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Thüringer Bauordnung [ThürBO]
Kommentar Prof. Dr. Sven Müller-Grune
§ 92 Übergangsbestimmungen |
(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen. Auf diese Verfahren sind die ab dem Inkrafttreten der jeweiligen Änderungen geltenden Bestimmungen des Ersten bis Dritten Teils dieses Gesetzes insoweit anzuwenden, als sie für den Antragsteller eine günstigere Regelung enthalten als die vorherigen Bestimmungen.
(2) Solange § 20 Abs. 1 BauNVO zur Begriffsbestimmung des Vollgeschosses auf Landesrecht verweist, gelten Geschosse als Vollgeschosse, wenn deren Deckenoberkante im Mittel mehr als 1,40 m über die Geländeoberfläche hinausragt und sie über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben.
(3) Die oberste Bauaufsichtsbehörde kann durch Bekanntmachung im Thüringer Staatsanzeiger anordnen, dass die Prüfung der Nachweise nach § 65 Abs. 3 Satz 2 auf Prüfingenieure oder Prüfämter zu übertragen ist.
(4) Bis zum Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Thüringer Bauordnung für Bauarten erteilte allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen oder Zustimmungen im Einzelfall gelten als Bauartgenehmigung fort.
(5) Bestehende Anerkennungen als Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen bleiben in dem bis zum Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Thüringer Bauordnung geregelten Umfang wirksam; vor dem Inkrafttreten gestellte Anträge gelten als Anträge nach diesem Gesetz.
Quelle
Kommentierung |
A. Normgeschichte
1. Historie
2. Gesetzesbegründung
2016
Das Gesetz kann grundsätzlich am Tag nach der Verkündung in Kraft treten, da für laufende Verfahren § 91 Abs. 1 eine Übergangsregelung enthält, die Umstellungsprobleme vermeidet.Da die Bauproduktenverordnung erst zum 01. Juli 2013 wirksam wird, sollen die entsprechenden Regelungen nach Satz 2 Nr. 1 erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft treten. Bis zu diesem Zeitpunkt gelten bisherigen Regelungen.
Für § 83 Nr. 3 und § 85 Abs. 2 bis 5 ist ein bedingtes Inkrafttreten erforderlich, da die Übertragung der Aufgaben der gemeinsamen Marktüberwachungsbehörde eine Änderung des Abkommens über das Deutsche Institut für Bautechnik erfordert. Die Änderung dieses Abkommens erfordert in Thüringen sowie einigen anderen Ländern den Erlass eines Zustimmungsgesetzes und kann erst in Kraft treten, wenn die Zustimmungen aller Länder vorliegen. Bis zu diesem Zeitpunkt verbleibt es bei der umfassenden Zuständigkeit der oberen Marktüberwachungsbehörde nach § 85 Abs. 1. Soweit Aufgaben zu erfüllen sind, die zukünftig der gemeinsamen Marktüberwachungsbehörde obliegen, ist ein gegebenenfalls kompliziertes Abstimmungsverfahren unter den Ländern über ein arbeitsteiliges Vorgehen bei der Verfolgung von Verdachtsfällen erforderlich und unumgänglich.
2018
Die Regelung im bisherigen Absatz 4 ist durch Zeitablauf gegenstandslos geworden.Nach dem neuen Absatz 4 kann mit Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Thüringer Bauordnung für Bauprodukte mit CEKennzeichnung kein Verwendbarkeitsnachweis und keine Übereinstimmungsbestätigung mehr verlangt werden, weil die bisher vorhandene Möglichkeit entfallen ist, für Bauprodukte mit CE-Kennzeichnung allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen zu erteilen und das Ü-Zeichen aufzubringen.
Nach Absatz 5 gelten nach dem bisherigen Recht für Bauarten erteilte Verwendbarkeitsnachweise als Bauartgenehmigung fort.
Absatz 6 stellt klar, dass trotz der systematischen Umstellung der Rechtsgrundlagen nach dem bisher geltenden Recht erfolgte Anerkennungen als Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstelle fortgelten. Weiter wird klargestellt, dass die Anerkennungen im bisher geregelten Umfang fortgelten. Damit werden Rechtsunsicherheiten vermieden, wenn im Zuge der Umstellung der Bauregelliste A - auf die in den Anerkennungsbescheiden zur Produktbestimmung Bezug genommen wird - auf die Verwaltungsvorschrift nach § 87 a auch Anpassungen bei den Bauprodukten erfolgen. Es soll zudem vermieden werden, dass insbesondere allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnisse auf der Grundlage von Anerkennungsbescheiden weiter erteilt werden, die nicht mehr im Einklang mit den aktuellen Technische Baubestimmungen nach § 87 a Abs. 2 Nr. 4
und 5 stehen und gegebenenfalls über diese hinausreichen. Sobald die Verwaltungsvorschrift nach § 87 a erstmals bekannt gemacht ist, sollen die Anerkennungsbescheide von Amts wegen nach Anhörung der betroffenen Stellen auch an die neue Rechtslage angepasst werden. Aufgrund des bisher geltenden Rechts gestellte Anträge sollen als Anträge nach dem geänderten Recht gelten.
Thüringer Landtag Drucksache 6/3277
3. Verwaltungsvorschrift
92.1.1 Vor einer Änderung der Bauordnung förmlich eingeleitete Verfahren werden grundsätzlich nach dem bisher geltenden Verfahrensrecht zu Ende geführt. Als Änderung in diesem Sinn ist auch der Neuerlass zu verstehen. Werden infolge einer Gesetzesänderung Anlagen verfahrensfrei sind insoweit laufende Genehmigungsverfahren einzustellen.
92.1.2 Die materiellen Bestimmungen des neuen Rechts können angewandt werden, wenn sie für den Antragsteller eine günstigere Regelung erhalten. Dabei muss aber geprüft werden, ob im Einzelfall Erleichterungen durch erhöhte Anforderungen an anderer Stelle kompensiert werden.
92.2.1 Die Übergangsregelung gilt auch für bestehende Bebauungspläne (dynamische Verweisung).
92.2.2 Grundfläche ist die von der Dachkonstruktion überdeckte Fläche, gemessen von den Außenkanten der Außenwand. Dies entspricht auch der Berechnungsmethode in § 20 Abs. 3 BauNVO für die Geschossfläche. Alle überdachten Flächen wie Treppenräume und der Luftraum darunter liegender Geschosse sind einzubeziehen, Terrassen und offene Balkone entsprechend § 20 Abs. 4 BauNVO jedoch nicht. Die lichte Höhe ist das Maß zwischen der Oberkante des fertigen Fußbodens und der Unterkante der fertigen Decke bzw. der Verkleidung des Dachsparrens (bei sichtbarem Dachsparren dessen Unterkante).
B. Normauslegung
Zitiervorschlag:
Müller-Grune Sven, Kommentar zur Thüringer Bauordnung, Schmalkalden 2017, § 92.
© Prof. Dr. Sven Müller-Grune |
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