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Eigentumsvorbehalt/ Anwartschaftsrecht
1) Der Sachverhalt (BGH Urteil vom 13.09.2006)
- der Kläger verkauft seinen PKW zum Preis von 10.000 € an die W GmbH; Übergabe PKW ohne KFZ-Brief
- die W GmbH verkauft den PKW an den Beklagten, ohne den Kaufpreis an den Kläger zu bezahlen; Zahlung Kaufpreis i.H.v. 11.560 €, Übergabe KFZ mit dem Hinweis: KFZ-Brief wird per Einschreiben nachgeschickt
- es erfolgte keine Nachsendung des KFZ-Briefes, Kläger ist weiterhin im Besitz des Fahrzeugbriefes
- der Kläger verlangt nun vom Beklagten die Herausgabe des Fahrzeuges sowie eine Nutzungsvergütung (für die vom Beklagten zurück gelegte Fahrstrecke)
2) relevante Stelle im Prüfungsaufbau
(kein) Recht zum Besitz???
3) Lösung des Sachverhalts/ wie hat das Gericht entschieden (in vergleichbaren Fällen)
Entscheidung Berufungsgericht:
K hat gegen B keinen Anspruch auf Herausgabe des PKW gem. § 985 BGB
Begründung:
1) das Eigentum des B an den PKW wird gem. § 1006 I BGB vermutet
2) K muss ebenfalls beweisen, dass er sein Eigentum an dem PKW nicht verloren hat -> die Vorlage des Fahrzeugbriefes reicht hierfür nicht aus -> es gibt keine weiteren Beweise
3) aus dem KV geht nicht hervor, dass der PKW von W unter Eigentumsvorbehalt erworben wurde
4) aus Sicht des W wurde ihm das Eigentum an dem PKW vorbehaltslos übertragen; die Einbehaltung des KFZ-Briefes dient nur zur Sicherung der Kaufpreiszahlung
Zwerg:
W hat als Berechtigter über das Fahrzeug verfügt
(die Frage nach einem gutgläubigen Erwerb des PKW durch B stellt sich somit nicht)
Ansicht der Revision:
K könnte gegen B einen Anspruch auf Herausgabe des PKW gem. § 985 BGB haben.
Begründung:
1) die Auslegung ergibt, dass W die Einbehaltung des KFZ-Briefes nur dahingehend verstehen kann, dass K sich das Eigentum am PKW bis zur Kaufpreiszahlung vorbehalten wollte -> mit der Entgegennahme des PKW wurde der bedingten Übereignung konkludent zugestimmt
- somit hat K dem W den PKW nur unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung gem. § 449 I BGB übertragen
(da diesbezüglich nichts im KV geregelt ist, ist in diesem Fall unerheblich; ein Eigentumsvorbehalt kann auch nachträglich erfolgen -> Voraussetzung ist jedoch, dass spätestens bei Besitzübergabe der Wille deutlich erklärt wurde)
- da W der Kaufpreiszahlung nicht nachgekommen ist, hat er kein Eigentum vom PKW erlangt
2) K hat sein Eigentum auch dann nicht verloren, als der PKW an B verkauft wurde
Grund hierfür ist die Tatsache, dass W nicht Eigentümer des PKW ist
B hätte nur Eigentum erworben, wenn die Verfügung des W mit Einwilligung des K erfolgt wäre (§ 185 I BGB)dies ist hier nicht der Fall => die Einbehaltung des KFZ-Briefes steht dem entgegen
oder
wenn B hinsichtlich des Eigentums bzw. der Verfügungsbefugnis des W im guten Glauben gewesen wäre (§§ 932 I S. 1 BGB, 366 I HGB)
dies ist hier nicht der Fall, da der Beklagte grob Fahrlässig (i.S.v. § 932 II BGB) handelt => er hätte sich anhand des KFZ-Briefes über das Eigentum/ die Verfügungsbefugnis des W vergewissern müssen
(hier greift auch nicht der § 1006 BGB, da feststeht das K Eigentümer des PKW ist)
Zwerg:
Somit kann K von B die Herausgabe des PKW verlangen
3) Fraglich jedoch ist, ob W bzw. B ein Recht zum Besitz gem. § 986 I S. 1 BGB hatte bzw. hat??????
W
der Besitzer kann die Herausgabe der Sache verweigern, wenn er zum Besitz berechtigt ist
dies wäre nicht der Fall, wenn K vom Kaufvertrag (wegen ausbleibender Kaufpreiszahlung) zurückgetreten ist
W wären dann gegenüber K nicht zum Besitz berechtigt
B
könnte ein Recht zum Besitz in Form eines Anwartschaftsrecht gehabt haben
K hat dem W durch die aufschiebende Bedingung ein dingliches Anwartschaftsrecht am PKW verschafft
Eigentumsübertragung zwischen W und K ist fehlgeschlagen
Eigentumsübertragung zwischen B und W ist wirksam vollzogen worden -> wirksame Übertragung des Anwartschaftsrechts
das Anwartschaftsrecht wäre jedoch ebenfalls hinfällig, falls K vom Kaufvertrag (K-W) zurückgetreten wär
Ergebnis:
das angefochtene Urteil hat keinen Bestand -> der Rechtsstreit ist noch nicht zur Entscheidung reif
das Berufungsurteil ist aufzuheben und an das Berufungsgericht zurückzuverweisen
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