Fallbeispiele Gesellschaftsrecht - Falllösung
Fall 15A und B sind persönlich haftende Gesellschafter, C ist Kommanditist der 2002 gegründeten A-KG. Die im Handelsregister mit gleichem Betrag eingetragene Einlage von C beträgt 50.000 €. Nach den im Gesellschaftsvertrag der A-KG getroffenen Vereinbarungen war C berechtigt, zur Erfüllung dieser Verbindlichkeit noch im Januar 2002 einen gebrauchten Lkw in die A-KG einzubringen, dessen Verkehrswert 20.000 € betrug, der ihm jedoch mit 25.000 € auf seine Einlage angerechnet werden sollte; den verbleibenden Rest der Einlage sollte C durch Verrechnung mit zukünftigen Gewinnanteilen erbringen. C hat das Eigentum am Lkw termingerecht auf die A-KG übertragen. Im Juni 2003 kaufte die A-KG bei dem Fabrikanten F Waren zum Preis von 25.000 €. Da die A-KG nicht über genügend Bargeld verfügte, bezahlte C den Kaufpreis und vereinbarte mit A und B für die A-KG, dass ihm am 31.12.2004 und am 31.12.2005 jeweils 12.500 € zurückgezahlt werden sollen. Im September 2004 stürzte der bei der A-KG beschäftigte Fahrer K mit dem von C eingebrachten Lkw ohne sein Verschulden einen Abhang hinunter, wobei der Lkw völlig zerstört wurde. Es wurde festgestellt, dass der Unfall auf einem für die A-KG und ihre Gesellschafter unerkennbaren Mangel der Bremsanlage beruhte. Wegen dieses Mangels hatte der LkW zur Zeit der Einbringung in das Vermögen der A-KG einen Wert von nur 10.000 €. Die A-KG verlangt, vertreten durch A, gegenüber C sofort Nacherfüllung. Trotz all dieser Ereignisse hat die A-KG pünktlich den vereinbarten Betrag von 12.500 € an C zurückgezahlt und dem Kapitalanteil von C für das erste Geschäftsjahr einen Gewinn in Höhe von 2.000 € zugeschrieben. W, bei dem die A-KG im Dezember 2004 Waren zum Preis von 40.000 € gekauft hat, verlangt Zahlung von C. C möchte wissen,1. ob er verpflichtet ist, an Stelle des zerstörten Lkw einen anderen Lkw in die A-KG einzubringen, 2. ob und in welcher Höhe er W gegenüber zur Zahlung verpflichtet ist und 3. ob, von wem, in welcher Höhe er den an W geleisteten Betrag ersetzt verlangen kann. |
Formulierungsvorschlag Fall 15
1. Verpflichtung von C, an Stelle des zerstörten Lkw einen anderen Lkw in das Vermögen der A-KG einzubringen
1.1 C ist der A-KG gegenüber nach §§ 161 II, 105 II HGB, 705 BGB verpflichtet, einen anderen Lkw in das Vermögen der A-KG einzubringen, wenn er seine Beitragspflicht durch die Einbringung des zerstörten Lkw nicht erfüllt hat und wenn er diese Pflicht durch Einbringung eines anderen Lkw zu erfüllen hat.
1.1.1 Für C war im Gesellschaftsvertrag nach §§ 161 II, 105 II HGB, 705 BGB vereinbart, dass er 50.000 € als Einlage an die Gesellschaft zu zahlen verpflichtet und dass er berechtigt ist, 25.000 € der Einlage durch die Übertragung des Eigentums an einem gebrauchten Lkw auf die A-KG zu leisten.
1.1.2 C ist seiner Verpflichtung, den Lkw der A-KG zu übereignen, nachgekommen, so dass seine Beitragspflicht gegenüber der A-KG insoweit nach § 362 I BGB erloschen ist.
1.1.3 Da der von C der A-KG übereignete Lkw bereits im Zeitpunkt der Übereignung, mit der die Gefahr auf die A-KG überging (§ 446 BGB), mangelhaft war, stand der A-KG nach §§ 437, 439, 434 I BGB, die – auch nach Wegfall des alten § 493 BGB im Zuge des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes – auf kaufähnliche Verträge wie die Übertragung von Sacheinlagen an eine Gesellschaft anwendbar sind, das Recht zu, durch A als Vertreter der A-KG nach §§ 161 II, 125 I, 126 I HGB gegenüber C die Nacherfüllung zu verlangen.
1.1.4 Die A-KG hat ihr Recht auf Nacherfüllung gegenüber C nicht rechtzeitig geltend gemacht, weil dieses Recht bei beweglichen Sachen innerhalb von zwei Jahren nach Ablieferung (§§ 438 I Nr. 3, II BGB) erklärt werden muss. Dies gilt unabhängig von der Möglichkeit, den Mangel zu entdecken. Das Recht der A-KG zur Nacherfüllung ist verjährt.
