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Wirtschaftsprivatrecht II
Inhalt der Verträge
Teil 7: Verbraucherverträge
Das Verbraucherrecht wurde im Zuge der Schuldrechtsreform an verschiedenen Stellen umfassend ins BGB implementiert:
Sämtliche verbraucherrechtlichen Abschnitte basieren auf den zentralen Begriffen des Verbrauchers(§ 13 BGB) einerseits und des Unternehmers (§ 14 BGB) andererseits Die verbraucherrechtlichen Begriffe spielen nur eine Rolle im Zusammenhang mit bestimmten Rechtsgeschäften. Im Folgenden soll zum einen die allgemeinen Verbraucherrechte wie Widerrufs- und Rückgabrecht (§§ 355-360 BGB) behandelt werden sowie zum anderen die im Rahmen dieses Studiengangs bedeutsamen Verbraucherrechte bei Haustürgeschäften, im Fernabsatz und elektronischen Geschäftsverkehr und bei Verbraucherkreditverträgen behandelt. Schließlich werden die Auswirkungen auf verbundene Verträge behandelt. |
Fall 71: Arbeitgeber Ahrens (A) ist Elektrogroßhändler. Eines Tages bestellt er den bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer Brand (B) kurzfristig und unvermittelt zu sich ins Büro. B ahnt nicht die Hintergründe des Gesprächs. Im Rahmen einer langen und hitzigen Diskussion verdeutlicht A dem B die aktuelle finanzielle Misere des Betriebs und das dringende Bedürfnis einschneidender Einsparungen. Am Ende kommt man noch an Ort und Stelle darin überein, dass gegen eine Abfindungein Aufhebungsvertrag über das Arbeitsverhältnis des B geschlossen wird. Zuhause besinnt sich B eines besseren. Steht ihm ein Widerrufsrecht zu ? |
A. Widerrufsrecht, § 355 BGB
§ 355 ff. BGB |
Die Regelungen zum Widerrufsrecht in den §§ 355 ff.BGB stellen das Kernstück des Verbraucherschutzes im BGB dar, auf das von den verschiedensten Verbraucherrechtsvorschriften verwiesen wird (z.B. im Bereich der Haustürgeschäfte, § 312 Abs. 1 BGB, Fernabsatzverträge, § 312 d Abs. 1 BGB, oder Verbraucherdarlehensverträge, § 495 Abs. 1 BGB). Eseröffenet dem Verbraucher die Möglichkeit, sich unter gewissen Voraussetzungen über die Grenzen des § 130 Abs.1 S. 2 BGB von seiner Willenserklärung zu lösen. Die Rechtsfolgen der Ausübung des Widerrufsrechts finden sich in § 357 BGB, wonach die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nach §§ 346 ff. BGB anzuwenden sind. Das ursprüngliche Schuldverhältnis wandelt sich insofern in ein Rückgewährschuldverhältnis um. Seiner Rechtsnatur nach handelt es sich bei dem Widerrufrecht daher um ein modifiziertes Rücktrittsrecht, mithin um ein Gestaltungsrecht. Seine wirksame Ausübung setzt die Abgabe einer Widerrufserklärung gem. § 349 i.V.m. § 357 Abs. 1 S. 1 BGB unter Wahrung der jeweiligen Widerrufsfrist nach § 355 BGB voraus. Als einseitiges Gestaltungsrecht des Verbrauchers ist die Widerrufserklärung eine zugangsbedürftige (und grundsätzlich bedingungsfeindliche) Willenserklärung. Charakteristisch für diese ist, dass sie keiner Begründung bedarf. Sie muss allein den Willen des Verbrauchers erkennbar werden lassen, sich von der vertraglichen Bindung zu lösen; ggf. durch laiengünstige Auslegung. Grundsätzlich ist nach § 355 Abs. 1 S. 2, 1. Hs. BGB zwar ein Schriftformerfordernis vorgesehen (Anforderungen des § 126b BGB), ausreichend ist aber eine konkludente Erklärung durch die Rücksendung der betreffenden Sache, § 355 Abs. 1 S. 2 BGB. Die zu beachtende Widerrufsfrist beträgt nach § 355 Abs. 1 S. 2, 