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Wirtschaftsprivatrecht II
Inhalt der Verträge
Teil 7: Verbraucherverträge
Das Verbraucherrecht wurde im Zuge der Schuldrechtsreform an verschiedenen Stellen umfassend ins BGB implementiert:
Sämtliche verbraucherrechtlichen Abschnitte basieren auf den zentralen Begriffen des Verbrauchers(§ 13 BGB) einerseits und des Unternehmers (§ 14 BGB) andererseits Die verbraucherrechtlichen Begriffe spielen nur eine Rolle im Zusammenhang mit bestimmten Rechtsgeschäften. Im Folgenden soll zum einen die allgemeinen Verbraucherrechte wie Widerrufs- und Rückgabrecht (§§ 355-360 BGB) behandelt werden sowie zum anderen die im Rahmen dieses Studiengangs bedeutsamen Verbraucherrechte bei Haustürgeschäften, im Fernabsatz und elektronischen Geschäftsverkehr und bei Verbraucherkreditverträgen behandelt. Schließlich werden die Auswirkungen auf verbundene Verträge behandelt. |
Fall 71: Arbeitgeber Ahrens (A) ist Elektrogroßhändler. Eines Tages bestellt er den bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer Brand (B) kurzfristig und unvermittelt zu sich ins Büro. B ahnt nicht die Hintergründe des Gesprächs. Im Rahmen einer langen und hitzigen Diskussion verdeutlicht A dem B die aktuelle finanzielle Misere des Betriebs und das dringende Bedürfnis einschneidender Einsparungen. Am Ende kommt man noch an Ort und Stelle darin überein, dass gegen eine Abfindungein Aufhebungsvertrag über das Arbeitsverhältnis des B geschlossen wird. Zuhause besinnt sich B eines besseren. Steht ihm ein Widerrufsrecht zu ? |
A. Widerrufsrecht, § 355 BGB
§ 355 ff. BGB |
Die Regelungen zum Widerrufsrecht in den §§ 355 ff.BGB stellen das Kernstück des Verbraucherschutzes im BGB dar, auf das von den verschiedensten Verbraucherrechtsvorschriften verwiesen wird (z.B. im Bereich der Haustürgeschäfte, § 312 Abs. 1 BGB, Fernabsatzverträge, § 312 d Abs. 1 BGB, oder Verbraucherdarlehensverträge, § 495 Abs. 1 BGB). Eseröffenet dem Verbraucher die Möglichkeit, sich unter gewissen Voraussetzungen über die Grenzen des § 130 Abs.1 S. 2 BGB von seiner Willenserklärung zu lösen. Die Rechtsfolgen der Ausübung des Widerrufsrechts finden sich in § 357 BGB, wonach die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nach §§ 346 ff. BGB anzuwenden sind. Das ursprüngliche Schuldverhältnis wandelt sich insofern in ein Rückgewährschuldverhältnis um. Seiner Rechtsnatur nach handelt es sich bei dem Widerrufrecht daher um ein modifiziertes Rücktrittsrecht, mithin um ein Gestaltungsrecht. Seine wirksame Ausübung setzt die Abgabe einer Widerrufserklärung gem. § 349 i.V.m. § 357 Abs. 1 S. 1 BGB unter Wahrung der jeweiligen Widerrufsfrist nach § 355 BGB voraus. Als einseitiges Gestaltungsrecht des Verbrauchers ist die Widerrufserklärung eine zugangsbedürftige (und grundsätzlich bedingungsfeindliche) Willenserklärung. Charakteristisch für diese ist, dass sie keiner Begründung bedarf. Sie muss allein den Willen des Verbrauchers erkennbar werden lassen, sich von der vertraglichen Bindung zu lösen; ggf. durch laiengünstige Auslegung. Grundsätzlich ist nach § 355 Abs. 1 S. 2, 1. Hs. BGB zwar ein Schriftformerfordernis vorgesehen (Anforderungen des § 126b BGB), ausreichend ist aber eine konkludente Erklärung durch die Rücksendung der betreffenden Sache, § 355 Abs. 1 S. 2 BGB. Die zu beachtende Widerrufsfrist beträgt nach § 355 Abs. 1 S. 2, 2. Hs. BGB einheitlich zwei Wochen. Entscheidende Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der ordnungsmäßigen Belehrungüber das Widerrufsrecht zu, durch die der Lauf der Widerrufsfrist erst in Gang gesetzt wird. Das bedeutet zugleich, dass die Frist im Fall von schriftlichen Verträgen nicht einsetzt, bevor dem Verbraucher eine Vertragsurkunde oder deren Abschrift zur Verfügung gestellt worden ist, § 355 Abs. 2 S. 3 BGB. Die Beweistlast