1.1.5 C wäre auch bei rechtzeitigem Verlangen der Nacherfüllung nicht zur Einbringung eines anderen Lkw nach § 439 I BGB verpflichtet gewesen, weil er nicht einen nur der Gattung nach bestimmten Lkw, sondern einen speziell bestimmten gebrauchten Lkw einzubringen berechtigt war. Der Sachmangel muss gerade bei gebrauchten Sachen nach der Beschaffenheit der konkreten Sache beurteilt werden.
1.1.6 C ist nicht nach §§ 161 II, 195 II HGB, 705 BGB verpflichtet, einen anderen Lkw in das Vermögen der A-KG einzubringen.
1.2 C ist nicht verpflichtet, den zertrümmerten Lkw im Wege des Schadensersatzes nach §§ 437, 434, 280 III, 281 I BGB zu ersetzen, weil er die Zerstörung des Lkw nicht in zu vertretender Weise herbeigeführt hat (§§ 280 I, 276 BGB). C hat sich zu einem solchen Ersatz auch nicht vertraglich verpflichtet.
1.3 C ist nicht verpflichtet, den zerstörten Lkw zu ersetzen, weil er als Kommanditist und damit als Gesellschafter der A-KG nach §§ 161 II, 105 II HGB, 707 BGB nicht verpflichtet ist, seine durch Verlust geminderte Einlage zu ergänzen.
Ergebnis: C ist nicht verpflichtet, an Stelle des zerstörten Lkw einen anderen Lkw in das Vermögen der A-KG einzubringen.
2.1 C war im Zeitpunkt der Begründung der Verbindlichkeit Kommanditist der A-KG und ist es noch.
2.2 Für die A-KG ist eine Verbindlichkeit nach § 433 II BGB gegenüber W in Höhe von 40.000 € wirksam begründet worden.
2.3 Da für C im Handelsregister eine Einlage von 50.000 € eingetragen ist, haf-tet C für die Verbindlichkeit der A-KG gegenüber W unbeschränkt.
2.4 Die Haftung des C ist nach § 171 I HGB ausgeschlossen, soweit die geschuldete Einlage geleistet worden ist.
2.4.1 C hat durch Übereignung des zerstörten Lkw der A-KG gegenüber seine Einlage in Höhe von 25.000 € erbracht; da der Lkw aber im Zeitpunkt der Einbringung in das Vermögen der A-KG nur 10.000 € wert war, ist die Haftung von C durch die Übereignung des Lkw nur bis zu einem Betrag von 10.000 € ausgeschlossen worden (Kapitalaufbringungsprinzip); auf diesen Haftungsausschluss hat die spätere Zerstörung des Lkw keinen Einfluss.
2.4.2 C hat zwar an F, zur Tilgung einer Verbindlichkeit gegenüber F, einen Be-trag von 25.000 € geleistet. Da die A-KG von diesem Betrag jedoch 12.500 € vereinbarungsgemäß an C zurückerstattet hat, ist die Haftung von C durch die Zahlung an F nur noch bis zu einem Betrag von 12.500 ausgeschlossen.
2.4.3 C hat für das erste Geschäftsjahr der A-KG einen Gewinn in Höhe von 2.000 € erhalten, der vereinbarungsgemäß mit seiner Einlageverbindlichkeit verrechnet worden ist, so dass die Haftung des C dadurch zu einem Betrag von 2.000 € ausgeschlossen ist.
2.4.4 Die Haftung von C ist bis zu einem Betrag von 24.500 € ausgeschlossen.
Ergebnis: Da die Haftung von C bis zu diesem Betrag ausgeschlossen und der Haftungsausschluss nicht nach § 172 IV HGB wieder rückgängig gemacht worden ist, haftet C gegenüber W für die Verbindlichkeit der A-KG in Höhe von 40.000 € bis zu einem Betrag von 15.500 €.
3.1 C kann nach §§ 161 II, 110 HGB von der A-KG Erstattung des Betrages verlangen, den er aufgrund von §§ 171, 161 II, 128 HGB an W zu leisten hatte.
3.2 C kann von A bzw. B für den Fall, dass die A-KG mangels Vermögens den von ihm an W gezahlten Betrag ganz oder zum Teil nicht erstatten kann, nach § 426 I BGB anteilige Erstattung verlangen. Diese Einschränkung ist erforderlich, damit nicht entgegen § 707 BGB eine Nachschusspflicht der Gesellschafter entsteht.
Ergebnis: C kann von der A-KG vollen Ersatz, von A bzw. B dagegen nur anteiligen Ersatz verlangen und dies zudem nur dann, wenn die A-KG mangels Vermögens nicht Ersatz leisten kann.
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