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Fall 1Die Studenten A, B und C, die sich in den ersten beiden Semestern BWL gut kennen gelernt haben, beschließen, zusammen eine Wohnung zu mieten und die anfallende Miete zu gleichen Teilen zu übernehmen. Sie wollen dann die Hausarbeiten nach den jeweiligen Interessen aufteilen. Zunächst suchen sie gemeinsam, bis C während der vorlesungsfreien Zeit ein Praktikum im Ausland antreten muss. Allerdings erklärt er A und B gegenüber, diese sollten ruhig weitersuchen und wenn sie eine Wohnung fänden auch ruhig den Vertrag abschließen. Während seiner Abwesenheit finden die anderen beiden eine für alle passende Wohnung für 600 € und mieten diese von V. Dabei teilen A und B dem V mit, dass sie zu dritt mieten. V ist damit und mit getrennten Überweisungen seiner Mieter einverstanden. Den Vertrag unterzeichnen allerdings nur A und B. Zum Anfang des neuen Semesters ziehen sie zu dritt ein. Der notorisch verschuldete C kommt mit seinem Anteil für die Miete nicht hinterher, so dass B ihm häufiger „etwas vorstreckt“, indem er seine eigene Überweisung an V entsprechend erhöht, insgesamt 300 €. Dafür übernimmt C freiwillig mehr Aufgaben in der Haushaltsführung. Nach einem Semester lernt B eine neue Freundin kennen und zieht aus. In der Folge zahlt nur A regelmäßig seinen Mietanteil, C überweist meistens nur 100 € direkt an V. Erst nach vier Monaten finden A und C einen Nachfolger für B, den D. Dieser zahlt seinen Mietanteil regelmäßig. Zwei Monate später kündigt V den Vertrag in Folge des aufgelaufenen Rückstands von 1.400 €. 1. Von wem kann V den Mietrückstand fordern? 2. Kann B die für C „vorgestreckten“ 300 € zurückverlangen? |
Lösungsskizze Fall 1
Formulierungsvorschlag Fall 1
Frage 1: I. Anspruch des V auf Zahlung der Mietrückstände iHv. 1400,- € gegen die Gesellschaft gem. §§ 280 I, 535 II BGB 1. Anspruch entstanden? a) Schuldverhältnis aa) Dies setzt einen wirksamen Mietvertrag gem. § 535 BGB voraus. (1) Der Mietvertrag mit dem V wurde nur von A und B unterschrieben. Fraglich ist, ob auch C Vertragspartei geworden ist. Das ist der Fall, sofern zwischen den Studenten eine rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestand gem. § 705 BGB. (a) Darauf käme es nicht an, wenn eine etwaige GbR nicht rechtsfähig wäre. Dies war lange Zeit umstritten. Zum einen wurde mit Hinweis darauf, dass die GbR lediglich in vermögensrechtlicher Hinsicht verselbständigt war, und dass es an einer dem § 124 HGB vergleichbaren Regelung im BGB fehle, abgelehnt. Heute wird allerdings von einer Rechtsfähigkeit der GbR ausgegangen, was sich insbesondere in neueren Normen niedergeschlagen hat (vgl. § 14 II BGB oder § 192 II UmwG). (b) Fraglich ist, ob die Studenten eine GbR gegründet haben. Das setzt einen wirksamen Gesellschaftsvertrag voraus, in dem sich die Gesellschafter zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks durch Beitragsleistung verpflichten. In der Suche einer Wohnung nebst Abschluss eines Mietvertrags und Bildung einer WG kann ohne weiteres ein gemeinsamer Zweck gesehen werden (str., a.A. Gemeinschaft gem. §§ 741 ff. BGB). Die geplante Arbeitsteilung bei der Haushaltsführung spricht hier stärker für eine GbR. A, B und C suchten immer gemeinsam nach einer gemeinsamen Wohnung, auch wenn C teilweise nicht an der aktiven Suche beteiligte. Die