trägt gem § 355 Abs. 2 S. 4 BGB der Unternehmer. Die Belehrung hat nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB in Textform (§ 126b BGB) zu erfolgen und den genannten inhaltlichen Anforderungen zu entsprechen. Eine Nachholung nach bereits erfolgtem Vertragsschluss ist unter der Maßgabe möglich, dassin diesem Fall eine einmonatige Frist anläuft, § 355 Abs. 2 S. 2 BGB. Ergänzungen dieser allgemeinen Voraussetzungen werden z.T. durch die speziellen Verbraucherrechtsvorschriften, bspw. durch § 312 Abs. 2 BGB für Haustürgeschäfte vorgenommen. Hinsichtlich des Erlöschens des Widerrufsrechts ordnet § 355 Abs. 3 BGB eine einheitliche Frist von sechs Monaten an, die bei Verträgen über die Lieferung von Waren jedoch erst mit deren Eingang beim Empfänger beginnt. Danach steht dem Verbraucher unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit grundsätzlich Widerrufsrecht mehr zu. Im Fall nicht ordnungsgemäßer Belehrung besteht dagegen überhaupt keine Befristung, § 355 Abs. 3 S. 3 BGB (vgl. zur Gemeinschaftsrechtswidrigkeit einer solchen in § 355 Abs. 3 BGB a.F.: EuGH, NJW 2002, S. 281). Siehe hierzu auch folgende Entscheidung: EuGH, U. v. 13.12.2001 – Rs. C-481/99 Während § 355 Abs. 1 S. 2 BGB zur Fristwahrung die Absendnung der Widerrufs genügen lässt und dem Unternehmer insofern das Verzögerungsrisiko aufbürdet, verbleibt das Verlustrisiko der Erklärung auf dem Zustellungsweg beim Verbraucher. Allerdings steht dem Verbraucher das Recht unverzüglicher fristwahrender Wiederholung der Widerrufserklärung zu, wenn er von deren Nichtzugang Kenntnis erlangt (OLG Dresden, NJW-RR 2000, 354). |
Fall 72: Die Eheleute M und F leben in einem gemeinsamen Haushalt in M. Während einer mehrwöchigen Geschäftsreise des M gibt plötzlich der alte Staubsauger der F bei der Hausarbeit seinen Geist auf. Kurz entschlossen begibt sie sich deshalb zu Elektrohändler U und kauft ein neues Gerät zum Preis von 400 €. Dabei wird ein Ratenzahlungskauf von 8 Monatsraten zu 50 € vereinbart. F wird über alle erforderlichen Formalien informiert. Als M drei Wochen später von seiner Reise zurückkehrt, ist er alles andere als glücklich über die Wahl seiner Frau. Dennoch verlangt U nun Zahlung von ihm. Rechte des M? |
B. Rückgaberecht, § 356 BGB
§ 312 BGB |
In gesetzlich ausdrücklich bestimmten Fällen tritt das Rückgaberecht nach § 312 BGB ersatzweise an die Stelle des Widerrufrechts gem. § 355 BGB. Angesprochen sind hierbei die §§ 312 Abs. 1 S. 2, 312 d Abs. 1 S. 2 bzw. 503 Abs. 1 BGB. Die Geltendmachung eines Rückgaberechts setzt zunächst gem. § 356 Abs. 1 S. 2 BGB voraus, dass der jeweilige Vertragsschluss aufgrund eines Verkaufsprospekts (d.h. etwa (Internet-)Katalog oder Postwurfsendung) erfolgt ist. Weiterhin muss die im Verkaufsprospekt enthaltene, deutlich gestaltete Belehrung dem Verbraucher in Abwesenheit des Unternehmers eingehend zur Kenntnisnahme bereit gestanden haben (§ 356 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB). Schließlich ist dem Verbraucher das Rückgaberecht in Textform (§ 126b BGB) einzuräumen (§ 356 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BGB). Die Ausübung des Rechts kann gem. § 356 Abs. 2 ausschließlich innerhalb der Widerrufsfrist (§ 355 Abs. 1 S. 2 BGB) und nur durch Rücksendung bzw. mangels Rücksendefähigkeit als Paket (also ab 20 kg Gewicht) – durch Rücknahmeverlangen erfolgen. Dies bedeutet für den Unternehmer insofern eine Privilegierung gegenüber dem Widerrufsrecht, als dem Verbraucher hier die Möglichkeit der Einrede Zug-um-Zug gemäß § 348 i.V.m. § 357 Abs. 1 S. 1 BGB abgeschnitten ist. |
C. Haustürgeschäfte, § 312 BGB
D. Fernabsatzverträge, § 312 b ff. BGB
E. Elektronischer Geschäftsverkehr, § 312 e BGB
F. Der Verbraucherdarlehensvertrag
G. Verbundene Verträge, §§ 358, 359 BGB
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