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Planungsrecht in der Energiewirtschaft

insbesondere Planung von Erzeugungsanlagen und Versorgungsnetzen

(Zulassung von Erzeugungsanlagen und UVP sind nicht Gegenstand dieses Artikels)

A. Einführung
In der liberalisierten Energiewirtschaft wird die Gewinnung von Energie in der Regel nicht staatlich reglementiert. Lediglich der Netzbetrieb unterliegt einer Genehmigung gem. § 4 EnWG. Das heißt jedoch nicht, dass die Errichtung von Erzeugungsanlagen oder die Verlegung von Versorgungsnetzen keiner staatlichen Aufsicht unterliegt. Nachstehend werden insbesondere planerische Maßnahmen der Hoheitsverwaltung in diesem Zusammenhang geschildert, wobei die Planung von Energienetzen und der zum Netzbetrieb notwendigen Anlagen im Vordergrund steht.

B. Quellen, Literatur
Die maßgeblichen Gesetze sind:
  • Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG)
  • Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG)
Folgende Quellen können für das Verständnis dieser Rechtsgrundlagen hilfreich sein (einige Vorschläge ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
  • Hermes, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, § 7 (S. 331 ff.)
  • Callies/Dross, JZ 2012, 1002 ff.
  • Schmitz/Jornitz, NVwZ 2012, 332 ff.
  • Kommentierungen zu §§ 43 ff. EnWG

C. Überblick - Stufen der Planung
Die Planung der Energienetze wird grundsätzlich auf zwei Ebenen vorgenommen:
  • fachliche Bedarfsplanung (§§ 12a ff. EnWG),
  • Projektplanung (§§ 43 ff. EnWG),
die durch einige weitere, zwischengeschaltete Planungsetappen ergänzt werden. Dabei gelten zahlreiche Sonderregeln (vgl. insb. EnLAG und die Ausnahmen im NABEG). Auch ist die notwendige Abstimmung durch Bundes- und Landesbehörden zu beachten. Die grundsätzliche Unterscheidung in Bedarfsplanung und Projektplanung ist dennoch auch - wie in anderen Bereichen der Fachplanung - in der Planung der Energienetze festzustellen.


D. Rechtsfragen
Insbesondere in Bezug auf die konkrete Projektplanung gem. §§ 43 ff. EnWG sind folgende Fragestellungen in der Praxis denkbar:

  • Planungsbedürftigkeit - d. h. die Frage, ob das Netz(aus)bauvorhaben planungsbedürftig ist, also einer Planfeststellung oder zumindest einer Plangenehmigung bedarf;
  • Rechtmäßigkeit der Planfeststellung oder Plangenehmigung
  • Anfechtbarkeit der Planfeststellung oder Plangenehmigung
  • Voraussetzungen der Planfeststellung oder Plangenehmigung
  • Zulässigkeit der Enteignung gem. § 45 EnWG
  • Rechtsschutz, insbesondere Anfechtungsklage gegen die Planfeststellung oder Plangenehmigung
  • Verfahren zur Erstellung des Bundesbedarfsplans (§§ 12a ff. EnWG)

Ausgewählte Problembereiche:


E. Verfahren der fachlichen Bedarfsplanung
Die fachliche Bedarfsplanung erfolgt im Normalfall in drei Etappen. Zuerst wird der Szenariorahmen gemäß § 12a EnWG erstellt. Auf diesem aufbauend wird der Netzentwicklungsplan gemäß § 12b EnWG erstellt. Der Netzentwicklungsplan wiederum bildet die Grundlage für den Bundesbedarfsplan.

1. Szenariorahmen § 12a EnWG
Der Szenariorahmen wird gemäß § 12a Abs. 1 S. 1 EnWG in einem jährlichen Rhythmus erstellt. Die Übertragungsnetzbetreiber tragen, gemäß § 12a Abs. 1 S. 1 EnWG, allein die Verantwortung für die Vorbereitung des Szenariorahmens [2]. Der Szenariorahmen umfasst, gemäß § 12a Abs. 1 S. 2 EnWG mindestens drei Entwicklungspfade (Szenarien), die für die mindestens nächsten zehn und höchstens 15 Jahre die Bandbreite wahrscheinlicher Entwicklungen im Rahmen der mittel- und langfristigen energiepolitischen Ziele der Bundesregierung abdecken. Gemäß § 12a Abs. 1 S. 3 Muss eines der Szenarien die wahrscheinliche Entwicklung für die mindestens nächsten 15 und höchstens zwanzig Jahre darstellen. Für den Szenariorahmen legen die Betreiber von Übertragungsnetzen, gemäß § 12a Abs. 1 S. 4 EnWG angemessene Annahmen für die jeweiligen Szenarien zu Erzeugung, Versorgung, Verbrauch von Strom sowie dessen Austausch mit anderen Ländern zu Grunde und berücksichtigen geplante Investitionsvorhaben der europäischen Netzinfrastruktur.

