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Wirtschaftsprivatrecht II

Inhalt der Verträge

Teil 4: Kaufvertrag

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A. Hauptpflichten des Verkäufers


§ 433 Abs.1 BGB
Die Hauptpflichten des Verkäufers (§ 433 Abs. 1 BGB) sind die Übergabe des Kaufgegenstands durch Verschaffung des unmittelbaren Besitzes gem. § 854 BGB (bei Rechten durch Abtretung gem. § 398 BGB) und die Eigentumsverschaffung (je nach Art des Gegenstands gem. §§ 925, 929, 398 BGB). § 433 Abs. 1 BGB spricht von der Kaufsache, so dass die Regelung nur körperliche Gegenstände erfasst (§ 90 BGB). Allerdings sind nach § 453 BGB für den Kauf von Rechten (z.B. Forderungen, Patente, Markenrechte) die Vorschriften des Sachkaufs entsprechend anwendbar; nur die Vorschriften, die auf die Körperlichkeit der Sache Bezug nehmen (z.B. Übergabe nach § 433 Abs. 1 BGB, Versendung nach § 447 BGB) sind unanwendbar. Eine besondere Vorschrift gilt für Schiffe, die aufgrund ihrer Eintragung in das Schiffsregister unkörperlichen Gegenständen nahe stehen.
Seit der Schuldrechtsmodernisierung ist klargestellt, dass auch die Mängelfreiheit des Gegenstands eine Hauptleistungspflicht des Verkäufers ist (§ 433 Abs. 1 BGB).
 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/WIPRIIKaufvertrag/WIPRII433bgb.jpg)

B. Hauptpflichten des Käufers

§ 433 Abs. 2 BGB
Hauptpflicht des Käufers (§ 433 Abs. 2 BGB) ist regelmäßig nur die Zahlung des vereinbarten Kaufpreises. Die Pflicht ist synallagmatisch (§§ 320 ff. BGB) mit den Hauptpflichten des Verkäufers verbunden. Die in § 433 Abs. 2 BGB ebenfalls genannte Pflicht zur Abnahme des Kaufgegenstands ist nur in Ausnahmefällen Hauptpflicht (z.B. beim Räumungsverkauf); regelmäßig ist es dem Verkäufer egal, ob der Käufer die Sache mitnimmt, wenn er den Kaufpreis erhält.

Beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt (§ 449 BGB) muss der Käufer den Kaufpreis nicht sofort im Gegenzug zur Übergabe der Kaufsache zahlen, sondern erst nach einer mit dem Verkäufer ausgehandelten Frist. Häufig wird hierbei eine Ratenzahlung vereinbart. Allerdings erhält der Käufer dafür das Eigentum an der Sache auch erst mit vollständiger Kaufpreiszahlung. Der Käufer hat bei einem Ratenzahlungsvertrag aber schon mit der Zahlung einiger Raten eine eigentumsähnliche Position (sog. Anwartschaftsrecht) mit Besitzrecht (vgl. § 986 BGB) erworben. Aufgrund dieser Position darf der Verkäufer auch bei Zahlungsverzug des Käufers nicht ohne weiteres die Sache – an der er ja noch Eigentum hat – zurücknehmen; vielmehr muss er vom Vertrag nach § 323 BGB zurücktreten. Im kaufmännischen Verkehr gibt es besondere Formen des Eigentumsvorbehalts, nämlich den verlängerten Eigentumsvorbehalt und den Konzernvorbehalt, den § 439 Abs. 3 BGB für den nicht-kaufmännischen Bereich für unzulässig erklärt.

C. Nebenleistungspflichten

Ausnahmeregelungen
Das Kaufvertragsrecht sieht nur wenige Nebenleistungspflichten vor. Sie sind vor allem den Umständen des Einzelfalls geschuldet, z.B. Verpackungspflicht des Verkäufers, Montage der Kaufsache, Beratung vor Auswahl („Küchenplanung“), bei besonders langlebigen und hochwertigen Gegenständen langfristige Ersatzteilhaltung. Allenfalls bei hochwertigen und gefährlichen Sachen ist der Verkäufer zu einer Untersuchung des Gegenstands verpflichtet.

