Wissensdatenbank Wirtschaftsrecht

aktuelles Dokument: UR1FallloesungNachhaftung
image4
image3
image2
image1
 Alle Kategorien:
  Forschungsdatenbank
  Lehrveranstaltungen
  Lexikon
  Literatur
  Rechtsgebiete
  Rechtsprechung
  Service
  Studium F H S
  Wissensmanagement
ich war hier: UR1FallloesungNachhaftung

Fallbeispiele Gesellschaftsrecht - Falllösung


Fall 13

Die Freunde A, B, C und D machen im Sommer 1998 ein Internet-Café auf. Dafür mieten sie im Juli 1998 als Z-OHG von M ein Ladenlokal an. Der Mietvertrag gilt unbefristet mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsende. Im August 1998 wird die OHG im Handelsregister eingetragen. Als D Mitte des Jahres 1999 einen Job in einer anderen Stadt findet, vereinbart er mit den anderen drei Gesellschaftern, dass er nur noch beschränkt als Kommanditist mit einer Einlage von 15.000 € haften soll. Auf diese Einlage zahlt er 10.000 € sofort; der Rest soll in jährlichen Raten von 1.000 € jeweils im März ab dem Folgejahr gezahlt werden. Dieser Verpflichtung kommt D auch in der Folge nach. Auf Grund eines Fehlers beim Registergericht wird diese Änderung des Gesellschaftsvertrags erst im Dezember 2000 im Handelsregister eingetragen und nachfolgend bekannt gemacht. Auch der C will sich später beruflich verändern und scheidet daher mit Einverständnis der anderen Gesellschafter im November 1999 aus der Gesellschaft aus. Sein Ausscheiden wird im Dezember 1999 im Handelsregister eingetragen und Anfang Januar 2000 bekannt gemacht. Nachdem die Gesellschaft anfänglich gute Gewinne gemacht hat, gerät sie nach Kauf neuer Computer bei K in Höhe von 50.000 € im Februar 2004 in finanzielle Schwierigkeiten. Die Miete von inzwischen monatlich 1.400 € für die Monate Oktober 2004 bis Januar 2005 zahlt sie nicht mehr. Auch die letzte Rate für die Computer in Höhe von 10.000 € wird nicht mehr von der Gesell-schaft bezahlt. Die Gesellschaft wird kurz darauf insolvent, A und B haben kein nennenswertes Privatvermögen.

1. Kann M die Mietzahlung für die Monate Oktober 2004 bis Januar 2005 von C oder D verlangen?

2. Bestehen für K Ansprüche gegen C oder D auf Zahlung des ausstehenden Kaufpreises?





Formulierungsvorschlag Fall 13



1. Ansprüche des M auf Zahlung ausstehender Miete in Höhe von 5.600 €


1.1 M hat einen Anspruch gegen C nach §§ 160 I, 128 HGB, 535 II BGB, wenn zwischen M und der Gesellschaft ein Mietvertrag besteht und C nach seinem Ausscheiden noch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus dem Vertrag haftet.

1.1.1 A, B, C und D haben eine OHG gegründet, §§ 105 I HGB, 705 BGB. Unabhängig vom Bestehen eines Handelsgewerbes beim Betrieb eines Internet-Cafés (§§ 1 II, 2 HGB) ist die Gesellschaft spätestens mit Eintragung in das Handelsregister wegen der fehlenden Haftungsbeschränkung der Gesellschafter eine OHG, § 105 II HGB.

1.1.2 Die Gesellschaft hat mit M einen Mietvertrag gem. § 535 I BGB abgeschlossen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschluss war die OHG noch in Gründung. Gem. § 123 II HGB entsteht die OHG bereits mit Aufnahme des Geschäftsbetriebs, wozu auch die Anmietung eines Geschäftsraums als Vorbereitungsakt gehört, es sei denn es handelt sich um ein kannkaufmännisches Unternehmen nach § 2 HGB. Dafür kommt es darauf an, ob das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 1 II HGB). Diese Voraussetzung kann bei einem Internet-Café fraglich sein, so dass nur eine BGB-Gesellschaft zwischen A, B, C und D bestand. Letztendlich kommt es darauf aber nicht an, da die Verbindlichkeit der OHG in Gründung mit ihrer Eintragung auf die OHG übergehen.