2. Netzentwicklungsplan
Aus dem Szenariorahmen heraus werden Netzentwicklungspläne entwickelt.

3. Bundesbedarfsplan
Der Gesetzgeber ist verpflichtet, mindestens alle vier Jahre einen Bundesbedarfsplan festzustellen, was in dem Bundesbedarfsplangesetz erfolgt.



F. Rechtmäßigkeit der Planfeststellung und Plangenehmigung in der Projektplanung
Die konkrete Projektplanung erfolgt gem. §§ 43 ff. EnWG. Die Unterschiede zwischen Planfeststellung und Plangenehmigung treten im Verfahren auf. Insbesondere im Falle einer Plangenehmigung ist zu prüfen, ob die (zusätzlichen) Voraussetzungen der Wahl einer Genehmigung als Form der Planaufstellung erfüllt sind. Ist dies nicht der Fall, muss eine Planfeststellung mit ihrem aufwändigeren Verfahren zu wählen; eine Plangenehmigung ist dann unzulässig.
Das Verfahren ist dabei im Rahmen der formellen Rechtmäßigkeit der Plangenehmigung zu prüfen.

1. Ermächtigungsgrundlage
Die Ermächtigungsgrundlage für eine Planfeststellung ebenso wie für die Plangenehmigung ist in § 43 S. 1 EnWG enthalten.

2. Formelle Rechtmäßigkeit
Da die Planfeststellung bzw. auch Plangenehmigung als Verwaltungsakt der nach Landesrecht zuständigen Behörde ergeht, gelten die allgemeinen Regeln für Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten (d. h. Zuständigkeit, Verfahren und Form sind zu beachten). Dabei gelten im Einzelnen allerdings zahlreiche besondere Regelungen der Planfeststellung aus §§ 43 ff. EnWG sowie hinsichtlich der verwaltungsrechtlichen Planung aus §§ 72 ff. VwVfG.

a. Zuständigkeit
Die Planung gem. § 43 EnWG muss die nach Landesrecht zuständige Behörde i. S. d. § 43 S. 1 EnWG durchführen.

b. Verfahren

(1) Sonderregelungen für Spezialfälle aus dem NABEG
Sofern es sich um länderübergreifende oder grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen handelt, die im Bundesbedarfsplan als solche gekennzeichnet sind, gilt zunächst das besondere Planfeststellungsverfahren gem. §§ 18 ff. NABEG.
Allerdings sind gem. § 18 Abs. 3 S. 2 NABEG die allgemeinen Regeln auch dann anzuwenden, wenn das NABEG-Verfahren greift - sofern Letzteres keine Spezialregelungen enthält. Allgemeine Regeln bleiben demnach subsidiär immer anwendbar.

(2) Im Übrigen gilt das Verfahren gem. §§ 43 ff. EnWG und §§ 72 ff. VwVfG
Die Anforderungen an das Verfahren unterscheiden sich je nach dem, ob eine Planfeststellung oder eine Plangenehmigung erfolgt. Eine Planfeststellung kann immer gewählt werden - dann sind allerdings alle Verfahrensschritte der Planfeststellung einzuhalten. Eine Plangenehmigung ist nur dann zulässig, wenn dies gem. § 74 Abs. 6 VwVfG zulässig ist.

(a) Planfeststellung (Regelfall)
Ist ohne weitergehende Bedingungen möglich. Dann sind allerdings Regeln des Planfeststellungsverfahrens vollständig einzuhalten, d. h. u. a.:
=> Einreichung des Plans,
=> Anhörungsverfahren
=> Erörterungstermin
usw. (z. B. UVP).

(b) Plangenehmigung
Die Plangenehmigung ist nur unter den Voraussetzungen des (§ 74 Abs. 6 VwVfG) zulässig, d. h. dann, wenn:
=> keine wesentliche Beeinträchtigung von Rechten anderer vorliegt,
=> Benehmen mit Trägern öffentlicher Belange erfolgt, und
=> keine spezialgesetzliche Anordnung der Öffentlichkeitsbeteiligung gegeben ist.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt und wählt die Behörde das Verfahren der Plangenehmigung, dann gelten lediglich die vereinfachten Voraussetzungen der Plangenehmigung.

c. Form
Hier gelten die allgemeinen Formanforderungen an Verwaltungsakte (schriftlich, Belehrung, Begründung usw.)