D. Gefahrübergang

§ 446 ff. BGB
Der Verkäufer muss nach § 446 BGB ab der Übergabe an den Käufer nicht für den zufälligen Untergang der Kaufsache einstehen. Zudem verliert er nicht seinen Kaufpreisanspruch. Der Grund für diese Regelung liegt darin, dass der Verkäufer nicht nur die Übergabe, sondern auch die ggfs. erst zeitlich später folgende Eigentumsverschaffung (z.B. beim Verkauf unter Eigentumsvorbehalt oder beim Grundstücksverkauf wegen der erforderlichen Eintragung ins Grundbuch). Sobald der Verkäufer dem Käufer die Sache aber übergeben hat, verliert er selbst jede Einflussmöglichkeit auf die Sache und damit ggfs. auch die Möglichkeit der Eigentumsverschaffung. Beim Eigentumsvorbehalt (§ 449 BGB) ist die vorzeitige Übergabe der Kaufsache an den Käufer Sinn des gesamten Geschäfts. Da ab der Übergabe der Käufer mit der Sache verfahren kann, muss er auch die Gefahr des Untergangs tragen.

Eine Vorverlegung des Gefahrübergangs sieht § 447 BGB für den Versendungskauf vor. Dafür muss der Verkäufer die Sache
  • auf Verlangen des Käufers
    • beim sog. Versandhandel liegt ein solches Verlangen nicht vor, weil die Versendung hier zum Pflichtenkreis des Verkäufers gehört (BGH NJW 2003, 3341 f.; str.);
  • an einen anderen Ort als den Leistungsort
    • der in § 447 Abs. 1 BGB genannte Begriff Erfüllungsort ist falsch; das Gesetz kennt diesen Begriff nicht;
    • der Leistungsort bestimmt sich nach § 269 BGB, so dass die Vorschrift auf Bringschulden nicht anwendbar ist;
    • § 269 BGB ist auch anwendbar beim Transport innerhalb einer Gemeinde, sog. Platzgeschäft;
  • durch eine gesetzlich genannte Transportperson
    • fremde Spediteure, Frachtführer, aber auch Paketdienste, Post und Boten;
    • problematisch ist der Einsatz eigener Transportpersonen des Verkäufers, weil er dann den Kaufgegenstand noch nicht „aus der Hand gegeben“ hat (sehr str.);
    • fraglich ist, ob der Verkäufer die Zuverlässigkeit der Transportperson prüfen muss;
  • transportieren lassen. Sind die Voraussetzungen gegeben, dann wird der Verkäufer von seiner Haftung für den zufälligen Untergang bereits mit Übergabe an die Transportperson frei.
 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/WIPRIIKaufvertrag/WIPRIIFall49.jpg)

E. Gewährleistungsrecht
1. Vorliegen eines Sachmangels

Voraussetzungen
Ein Sachmangel liegt vor bei der ungünstigen Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit. Die Sollbeschaffenheit richtet sich gem. § 434 BGB nach

  • der vertraglichen Vereinbarung (Abs. 1 S. 1),
    • die zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen über die Beschaffenheit der Kaufsache sind vorrangig zu überprüfen; regelmäßig haben die Parteien aber über die Beschaffenheit nicht gesondert gesprochen;
  • der vertraglich vorausgesetzten Verwendung (Abs. 1 S. 2 Nr. 1),
    • dieser Sachmangelbegriff spielt vor allem eine Rolle, wenn ein Kaufgegenstand vom Käufer in einer besonderen Art genutzt werden soll und der Verkäufer diese Verwendungsmöglichkeit kennt und sich zumindest hierauf einlässt;
  • der gewöhnlichen Verwendungdes Kaufgegenstands (Abs. 1 S. 2 Nr. 2) oder
  • der Erwartung aufgrund von Werbungu.ä. (Abs. 1 S. 3).
    • Werbung muss vom Verkäufer oder dem Hersteller gem. § 4 Abs. 1, 2 ProdHaftG oder deren Gehilfen (z.B. Werbeagentur) ausgehen;
    • Ausnahme, wenn der Käufer die Werbung nicht kannteoder kennen musste.

Ein Sachmangel liegt zudem vor bei
  • fehlerhafter Montage (Abs. 2 S. 1),
  • mangelhafter Montageanleitung (sog. IKEA-Klausel) (Abs. 2 S. 2),
    • Ausnahme: Montage gelingt trotzdem;
  • Aliud- oder Minderlieferung (Abs. 3).


