Urheberrecht
Fall 11 - Gipskopf
S, ehemals Schülerin des Künstlers B an der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf, hatte im Unterricht einen weiblichen Kopf aus Ton modelliert. Genaue Angaben zur Erstellung der Arbeit hatte B nicht gemacht. Noch vor der Fertigstellung, zu einem Zeitpunkt als sich der Kopf von S noch nicht wesentlich von denen ihrer Mitschüler unterschied, nahm B jedoch noch einige wesentliche Veränderungen vor, z.B. öffnete er den Mund des Kopfes etwas mehr, schob mit beiden Daumen dessen Mundwinkel leicht nach oben, vertiefte die Augenhöhlen und drückte die Ohren des Tonkopfes an. Aus dem Mädchenkopf mit klassischem Profil entwickelte er einen Kopf, der leidend, aber auch martialisch wirkte. Jahre später ließ B von diesem Kopf in der Werkstatt der Akademie eine Negativform herstellen und hieraus einen Gipskopf gießen, der ihm als Vorlage für fünf bekannte metallische Abzüge diente. Davon präsentierte B zwei isoliert in Ausstellungen. S wurde auf die Verwendung ihres Kopfes durch eine Mitschülerin aufmerksam gemacht und verlangt nunmehr von B, dass auch ihr Name bei der Präsentation der zwei Metallgüsse Nennung finden müsse. Zu Recht? |
LösungEin Anspruch auf Unterlassung der Nicht-Nennung ihres Namens könnte sich aus § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG ergeben. A. Das ist der Fall, wenn S als Urheberin des Werkes angesehen werden könnte. I. Sie könnte wegen ihres Beitrages zur Erstellung des Tonkopfes zumindest als Miturheberin des fraglichen Gipskopfes und der daraus entstandenen späteren Ausführungsformen in Metall i.S.d. § 8 Abs. 1 UrhG angesehen werden kann. Voraussetzung hierfür ist, dass mehrere ein Werk gemeinsam geschaffen haben, ohne dass sich ihre Anteile gesondert verwerten lassen. Von einer derartigen gemeinsamen Schöpfung kann nur dann gesprochen werden, wenn mehrere Autoren zum Zwecke der Entstehung eines Werkes zusammenarbeiten und jeder Einzelne einen schöpferischen Beitrag leistet. Nicht erforderlich ist, dass die Zusammenarbeit soweit geht, dass jeder einzelne Arbeitsschritt gemeinsam vollzogen wird. Es muss allerdings auf den gemeinschaftlichen Zweck der Schaffung eines Werkes hingearbeitet werden. Aufgrund dessen, dass B seinen Schülern keine konkreten Vorgaben gemacht hat, S aber bereits eine gewisse Ausarbeitung vorweisen konnte, muss diesbezüglich zumindest ein eigenschöpferischer Beitrag ihrerseits angenommen werden. Allerdings hat jeder der Beteiligten ohne Rücksicht auf den anderen Gestaltungen vorgenommen. S hatte mit der Erstellung begonnen, die B ohne Absprache mit ihr wesentlich veränderte. Der Wille und die Vorstellungskraft, ein einheitliches Werk mitzugestalten und diese Vorstellung gemeinsam zu einem einheitlichen Werk umzusetzen, kann daher nicht festgestellt werden. Eine Miturheberschaft ist aus diesem Grund abzulehnen. II. Auch eine Alleinurheberschaft, die möglicherweise das Verhalten des B als unfreie Bearbeitung gem. § 23 UrhG erscheinen lassen würde, ist zu verneinen. Gegenstand einer Bearbeitung i.S.d. § 23 UrhG kann aber nur ein bereits urheberrechtlich geschütztes Werk sein. Zu dem Zeitpunkt, als B in die Arbeit der S eingriff, unterschied sich ihr Kopf noch nicht sonderlich von denen ihrer Mitschüler; es fehlte ihm also der ausreichende Grad an Individualität zur Erreichung einer Werkqualität. B. Ein Anspruch gem. § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG ist daher nicht gegeben. |
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