Fallbeispiel 1 – Fußballfan
Rechtsfähigkeit
A. Sachverhalt
Hubert (H) ist begeisterter Fußballfan und hat bei einem Gewinnspiel im Rahmen der EM einen signierten Fanschal der Deutschen Nationalmannschaft gewonnen. Noch am selben Abend überrascht ihn seine Freundin (F) in einer MMS mit dem 1. Ultraschallbild seines noch ungeborenen Kindes. Aus Begeisterung und um sicher zu gehen, dass seine Leidenschaft für Fußball an seinen Nachwuchs weitergegeben wird, möchte er den signierten Fanschal auf der Stelle an sein ungeborenes Kind verschenken.
B. Frage(n)
Kann das ungeborene Kind des H Eigentümer werden?
Abwandlung:
H möchte den Schal an sein ungeborenes Kind vererben. Wie ändert sich die Rechtlage?
C. Lösung
1. Lösungsskizze
Könnte ungeborenes Kind Eigentümer werden? (-)
I Voraussetzung: Rechtsfähigkeit ? (-)
= Beginn mit Vollendung der Geburt (§ 1 BGB)
hier: Kind schon gezeugt, jedoch nicht geboren
Kind kann nicht Eigentümer des signierten Fanschals werden
Abwandlung:
Ergibt sich bei Erbschaft etwas anderes aus § 1923 Abs. 2 BGB? (+)
I Voraussetzung: Fiktion des § 1923 Abs. 2 BGB
= Wer vor dem Erbfall noch nicht lebte, aber gezeugt war, gilt als vor dem Erbfall geboren
hier: Kind lebt noch nicht, ist aber bereits gezeugt
II Ergebnis
Kind kann Eigentümer werden
2. Formulierungsvorschlag
Das ungeborene Kind des H könnte Eigentümer des signierten Fanschals werden.
Voraussetzung hierfür ist, dass das ungeborene Kind des H rechtsfähig ist.
I Rechtsfähigkeit
Gemäß § 1 BGB beginnt die Rechtsfähigkeit eines Menschen mit der Vollendung der Geburt.
Laut Sachverhalt ist das Kind des H zwar gezeugt, aber noch nicht geboren. Die Geburt ist also noch nicht vollendet. Die Voraussetzung der Rechtsfähigkeit gem. § 1 BGB ist nicht erfüllt.
Das ungeborene Kind des H ist demnach nicht rechtsfähig.
II Ergebnis
Das ungeborene Kind des H kann nicht Eigentümer des signierten Fanschals werden.
Abwandlung:
Im Falle einer Erbschaft könnte sich gemäß § 1923 Abs. 2 BGB etwas anderes ergeben.
I Fiktion des § 1923 Abs. 2 BGB
Demnach gilt als vor dem Erbfall geboren, wer zur Zeit des Erbfalls noch nicht lebte, aber bereits gezeugt war.
Wie zuvor bereits dargestellt, ist das Kind des H zwar noch nicht geboren, jedoch bereits gezeugt worden. Folglich greift im vorliegenden Fall die Fiktion des § 1923 Abs. 2 BGB. Das Kind des H gilt im Fall einer Erbschaft als vor dem Erbfall geboren.
II Ergebnis
Das ungeborene Kind des H kann im Falle einer Erbschaft Eigentümer des Fanschals werden.
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