Fall 50:
Jurastudent J ist im dritten Semester und macht ein 6-wöchiges Praktikum beim Rechtsanwalt R, dessen Tätigkeitsschwerpunkt im Kaufrecht liegt. Gleich am zweiten Tag legt ihm der Anwalt einen Stapel Akten auf den Tisch. R fordert J auf, die einzelnen Sachverhalte daraufhin zu prüfen, ob Rechte wegen eines Sach- oder Rechtsmangels geltend gemacht werden können, „dies sei schließlich was, was man schon im zweiten Semester gelernt habe“. J hatte allerdings das Schuldrecht ein wenig während seiner Studien vernachlässigt. Als R gerade bei Gericht ist, ruft er daher seinen Studienkollegen S an und fragt, ob er ihm nicht helfen könne und ihm zumindest sagen könne, ob nun ein Mangel gegeben sei oder nicht. Was wird S, der Schuldrecht zu seinem Lieblingsgebiet auserkoren hat, dem J bei den folgenden Fällen wohl sagen?

(1) Rentner R, der sich allein in seiner Wohnung ein wenig einsam und ängstlich fühlt, kauft beim Züchter Z einen Schäferhund. Beim Verkaufsgespräch weist Z daraufhin, dass dieser Hund sich ganz besonders als Wachhund eignen würde. Beim ersten Spaziergang muss R jedoch feststellen, dass der Hund immer gegen Mauern und Laternenpfähle rennt. Der konsultierte Tierarzt diagnostiziert eine angeborene Sehschwäche. Sachmangel?

(2) V verkauft an K einen zwei Jahre alten Peugeot 307 für 11000,- €. Nach der Übergabe stellt sich heraus, dass der Wagen einen Kolbenfresser hat und infolgedessen der Motor ausgetauscht werden muss. Sachmangel? Abwandlung: Wie wäre der Fall zu beurteilen, wenn das Auto bereits zehn Jahre alt gewesen wäre und ein Laufleistung von über 150000 km hätte und sich nach Übergabe ein verschleißbedingter Getriebeschaden zeigen würde?

(3) Heimwerker H kauft beim schwedischen Möbelhändler M einen Schrank zur Selbstmontage. Zu Hause angekommen, versucht er den Schrank mit Hilfe der mitgelieferten Anleitung aufzubauen. Diese Versuche scheitern jedoch zunächst, weil die Anleitung aufgrund schlechter Übersetzung unverständlich ist. H ist hierüber leicht erzürnt und versucht daraufhin sein Glück ohne die Aufbauanweisungen in der Anleitung, was ihm auch wegen seines besonderen Geschicks gelingt. Sachmangel?

(4) L ist Inhaber eines Fanartikelladens und bezieht beim Händler H verschiedene Aufbügelmotive für T-Shirts und Pullover, darunter auch eines mit dem Bild und der Unterschrift von Michael Schumacher. H hatte dem L bestätigt, zum Verkauf berechtigt zu sein, was jedoch nicht stimmt. Als Michael Schumacher von dem Vertrieb erfuhr und seine Zustimmung hierzu verweigerte, war L gezwungen, die von ihm hergestellten Kleidungsstücke wieder zurückzunehmen.

Rechtsmangel ?

2. Mängelrechte des Käufers

Ausnahmeregelungen
Dem Käufer stehen bei Vorliegen eines Sachmangels nach § 437 BGB verschiedene Rechte zu. Diese Ansprüche sind allerdings nach § 442 BGB ausgeschlossen, soweit der Käufer den Mangel kannte. Wenn er den Mangel hätte kennen müssen (grobfahrlässige Unkenntnis), dann greift dieser Haftungsausschluss aber nur bei einem arglistigen (s. § 123 Abs. 1 BGB) Verschweigen des Mangels durch den Verkäufer oder bei der Übernahme einer sog. Beschaffenheitsgarantie (§ 443 BGB). Die Mängelrechte stehen in einem Rangverhältnis:
 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/WIPRIIKaufvertrag/WIPRII437.jpg)