1.1.3 Der Gesellschafter C haftet für die Verbindlichkeiten der Z-OHG aus dem Mietvertrag nach § 128 HGB. Eine Haftung des C ist jedoch ausgeschlos-sen, wenn dieser wirksam aus der OHG ausgeschieden ist und die Voraussetzungen des § 160 I HGB gegeben sind.

1.1.3.1 Das Ausscheiden von C ist mit allen verbleibenden Gesellschaftern verein-bart worden, § 131 III 1 Nr. 6 HGB. Es ist auch im Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht worden (§ 143 II HGB). Damit ist C im Januar 2000 wirksam aus der Gesellschaft ausgeschieden.

1.1.3.2 Eine Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters C kommt nach § 160 I HGB nur in Betracht, wenn eine Verbindlichkeit der Gesellschaft innerhalb von fünf Jahren nach seinem Ausscheiden fällig geworden ist und Ansprüche daraus gegen ihn geltend gemacht worden sind. Früher war die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters für Dauerverbindlichkeiten der Gesellschaft wie Mietzahlungen außerordentlich strittig. Teilweise wurde eine unbegrenzte Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters vertreten, teilweise eine Haftung auf Verbindlichkeiten, die bis zum ersten, auf sein Ausscheiden folgenden Termin für eine zumutbare ordentliche Kündigung entstanden, begrenzt. Inzwischen gilt für die Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters abschließend § 160 HGB, womit der Gesetzgeber sich in Anlehnung an die neuere Rechtsprechung für die zeitliche Begrenzung auf fünf Jahre entschieden hat. Bei Dauerschuldverhältnissen ist auf die Fälligkeit der einzelnen Teilverbindlichkeiten abzustellen, nicht dagegen auf den Abschluss des Vertrages. Die Forderungen des M sind in den Monaten Oktober 2004 bis Januar 2005 fällig geworden. Während damit die Mietforderung aus dem Januar 2005 erst fünf Jahre nach dem Ausscheiden des C fällig geworden ist, sind die Forderungen aus den Monaten Oktober bis Dezember 2004 noch innerhalb der Fünfjahresfrist fällig geworden. Allerdings hat M die Forderungen nicht gerichtlich geltend gemacht.

1.1.4 C haftet daher nicht nach §§ 160 I, 128 HGB, 535 II BGB für die Mietverbindlichkeiten der Z-KG gegenüber M.

1.2 M hat einen Anspruch gegen D auf Zahlung der ausstehenden Mietzahlungen nach §§ 171 I HGB, 535 II BGB, wenn D als Kommanditist für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet.

1.2.1 Dafür müsste D nach § 161 I HGB wirksam Kommanditist der Gesellschaft geworden sein.

1.2.1.1 Die Gesellschaft von A, B, C und D war ursprünglich als OHG nach § 105 I HGB gegründet worden.

1.2.1.2 Die OHG hat sich wegen der Begriffsbestimmung in § 161 I HGB automatisch in eine KG umgewandelt, wenn für D eine Haftungsbeschränkung vereinbart worden ist und zumindest ein persönlich haftender Komplemen-tär in der Gesellschaft vorhanden ist. Die Vereinbarung einer Haftungsbe-schränkung ist wirksam bei Zustimmung aller Gesellschafter. Mit A, B und C sind auch drei persönlich haftende Gesellschafter weiterhin vorhanden. Die Z-OHG hat sich damit in eine KG umgewandelt.