2. Hs. BGB einheitlich zwei Wochen. Entscheidende Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der ordnungsmäßigen Belehrungüber das Widerrufsrecht zu, durch die der Lauf der Widerrufsfrist erst in Gang gesetzt wird. Das bedeutet zugleich, dass die Frist im Fall von schriftlichen Verträgen nicht einsetzt, bevor dem Verbraucher eine Vertragsurkunde oder deren Abschrift zur Verfügung gestellt worden ist, § 355 Abs. 2 S. 3 BGB. Die Beweistlast trägt gem § 355 Abs. 2 S. 4 BGB der Unternehmer. Die Belehrung hat nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB in Textform (§ 126b BGB) zu erfolgen und den genannten inhaltlichen Anforderungen zu entsprechen. Eine Nachholung nach bereits erfolgtem Vertragsschluss ist unter der Maßgabe möglich, dassin diesem Fall eine einmonatige Frist anläuft, § 355 Abs. 2 S. 2 BGB. Ergänzungen dieser allgemeinen Voraussetzungen werden z.T. durch die speziellen Verbraucherrechtsvorschriften, bspw. durch § 312 Abs. 2 BGB für Haustürgeschäfte vorgenommen. Hinsichtlich des Erlöschens des Widerrufsrechts ordnet § 355 Abs. 3 BGB eine einheitliche Frist von sechs Monaten an, die bei Verträgen über die Lieferung von Waren jedoch erst mit deren Eingang beim Empfänger beginnt. Danach steht dem Verbraucher unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit grundsätzlich Widerrufsrecht mehr zu. Im Fall nicht ordnungsgemäßer Belehrung besteht dagegen überhaupt keine Befristung, § 355 Abs. 3 S. 3 BGB (vgl. zur Gemeinschaftsrechtswidrigkeit einer solchen in § 355 Abs. 3 BGB a.F.: EuGH, NJW 2002, S. 281). Siehe hierzu auch folgende Entscheidung: EuGH, U. v. 13.12.2001 – Rs. C-481/99 Während § 355 Abs. 1 S. 2 BGB zur Fristwahrung die Absendnung der Widerrufs genügen lässt und dem Unternehmer insofern das Verzögerungsrisiko aufbürdet, verbleibt das Verlustrisiko der Erklärung auf dem Zustellungsweg beim Verbraucher. Allerdings steht dem Verbraucher das Recht unverzüglicher fristwahrender Wiederholung der Widerrufserklärung zu, wenn er von deren Nichtzugang Kenntnis erlangt (OLG Dresden, NJW-RR 2000, 354). |
Fall 72: Die Eheleute M und F leben in einem gemeinsamen Haushalt in M. Während einer mehrwöchigen Geschäftsreise des M gibt plötzlich der alte Staubsauger der F bei der Hausarbeit seinen Geist auf. Kurz entschlossen begibt sie sich deshalb zu Elektrohändler U und kauft ein neues Gerät zum Preis von 400 €. Dabei wird ein Ratenzahlungskauf von 8 Monatsraten zu 50 € vereinbart. F wird über alle erforderlichen Formalien informiert. Als M drei Wochen später von seiner Reise zurückkehrt, ist er alles andere als glücklich über die Wahl seiner Frau. Dennoch verlangt U nun Zahlung von ihm. Rechte des M? |
B. Rückgaberecht, § 356 BGB
§ 312 BGB |
In gesetzlich ausdrücklich bestimmten Fällen tritt das Rückgaberecht nach § 312 BGB ersatzweise an die Stelle des Widerrufrechts gem. § 355 BGB. Angesprochen sind hierbei die §§ 312 Abs. 1 S. 2, 312 d Abs. 1 S. 2 bzw. 503 Abs. 1 BGB. Die Geltendmachung eines Rückgaberechts setzt zunächst gem. § 356 Abs. 1 S. 2 BGB voraus, dass der jeweilige Vertragsschluss aufgrund eines Verkaufsprospekts (d.h. etwa (Internet-)Katalog oder Postwurfsendung) erfolgt ist. Weiterhin muss die im Verkaufsprospekt enthaltene, deutlich gestaltete Belehrung dem Verbraucher in Abwesenheit des Unternehmers eingehend zur Kenntnisnahme bereit gestanden haben (§ 356 