a. Nacherfüllung
§ 437 ff. BGB
Bei der Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 1, 439 BGB sind zwei Varianten gesetzlich vorgesehen, zwischen den der Käufer als Berechtigter wählen darf: Beseitigung des Mangels an der gelieferten Sache oder Lieferung einer mangelfreien Sache (Neulieferung). Die Wahlfreiheit ist teilweise eingeschränkt, z.B. beim Stückkauf, wo die Lieferung einer anderen mangelfreien Sache nicht vertragsgemäß wäre, sowie gem. § 439 Abs. 3 BGB und nach § 242 BGB. Die Neulieferung erfolgt nach den Vorschriften zum Rücktritt gem. §§ 346 ff. BGB und ist auch beim Stückkauf aus einer Serienproduktion möglich. Bei der Beseitigung des Mangels erlaubt das Gesetz zwei Reparaturversuche (§ 440 S. 2 BGB). Ist dann die Sache immer noch mangelhaft, darf der Käufer den Mangel nicht selbst beseitigen (BGHZ 162, 219; aber eingeschränkt durch BVerfG ZGS 2006, 470), sondern hat nur noch den Anspruch auf Neulieferung, Rücktritt oder Minderung.

Siehe hierzu auch folgende Entscheidung:
BGH, U. v. 23.2.2005 – VIII ZR 100/04

Das Wahlrecht des Käufers kann bei Unmöglichkeit der Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 BGB sowie durch Leistungsverweigerungsrechte des Verkäufers nach § 439 Abs. 3 BGB eingeschränkt werden, so bei einem Missverhältnis zwischen dem Aufwand für die Nacherfüllung und dem Leistungsinteresse des Käufers (§§ 439 Abs. 3 i.V.m. 275 Abs. 2 BGB), einer Unzumutbarkeit der persönlichen Erbringung (§ 439 Abs. 3 BGB i.V.m. § 275 Abs. 3 BGB) oder unverhältnismäßigen Kosten (§ 439 Abs. 3 BGB). Der BGH geht von einem absoluten Begriff der Unverhältnismäßigkeit aus, die gegeben ist, soweit die Kosten der Nacherfüllung 150% des Wertes der Sache im mangelfreien Zustand übersteigen oder 200% des mangelbedingten Minderwertes (a.A. die Literatur, die von einem relativen Begriff ausgeht bei einem Wert von 10-25% über den Kosten für die andere Art der Nacherfüllung). Wenn für beide Arten der Nacherfüllung diese Gegenrechte des Verkäufers eingreifen, entfällt der Nacherfüllungsanspruch vollständig (§ 439 Abs. 3 S. 3 BGB a.E.).

Problematisch ist der Umfang der Nacherfüllung bei einem Sachmangel aufgrund fehlerhafter Montageanleitung: Gehören die Demontage der montierten Sache und die Neumontage der nachgelieferten Sache zum Pflichtenkreis des Verkäufers?
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b. Rücktritt und Minderung

Besonderheiten
Zwischen den zur Nacherfüllung nachrangigen Rechten auf Rücktritt gem. §§ 437 Nr. 2, 440 BGB und Minderung gem. §§ 437 Nr. 2, 441 BGB besteht wiederum ein Wahlrecht des Käufers, der auch zwischen den Rechten wechseln kann. Gemeinsame Voraussetzung für Rücktritt und Minderung ist der fruchtlose Ablauf einer angemessenen Nachfrist; die Angemessenheit richtet sich nach dem Einzelfall, beträgt aber regelmäßig 14 Tage. Ausnahmen von der Fristsetzung bestehen nur bei endgültigem Fehlschlagen der Nacherfüllung (§ 440 S. 1, 2 BGB) oder ihrer ernsthaften Verweigerung (§§ 440 S. 1 i.V.m. 439 Abs. 3 BGB) sowie in den Fällen der § 281 Abs. 2 BGB, § 323 Abs. 2 BGB, also vor allem bei Unzumutbarkeit des weiteren Zuwartens (§ 440 S. 1 BGB).