Miete sollte von jedem Studenten alleine gezahlt werden. Hierin kann die Förderung durch Beiträge gesehen werden. Folglich haben die Studenten A, B und C einen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen und eine GbR gem. § 705 BGB gegründet. (c) Der Mietvertrag müsste auch wirksam geschlossen worden sein. Grundsätzlich steht die Geschäftsführung allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Hier hat der C aber A und B gegenüber erklärt, sie sollten sich um die Suche kümmern und ggf. auch einen Vertrag abschließen. Folglich hat er bzgl. dieses Geschäfts dem A und B Vertretungsmacht erteilt, § 714 BGB. (d) Es besteht daher ein wirksamer Mietvertrag zwischen V und der aus A, B und C bestehenden GbR. (2) Die Gesellschaft könnte dadurch verändert worden sein, dass B nach einem Semester aus der Wohnung auszieht. Hierin ist ein Austritt des Gesellschafters gem. § 736 BGB nach Kündigung (§ 723 I 1 BGB) zu sehen. Zwar ist diese Möglichkeit nicht ausdrücklich zwischen den Gesellschaftern vorgesehen, allerdings ist davon auszugehen, dass die Gesellschaft fortbestehen soll, da A und C weiter in der Wohnung wohnen. Von dem Einverständnis aller Gesellschafter ist daher auszugehen. Dieser Austritt wirkt sich für den B dahingehend aus, dass er nur für die Verbindlichkeiten gem. §§ 736 II BGB iVm. § 160 HGB analog haftet, soweit diese bereits bis zu seinem Austritt begründet worden sind. (3) Fraglich ist, wie es sich auswirkt, dass nach 2 Monaten der D in die Wohnung einzieht. Hierin ist ein Beitritt zur GbR zu sehen, sodass zum Zeitpunkt der Kündigung A, C und D Gesellschafter der GbR sind. b) Pflichtverletzung Die Pflichtverletzung besteht im Nichtzahlen der Miete. c) Vertretenmüssen Fraglich ist, ob die Pflichtverletzung von der GbR zu vertreten ist. Dies bemisst sich bei der GbR nach § 31 BGB analog. A, C und D waren gemeinsam zur Geschäftsführung berechtigt und damit Organe der GbR. Folglich ist ihr Verschulden und damit auch das Nichtzahlen der Miete durch den C der GbR zuzurechnen. d) Kausaler Schaden Der kausale (d.h. äquivalente) Schaden bemisst sich nach der Differenzhypothese und beläuft sich hier auf 1.400,- €. Folglich hat der V einen Anspruch auf Zahlung der 1.400,- € gegen die Gesellschaft gem. §§ 280 I, 535 II BGB. II. Ansprüche des V jeweils gegen A, B, C oder D gem. §§ 280 I, 535 II BGB iVm. § 128 HGB analog Der V kann den oben dargestellten Anspruch auch gegen die Gesellschafter einzeln geltend machen. Der in Haftung genommene Gesellschafter kann im Innenverhältnis Regress bei den anderen Gesellschaftern nehmen aufgrund der bestehenden Gesamthandsgemeinschaft, § 426 BGB. Ein Anspruch gegen B scheidet hier aus, da die Verbindlichkeit iHv. 1.400,- € noch nicht bis zu seinem Austritt begründet wurde, (§§ 736 II BGB iVm. 160 HGB). Auf der anderen Seite kann der neu eingetretene Gesellschafter für Altverbindlichkeiten in Anspruch genommen werden. Frage 2: I. Anspruch des B gegen C auf Zahlung von 300 € gem. § 488 I BGB Für einen darlehensrechtlichen Rückzahlungsanspruch des B gegen C gem. § 488 I BGB ist erforderlich, dass das „Vorstrecken“ der 300 € als eine Geldleistung an C zu bewerten ist. Hieran lässt sich insbesondere zweifeln, weil es an einer vertraglichen Absprache über die Rückzahlung, Fälligkeit sowie ggfs. Zinszahlung (vgl. § 488 I 2 BGB) fehlt. Für ein Darlehen