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB). Schließlich ist dem Verbraucher das Rückgaberecht in Textform (§ 126b BGB) einzuräumen (§ 356 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BGB). Die Ausübung des Rechts kann gem. § 356 Abs. 2 ausschließlich innerhalb der Widerrufsfrist (§ 355 Abs. 1 S. 2 BGB) und nur durch Rücksendung bzw. mangels Rücksendefähigkeit als Paket (also ab 20 kg Gewicht) – durch Rücknahmeverlangen erfolgen. Dies bedeutet für den Unternehmer insofern eine Privilegierung gegenüber dem Widerrufsrecht, als dem Verbraucher hier die Möglichkeit der Einrede Zug-um-Zug gemäß § 348 i.V.m. § 357 Abs. 1 S. 1 BGB abgeschnitten ist. |
C. Haustürgeschäfte, § 312 BGB
Besonderheiten |
Eine verbreitete Form des Verbraucherschutzes stellen die Haustürgeschäfte gem. § 312 BGB (früher: HWiG) dar, die grundsätzlich einen Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unterhemer über eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand haben. § 312 Abs. 1 BGB knüpft das Vorliegen eines Haustürgeschäfts darüber hinaus an spezielle, abschließend aufgeführte Arten der Vertragsanbahnung, im Rahmen derer der Verbraucher zur Abgabe der maßgeblichen Willenserklärung veranlasst worden sein muss. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie ein gegenüber "normalen" Vertragsabschlüssen gesteigertes Gefahrepotential für die Entschließungsfreiheit des Verbrauchers beinhalten:
BGH, U. v. 16.1.1996 – XI ZR 57/95
Hinzutreten muss nach § 312 Abs. 1 BGB eine Bestimmung des Verbrauchers zum Abschluss des Vertrages. Ausreichend dafür ist ein Ursachenzusammenhang zwischen den besonderen Umständen der Vereinbarung und der Abgabe der Willenserklärung. Ausschlaggebender Beweggrund für den Vertragsschluss in seiner konkreten Getsalt muss die bezeichnete Verhandlungssituation dagegen nicht gewesen sein. Als inhaltlichen Anforderung an die Ausgestaltung der Belehrungdes Verbrauchers über seine Rechte (§ 355 Abs. 2, 3 BGB) führt § 312Abs. 2 BGB Hinweispflichten auf die Rechtsfolgen des § 355 Abs. 1 und 3 BGB an. Ausschlusstatbestände für das Widerrufs- bzw. Rückgaberecht trotz der Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts finden sich schließlich in § 312 Abs. 3 BGB. Die Vorschriften gelten demnach zunächst nicht für Versicherungsverträge, § 312 Abs. 3, 1. Hs. BGB. Weiterhin bestehen die Rechte aus §§355 bzw. 356 BGB nicht, wenn die zum Abschluss führenden Verhandlungen auf Initiative des Verbrauchers aufgenommen worden waren, indem dieser den Unternehmer zu konkreten Verhandlungen vorher zu sich bestellt hat (§ 312 Abs. 3 S. 1 BGB). Kein ausreichendes Schutzbedürfnis des Verbrauchers liegt schließlich dann vor, wenn das Entgelt im Fall sofortiger Leistungserbringung 40 € nicht übersteigt (§ 312 Abs.3 Nr. 2 BGB) oder die Willenserklärung des Verbrauchers von einem Notar beurkundet worden ist (§ 312 Abs. 3 Nr. 3 BGB). § 312a BGB beinhaltet für Haustürgeschäfte eine Subsidiaritätsklausel dahingehend, dass ein Widerrufs- bzw. Rückgaberecht aus § 312 BGB ausscheidet, sofern ein solches bereits durch eine der aufgeführten Vorschriften begründet wird. |
Fall 73: Der unternehmungslustige Rentner R hat sich auf einer Kaffeefahrt einen tragbahren Fernseher von Unternhemer U „andrehen“ lassen um seine Mobilität noch kompftortabler gestalten zu können. Über etwaige Rechte wurde er dabei nicht belehrt. Zuhause angekommen stolpert er bei erster Gelegenheit über sein im Wohnzimmer sperrig aufgestelltes Bügelbrett, was jedoch in seinem Ein-Mann-Haushalt durchaus häufiger vorkommt. Der Fernseher fällt dabei zu Boden und zerspringt in 1000 Teile. Rechte des R? |
