. § 433 II BGB (+)
Formulierungsvorschlag
S könnte Zahlung des Weins von E aus § 433 II BGB verlangen.
Hierfür muss der Anspruch erworben sein, dieser darf zudem nicht verloren und muss auch durchsetzbar sein.
Abwandlung 1
Hier sind zwei Ansichten vertretbar – die Willenstheorie und die Erklärungstheorie.
Willenstheorie: Das Erklärungsbewusstsein ist ein maßgeblicher Bestandteil der Willens-erklärung. Denn ohne Erklärungsbewusstsein fehlt es an einer notwendigen privatautonomen Gestaltung in der Selbstbestimmung.
Nach dieser Ansicht: Willenserklärung des E (-)
Erklärungstheorie: Nach h. M. ist das Erklärungsbewusstsein kein zwingender Bestandteil der Willenserklärung. (Begründung siehe unten)
In der Fallprüfung ergeben sich bis zum Punkt Handlungswille (A. I. 1. a. aa. bb. aaa.) keine Unterschiede.
bbb. Erklärungsbewusstsein
Fraglich ist, ob ein Erklärungsbewusstsein des E vorliegen könnte.
Dafür muss E bewusst sein, dass sein Handeln (irgendeine) rechtserhebliche Bedeutung hat.
Laut Sachverhalt hat E noch nie an einer Veranstaltung teilgenommen. Ihm ist daher nicht bewusst, dass das Heben seines Arms einer rechtserheblichen Erklärung entspricht.
Folglich handelt E ohne Erklärungsbewusstsein.
Jedoch stellt sich hier die Frage, inwieweit das Erklärungsbewusstsein ein zwingender Bestandteil einer Willenserklärung ist.
Das Erklärungsbewusstsein des E könnte hier entbehrlich sein, sofern das Vertrauen des S auf die Abgabe der Erklärung des E schutzwürdig ist und der E auch bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt und nach Treu und Glauben nicht hätte erkennen oder vermeiden können, dass seine Äußerung als Willenserklärung aufgefasst werden durfte.
Laut Sachverhalt waren die Versteigerungsbedingungen deutlich sichtbar für jeden ausgehangen. Bei sorgfältigem Lesen hätte der E erkennen können, dass das Winken mit der Hand ein Gebot auslöst. Somit hätte E vermeiden können, dass sein Winken als rechtserhebliche Erklärung aufgefasst wird. Das Vertrauen des S in die Erklärung des E ist daher schutzwürdiger als das fehlende Erklärungsbewusstsein des E.
Demnach liegt ein Erklärungsbewusstsein seitens E doch vor.
Die weitere Fallprüfung ist identisch mit dem Ausgangsfall.
Abwandlung 2
In der Fallprüfung ergeben sich bis zum Punkt Erklärungsbewusstsein (A. I. 1. a. aa. bb. aaa. bbb.) keine Unterschiede.
ccc. Geschäftswille
Es könnte der Geschäftswille fehlen.
Dies setzt die Absicht, eine ganz bestimmte Rechtsfolge zu erreichen, voraus.
Laut Sachverhalt war E der Meinung, dass der Preis für den Wein erst bei 50€ statt bei 150€ liege.
Folglich fehlt es an dem Geschäftswillen.
Nach h. M. ist dieser aber kein maßgeblicher Bestandteil der Willenserklärung und demnach auch unbeachtlich.
Somit gelangt man zum selben Ergebnis wie im Ausgangsfall.
Die weitere Fallprüfung ist identisch mit dem Ausgangsfall.
Gliederung
Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises gem. § 433 II BGB (+)
A. Anspruch erworben (+)
I. Vertragsschluss (+)
1. Angebot
a. Willenserklärung
aa. äußerer / objektiver Tatbestand
bb. innerer / subjektiver Tatbestand
aaa. Handlungswille
bbb. Erklärungsbewusstsein
ccc. kein Willensvorbehalt
b. inhaltlich: Angebot
c. Abgabe
d. Zugang
e. kein Widerruf
2. Annahme
3. Annahmefähigkeit
4. Übereinstimmung
II. Vertragsinhalt (+)
III. Wirksamkeit (+)
B. Anspruch nicht verloren (+)
C. Anspruch durchsetzbar (+)
Formulierungsvorschlag
S könnte Zahlung des Weins von E aus § 433 II BGB verlangen.