spricht dagegen, dass C nicht ohne weiteres von einer fehlenden Rückzahlbarkeit des Geldes ausgehen konnte. Da C im Gegenzug aber mehr Haushaltsarbeiten übernommen hat, die nicht nur B, sondern auch ihm selbst und dem an einem etwaigen Darlehensvertrag unbeteiligten A zugute kommen, spricht mehr dafür, dass zumindest C das „Vorstrecken“ als Leistung für die Gesellschaft angesehen hat. Zudem spricht gegen einen Darlehensvertrag das Eigeninteresse des B, da nur durch eine ausreichende Mietzahlung das Weiterwohnen aller Mitgesellschafter gewährleistet ist. II. Anspruch des B gegen C auf Zahlung von 300 € gem. § 683 BGB B kann von C gem. § 683 BGB den Ausgleich der 300 € verlangen, soweit er mit der Zahlung an V ein Geschäft des C ohne dessen Auftrag (§ 677 BGB) übernommen hat und die Übernahme dem Interesse und Willen des C entsprach. 1. Fraglich ist dabei zunächst, ob die Zahlung der von C nicht geleisteten Mietpreisanteile dessen Geschäft oder ein Geschäft der GbR war. Im Außenverhältnis zu V schulden A, B und C gemeinsam (vgl. § 421 BGB) und nicht getrennte Anteile. V könnte daher von jedem einzelnen die gesamte Monatsmiete verlangen. Aus seiner Sicht stellen sich die höheren Leistungen des B also als Leistung der GbR dar. Gegen die Qualifizierung als Geschäft der Gesellschaft und damit der Zahlung als Beitragsleistung des B gem. § 705 BGB spricht, dass kein Gesellschafter verpflichtet ist, seinen vereinbarten Beitrag zu erhöhen (§ 707 BGB). A, B und C hatten vereinbart, dass jeder einen gleichen Anteil an der Miete übernehmen sollte. Im Innenverhältnis zwischen B und C musste sich die Mehrzahlung des B als eine persönliche Leistung für C und nicht als Leistung an die Gesellschaft darstellen. 2. Die Geschäftsführung des B durch teilweise Zahlung des auf C entfallenden Anteils an der Miete erfolgt auch ohne Auftrag des C. Zwar wusste C von den Zahlungen, da er seinen Anteil an der Haushaltsführung erhöhte. Dennoch spricht der Sachverhalt eher für ein unabgestimmtes Handeln des B. Hieran ändert auch nichts, dass es sich um eine stillschweigende Schuldübernahme gem. § 414 BGB zwischen V und B handelt, die vom Einverständnis des Schuldners C unabhängig ist. 3. Die Zahlung entsprach auch dem Interesse des C, weil sie ihm durch die Sicherung der Wohnmöglichkeit nützlich war. Dass auch der B als Mitbewohner ein eigenes Interesse an der Zahlung hatte, schadet für den Aufwendungsersatzanspruch nicht. 4. Da ein ausdrücklich geäußerter Wille des C hier fehlt, kommt es auf den mutmaßlichen Willen des C an. Es kann davon ausgegangen werden, dass auch er seiner Pflicht zur anteiligen Zahlung der Miete nachkommen möchte, allein schon um weiter in der Wohnung verbleiben zu können. Daher ist von einem mutmaßlichen Willen auszugehen. 5. Da es sich um eine persönliche Schuld des C handelt, kann er auf den Ausgleichsanspruch nicht seine Übernahme von zusätzlichen Haushaltsaufgaben anrechnen. Zwar ist eine Beitragsleistung auch durch Dienstleistungen an die Gesellschaft möglich (§ 706 III BGB). Diese quantitative Veränderung des geschuldeten Beitrags wurde nicht mit allen Gesellschaftern abgesprochen, sodass eine dahingehende Änderung des Gesellschaftsvertrags nicht möglich ist. 6. Damit hat B einen Ausgleichsanspruch gegen C gem. § 683 BGB i.H.v. 300 €. |
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