D. Fernabsatzverträge, § 312 b ff. BGB
Definition und Regelungen |
Fernabsatzverträge beschreiben Verträge die zwecks Lieferung von Waren oder Erbringnung von Dienstleistungen zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, § 312b Abs. 1 BGB. Nach der Legaldefinition in § 312b Abs. 2 BGB sind darunter sämtliche Kommunikationsarten zu verstehen, die eine geleichzeitige körperliche Anwesenheit beider Vertragsparteien nicht voraussetzen; so z.B. Briefe, Telefongespräche, E-Mails sowie diverse Tele- und Mediendienste. Zudem muss der Vertragsschluss im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dientstleistungssystem erfolgt sein Der Regelungszweck dieser Vorschrift liegt in der Kompensation der spezifischen Gefahren dieses Geschäftsverkehrs, insbesondere der Anonymität des Geschäftspartners, der eingeschränkten Qualitätskontrolle von Waren und Dienstleistungen und des tendenziell begrenzten Informationsangebots hinsichtlich der Vertragsumstände. Umfangreiche Einschränkungen des breiten Anwendungsbereichs enthält der Ausnahmenkatalog in § 312b Abs. 3 BGB. Gemeinsam ist den aufgelisteten Tatbeständen, dass dort das grundsätzliche Schutzbedürfnis des Verbrauchers nur abgeschwächt vorhanden ist. Dies ist entweder der Fall aufgrund speziellerer Regelungen (z.B. für Fernuntericht Nr. 1 im Fernunterrichtsgesetz), wegen allgemeinen Formvorschriften (z.B. für Grundstücksveräußerungenin Nr. 4 durch §§ 311b Abs. 1, 925 BGB) oder aufgrund von Praktikabilitätserwägungen (z.B. in Nr. 5 Lieferung von Lebensmitteln u.ä.). Der Gefahr von Informationsdefiziten bei Geschäftsabschlüssen dieser Art versucht § 312c BGB Rechnung zu tragen, indem der Unternehmerseite weitreichende Unterrichtungspflichten auferlegt werden. § 312c Abs. 1 BGB befasst sich dabei inhaltlich mit den vorvertraglichen Informationspflichten, während § 312c Abs. 2 BGB die Pflichten nach Vertragsschluss behandelt (Ausnahme hierfür in Abs. 3 S.1). Eine Verletzung der Anforderungen der Abs. 1 und 2 können Schadenserstzansprüche aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs.2, § 241 Abs. 2 BGB bzw. § 280 Abs. 1 BGB nach sich ziehen. Darüber hinaus führt die Nichtbeachtung von Abs. 2 gem. § 312d Abs. 2 1.Hs. BGB zu einer Hemmung des Beginns der Widerrufsfrist und einer Privilegierung des Verbrauchers, den in diesem Fall bei der Rückabwicklung des Vertrags nicht die nachteiligen Folgen des § 357 Abs. 3 BGB (i.V.m. § 346 BGB) treffen. Als weitere Rechtsfolge wird dem Verbraucher gem. §312d Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 355 BGB ein Widerrufs- bwz. nach § 312d Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 356 BGB ein Rückgaberecht eingeräumt. Es bestehen dabei einzelne Besonderheiten gegenüber der allgemeinen Regelung des § 355 BGB. Zu beachten sind insofern der an die Erfüllung der Informationspflichten gekoppelte, verzögerte Beginn der Widerrufsfrist (§ 312d Abs. 2 BGB) sowie das Erlöschen des Widerrufsrechts im Falle von Dienstleistungen, die bereits vor Ablauf der Frist entweder mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers aufgenommen worden oder von ihm