3. Materielle Rechtmäßigkeit
Normalerweise ist ein Verwaltungsakt dann rechtmäßig, wenn es den Anforderungen der Ermächtigungsgrundlage entspricht und nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Im Falle einer Planfeststellung bzw. einer Plangenehmigung gem. § 43 EnWG gelten - neben den allgemeinen Regeln - die speziellen Anforderungen an Planungsmaßnahmen der Verwaltung. Daraus ergeben sich insgesamt folgende Voraussetzungen der Rechtmäßigkeit:

a. Planungsbedürftigkeit
Eine Planung gem. § 43 EnWG ist nur dann rechtmäßig, wenn die betroffenen Leitungen bzw. sonstige Anlagen im Sinne des § 43 EnWG planungsbedürftig oder zumindest planungsfähig sind [3].

b. Planrechtfertigung
Eines der zentralen Punkte der planungsrechtlichen Rechtmäßigkeit ist die Planrechtfertigung. Die Planrechtfertigung kann sich im Falle eines Planes i. S. d. § 43 EnWG aus folgenden Vorschriften oder Umständen ergeben:
(1) besonderen Regelungen (vgl. z. B. Netze gem. EnLAG), d. h. in der Anlage zu § 1 Abs. 2 EnLAG ausgewiesen,
(2) aus der Bundesbedarfsplanung gem. §§ 12a ff. EnWG, also im Ergebnis aus einem Bundesbedarfsplan-Gesetz; die Rechtfertigung wird in § 12e Abs. 4 EnWG ausdrücklich als gegeben angeordnet, oder
(3) aus der Erforderlichkeit im Einzelfall, also konkret aus einer entsprechenden Bedarfsprognose, die für den jeweiligen Projektplan vorliegt.

c. Vereinbarkeit mit Gesamtraumplanung
Die Vorgaben der gesamträumlichen Planung (insb. Raumordnungspläne der Länder) sind zu beachten. Eine feste Bindung ist dabei insbesondere im Hinblick auf die Ausführung als Erdkabel denkbar. Sofern in einem Raumordnungsplan des jeweiligen Bundeslandes eine Trasse unterhalb von 380 kV als Erdkabel vorgesehen ist, muss ein Projektplan gem. § 43 EnWG dies berücksichtigen.
Im Hinblick auf Leitungen mit 380 kV ist die abschließende Regelung in § 2 EnLAG zu beachten, d. h. die Möglichkeit, Erdkabel zu verlegen, ist auf die dort genannten Fälle beschränkt.

d. Vereinbarkeit mit der Trassenplanung
Die Fachplanung muss mit der Trassenplanung gemäß dem jeweils geltenden Bundesbedarfsplan vereinbar sein. Alternativ gelten die Trassen gem. EnLAG.

e. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht
Grundrechte und Verfassung im Übrigen, Ermächtigungsgrundlage und sonstiges höherrangiges Recht?

f. Abwägungsgebot

(1) keine Fehler hinsichtlich Abwägungsvorgang
Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn zum einen der Abwägungsvorgang fehlerhaft ist. Dies ist dann der Fall, wenn folgende Umstände vorliegen:
(a) Abwägungsausfall (= eine Abwägung fand weitgehend nicht statt)
(b) Abwägungsdefizit (= wesentliche Gesichtspunkte wurden außer Acht gelassen)
(c) Fehleinstellung von Belangen in die Abwägung (= insbesondere dann, wenn sachfremde Belange bei der Abwägung berücksichtigt wurden)
(d) Fehleinschätzung von Belangen (= Bedeutung und Gewicht von Belangen verkannt)
(e) Disproportionalität (= Interessenausgleich zwischen den Belangen unverhältnismäßig)

(2) keine Fehler hinsichtlich Abwägungsergebnis
Das Abwägungsgebot ist auch dann verletzt, wenn der Abwägungsvorgang zwar ordnungsgemäß war, aber das Abwägungsergebnis mit den Aufgaben des Planungsverfahrens nicht zu vereinbaren ist, d. h. wenn im Einzelnen eines der folgenden Umstände vorliegt:
(a) Verfehlung der Zielvorgaben des Planungsträgers (auch: Abweichungen von Zielvorgabe nicht gerechtfertigt)
(b) Fortwirken von Fehlern aus dem Abwägungsvorgang
(c) keine Bewältigung des Konflikts (der zu lösen war - z. B. weil wesentliche Probleme ausgeklammert wurden)


G. Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage gegen eine Plangenehmigung
(ev. auch Planfeststellung)

Vgl. zu dieser Fragestellung auch folgendes Fallbeispiel zur Anfechtung einer Plangenehmigung.






[1] Vgl.: Kober, in: Danner/Theobald, Energierecht, EL 80 April 2014, C.H. Beck Verlag, § 12a EnWG, Rn. 4.
[2] Vgl.: Ruge, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 3. Auflage 2014, Deutscher Fachverlag GmbH, § 12a EnWG, Rn. 61.
[3] Einige Details zu den planungsbedürftigen sowie planungsfähigen Leitungen schildert Hermes, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Aufl. 2013, § 7, Rn. 118-119.
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