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Fallbeispiele Gesellschaftsrecht - Falllösung


Formulierungsvorschlag Fall 10



1. Zahlungsanspruch von Z gegen K in Höhe von 20.000 €


1.1 Z hat gegen K einen Zahlungsanspruch nach §§ 433 II, 453 BGB, 128 HGB, wenn die „A, B und Co. DVD-OHG“ wirksam das Vertriebsrecht für den Film von Z gekauft hat und K für den Kaufpreis haften muss.


1.1.1 Die „A, B und Co. DVD-OHG“ hat das Vertriebsrecht von Z erworben, wenn A vertretungsberechtigt für die Gesellschaft war und einen Kaufvertrag nach §§ 433 I, 453 BGB mit Z abgeschlossen hat. A war nach dem Gesellschaftsvertrag alleinvertretungsberechtigt. Er konnte daher als Vertreter der Gesellschaft (§ 164 I BGB) mit Z einen Vertrag über die Einräumung von Vertriebsrechten abschließen. Die Vertretungsmacht des A war allerdings für diesen Einzelvertrag auf einen Betrag von 10.000 € beschränkt. Diese interne Beschränkung der Vertretungsmacht wirkt gegenüber Z aber nach § 126 II HGB nicht. Eine Ausnahme aufgrund entgegenstehender Kenntnis des Z ist nicht gegeben. A hat damit wirksam von Z das Vertriebs-recht für dessen Film erworben.


1.1.2 K muss gem. § 128 HGB für den Kaufpreis haften, wenn er Gesellschafter der „A, B und Co. DVD-OHG“ war.


1.1.2.1 K hat mit A und B einen Gesellschaftsvertrag nach § 705 BGB über die Gründung einer Gesellschaft zur Herstellung und zum Vertrieb von DVD abgeschlossen. Dieser Gesellschaftszweck erfordert wegen der notwendigen Verwaltung von Lizenzrechten und der Einrichtung einer gesonderten Pro-duktionsstätte kaufmännische Einrichtungen (§ 1 II HGB), so dass es sich bei der Gesellschaft nach § 105 I HGB um eine OHG handelt. Die Gesell-schaft tritt unter einer gemeinschaftlichen Firma – „A, B und Co. DVD-OHG“ – auf, die Haftung ist für keinen Gesellschafter beschränkt.


1.1.2.2 K könnte aber seine Willenserklärung über die Gründung der Gesellschaft nach § 123 II, 142 I BGB wegen einer arglistigen Täuschung wirksam ange-fochten haben. K hat seine Willenserklärung aufgrund der falschen Unterla-gen über die erwarteten Kosten und die Absatzmöglichkeiten abgegeben. In der Vorlage dieser Unterlagen liegt eine arglistige Täuschung. K hat unmittelbar nach Entdeckung der Täuschung seinen „rückwirkenden Austritt“ aus der OHG erklärt. Bei der notwendigen Auslegung der Erklärung ist davon auszugehen, dass K sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln rückwirkend von der Gesellschaft lösen wollte. Dass er untechnisch von einem Austritt und nicht von einer Anfechtung gesprochen hat, ist unschädlich. K hat innerhalb der Frist des §§ 124 I, II BGB seine Anfechtung er-klärt. Fraglich ist aber, ob K überhaupt zur Anfechtung berechtigt war, da die Täuschung nicht von A und B als Empfänger seiner Willenserklärung, sondern von D ausging. Bei einer solchen Beteiligung einer dritten Person bei der Täuschung besteht nach § 123 II 1 BGB ein Anfechtungsrecht nur, wenn diese Person Dritter im Sinne der Vorschrift ist und der Erklärungsempfänger die Täuschung kannte oder kennen musste. Nach der Lagertheo-rie ist nicht Dritter, „dessen Verhalten dem Erklärungsempfänger wegen be-sonders enger Beziehungen zwischen beiden oder wegen sonstiger besonderer Umstände billigerweise zugerechnet werden muss“. D war als Steuerberater von A und B in die Vertragsverhandlungen eingebunden, so dass seine Handlungen den beiden zugerechnet werden muss. K hatte daher ein Anfechtungsrecht, das er wirksam und rechtzeitig ausgeübt hat.