selbst veranlasst worden sind. Einen Ausschlusskatalog für das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen beinhaltet § 312 Abs. 4 und Abs. 5. Dieser erfasst in Abs. 4 individuell zugeschnittene Waren (Nr. 1), Waren mit hoher Missbrauchsgefahr wie Tonträger oder Software (Nr. 2), Printerzeugnisse (Nr. 3), Verträge zur Erbringung von Wett- und Lotteriedienstleistungen sowie Versteigerungen i.S.d. § 156 (Nr. 5). Nach Abs. 5 tritt ein Widerrufsrecht i.S.d. § 312d BGB bei Fernabsatzverträgen zurück, wenn ein solches bereits nach den (dann spezielleren) §§ 499-507 BGB gewährt ist. |
Fall 74: Internetuser I freut sich, bei der Versteigerungplatform I-buy eine neue Modelleisenbahn für seinen Hobbykeller erworben zu haben. Er hat diese vom gewerblichen Anbieter A ersteigert. Als diese ihm dann aber wenige Tage später ausgeliefert wird, ist er beim ersten Anblick der Meinung, diesem Alter doch bereits entwachsen zu sein. Kann sich I von dem Vertrag lösen? |
E. Elektronischer Geschäftsverkehr, § 312 e BGB
Informations- und Abwicklungspflichten |
§ 312e BGB erlegt dem Unternehmer in den Fällen von Vertragsschlüssen über Lieferungen von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, die mittels Telemedien geschlossen werden, besondere Informations- und Abwicklungspflichten auf. Dabei besteht ein weitaus engerer Anwendungsbereich als bei den Regelungen über Fernabsatzkommunikationsmittel nach § 312b Abs. 2 BGB. Erfasst werden als Tele- bzw. Mediendienste (richtig: Telemedien) i.S.d. § 312e Abs. 1 BGB ausschließlich solche, die der Definition des § 2 TMG entsprechen. Nach § 312e Abs. 2 S. 1 BGB ausdrücklich ausgenommen sind hingegen individuelle Kommunikationsmittel. Für die Anwendbarkeit der Vorschrift gleichgültig ist aber die Qualität des Kunden, mit dem der Unternehmer den betreffenden Vertrag schließt, dieser kann Verbraucher, aber auch Unternehmer sein. Abweichende Vereinbarungen zwischen zwei Unternehmern werden in den Grenzen des § 312e Abs. 2 S. 2 BGB nicht verdrängt. Die zu berücksichtigenden Pflichten des Unternehmersfinden sich in § 312e Abs. 1 Nr. 1-4 BGB.
Auch bei der Verletzung einer der aufgeführten Pflichten des Unternehmers wird die Wirksamkeit des Vertrags grundsätzlich nicht berührt. Dies kann jedoch ein Anknüpfungspunkt für etwaige Schadensersatzansprüche des Kunden gegen den Unternehmer aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB sein.Schließlich modifiziert § 312e BGB im Falle eines Widerrufrechts gem. § 355 BGB den Beginn des Ablaufs der Widerrufsfrist, indem sie ihn von der Erfüllung der Pflichten des Abs. 1 abhängig macht, § 312e Abs. 3 S.2 BGB. |
F. Der Verbraucherdarlehensvertrag
§§ 491 - 498 BGB |
Die §§ 491 bis 498 BGB enthalten besondere Regelungen zum so genannten Verbraucherdarlehensvertrag. Die §§ 491 ff. BGB betreffen nur den Gelddarlehensvertrag. Das folgt schon aus der systematischen Stellung der Vorschriften hinter den §§ 488 ff. BGB. Ziel dieser Vorschriften ist die Sicherstellung eines Schutzes des Verbrauchers in seiner Rolle als Darlehensnehmer. Dieser Schutz darf nicht zum Nachteil des Darlehensnehmers abbedungen oder durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden (§ 511 BGB). Ein Verbraucherdarlehensvertrag liegt vor, wenn ein entgeltlicher Darlehensvertrag zwischen einem Unternehmer (§ 14 BGB) als Darlehensgeber und einem Verbraucher (§ 13 