Urheberrecht
Fall 49 - Videoclips
A schneidet einmal pro Woche die Charts Show bei MTV mit und verkauft daraufhin jeden Monat eine DVD mit den neuesten Videoclips. Zudem fotografiert er Teile der Videos mit seiner Digitalkamera und fügt sie als Cover der DVD ein. MTV möchte eine Fortführung dieser Tätigkeit durch A unterbinden und verlangt den Gewinn des A heraus. A ist der Meinung, die Charts-Show sei gar keine Sendung des MTV, da es sich nur um fremde Videoclips handelt. Außerdem wendet er ein, dass er nicht wusste, dass dies verboten sei. Welche Rechte stehen MTV gegen A zu? |
LösungA. Mitschneiden der Sendung und Verkauf auf DVD I. MTV könnte einen Anspruch gegen A gem. § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG auf Unterlassung haben. 1. Es müsste ein Urheberrecht oder ein verwandtes Schutzrecht verletzt worden sein. Vorliegend kommt eine Verletzung des Schutzrechtes eines Sendeunternehmens in Frage. Das setzt zunächst voraus, dass es sich bei MTV um ein Sendeunternehmen i.S.d. § 87 UrhG handelt. Hierunter versteht man ein Unternehmen, das eine Funksendung i.S.d. § 20 UrhG durchführt, die zum unmittelbaren, gleichzeitigen Empfang durch die Öffentlichkeit bestimmt ist. MTV hat ein Senderecht i.S.d. § 20 UrhG. Es trägt auch die Verantwortung für die Übertragung an die Öffentlichkeit. Problematisch ist, ob MTV ein Sendeunternehmen bezüglich der Charts-Show sein kann, obwohl es nur von Dritten hergestelltes Programmmaterial verwendet. Eine besondere Leistung der Sendetätigkeit ist jedoch nicht Voraussetzung, weswegen auch in diesem Falle von einer Sendeunternehmereigenschaft auszugehen ist. 2. Demnach steht MTV ein ausschließliches Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, der Festlegung durch Aufnahme und deren Vervielfältigung und Verbreitung zu. Bei dem Mitschneiden der Sendung und anschließenden Verkauf der so entstandenen Kopien handelt es sich um eine Festlegung durch Aufnahme, eine Vervielfältigung und Verbreitung. 3. Die Verletzung müsste rechtswidrig erfolgt sein. Es liegt kein Fall der Privatkopierfreiheit vor, zumal A die Kopien verkauft, mithin gewerblich nutzt. Weitere Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich. Demnach greift A in das Schutzrecht der MTV ein. 4. A betreibt dieses Geschäft schon seit längerem und es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass er damit aufhören wird. Eine Wiederholungsgefahr ist mithin gegeben. 5. Folglich steht der MTV ein Anspruch auf Unterlassung gem. § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG gegen A zu. II. MTV könnte außerdem einen Anspruch gegen A gem. § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG auf Herausgabe des Gewinns haben. Das setzt einen Schadensersatzanspruch voraus. Wie festgestellt liegt eine widerrechtliche Schutzrechtverletzung vor. A müsste außerdem schuldhaft gehandelt haben. Das setzt Vorsatz oder Fahrlässigkeit voraus. Vorsatz ist das Wissen und Wollen der Tatbestandsvoraussetzungen. Dass er nicht wusste, dass dies verboten ist, spielt keine Rolle. Allein relevant ist, dass er sich der Tatbestandmerkmale bewusst war. A wusste, dass MTV das Sendeunternehmen ist. Er wusste auch, dass er durch seine Handlung die Charts-Show durch Aufnahme festlegt, vervielfältigt und verbreitet und dass er dafür keine Genehmigung hatte. Folglich handelte er vorsätzlich. MTV hat danach einen Anspruch auf Schadensersatz gem. § 97 Abs. 1 UrhG. Gem. § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG kann der Verletzte statt Schadensersatz auch die Herausgabe des Gewinns verlangen. Demnach hat MTV einen Anspruch auf Herausgabe des von A durch den Verkauf der DVD’s erzielten Gewinns und diesbezüglich gem. § 97 Abs. 1 S. 2 2. HS UrhG auch einen Anspruch auf Rechnungslegung über den Gewinn. B. Lichtbilder der Sendung als DVD Cover MTV könnte weiterhin einen Anspruch gegen A gem. § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG auf Unterlassung und Schadensersatz haben bezüglich des Abfotografierens der Sendung. MTV ist das Sendeunternehmen der Charts-Show. Es hat demzufolge das exklusive Recht der öffentlichen Zugänglichmachung. Öffentlich zugänglich macht ein Werk, wer es ermöglicht, dass es Mitgliedern der Allgemeinheit von Orten und Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. Das Abfotografieren der Show macht es jedem Käufer – also Mitgliedern der Öffentlichkeit – möglich, einen Teil des Werkes zu sehen. Mithin wird das Werk dadurch öffentlich zugänglich gemacht. A handelte auch widerrechtlich und schuldhaft. Es ist auch Wiederholungsgefahr gegeben. Mithin steht MTV ein Anspruch gem. § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG gegen B auf Unterlassung und Schadensersatz zu. |
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