Hierfür muss der Anspruch erworben sein, dieser darf zudem nicht verloren und muss auch durchsetzbar sein.
A. Anspruch erworben
S könnte den Anspruch erworben haben.
Voraussetzung ist ein Vertragsschluss mit dem richtigen Inhalt und dieser muss auch wirksam sein.
I. Vertragsschluss
Dies setzt zwei übereinstimmende Willenserklärungen, in Form von Angebot (§ 145 BGB) und Annahme (§§ 146 ff. BGB), voraus und das Angebot muss
rechtzeitig angenommen worden sein.
E und S nehmen an einer Versteigerung teil, somit gelten die Sonderregelung des § 156 BGB. Folglich ist das Gebot das Angebot und der Zuschlag die
Annahme.
1. Gebot (Angebot)
E könnte ein Angebot abgegeben haben.
Dafür muss E eine Willenserklärung mit dem Inhalt eines Gebots abgegeben haben und diese muss auch ohne Widerruf zugegangen sein.
a. Willenserklärung
Das Winken des E könnte eine Willenserklärung darstellen.
Hierfür müssen der äußere und innere Tatbestand erfüllt sein.
aa. äußerer Tatbestand
Der äußere Tatbestand könnte erfüllt sein.
Voraussetzungen ist eine Erklärung, welche objektiv auf eine Rechts-folge gerichtet ist und keinen Mangel an einem Rechtsbindungswillen erkennen lässt.
Nach den deutlich aushängenden Versteigerungsbedingungen signalisiert das Winken mit der Hand die Abgabe eines höheren Kaufangebots. Auch andere
Teilnehmer der Versteigerung und insbesondere S mussten davon ausgehen, dass E mit dem Winken ein Gebot in Höhe von 150€ abgeben wollte.
Folglich ist der äußere Tatbestand gegeben.
bb. innerer Tatbestand
Problematisch könnte das Vorliegen des inneren Tatbestands sein.
Dazu sind der Handlungswille, das Erklärungsbewusstsein und die Abwesenheit von Willensvorbehalten erforderlich.
aaa. Handlungswille
Ein Handlungswille seitens E könnte gegeben sein.
Handlungswille ist die innere Absicht bewusst auf irgendeine Art handeln zu wollen.
Laut Sachverhalt wollte E einer Bekannten winken.
Somit liegt ein Handlungswille vor.
bbb. Erklärungsbewusstsein
Fraglich ist, ob ein Erklärungsbewusstsein vorliegen könnte.
Dafür muss sich E bewusst sein, dass sein Handeln (irgendeine) rechtserhebliche Bedeutung hat.
Laut Sachverhalt wollte E nur winken. Allerdings nimmt E häufig und schon zum wiederholten Male an einer Versteigerung teil. Demnach musste ihm
bewusst sein, dass das Heben des Armes als rechtsgeschäftliche Handlung bewertet wird und für ihn Rechtsfolgen auslöst.
Ein Handeln mit Erklärungsbewusstsein muss daher bejaht werden.
ccc. kein Willensvorbehalt
Hinweise bezüglich eines Willensvorbehalts sind nicht ersichtlich.
Folglich hat E auch keine Erklärung unter einem Vorbehalt abgegeben.
Damit ist der innere Tatbestand erfüllt.
Das Winken des E ist als Willenserklärung zu bejahen.
b. inhaltlich: Gebot
Die Willenserklärung hat das Angebot zum Kauf des Weins für 150€ zum Inhalt.
c. Abgabe
Laut Sachverhalt hat E persönlich die Willenserklärung abgegeben.
d. Zugang
S hat daraufhin den Zuschlag erteilt.
Somit ist die Willenserklärung auch zugegangen.
e. kein Widerruf
Für einen Widerruf sind keine Hinweise ersichtlich.
Folglich hat E ein Angebot abgegeben.
2. Annahme
S könnte das Angebot des E durch einen Zuschlag gem. § 156 BGB angenommen haben.
Laut Sachverhalt hat S den Zuschlag erteilt.
Demnach liegt eine Annahme seitens S vor.
3. Annahmefähigkeit
Das Angebot könnte auch rechtzeitig angenommen worden sein.
Es gibt keine Anhaltspunkte darauf, dass dem nicht so ist.
Folglich ist die Annahmefähigkeit gegeben.
4. Übereinstimmung
Die Übereinstimmung der Willenserklärungen liegt vor.