BGB) als Darlehensnehmer geschlossen wird (§ 491 Abs. 1 BGB). Ein Verbraucherdarlehensvertrag bedarf der schriftlichen Form(§ 492 Abs. 1 S. 1 BGB), welcher nach § 492 Abs. 1 S. 3 BGB genügt ist, wenn der Antrag und die Annahme des Verbraucherdarlehensvertrages durch die Parteien jeweils getrennt schriftlich erklärt werden. Die vom Darlehensnehmer zu unterzeichnende Vertragserklärung muss nach § 492 Abs. 1 S. 5 BGB bestimmte Mindestangaben enthalten wie etwa den Nettodarlehensbetrag (= den zur Auszahlung gelangenden Betrag), den Gesamtbetrag aller Teilzahlungen einschließlich Zinsen und Kosten, den Zinssatz, die Kosten des Darlehens, den (in § 492 Abs. 2 BGB definierten) effektiven Jahreszins sowie die zu bestellenden Sicherheiten. Die Angaben sind jedoch nur dann zu machen, wenn der Gesamtbetrag bei Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrages für die gesamte Laufzeit der Höhe nach feststeht. In Abweichung von § 167 Abs. 2 BGB gelten auch für eine Vollmacht, die ein Darlehensnehmer zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages erteilt, die Regelungen über das Schriftformerfordernis und die erforderlichen Mindestangaben (§ 492 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 bis 7 BGB) sowie die Berechnung des effektiven Jahreszinses (§ 492 Abs. 2 BGB; vgl. § 492 Abs. 4 S. 1 BGB). Ist die Schriftform nicht eingehalten oder fehlen Mindestangaben, sind der Verbraucherdarlehensvertrag und die auf den Abschluss eines solchen Vertrages vom Verbraucher erteilte Vollmacht nichtig (§ 494 Abs. 1 BGB). Wenn jedoch der Darlehensnehmer das Darlehen empfängt oder es in Anspruch nimmt, wird der Vertrag gültig (§ 494 Abs.2 S. 1 BGB). Eine Heilung nach dieser Vorschrift gilt jedoch nur für den Verbraucherdarlehensvertrag, nicht für eine einmal formwidrig vom Darlehensnehmer erteilte Vollmacht. Wegen der wirtschaftlichen und rechtlichen Tragweite des Vertrages räumt § 495 Abs. 1 BGB ebenso wie § 312 Abs. 1 BGB dem Darlehensnehmer ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB ein. Dieses Recht muss binnen zwei Wochen in Textform (§ 126 b BGB) erklärt werden. |
G. Verbundene Verträge, §§ 358, 359 BGB
§ 355 ff. BGB |
Verbundene Verträge bezeichnen die wirtschaftliche Einheitzwischen einem Vertrag über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung und einem Verbraucherdarlehensvertrag, der gerade der Finanzierung des ersten Vertrags dient, § 358 Abs. 3 BGB. Eine solche wird gem. § 358 Abs. 3 S. 2 BGB als Regelbeispiel unwiderlegbar vermutet, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung des Verbrauchers finanziert oder im Fall der Finanzierung durch einen Dritten, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags der Mitwirkung des Unternehmers bedient. Der Darlehenszweck muss zwingend darin bestehen, dass das erforderliche Entgelt für den anderen Vertrag erbracht wird, wobei unerheblich ist, ob das Darlehen an den Verbraucher oder unmittelbar an den Unternehmer ausgezahlt wird. Anhaltspunkte für die notwendige wirtschaftliche Einheit sind u.a. die Unterzeichnung beider Verträge als einheitlicher Vorgang durch den Verbraucher oder ständige Geschäftsbeziehungen zwischen Verkäufer und Kreditinstitut. Verbundene Verträge sind grundsätzlich im Fall der Ausübung eines Widerrufrechts durch den Verbraucher in ihrem rechtlichen Schicksal aneinander gekoppelt. Widerruft der