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Thüringer Bauordnung [ThürBO]
Kommentar Prof. Dr. Sven Müller-Grune
§ 47 Aufenthaltsräume |
(1) Aufenthaltsräume müssen eine lichte Raumhöhe von mindestens 2,40 m haben. Dies gilt nicht für Aufenthaltsräume in Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 und für Aufenthaltsräume im Dachraum.
(2) Aufenthaltsräume müssen ausreichend belüftet und mit Tageslicht belichtet werden können. Sie müssen Fenster mit einem Rohbaumaß der Fensteröffnungen von mindestens einem Achtel der Netto-Grundfläche des Raumes einschließlich der Netto-Grundfläche verglaster Vorbauten und Loggien haben.
(3) Aufenthaltsräume, deren Benutzung eine Belichtung mit Tageslicht verbietet, sowie Verkaufsräume, Schank- und Speisegaststätten, ärztliche Behandlungs-, Sport-, Spiel-, Werk- und ähnliche Räume sind ohne Fenster zulässig.
Quelle
Kommentierung |
A. Normgeschichte
1. Historie
2. Gesetzesbegründung
Nach Absatz 1 müssen Aufenthaltsräume unabhängig von ihrer konkreten Nutzung eine lichte Raumhöhe von mindestens 2,40 m aufweisen. Satz 2 nimmt von dieser Anforderung Aufenthaltsräume in Gebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 aus, da es sich hierbei um Gebäude handelt, die der (Haupt-)Nutzer für sich selbst errichtet. Bei diesen Gebäuden spielt der Schutz der Nutzer (Mieter) keine Rolle. Auch für Aufenthaltsräume im Dachgeschoss werden keine Mindesthöhen vorgesehen, da insoweit teilweise geringere Raumhöhen durch die besondere Geometrie von Dachräumen kompensiert werden.
Absatz 2 Satz 1 fordert, dass Aufenthaltsräume ausreichend belüftet und mit Tageslicht belichtet werden können. Die Grundanforderung nach ausreichender Belüftung gilt für alle Aufenthaltsräume; wie sie erfüllt wird, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls, sodass auf detaillierte Regelungen verzichtet werden kann. Satz 2 konkretisiert die Anforderung an die ausreichende Belichtung und präzisiert diese Regelung durch die Einbeziehung der Netto-Grundfläche verglaster Vorbauten und Loggien. Geprüft worden ist, ob wegen der geringen Regelabstandsflächentiefe von 0,4 H nach § 6 Abs. 5 Satz 1 eine Erhöhung der Bemessungsfläche von einem Achtel für die Fenstergröße erforderlich ist. Davon wird abgesehen, weil lediglich materiell-rechtliche Mindeststandards festgelegt werden sollen, eine Ausleuchtung im fensternahen Bereich unter bauordnungsrechtlichen Gesichtspunkten ausreichend ist, die DIN-Werte als Qualitätsstandards sich auf die ungünstigste Situation im Bereich des unteren Geschosses beziehen, bei bedecktem Himmel eine Vergrößerung der Abstände und des Lichteinfallswinkels nur zu einer verhältnismäßig geringen Erhöhung der Helligkeit im Aufenthaltsraum führte und schließlich trotz Beibehaltung der Fenstergrößenfestlegung die Reduzierung der Regelabstandsflächentiefe auf 0,4 H im Jahr 2004 keine schlechten Erfahrungen zu verzeichnen waren.
Absatz 3 lässt bei verschiedenen Räumen einen Verzicht auf Fenster zu. Dabei handelt es sich zum einen um Räume, deren Benutzung eine Belichtung mit Tageslicht verbietet (beispielsweise Theater) und zum anderen um Räume, bei denen aufgrund ihrer Größe, wegen des nur kurzzeitigen Aufenthalts oder aus anderen Gründen eine natürliche Belichtung nicht erforderlich ist.
Aufenthaltsräume, die die in § 47 enthaltenen sowie die sonstigen bauordnungsrechtlichen Anforderungen erfüllen, können - unter dem Blickwinkel der bausicherheitsrechtlichen Gefahrenabwehr - auch in Kellergeschossen und Dachräumen liegen; einer gesonderten Regelung solcher Aufenthaltsräume bedarf es daher nicht.
3. Verwaltungsvorschrift
Zur Definition von Aufenthaltsräumen vgl. § 2 Abs. 5. Die Anforderungen beschränken sich auf Raumhöhe, Belichtung und Belüftung. Besondere Anforderungen an Aufenthaltsräume in Keller- und Dachgeschossen werden nicht gestellt, da die für alle Aufenthaltsräume geltenden Mindestanforderungen ausreichend sind.
Galerien im Luftraum von Dachgeschossen sind nur dann Aufenthaltsräume, wenn sie objektiv dazu geeignet sind. Dazu zählt auch eine gewisse Größe von mindestens 12 m² (VGH Baden-Württemberg, 12.05.1982 – 3 S 1689/81).
47.1 „Lichte Raumhöhe“ ist der Abstand der Oberkante des fertigen Fußbodens bis zur Unterkante der fertigen Decke. Einzelne Bauteile, wie Balken oder Unterzüge schränken die sonst eingehaltene lichte Höhe nicht ein. Dies gilt jedoch nicht, wenn z.B. die gesamten Sparren oder Deckenbalken bzw. Galerien die erforderliche lichte Raumhöhe unterschreiten.
47.2.1 Eine ausreichende Belüftung kann z. B. durch Lüftung über Eck, Querlüftung oder Lüftung über raumlufttechnische Anlagen bewirkt werden. Eine Beleuchtung mit Tageslicht ist ausreichend, wenn die nach Satz 2 erforderlichen Fensteröffnungen eingehalten werden.
47.2.2 Die Regelung zur Fenstergröße dient ausschließlich der Sicherstellung der Beleuchtung und Belüftung. Die unter dem Gesichtspunkt der Rettung von Personen erforderlichen Maße von Fenstern sind in § 37 Abs. 5 geregelt.
Bei der Bemessung der Netto-Grundfläche des Raumes ist die DIN 277 (vgl. Anlage 4 zu § 27 ThürPPVO) zu Grunde zu legen. Die Grundfläche von Vorbauten und Loggien ist nur in die Grundfläche einzubeziehen, wenn diese verglast sind. Da auf das Rohbaumaß abzustellen ist, sind die Fensterrahmen nicht einzurechnen.
Bedenken gegen ein geringes Fenstermaß bestehen wegen der Lichtverhältnisse z.B. nicht bei Schlafräumen, die nach Art, Lage und Größe nur für diese Nutzung in Betracht kommen.
47.3 Aufenthaltsräumen, deren Benutzung eine Belichtung mit Tageslicht verbietet sind z.B. Fotolabore oder Kinosäle. Als “ähnliche Räume” kommen Hörsäle, Sitzungssäle und sonstige Räume in Frage, in denen sich derselbe Personenkreis nur während weniger Stunden aufhält. Bei Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 können regelmäßig Abweichungen zugelassen werden.
B. Normauslegung
Zitiervorschlag:
Müller-Grune Sven, Kommentar zur Thüringer Bauordnung, Schmalkalden 2017, § 47.
© Prof. Dr. Sven Müller-Grune |
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