Die Durchführung des Rücktritts richtet sich nach §§ 323, 326 Abs. 5 BGB, eine Modifikation ergibt sich nur hinsichtlich der Fristsetzung (§ 440 BGB). Durch den Rückgriff auf § 323 BGB, § 326 Abs. 5 BGB bestehen Ausnahmen für die Fristsetzung auch bei Unmöglichkeit der Nacherfüllung (§ 275 Abs. 1 BGB: Zuwarten bringt nichts), bei ernsthafter und endgültiger Verweigerung der Nacherfüllung (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB), beim relativen Fixgeschäft (§ 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB:die Nacherfüllung würde zu spät kommen) und bei besonderen Umständen gem. § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Ausgeschlossen ist der Rücktritt bei Unerheblichkeit der Pflichtverletzung (§ 323 Abs. 5 S. 2 BGB), bei zumindest überwiegender Verantwortlichkeit des Käufers für den Mangel (§ 323 Abs. 6 1. Alt. BGB) und bei Annahmeverzug des Käufers (§ 323 Abs. 6 2. Alt. BGB). Die Rechtsfolgen des Rücktritts richten sich nach §§ 346 ff. BGB, d.h. es entsteht ein Rückgewährschuldverhältnis. Der Käufer hat einen Anspruch auf Rückgewähr des Kaufpreises, der Verkäufer auf Rückgewähr der Kaufsache und Nutzungsersatz für Früchte und sonstige Nutzungen (§ 99 BGB, § 100 BGB) gem. § 346 Abs. 1 BGB. Der Käufer muss ab dem Rücktritt nach den Voraussetzungen des § 346 Abs. 2 BGB Wertersatz für Verschlechterung und Untergang der Kaufsache leisten.

Prüfungsschema Rücktritt:
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Siehe hierzu auch folgendes Urteil: BGH, U. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06


Für die Minderung, bei der der Käufer die mangelhafte Sache bei gleichzeitiger Absenkung des Kaufpreises behält. ist in § 441 BGB der Berechnungsmaßstab niedergelegt.

Prüfungsschema Minderung
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c. Schadensersatz

Schadensersatz statt und neben der Leistung
Der schwierigste Bereich der Gewährleistungsrechte ist der Anspruch auf Schadensersatznach §§ 437 Nr. 3, 280, 281, 283, 286, 311a BGB. Für den Umfang des Schadensersatzes sind die §§ 249 ff. BGB maßgeblich (s. dazu näher unten). Durch den Verweis auf die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts ist zumindest zu unterscheiden nach Schadensersatz für Nichtleistung und Schadensersatz für Verzögerung.

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  • Bereits beim Schadensersatz wegen Verzögerung (z.B. wegen einer Betriebsstörung, wenn eine neue Maschine zu spät geliefert wird) liegt ein Schadensersatz neben der Leistung vor, weil der Anspruch auf die Leistung bestehen bleibt. Voraussetzung für Schadensersatz wegen Verzögerung ist der Verzug mit der Nacherfüllung (s. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB), so dass der fruchtlose Ablauf einer angemessenen Nachfrist erforderlich ist.

  • Fraglich ist, inwieweit in anderen Fällen ein Schadensersatz neben der Leistung zuzusprechen ist. Anspruchsgrundlage wäre § 437 Nr. 3 BGB, § 280 Abs. 1 BGB. In Betracht kommt ein solcher zusätzlicher Schadensersatz dann, wenn ein Schaden an anderen Rechtsgütern des Käufers als der Kaufsache entsteht (Bsp. die gekaufte Kuh infiziert die vorhandene Herde mit einer schweren Krankheit). Es ist das sog. Integritätsinteresse des Käufers betroffen, sein Interesse am Erhalt seiner Rechtsgüter. Man spricht hierbei häufig von Mangelfolgeschäden, was so aber nicht zutrifft (s. sogleich). Da diese Schäden nicht im Zusammenhang mit der Leistungserbringung selbst stehen und selbst bei rechtzeitiger Erfüllung entstehen können, ist hier eine Fristsetzung entbehrlich. Voraussetzung ist lediglich die Kausalität zwischen dem Mangel der Kaufsache und dem Schaden an anderen Rechtsgütern.

  • Regelmäßig muss Schadensersatz statt der Leistung geleistet werden. Er umfasst alle Schäden, die bei ordnungsgemäßer Erfüllung zum spätestmöglichen Zeitpunkt beseitigt oder nicht entstanden worden wären. Damit sind alle Schäden erfasst, die durch das ursprüngliche Ausbleiben der Kaufsache verursacht werden. Mit dieser Umschreibung sind sowohl Schäden an der Sache selbst (Mangelschäden) als auch teilweise Mangelfolgeschäden erfasst. Die frühere Unterscheidung zwischen diesen Schadensarten ist damit nicht mehr relevant. Ausgeglichen wird also das sog. Äquivalenzinteresse des Käufers, das Interesse am Erhalt der versprochenen Leistung. Beim Schadensersatz statt der Leistung muss das Rangverhältnis der Gewährleistungsrechte in § 437 BGB beachtet werden. Schadensersatz statt der Leistung entsteht erst, wenn nicht bis zum spätestmöglichen Zeitpunkt ordnungsgemäß erfüllt ist. Der Verkäufer hat zuvor das sog. „Recht der zweiten Andienung“, d.h. der Nacherfüllung, was nicht durch den Schadensersatzanspruch umgangen werden darf.

