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Wirtschaftsprivatrecht II

Inhalt der Verträge

Teil 4: Kaufvertrag

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 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/WIPRIIKaufvertrag/WIPRIIKaufvertrag.jpg)

A. Hauptpflichten des Verkäufers


§ 433 Abs.1 BGB
Die Hauptpflichten des Verkäufers (§ 433 Abs. 1 BGB) sind die Übergabe des Kaufgegenstands durch Verschaffung des unmittelbaren Besitzes gem. § 854 BGB (bei Rechten durch Abtretung gem. § 398 BGB) und die Eigentumsverschaffung (je nach Art des Gegenstands gem. §§ 925, 929, 398 BGB). § 433 Abs. 1 BGB spricht von der Kaufsache, so dass die Regelung nur körperliche Gegenstände erfasst (§ 90 BGB). Allerdings sind nach § 453 BGB für den Kauf von Rechten (z.B. Forderungen, Patente, Markenrechte) die Vorschriften des Sachkaufs entsprechend anwendbar; nur die Vorschriften, die auf die Körperlichkeit der Sache Bezug nehmen (z.B. Übergabe nach § 433 Abs. 1 BGB, Versendung nach § 447 BGB) sind unanwendbar. Eine besondere Vorschrift gilt für Schiffe, die aufgrund ihrer Eintragung in das Schiffsregister unkörperlichen Gegenständen nahe stehen.
Seit der Schuldrechtsmodernisierung ist klargestellt, dass auch die Mängelfreiheit des Gegenstands eine Hauptleistungspflicht des Verkäufers ist (§ 433 Abs. 1 BGB).
 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/WIPRIIKaufvertrag/WIPRII433bgb.jpg)

B. Hauptpflichten des Käufers

§ 433 Abs. 2 BGB
Hauptpflicht des Käufers (§ 433 Abs. 2 BGB) ist regelmäßig nur die Zahlung des vereinbarten Kaufpreises. Die Pflicht ist synallagmatisch (§§ 320 ff. BGB) mit den Hauptpflichten des Verkäufers verbunden. Die in § 433 Abs. 2 BGB ebenfalls genannte Pflicht zur Abnahme des Kaufgegenstands ist nur in Ausnahmefällen Hauptpflicht (z.B. beim Räumungsverkauf); regelmäßig ist es dem Verkäufer egal, ob der Käufer die Sache mitnimmt, wenn er den Kaufpreis erhält.

Beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt (§ 449 BGB) muss der Käufer den Kaufpreis nicht sofort im Gegenzug zur Übergabe der Kaufsache zahlen, sondern erst nach einer mit dem Verkäufer ausgehandelten Frist. Häufig wird hierbei eine Ratenzahlung vereinbart. Allerdings erhält der Käufer dafür das Eigentum an der Sache auch erst mit vollständiger Kaufpreiszahlung. Der Käufer hat bei einem Ratenzahlungsvertrag aber schon mit der Zahlung einiger Raten eine eigentumsähnliche Position (sog. Anwartschaftsrecht) mit Besitzrecht (vgl. § 986 BGB) erworben. Aufgrund dieser Position darf der Verkäufer auch bei Zahlungsverzug des Käufers nicht ohne weiteres die Sache – an der er ja noch Eigentum hat – zurücknehmen; vielmehr muss er vom Vertrag nach § 323 BGB zurücktreten. Im kaufmännischen Verkehr gibt es besondere Formen des Eigentumsvorbehalts, nämlich den verlängerten Eigentumsvorbehalt und den Konzernvorbehalt, den § 439 Abs. 3 BGB für den nicht-kaufmännischen Bereich für unzulässig erklärt.

C. Nebenleistungspflichten

Ausnahmeregelungen
Das Kaufvertragsrecht sieht nur wenige Nebenleistungspflichten vor. Sie sind vor allem den Umständen des Einzelfalls geschuldet, z.B. Verpackungspflicht des Verkäufers, Montage der Kaufsache, Beratung vor Auswahl („Küchenplanung“), bei besonders langlebigen und hochwertigen Gegenständen langfristige Ersatzteilhaltung. Allenfalls bei hochwertigen und gefährlichen Sachen ist der Verkäufer zu einer Untersuchung des Gegenstands verpflichtet.

