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Fall: Ehrenwort des Vorstands eines angesehenen Unternehmens
A. Sachverhalt
Die Ehrlich AG (E) ist ein börsennotiertes Unternehmen mit Hauptsitz in München, das weltweit Tausende von Mitarbeitern beschäftigt und mehrere Milliarden EUR jährlich umsetzt. Das Unternehmen trennt sich von Grundstücken, die es für seine Geschäftstätigkeit nicht benötigt. Unter anderem verfügt E über mehrere Baugrundstücke in der Umgebung von München. Alle Grundstücke werden über eine Immobilienfirma am Markt veräußert, bei einem Teil der Baugrundstücke wird überlegt, diese vergünstigt an Mitarbeiter zu veräußern.
Für eines der Grundstücke interessiert sich Naiv (N), ein langjähriger Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Unternehmens, der im Ruhestand ist. Die zuständigen Mitarbeiter bei E zögern etwas, dem N das Grundstück zu verkaufen. Als N bemerkt, dass sich die Angelegenheit hinauszögert, beschwert er sich beim Vorstand der E persönlich. Aus Respekt zu N und seinen Verdiensten unterzeichnet der Vorstand mit N einen schriftlichen Vertrag, in dem das dem N in Aussicht gestellte Grundstück für 100.000 EUR verkauft wird. Auf die Nachfrage des N nach notarieller Beurkundung wird N auf "später" vertröstet.
Nach einiger Zeit wird N erneut ungeduldig und fragt beim Vorstand der E schriftlich an, wie das weitere Vorgehen im Hinblick auf das ihm versprochene Grundstück aussehen soll. Darauf hin erhält er vom Vorstand eine Antwort, in der ihm die Ehrlichkeit der E zugesichert wird. N wird in dem Schreiben des Vorstands darauf hingewiesen, dass er von weiteren Nachfragen absehen solle, weil in einem derart anerkannten und guten Ruf genießenden Unternehmen wie E die mündliche oder gar schriftliche Zusage mehr bedeute, als vielerorts eine notarielle Beurkundung.
Auf die Bitte des N um Auflassung erhält N von einem Sachbearbeiter eine Absage. Deshalb verklagt N die E auf Eigentumsübertragung am Grundstück.
B. Frage
Hat N gegen E Anspruch auf Eigentumsübertragung?
C. Lösungshinweise
Das einzige Problem des Falles ist die Frage, inwiefern der Vertrag zwischen E und N wegen eines Formmangels gem. § 125 S. 1 BGB unwirksam ist. Dabei ist ein Formmangel wie immer zu prüfen:
- ist eine spezielle Form vorgeschrieben? Falls ja, ist weiter zu prüfen - falls nein: eine Unwirksamkeit wegen Formmangels ist ausgeschlossen;
- wurde die (eventuelle vorgesehene) Form beachtet? Falls ja, dann ist der Vertrag nicht wegen Formmangels unwirksam - falls nein, ist weiter zu prüfen;
- ist der Formmangel auch beachtlich? Unter Umständen wirkt sich der Formmangel nicht auf die Wirksamkeit aus - insbesondere, wenn er geheilt ist; in diesem Fall ist ein weiteres Problem aufgetreten: das Unternehmen E und dessen Mitarbeiter verhalten sich gegenüber N sehr widersprüchlich; dies ist im Rahmen des § 242 BGB zu berücksichtigen.
Eine Lösungsskizze als Strukturbaum finden Sie hier,
Vgl. auch BGHZ 48, 396 ff..
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