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Wirtschaftsprivatrecht II

Deliktischer Schadensersatz

Teil 1: Deliktische Schadensersatzansprüche

In beiden vorherigen Abschnitten ist mehrfach auf Schadensersatzansprüche wegen Verletzung vertraglicher Pflichten eingegangen worden (z.B. §§ 280 Abs. 1-3, 281, 282, 283, 311a BGB sowie § 437 Nr. 3 BGB). Auch außerhalb von Verträgen kann es zu Verletzungen von Rechten, Rechtsgütern und Interessen kommen, z.B. im Straßenverkehr. In diesen Situationen fehlt es aber an einer Sonderverbindung zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten. Das Verhältnis zwischen ihnen muss gesetzlich geregelt werden, weil die Beteiligten sich häufig nur zufällig begegnen und nicht vor dem schädigenden Ereignis über die Bedingungen einer Haftung verständigen können; die Haftung muss hier auch ohne einen rechtsgeschäftlichen Willen der beteiligten eintreten. Das Gesetz hat diese Regelungen im sog. Deliktsrecht (§§ 823 ff. BGB) geregelt. Von ihnen sollen hier nur auf die drei wichtigsten Anspruchsgrundlagen §§ 823 Abs.1, 823 Abs. 2 und 831 BGB eingegangen werden. Die im Medienrecht bedeutsamen Vorschriften §§ 824, 826 BGB wird später gesondert behandelt (Informations- und Kommunikationsrecht: Haftung für Informationen). Gleiches gilt die nur teilweise im BGB geregelte Haftung für fehlerhafte Produkte (ProdHaftG sowie Produzentenhaftung gem. § 823 Abs. 1 BGB); dies wird im Zusammenhang mit dem Techniksicherheitsrecht dargestellt. Die sonstigen deliktischen Haftungsregelungen haben für diesen Studiengang keine besondere Bedeutung. Die vorvertragliche Haftung nach §§ 311 Abs. 2, Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB (s. dazu oben) liegt im Grenzbereich zwischen vertraglicher und deliktischer Haftung.

Neben den genannten deliktischen Schadensersatzansprüchen werden noch die Grundzüge der §§ 249 ff. BGB als gesetzlichen des Schadensumfangsbehandelt. Die §§ 249 ff. BGB sind sowohl für vertragliche als auch für deliktische Schadensersatzansprüche anwendbar.

Die zentralste Vorschrift zum Deliktsrecht ist § 823 Abs. 1 BGB. Mit seinem sehr weitgefassten Anwendungsbereich erzielt § 823 Abs. 1 BGB einen angemessenen Ausgleich der meisten nichtvertraglichen Schadenszufügungen. Allerdings gleicht § 823 Abs. 1 BGB nicht alle Schäden aus; z.B. werden Vermögensschäden von dieser Vorschrift nicht erfasst. § 823 Abs. 2 BGB dient der zivilrechtlichen Absicherung der von einem gesetzlichen Verbot Geschützten gegen wirtschaftliche Folgen. § 831 BGB schließlich reagiert auf die häufige Situation, dass jemand einen Dritter für die Verrichtung von Arbeiten einsetzt und dieser Dritte einen anderen schädigt.

A. Allgemeiner deliktischer Schadensersatzanspruch, § 823 BGB

Der Prüfungsaufbau für den allgemeinen deliktischen Schadensersatzanspruch („große deliktische Generalklausel“) gem. § 823 Abs. 1 BGB ist sehr einfach:

  • Rechtsgutverletzung
  • Handlung
  • Haftungsbegründende Kausalität
  • Rechtswidrigkeit
  • Verschulden
  • Schadenseintritt
  • Haftungsausfüllende Kausalität

Die Probleme des deliktischen Schadensersatzanspruchs liegen vielmehr in den Einzelheiten.

1. Rechtsgutverletzung

Voraussetzungen
Es muss eines der in § 823 Abs. 1 BGB genannten absoluten subjektiven Rechtsgüter oder Rechte verletzt sein: Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum und ein sonstiges Recht. Die ersten drei Positionen sind unveräußerlich und haften der entsprechenden Person dauerhaft; es handelt sich dabei um sog. Rechtsgüter. Insbesondere das Eigentum ist dagegen insgesamt oder in Teilen übertragbar, so dass man von einem Recht sprechen kann.