D. Gefahrübergang

§ 446 ff. BGB
Der Verkäufer muss nach § 446 BGB ab der Übergabe an den Käufer nicht für den zufälligen Untergang der Kaufsache einstehen. Zudem verliert er nicht seinen Kaufpreisanspruch. Der Grund für diese Regelung liegt darin, dass der Verkäufer nicht nur die Übergabe, sondern auch die ggfs. erst zeitlich später folgende Eigentumsverschaffung (z.B. beim Verkauf unter Eigentumsvorbehalt oder beim Grundstücksverkauf wegen der erforderlichen Eintragung ins Grundbuch). Sobald der Verkäufer dem Käufer die Sache aber übergeben hat, verliert er selbst jede Einflussmöglichkeit auf die Sache und damit ggfs. auch die Möglichkeit der Eigentumsverschaffung. Beim Eigentumsvorbehalt (§ 449 BGB) ist die vorzeitige Übergabe der Kaufsache an den Käufer Sinn des gesamten Geschäfts. Da ab der Übergabe der Käufer mit der Sache verfahren kann, muss er auch die Gefahr des Untergangs tragen.

Eine Vorverlegung des Gefahrübergangs sieht § 447 BGB für den Versendungskauf vor. Dafür muss der Verkäufer die Sache
  • auf Verlangen des Käufers
    • beim sog. Versandhandel liegt ein solches Verlangen nicht vor, weil die Versendung hier zum Pflichtenkreis des Verkäufers gehört (BGH NJW 2003, 3341 f.; str.);
  • an einen anderen Ort als den Leistungsort
    • der in § 447 Abs. 1 BGB genannte Begriff Erfüllungsort ist falsch; das Gesetz kennt diesen Begriff nicht;
    • der Leistungsort bestimmt sich nach § 269 BGB, so dass die Vorschrift auf Bringschulden nicht anwendbar ist;
    • § 269 BGB ist auch anwendbar beim Transport innerhalb einer Gemeinde, sog. Platzgeschäft;
  • durch eine gesetzlich genannte Transportperson
    • fremde Spediteure, Frachtführer, aber auch Paketdienste, Post und Boten;
    • problematisch ist der Einsatz eigener Transportpersonen des Verkäufers, weil er dann den Kaufgegenstand noch nicht „aus der Hand gegeben“ hat (sehr str.);
    • fraglich ist, ob der Verkäufer die Zuverlässigkeit der Transportperson prüfen muss;
  • transportieren lassen. Sind die Voraussetzungen gegeben, dann wird der Verkäufer von seiner Haftung für den zufälligen Untergang bereits mit Übergabe an die Transportperson frei.
 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/WIPRIIKaufvertrag/WIPRIIFall49.jpg)

E. Gewährleistungsrecht
1. Vorliegen eines Sachmangels

Voraussetzungen
Ein Sachmangel liegt vor bei der ungünstigen Abweichung der Ist-Beschaffenheit von
der Soll-Beschaffenheit. Die Sollbeschaffenheit richtet sich gem. § 434 BGB nach

  • der vertraglichen Vereinbarung (Abs. 1 S. 1),
    • o die zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen über die Beschaffenheit der Kaufsache sind vorrangig zu überprüfen; regelmäßig haben die Parteien aber über die Beschaffenheit nicht gesondert gesprochen;
  • der vertraglich vorausgesetzten Verwendung (Abs. 1 S. 2 Nr. 1),
    • dieser Sachmangelbegriff spielt vor allem eine Rolle, wenn ein Kaufgegenstand vom Käufer in einer besonderen Art genutzt werden soll und der Verkäufer diese Verwendungsmöglichkeit kennt und sich zumindest hierauf einlässt;
  • der gewöhnlichen Verwendungdes Kaufgegenstands (Abs. 1 S. 2 Nr. 2) oder
  • der Erwartung aufgrund von Werbungu.ä. (Abs. 1 S. 3).
    • Werbung muss vom Verkäufer oder dem Hersteller gem. § 4 Abs. 1, 2 ProdHaftG oder deren Gehilfen (z.B. Werbeagentur) ausgehen;
    • Ausnahme, wenn der Käufer die Werbung nicht kannteoder kennen musste.

Ein Sachmangel liegt zudem vor bei
  • fehlerhafter Montage (Abs. 2 S. 1),
  • mangelhafter Montageanleitung (sog. IKEA-Klausel) (Abs. 2 S. 2),
    • Ausnahme: Montage gelingt trotzdem;
  • Aliud- oder Minderlieferung (Abs. 3).


