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aktuelles Dokument: FallloesungFall3Weinversteigerung
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Version [61440]

Dies ist eine alte Version von FallloesungFall3Weinversteigerung erstellt von JKramer am 2015-11-19 14:36:37.

 

Lösungsvorschlag zu Fallbeispiel 3 - Weinversteigerung


Lösungsskizze

E müsste den Wein bezahlen
Vor.: Anspruch auf Kaufpreiszahlung nach § 433 II BGB erworben, Anspruch nicht verloren, Anspruch durchsetzbar


I. Anspruch erworben?
Voraussetzungen: Vertragsschluss, Inhalt, Wirksamkeit


1. Vertragsschluss
Voraussetzungen: Zwei übereinstimmende Willenserklärungen in Form von Angebot (§ 145 BGB) und Annahme (§§ 147 ff. BGB)
E und S nehmen an Versteigerung teil, somit gilt für Vertragsschluss § 156 BGB.
E müsste Gebot (Angebot) abgegeben haben und S müsste Zuschlag (Annahme) erteilt haben.


a. Gebot (Angebot) des E
P Fraglich ist, ob das Winken des E eine Willenserklärung darstellt
Voraussetzungen: innerer und äußerer Tatbestand der Willenserklärung


aa. Äußerer Tatbestand = objektiver Tatbestand (+)
Aus Sicht eines objektiven Dritten (Empfängerhorizont) (+)
Hier: Nach den deutlich aushängenden Versteigerungsbedingungen signalisiert Winken mit der Hand die Abgabe
eines höheren Kaufangebots. Ein objektiver Dritter musste davon ausgehen, dass E mit dem Armheben ein Gebot
über 150 € abgibt.


bb. Innerer Tatbestand = subjektiver Tatbestand
Voraussetzungen: Handlungswille, Erklärungsbewusstsein, kein Willensvorbehalt


aaa. Handlungswille (+)
= Bewusstsein zu handeln
Hier: Beim Heben des Armes hatte E das Bewusstsein zu handeln.


bbb. Erklärungsbewusstsein (+)
= Bewusstsein des Handelnden (hier E), dass sein Handeln irgendeine rechtserhebliche Erklärung darstellt.
Hier: E nahm schon zum wiederholten Male an einer Versteigerung teil. Ihm musste daher bewusst sein,dass
das Heben des Armes als rechtsgeschäftliche Handlung bewertet wird und für ihn Rechtsfolgen auslöst.


ccc. Kein Willensvorbehalt (+)
Keine Hinweise ersichtlich


ddd. Innerer Tatbestand = subjektiver Tatbestand (+)


cc. Gebot (Angebot) des E (+)


b. Zuschlag (Annahme) durch S (+)
Hier: S hat E den Zuschlag erteilt.


2. Vertragsschluss zwischen E und S (+)


3. Vertragsinhalt (+)
Hier: Gegenstand des Vertrags ist der Kauf von Wein.
Somit liegt inhaltlich Kaufvertrag vor.


4. Wirksamkeit (+)
Keine Wirksamkeitshindernisse ersichtlich.


5. Anspruch erworben (+)


II. Anspruch verloren (-)


III. Anspruch durchsetzbar (+)


IV. Ergebnis: E muss den Wein bezahlen.


Lösungsskizze Fall 3 – Abwandlung 1


Lösungsskizze bis Pkt. bbb) Erklärungsbewusstsein identisch!


bbb. Erklärungsbewusstsein (-)
= Bewusstsein des Handelnden (hier E), dass sein Handeln irgendeine rechtserhebliche Erklärung darstellt
Hier: E hat noch nie an einer Versteigerung teilgenommen.
Ihm ist daher nicht bewusst, dass er durch das Heben des Armes eine rechtserhebliche Erklärung abgibt.


P Es stellt sich die Frage, ob durch das fehlende Erklärungsbewusstsein auch eine ungültige WE vorliegt?


2 Ansichten vertretbar:
Willenstheorie vs. Erklärungstheorie


(1) Willenstheorie
Erklärungsbewusstsein ist maßgeblicher Bestandteil der WE. Dies wird aus einem Umkehrschluss aus § 118 BGB hergeleitet. Ohne
Erklärungsbewusstsein fehlt es an der notwendigen privatautonomen Gestaltung in Selbstbestimmung.


Nach dieser Ansicht: WE des E (-)


(2) Erklärungstheorie
Nach h. M. ist Erklärungsbewusstsein nicht zwingender Bestandteil einer WE. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass generell der
Erklärungsempfänger das Erklärungsrisiko trägt. WE liegt auch dann vor, wenn Erklärende kein Erklärungsbewusstsein hatte, aber bei
gehöriger Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als WE
aufgefasst werden durfte (Erklärungsfahrlässigkeit).
Hier: Versteigerungsbedingungen waren deutlich sichtbar ausgehangen. Bei sorgfältigem Lesen hätte E erkennen können, dass
Winken mit der Hand ein Angebot auslöst. Folglich hätte E vermeiden können, dass sein Winken nach objektiver Ansicht als WE
aufgefasst werden durfte.


Nach dieser Ansicht: WE des E (+)


Folgt man der Erklärungstheorie ist der weitere Aufbau identisch mit dem Ausgangsfall!


Lösungsskizze Fall 3 – Abwandlung 2


Lösungsskizze bis Pkt. bbb) Erklärungsbewusstsein identisch


bbb. Erklärungsbewusstsein (+)
= Bewusstsein des Handelnden (hier E), dass sein Handeln irgendeine rechtserhebliche Erklärung darstellt
Hier: E ist bewusst, dass er durch das Handheben eine rechtlich relevante Erklärung abgibt.
Die Tatsache, dass sich E hier hinsichtlich der Gebotshöhe irrt, ändert nichts daran, dass er ein Gebot erklären will.


ccc. Geschäftswille (-)
= Der Wille, mit der Erklärung eine ganz bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen
Hier: E hat sich bei Abgabe der Erklärung (Abgabe des Gebots) geirrt. Sein Wille war nicht auf Abschluss eines Kaufvertrages zum
Preis von 150 €, sondern auf Abschluss eines Kaufvertrages zum Preis von 50 € gerichtet.


Der Geschäftswille ist jedoch kein konstitutives Element einer Willenserklärung. Sein Fehlen führt lediglich zur Anfechtbarkeit der
Willenserklärung!


ddd. Kein Willensvorbehalt (+)
Keine Hinweise ersichtlich


eee. Innerer Tatbestand = subjektiver Tatbestand (+)


Weitere Fallprüfung identisch mit Ausgangsfall!
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