Leben ist das menschliche Leben; eine Verletzung dieses Rechtsgut liegt bei der Tötung eines Menschen vor. Anders als bei den anderen Rechten oder Rechtsgütern kann der Verletzte keinen Schadensersatzanspruch mehr geltend machen. Für die unterhaltsabhängigen Hinterbliebenen sieht § 844 Abs. 2 BGB eigene Ansprüche vor, ansonsten hat der Verletzer nur die Beerdigungskosten zu tragen (§ 844 Abs. 1 BGB). Einziger anderer finanzieller Ausgleich für Hinterbliebene ist ein in engen Grenzen anerkannter Schmerzensgeldanspruch des Verstorbenen für vor dem Tod erlittenes Leid, der dann auf die Erben übergeht.

BGH, U. v. 12.5.1998 – VI ZR 182/97

Körper und Gesundheit werden in der Rechtspraxis häufig nicht als getrennte Rechtsgüter behandelt: die Körperverletzung führt zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung, die Verletzung der Gesundheit beeinträchtigt regelmäßig auch die körperlichen Funktionen. Allerdings sind psychische Verletzungen ausschließlich als Gesundheitsverletzungen zu behandeln. Bei der Beurteilung, ob eine Körper- und Gesundheitsverletzung vorliegt, spielt eine Vorschädigung oder besondere Schadensdisposition des Verletzten keine Rolle: der Schädiger muss das Opfer so nehmen, wie er es antrifft (BGHZ 20, 137, 139). Besondere Bedeutung haben sog. Schockschäden als psychisch vermittelte Gesundheitsverletzung:

BGH, U. v. 5.2.1985 – VI ZR 198/83

Besonders problematisch, weil auf einer stark emotional Basis stattfindenden ist die Frage eines Schadensersatzanspruchs bei fehlgeschlagenen Schwangerschaftsabbrüchen oder der Herbeiführung der Geburt eines vorgeburtlich schwer geschädigten Kindes. Unkritisch ist dabei ein Ersatz wegen Gesundheitsverletzungen der Mutter. Gleiches gilt für vertragliche Ansprüche gegen den Arzt. Fraglich ist aber, ob die Eltern Mehraufwendungen für das „unerwünschte“ Kind (so. wrongful birth) oder das Kind für die Belastung eines behinderten Lebens (sog. wrongful life) vom Arzt ersetzt verlangen können (vgl. zum Problem näher BGHZ 124, 128).

Mit Freiheit ist allein die körperliche Bewegungsfreiheit gemeint. Der Anwendungsbereich ist damit erkennbar klein. Das Zuparken eines Autos verletzt zwar die allgemeine Willensfreiheit des Eigentümers, aber nicht seine Bewegungsfreiheit: er kann sich ja zu Fuß oder mit anderen Verkehrsmitteln an sein Ziel gelangen.

Eigentum ist das umfassende Herrschaftsrecht über Sachen (vgl. § 903 BGB). Der zivilrechtliche Eigentumsbegriff ist dabei vom verfassungsrechtlichen Begriff des Art. 14 Abs. 1 GG zu unterscheiden, weil bei diesem auch nicht körperliche Rechte sowie Erwerbsaussichten (z.B. zukünftige Rentenansprüche) erfasst sind. Entscheidend für eine Eigentumsverletzung sind also zunächst die Sachqualität eines Gegenstands gem. §§ 90, 90a BGB sowie die Berechtigung des Geschädigten. Klassische Fälle der Eigentumsverletzung ist die dem Eigentümer gegenüber wirksame Verfügung eines Nichtberechtigten (vgl. §§ 892 f. 932 ff. BGB) sowie beim originären Eigentumserwerb durch Dritte an früher dem Eigentümer zuzuordnen Sachen (§§ 946 ff. BGB). Daneben sind die Sachbeschädigung und sonstige Substanzverletzungen sowie der Entzug des Besitzes durch Diebstahl oder Unterschlagung eine Eigentumsverletzung. Gleiches gilt für das Bestreiten einer Eigentümerstellung (vgl. die ähnliche Regelung in § 12 BGB). Problematisch ist die Eigentumsverletzung beim Fotografieren fremden Eigentums.