1.2.2.3 Nach § 142 II BGB führt die Anfechtung zu seinem rückwirkenden Ausscheiden aus der OHG. Allerdings ist die Anwendung des § 142 II BGB auf gesellschaftsrechtliche Mitgliedschaftserklärungen fraglich, da sie zu erheblichen Rückabwicklungsproblemen führt. Nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft hindern nur überragende gegenläufige Individual- oder Allgemeininteressen die Wirksamkeit einer auf fehlerhafter Grundlage entstandenen, aber in Vollzug gesetzten Gesellschaft. Die Gesellschaft kann daher nur ex nunc beendet werden. Da die Täuschung weder von A oder B ausging noch sie einen besonderen, über das Zustandekommen des Gesellschaftsvertrages hinausgehenden Vorteil erlangt haben, bestehen keine hinreichend bedeutenden Individualinteressen des K, um von den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft abzuweichen. Insbesondere musste K keine besondere finanzielle Leistung, z.B. durch Einlagenzahlung, bei Gesellschaftsgründung leisten. K kann daher nur im Innenverhältnis Regress oder Schadensersatz von A und B verlangen. Die Anfechtung des K vernichtet damit seine Erklärung nur mit Wirkung ex nunc, so dass K bis Januar 1999 Gesellschafter der „A, B und Co. DVD-OHG“ war.


1.2.2.4 K hat aber mit Erklärung seines „rückwirkenden Austritts“ zumindest eine Anfechtung seiner Erklärung zur Gründung der Gesellschaft mit Wirkung ex nunc abgegeben, so dass er im Januar 1999 aus der OHG ausgeschieden ist. Eine Haftung nach § 128 HGB für Gesellschaftsverbindlichkeiten kommt für ihn im März 2005 nicht mehr in Betracht.


1.2 K könnte aber als ausgeschiedener Gesellschafter gem. § 160 I 1 HGB für diese Verbindlichkeit der „A, B und Co. DVD-OHG“ haften.


1.2.1 Der Vertrag über die Einräumung des Vertriebsrechts ist am 1.1.1999 abgeschlossen worden, also noch vor Ausscheiden des K als Gesellschafter Ende Januar 1999.


1.2.2 Nach § 271 BGB war der Lizenzgebührenanspruch sofort, also vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden des K fällig. § 160 I 1 HGB erfasst nicht nur Verbindlichkeiten nach dem Ausscheiden, sondern insbesondere Verbindlichkeiten, die noch während der Mitgliedschaft in der Gesellschaft entstanden sind.


1.2.3 Z hat seinen Anspruch auch gerichtlich geltend gemacht. Zwar sind inzwischen mehr als fünf Jahre seit Fälligkeit des Anspruchs vergangen. § 160 I HGB beschreibt mit seiner zeitlichen Begrenzung der Nachhaftung aber keine Verjährung. Für die Verjährung des Anspruchs gelten vielmehr die allgemeinen Regeln des §§ 195 ff. BGB, wobei eine kürzere Verjährung zugunsten des K greifen würde (§ 129 I HGB i.V.m. § 160 I HGB). Nach § 195 BGB n.F. beträgt die regelmäßige Verjährung eines Anspruchs drei Jahre, so dass der vertragliche Lizenzgebührenanspruch des Z, der erst 2005 gerichtlich geltend gemacht wurde (vgl. § 204 Nr. 1 BGB), verjährt wäre. Allerdings ist auf die Verjährung des 1999 entstandenen Anspruchs nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB die regelmäßige Verjährungsregel des § 195 BGB a.F. anzuwenden, die 30 Jahre betrug. Der Anspruch des Z ist damit noch nicht verjährt.


Ergebnis: Z hat einen Anspruch gegen K auf Zahlung der ausstehenden Lizenzgebühr in Höhe von 20.000 € nach §§ 433 II, 453 BGB, 160 I 1 HGB.


2. Zahlungsanspruch des H wegen Verbindlichkeiten der „P Film-Produktionen“


2.1 H kann die Zahlung der 750.000 € von der „A, B und Co. DVD-OHG“ nach §§ 433 II BGB, 124, 25 I HGB verlangen, wenn die Gesellschaft für die Verbindlichkeiten der „P Film-Produktion“ haftet. Dazu müsste die „A, B und Co. DVD-OHG“ wirksam bestehen, die „P Film-Produktion“ erworben haben und unter der bisherigen Firma fortführen (§ 25 I HGB).