Fall 50:
Jurastudent J ist im dritten Semester und macht ein 6-wöchiges Praktikum beim Rechtsanwalt R, dessen Tätigkeitsschwerpunkt im Kaufrecht liegt. Gleich am zweiten Tag legt ihm der Anwalt einen Stapel Akten auf den Tisch. R fordert J auf, die einzelnen Sachverhalte daraufhin zu prüfen, ob Rechte wegen eines Sach- oder Rechtsmangels geltend gemacht werden können, „dies sei schließlich was, was man schon im zweiten Semester gelernt habe“. J hatte allerdings das Schuldrecht ein wenig während seiner Studien vernachlässigt. Als R gerade bei Gericht ist, ruft er daher seinen Studienkollegen S an und fragt, ob er ihm nicht helfen könne und ihm zumindest sagen könne, ob nun ein Mangel gegeben sei oder nicht. Was wird S, der Schuldrecht zu seinem Lieblingsgebiet auserkoren hat, dem J bei den folgenden Fällen wohl sagen?

(1) Rentner R, der sich allein in seiner Wohnung ein wenig einsam und ängstlich fühlt, kauft beim Züchter Z einen Schäferhund. Beim Verkaufsgespräch weist Z daraufhin, dass dieser Hund sich ganz besonders als Wachhund eignen würde. Beim ersten Spaziergang muss R jedoch feststellen, dass der Hund immer gegen Mauern und Laternenpfähle rennt. Der konsultierte Tierarzt diagnostiziert eine angeborene Sehschwäche. Sachmangel?

(2) V verkauft an K einen zwei Jahre alten Peugeot 307 für 11000,- €. Nach der Übergabe stellt sich heraus, dass der Wagen einen Kolbenfresser hat und infolgedessen der Motor ausgetauscht werden muss. Sachmangel? Abwandlung: Wie wäre der Fall zu beurteilen, wenn das Auto bereits zehn Jahre alt gewesen wäre und ein Laufleistung von über 150000 km hätte und sich nach Übergabe ein verschleißbedingter Getriebeschaden zeigen würde?

(3) Heimwerker H kauft beim schwedischen Möbelhändler M einen Schrank zur Selbstmontage. Zu Hause angekommen, versucht er den Schrank mit Hilfe der mitgelieferten Anleitung aufzubauen. Diese Versuche scheitern jedoch zunächst, weil die Anleitung aufgrund schlechter Übersetzung unverständlich ist. H ist hierüber leicht erzürnt und versucht daraufhin sein Glück ohne die Aufbauanweisungen in der Anleitung, was ihm auch wegen seines besonderen Geschicks gelingt. Sachmangel?

(4) L ist Inhaber eines Fanartikelladens und bezieht beim Händler H verschiedene Aufbügelmotive für T-Shirts und Pullover, darunter auch eines mit dem Bild und der Unterschrift von Michael Schumacher. H hatte dem L bestätigt, zum Verkauf berechtigt zu sein, was jedoch nicht stimmt. Als Michael Schumacher von dem Vertrieb erfuhr und seine Zustimmung hierzu verweigerte, war L gezwungen, die von ihm hergestellten Kleidungsstücke wieder zurückzunehmen.

Rechtsmangel ?

2. Mängelrechte des Käufers

§ 437 ff. BGB
Bei der Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 1, 439 BGB sind zwei Varianten gesetzlich vorgesehen, zwischen den der Käufer als Berechtigter wählen darf: Beseitigung des Mangels an der gelieferten Sache oder Lieferung einer mangelfreien Sache (Neulieferung). Die Wahlfreiheit ist teilweise eingeschränkt, z.B. beim Stückkauf, wo die Lieferung einer anderen mangelfreien Sache nicht vertragsgemäß wäre, sowie gem. § 439 Abs. 3 BGB und nach § 242 BGB. Die Neulieferung erfolgt nach den Vorschriften zum Rücktritt gem. §§ 346 ff. BGB und ist auch beim Stückkauf aus einer Serienproduktion möglich. Bei der Beseitigungdes Mangels erlaubt das Gesetz zwei Reparaturversuche (§ 440 S. 2 BGB). Ist dann die Sache immer noch mangelhaft, darf der Käufer den Mangel nicht selbst beseitigen (BGHZ 162, 219; aber eingeschränkt durch BVerfG ZGS 2006, 470), sondern hat nur noch den Anspruch auf Neulieferung, Rücktritt oder Minderung.

Siehe hierzu auch folgende Entscheidung:
BGH, U. v. 23.2.2005 – VIII ZR 100/04

a. Nacherfüllung
b. Rücktritt und Minderung
c. Schadensersatz
3. Garantiehaftung
4. Haftungsausschluss
5. Verjährung
F. Verbrauchsgüterkauf
((1)) Handelskauf
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