BGH, U. v. 17.12.2010 – V ZR 45/10

Ein weiteres Problem besteht bei den Fällen sog. mittelbarer Eigentumsverletzung durch bloße Nutzungsbeeinträchtigungen (z.B. „Besetzer“ von Häusern; Unterbrechung der Stromzufuhr zu einem Betrieb, BGHZ 41, 123). Hier fehlt es an einer Substanzverletzung, sondern der Eigentümer kann lediglich seine Eigentumspositionen nicht ausüben; dennoch wird vom BGH hier eine Eigentumsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB bejaht, soweit die Verwendungsfähigkeit der Sache nahezu ausgeschlossen ist.

BGH, U. v. 21.12.1970 – II ZR 133/68 – Fleet-Fall

Neben diesen vom Gesetz mehr oder weniger klar umgrenzten Rechten und Rechtsgütern führt auch die Verletzung „sonstiger Rechte“ zu einem Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB. Welche Rechte hierunter im Einzelnen gehören, ist in der Rechtsprechung weitgehend ausdiskutiert. Erforderlich ist in jedem Fall, dass das sonstige Recht den in § 823Abs. 1 BGB genannten Rechten in ihrer Qualität als absolute Rechte entsprechen müssen, d.h. sie müssen dem Rechtsträger ausschließlich und dauerhaft zugeordnet sein und Dritte von der Nutzung ausschließen. Unter dieser Anforderung sind folgende Positionen als „sonstiges Recht“ i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB anerkannt.

Eigentumsähnliche Rechte:in manchen Fällen haben Rechtspositionen (noch) nicht die Qualität von Eigentum erlangt, berechtigen aber ausschließlich den Rechtsinhaber und schließen Dritte von einer Nutzung aus. Wichtigstes Beispiel ist das Anwartschaftsrecht (BGHZ 55, 20, 25) z.B. aus einem Erwerb unter Eigentumsvorbehalt; hier hat der Erwerber schon so viel zum Eigentumserwerb getan, dass der Eigentümer die Position des Erwerbers nicht mehr einseitig zerstören kann, wenn dieser seine Pflichten aus dem Kaufvertrag ordnungsgemäß erfüllt. Zu diesen Rechten gehören auch beschränkte dingliche Rechte wie Erbbaurecht, Nießbrauch etc. sowie Aneignungsrechte. Problematisch ist der Besitz, der eigentlich nur ein Forderungsrecht ist, aber dennoch – zumindest wenn eine entsprechende Berechtigung besteht wie beim Mieter, Pächter oder Leasingnehmer – von der h.M. als absolutes Recht anerkannt ist.

Immaterialgüterrechte: Patente, Markenrechte, Urheberrechte oder die Firma gem. §§ 17 ff. HGB gewähren dem Rechtsinhaber die gleiche Position wie dem Eigentümer; diese Rechte unterstehen lediglich wegen ihrer fehlenden körperlichen Eigenschaft (vgl. § 90 BGB) nicht dem Eigentumsbegriff in § 823 Abs. 1 BGB. Deshalb bestehen keine Bedenken sie als „sonstige Rechte“ einzuordnen.

Familienrechte: auch die Rechte auf elterliche Sorge und das Umgangsrecht sind absolute Rechte, allerdings dienen sie als Abwehrrechte nur gegenüber Dritten, nicht gegenüber dem Kind selbst. Auch die Ehe ist als sonstiges Recht anerkannt, wobei es keinen Schutz vor Seitensprüngen oder Affären gibt, sondern lediglich der räumlichgegenständliche Schutzbereich der Ehe geschützt ist.


2. Handlung
3. Haftungsbegründende Kausalität
4. Rechtswidrigkeit und Verschulden
5. Schadenseintritt und haftungsausfüllende Kausalität
B. Verletzung eines Schutzgesetzes, § 823 Abs. 2 BGB
C. Haftung für Verrichtungsgehilfen, § 831 BGB
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