    • Auch der fruchtlose Ablauf einer angemessenen Nachfrist ist somit erforderlich, soweit der Mangel überhaupt behebbar ist. Anspruchsgrundlage ist dann §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB.
    • Ansonsten liegt Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1-3 BGB vor; der Anspruch richtet sich dann nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB.
    • Bestand der nicht behebbare Mangel von Anfang an, begründet sich der Schadensersatzanspruch nach §§ 437 Nr. 3, 311a Abs.2 BGB.


Fall 53:

Am 14.05.2008 kauft A bei dem Einrichtungshaus B Parkettplatten zum Selbstverlegen zum Gesamtpreis von 5.000 €, das der B durch seine Mitarbeiter am nächsten Tag zum Haus von bringen lässt. B hatte dieses Parkett auf seiner InternetSeite als „1a-Parkett zum Schnäppchenpreis“ angeboten; A wusste hiervon jedoch nichts. Da A handwerklich unbegabt ist, lässt er seinen Nachbarn C, der gelernter Parkettverleger ist, das Parkett eine Woche später fachgerecht verlegen und zahlt ihm „unter der Hand“ 1.500 €. Am 02.05.2010, kurz vor seinem Jahresurlaub, entdeckt der A, dass das Parkett wellig wird und aufplatzt. Tatsächlich hatte B zur Erhöhung seiner Gewinnspanne minderwertiges Parkett eingekauft. A schreibt am 04.05.2010 aus seinem spanischen Urlaubsort einen Brief an B, in dem er auf die entstandenen Mängel hinweist und verlangt, dass das schadhafte Parkett von B durch neues Parkett ausgetauscht wird. A steckt den Brief noch am selben Tag in den Briefkasten, durch Schlampigkeit der spanischen Post wird dieser aber erst am 17.05.2010 bei B in den Geschäftsbriefkasten geworfen. Nach seiner Urlaubsrückkehr begibt sich A am 18.05.2010 in das Geschäft des B, weil er bisher noch keine Antwort auf seinen Brief vorgefunden hat. B teilt dem A aufdie Vorhaltungen hin mit, dass er „ganz bestimmt nicht das Parkett austausche“, denn er sei nur Verkäufer und kein Handwerker und schon gar nicht der Hersteller. Von dem könne A ja Ersatz verlangen. Daraufhin kauft A bei einem anderen Einrichtungshaus Parkett zu einem angemessenen Preis von 7.500 € und lässt es von C nach Entfernung des alten Parketts verlegen. C stellt dafür eine Rechnung in Höhe von 4.400 €, wovon 1.900 € auf die Entfernung des alten Parketts und 2.500 € auf die Verlegung des neuen Parketts entfallen. Zudem stellt C dem A eine nachdatierte Rechnung für die im Mai 2008 erfolgte Parkettverlegung in Höhe von 2.500 € aus. A legt dem B die beiden Rechnungen von C sowie die Rechnung für das neue Parkett in Höhe von 7.500 € vor und verlangt Zahlung.

Zu Recht?


Prüfungsschema §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 286 BGB:
 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/WIPRIIKaufvertrag/WIPRIISchema437Nr3.jpg)

Prüfungsschema §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB:
 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/WIPRIIKaufvertrag/WIPRII281.jpg)

Prüfungsschema §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB:
 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/WIPRIIKaufvertrag/WIPRII283.jpg)

Prüfungsschema §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB:
 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/WIPRIIKaufvertrag/WIPRII311.jpg)

Für alle Schadensersatzansprüche – mit Ausnahme des Anspruchs nach §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB (s. § 311a Abs. 2 S. 2 BGB) – ist Verschulden erforderlich (vgl. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Maßstab für das Verschulden sind §§ 276, 278 BGB (s. dazu später), Bezugspunkt ist die Pflichtverletzung des Verkäufers. Diese kann sehr unterschiedlich anzusetzen sein, wie das Beispiel eines Betriebsausfalls z.B. wegen Nichtlieferung einer Maschine zeigt:



3. Garantiehaftung
4. Haftungsausschluss
5. Verjährung
F. Verbrauchsgüterkauf
((1)) Handelskauf
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