Folglich wurde ein Vertrag zwischen S und E geschlossen.
II. Vertragsinhalt
Es müsste sich inhaltlich auch um einen Kaufvertrag i. S. d. § 433 BGB handeln.
Gegenstand des Vertrags ist der Kauf des Weins für 150€.
Dies ist laut Sachverhalt gegeben.
Folglich hat der Vertrag den Kauf nach § 433 BGB des Weins für 150€ zum Inhalt.
III. Wirksamkeit
Der zwischen E und S geschlossene Kaufvertrag müsste auch wirksam sein.
Im Sachverhalt sind keine Anhaltspunkte für Gegenteiliges ersichtlich.
Folglich ist der Vertrag wirksam.
Demnach hat S gegen E einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung nach § 433 II BGB erworben.
B. Anspruch nicht verloren
Der Anspruch könnte verloren sind.
Dafür gibt es im Sachverhalt keine Hinweise.
Der Anspruch ist nicht verloren.
C. Anspruch durchsetzbar
Der Anspruch könnte durchsetzbar sein.
Gegenteilige Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich.
Somit ist der Anspruch durchsetzbar.
Abwandlung 1
Hier sind zwei Ansichten vertretbar – die Willenstheorie und die Erklärungstheorie.
Willenstheorie: Das Erklärungsbewusstsein ist ein maßgeblicher Bestandteil der Willens-erklärung. Denn ohne Erklärungsbewusstsein fehlt es an einer notwendigen privatautonomen Gestaltung in der Selbstbestimmung.
Nach dieser Ansicht: Willenserklärung des E (-)
Erklärungstheorie: Nach h. M. ist das Erklärungsbewusstsein kein zwingender Bestandteil der Willenserklärung. (Begründung siehe unten)
In der Fallprüfung ergeben sich bis zum Punkt Handlungswille (A. I. 1. a. aa. bb. aaa.) keine Unterschiede.
bbb. Erklärungsbewusstsein
Fraglich ist, ob ein Erklärungsbewusstsein des E vorliegen könnte.
Dafür muss E bewusst sein, dass sein Handeln (irgendeine) rechtserhebliche Bedeutung hat.
Laut Sachverhalt hat E noch nie an einer Veranstaltung teilgenommen. Ihm ist daher nicht bewusst, dass das Heben seines Arms einer rechtserheblichen Erklärung entspricht.
Folglich handelt E ohne Erklärungsbewusstsein.
Jedoch stellt sich hier die Frage, inwieweit das Erklärungsbewusstsein ein zwingender Bestandteil einer Willenserklärung ist.
Das Erklärungsbewusstsein des E könnte hier entbehrlich sein, sofern das Vertrauen des S auf die Abgabe der Erklärung des E schutzwürdig ist und der E auch bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt und nach Treu und Glauben nicht hätte erkennen oder vermeiden können, dass seine Äußerung als Willenserklärung aufgefasst werden durfte.
Laut Sachverhalt waren die Versteigerungsbedingungen deutlich sichtbar für jeden ausgehangen. Bei sorgfältigem Lesen hätte der E erkennen können, dass das Winken mit der Hand ein Gebot auslöst. Somit hätte E vermeiden können, dass sein Winken als rechtserhebliche Erklärung aufgefasst wird. Das Vertrauen des S in die Erklärung des E ist daher schutzwürdiger als das fehlende Erklärungsbewusstsein des E.
Demnach liegt ein Erklärungsbewusstsein seitens E doch vor.
Die weitere Fallprüfung ist identisch mit dem Ausgangsfall.
Abwandlung 2
In der Fallprüfung ergeben sich bis zum Punkt Erklärungsbewusstsein (A. I. 1. a. aa. bb. aaa. bbb.) keine Unterschiede.
ccc. Geschäftswille
Es könnte der Geschäftswille fehlen.
Dies setzt die Absicht, eine ganz bestimmte Rechtsfolge zu erreichen, voraus.
Laut Sachverhalt war E der Meinung, dass der Preis für den Wein erst bei 50€ statt bei 150€ liege.
Folglich fehlt es an dem Geschäftswillen.
Nach h. M. ist dieser aber kein maßgeblicher Bestandteil der Willenserklärung und demnach auch unbeachtlich.
Somit gelangt man zum selben Ergebnis wie im Ausgangsfall.
Die weitere Fallprüfung ist identisch mit dem Ausgangsfall.
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