2.1.1 Die „A, B und Co. DVD-OHG“ ist von A, B und K nach §§ 705 BGB, 105 I HGB gegründet worden. Sie war zunächst bis zum Ausscheiden des K aufgrund seiner Anfechtung (§§ 123 I 1 BGB) Ende Januar 1999 mit den drei Gründern als Gesellschafter wirksam. Die OHG ist nicht durch das Ausscheiden des K aufgelöst worden (§ 131 III HGB). Zwar ist das Ausscheiden eines Gesellschafters aufgrund einer Anfechtung nicht ausdrücklich erwähnt, steht aber wegen des Ausscheidens ex nunc der Kündigung gleich (§ 131 III 1 Nr. 3 HGB). Die Gesellschaft ist von A und B als Gesellschafter fortgeführt worden.


2.1.2 Die „A, B und Co. DVD-OHG“ hat die „P Film-Produktion“ wirksam er-worben, wenn P der Gesellschaft wirksam beigetreten ist und das Unternehmen eingebracht hat.


2.1.2.1 Z hat den Vertrag über seinen Beitritt zur Gesellschaft nur mit A abge-schlossen. Der Eintritt in eine Personengesellschaft erfordert einen Ver-tragsschluss zwischen allen Altgesellschaftern und dem Aufzunehmenden.


2.1.2.1.1 B war an dem Vertragsschluss nicht beteiligt, er könnte aber durch A gem. § 164 I BGB vertreten worden sein.


2.1.2.1.2 A war organschaftlich durch den Gesellschaftsvertrag alleinvertretungsbe-rechtigt. Allerdings betrifft die organschaftliche Vertretungsmacht nicht ein Grundlagengeschäft der Gesellschaft wie der Beitritt eines neuen Gesellschafters, der das gesamte Rechten- und Pflichtengeflecht der Gesellschaft ändert. Die Aufnahme eines neuen Gesellschafters stellt eine Vertragsänderung zwischen den Altgesellschaftern dar. Die organschaftliche Vertretungsmacht des A genügt daher für eine Vertretung des B bei Aufnahme des neuen Gesellschafters P nicht.


2.1.2.1.3 Es fehlt eine ausdrückliche Genehmigung (§ 184 I BGB) des B zur Aufnahme des P als neuen Gesellschafter. In der Übernahme der Film-Produktion der „P Film-Produktion“ durch B ist aber eine konkludente Genehmigung der Aufnahme des P zu sehen.


2.1.2.2 P hat als Beitrag (§§ 705 BGB, 105 III HGB) in die bestehende OHG sein einzelkaufmännisches Unternehmen eingebracht.


2.1.3 Die „A, B und Co. DVD-OHG“ hat das Handelsgeschäft der „P Film-Produktion“ – die Produktion von Filmen – nach dem Eintritt des P fortgeführt. Als Erwerb wird im Rahmen von § 25 I HGB jede Unternehmensübertragung oder -überlassung verstanden. Davon ist auch die Einbringung eines einzelkaufmännischen Unternehmens als Einlage in eine Personengesellschaft erfasst.


2.1.4 Die OHG hat daneben auch die Firma der „P Film-Produktion“ nach deren Übernahme fortgeführt.


2.1.5 Die Voraussetzungen des § 25 I HGB sind erfüllt, so dass die „A, B und Co. DVD-OHG“ für die früheren Verbindlichkeiten des P bzw. der „P Film-Produktion“ nach § 124 I HGB haftet.


2.2 A und B haften nach § 128 HGB für die Verbindlichkeiten der „A, B und Co. DVD-OHG“, also gem. §§ 433 II BGB, 25 I, 128 HGB auch für die Verbindlichkeiten der von der Gesellschaft übernommenen „P Film-Produktion“.


Ergebnis: H kann Zahlung der 750.000 € für das an die „P Film-Produktion“ verkaufte Film-Equipment von der „A, B und Co. DVD-OHG“ nach §§ 433 II BGB, 25 I, 124 HGB und von A und B nach §§ 433 II BGB, 25 I, 128 HGB verlangen.










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