1.2.2 D haftet als Kommanditist der Z-KG nach § 171 I HGB nur beschränkt mit seiner Einlage. Diese Haftungsbeschränkung tritt nach § 172 I HGB erst mit der Eintragung der Kommanditistenstellung und der betragsmäßig zu bestimmenden Einlage im Handelsregister ein, also erst ab Dezember 2000. Dabei ist unerheblich, dass die verspätete Eintragung auf einem Verschulden des Registergerichts beruht. Ab Dezember 2000 haftet D für die Mietverbindlichkeiten der Z-KG gegenüber M damit nur in Höhe seiner Einlage. Da die Ansprüche des M aus dem Mietvertrag betragsmäßig unter der Höhe der Einlage des D liegen, ist eine Haftung des D gegeben, soweit sie nicht nach § 171 I HGB a.E. ausgeschlossen ist.

1.2.3 Der Haftungsausschluss nach § 171 I HGB a.E. tritt dann ein, wenn ein Kommanditist seine Einlage insgesamt geleistet hat. D hat die Einlage erst im März 2004 vollständig erbracht. Die ausstehenden Mietschulden der Z-KG sind allerdings erst in den Monaten Oktober 2004 bis Januar 2005 fällig geworden. Zu diesem Zeitpunkt war die Haftung des D bereits ausgeschlossen.

1.2.4 Eine Haftung des D ergibt sich auch nicht daraus, dass es sich um Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis handelt. Zwar war die Grundlage für die ausstehenden Mietschulden zu einem Zeitpunkt gelegt, in dem D noch unbeschränkt haftete. Allerdings sind die konkreten ausstehenden Verbindlichkeiten – die Mietschulden der Monate Oktober 2004 bis Januar 2005 – erst nach Entstehen des Haftungsausschlusses entstanden.

Ergebnis: D haftet nicht für die Ansprüche des M gegen die Z-KG aus dem Mietvertrag.

2. Ansprüche des K auf Zahlung des ausstehenden Kaufpreises in Höhe von 10.000 €


2.1 Ein Anspruch von K gegen C auf Zahlung des ausstehenden Restkaufpreises nach §§ 160 I, 128 HGB, 433 II BGB besteht nicht, da es sich bei dem Kaufpreisanspruch um eine erst nach seinem Ausscheiden im Januar 2000 entstandene Verbindlichkeit der Z-KG handelte. Eine Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters für Neuverbindlichkeiten besteht nur in den Fällen des §§ 15 I, 143 HGB, also vor Eintragung und Bekanntmachung des Ausscheidens.

2.2 K hat einen Anspruch gegen D auf Zahlung des Restkaufpreises in Höhe von 10.000 € nach §§ 171 I HGB, 433 II BGB, wenn D als Kommanditist der Z-KG für diese Gesellschaftsverbindlichkeit haftet.

2.2.1 Die Z-KG hat einen Kaufvertrag mit K nach § 433 I BGB abgeschlossen, aus dem noch ein Restkaufpreis in Höhe von 10.000 € fällig ist.

2.2.2 D haftet als Kommanditist für diese Verbindlichkeit der Gesellschaft nach § 171 I HGB, wenn seine Haftung nicht ausgeschlossen ist. Der Haftungsausschluss zugunsten des D trat erst mit vollständiger Erbringung seiner Einlage im März 2004 ein. Die Haftung des D für den im Februar 2004 entstandenen Kaufpreisanspruch des K ist damit nicht ausgeschlossen.

2.2.3 Die Haftung des D ist summenmäßig nach §§ 171 I a.E., 172 I HGB auf den noch nicht erbrachten Teil seiner Einlage beschränkt („soweit“). Bei Entstehung der Verbindlichkeit im Februar 2003 hatte D bereits einen tatsächlichen Wert von 14.000 € an die Gesellschaft geleistet, so dass sich angesichts der Einlagenverpflichtung des D in Höhe von 15.000 € die Haftung auf einen Betrag in Höhe von 1.000 € beschränkt.

Ergebnis: K kann von D teilweise Zahlung des Restkaufpreises in Höhe von 1.000 € nach §§ 171 I HGB, 433 II BGB verlangen.







CategoryUR1Faelle
Diese Seite wurde noch nicht kommentiert.
Valid XHTML   |   Valid CSS:   |   Powered by WikkaWiki