Verbraucher den Warenlieferungsvertrag i.S.d. § 358 BGB wirksam, so entfällt gem. § 358 Abs. 1 BGB auch die Bindung an seine Willenserklärung im Rahmen des finanzierenden Verbraucherdarlehensvertrags. Die Rückabwicklung findet nach § 358 Abs. 4 i.V.m. § 357 BGB statt. Umgekehrt bestimmt § 358 Abs. 2 BGB, dass der Verbraucher im Falle eines wirksamen Widerrufs der Willenserklärung hinsichtlich des Verbraucherdarlehensvertrags auch an seine Erklärung im Hinblick auf den finanzierten Vertrag nicht mehr gebunden ist. § 358 Abs. 2 S. 2 BGB ordnet darüber hinaus an, dass im Konkurrenzfall zwischen Widerrufsrecht aus dem darlehensrechtlichen Vertrag und dem Widerrufsrecht aus dem finanzierten Vertrag, das Widerrufsrecht des finanzierten Vertrags vorgeht. Geht der Verbraucher gleichwohl aus dem Widerrufsrecht des Verbraucherdarlehensvertrags vor, gilt dies dennoch als Widerruf des finanzierten Vertrags. |
Fall 75: F kauft bei U einen Beamer im Wert von 2000 €. Dabei wird vereinbart, dass die Bezahlung des Kaufpreis durch eine von der Bank B angebotene Finanzierung in Monatsraten zu jeweils 200 € erfolgen soll. Nach vier Monaten funktioniert der Beamer aufgrund eines technischen Defekts nicht mehr. Die von F verlangte Nacherfüllung bleibt ohne Erfolg. F gibtden Beamer an U zurück und erklärt, dass er damit nichts mehr zu tun haben will. Dennoch verlangt B die weitere Zahlung der Raten. Rechte des F ? |
§ 359 BGB |
§ 359 BGB erstreckt den Gleichlauf beider Verträge auch auf Einwendungen, indem er dem Verbraucher die Berufung auf Einwendungen aus dem finanzierten Vertrag auch im Hinblick auf den finanzierten Vertrag ermöglicht. Es entsteht ein sog. Einwendungsdurchgriff. Erfasst sind sämtliche rechtshindernden, rechtsvernichtenden und rechtshemmenden Einwendungen und Einreden. Hintergrund dieser Regelung ist, dass der Käufer vor der Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts geschützt werden soll. Er soll so gestellt werden, als stünde ihm allein ein Vertragspartner gegenüber. Dann könnte der Käufer jedoch auch bei Einwendungen und Einreden aus dem Kaufvertrag weitere Zahlungen verweigern. Dies muss hier deshalb auch hinsichtlich der Darlehenstilgung gelten. Ausnahmen ergeben sich lediglich bei einem finanzierten Entgelt von weniger als 200 € (§ 359a Abs. 4 BGB) sowie im Fall von Einwendungen aus nachträglich zwischen Verbraucher und Unternehmer vereinbarten Vertragsänderugen, § 359 S. 2 BGB. Schließlich kann der Verbraucher nach § 359 S. 3 BGB auch so lange nicht die Darlehensrückzahlung verweigern, wie eine mögliche Nacherfüllung nicht fehlgeschlagen ist. |
Fall 76: Verbraucher V kauft bei Autohändler A einen Neuwagen zum Preis von 15.000 €. Dabei wird vereinbart, dass A zunächst nur 3.000€ anzahlt. Der Restkaufpreis soll durch eine von der B-Bank angebotene Finanzierung in Raten zu jeweils 1000 € erfolgen. V unterschreibt das entsprechende einheitliche Formular, in dem auf sämtliche erforderliche Informationen hingewiesen wird. Nach Leistung der Anzahlung wird V das Fahrzeug umgehend ausgehändigt. Eine Woche später widerruft V jedoch wegen finanzieller Überlastung den Darlehensvertrag gegenüber A. In der Zwischenzeit hatte die B bereits den Darlehensbetrag dem Konto des A gutgeschrieben. A verlangt nun von V Rückzahlung der angezahlten 3.000 €. Hat A recht? |
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