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Thüringer Bauordnung [ThürBO]

Kommentar Prof. Dr. Sven Müller-Grune



§ 1
Anwendungsbereich



(1) Dieses Gesetz gilt für alle baulichen Anlagen und Bauprodukte. Es gilt auch für Grundstücke sowie für andere Anlagen und Einrichtungen, an die in diesem Gesetz oder in Vorschriften aufgrund dieses Gesetzes Anforderungen gestellt werden.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für

1.
Anlagen des öffentlichen Verkehrs einschließlich Zubehör, Nebenanlagen und Nebenbetrieben, mit Ausnahme von Gebäuden,

2.
Anlagen, soweit sie der Bergaufsicht unterliegen, mit Ausnahme von Gebäuden an der Erdoberfläche,

3.
Leitungen, die der öffentlichen Versorgung mit Wasser, Gas, Elektrizität, Wärme, der öffentlichen Abwasserbeseitigung, dem Rundfunk, dem Fernsehen oder dem Fernmeldewesen dienen,

4.
Rohrleitungen, die dem Ferntransport von Stoffen dienen,

5.
Krane und Krananlagen,

6.
Messestände in Messe- und Ausstellungsgebäuden,

7.
Regale und Regalanlagen in Gebäuden, soweit sie nicht Teil der Gebäudekonstruktion sind und keine Erschließungsfunktion haben.

Quelle











Kommentierung






A. Normgeschichte



1. Historie/Gesetzesbegründung


2014 (G.v.25.03.2014 - GVBL. 2014, 49)

§ 1 regelt den Anwendungsbereich der Thüringer Bauordnung. Der Begriff der baulichen Anlage wird in § 2 Abs. 1, der der Bauprodukte in § 2 Abs. 10 definiert. Andere Anlagen, an die die Thüringer Bauordnung Anforderungen stellt, sind beispielsweise Warenautomaten, für die nach § 10 Abs. 5 die für Werbeanlagen geltenden Bestimmungen entsprechend gelten.

Absatz 2 nimmt verschiedene Anlagen aus dem Geltungsbereich der Thüringer Bauordnung aus, obwohl sie die Definition der baulichen Anlage erfüllen. Es handelt sich dabei um Anlagen, die einem Fachplanungsprivileg unterfallen und bei denen teilweise die Anwendung des materiellen Bauordnungsrechts keinen Sinn machen würde.

Zusätzlich ausgenommen vom Anwendungsbereich werden Messestände in Messe- und Ausstellungsgebäuden. Anders als Messestände, die im Freien auf genehmigtem Messe- und Ausstellungsgelände errichtet werden und die nach § 60 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. e unter bestimmten Voraussetzungen verfahrensfrei sind, sind Messestände, die in Gebäuden auf genehmigtem Messe- und Ausstellungsgelände errichtet werden, keine baulichen Anlagen, sondern Einrichtungsgegenstände. Mangels Qualifizierung als bauliche Anlage ist der Anwendungsbereich der Thüringer Bauordnung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 insoweit nicht eröffnet. Der ausdrückliche Ausschluss von Messeständen in Gebäuden aus dem Anwendungsbereich dient somit lediglich der Klarstellung.

Für Messestände in Gebäuden findet somit das Bauordnungsrecht keine Anwendung, sondern es gilt das allgemeine Sicherheitsrecht. Die Sicherheitsbehörden können sich im Rahmen der Amtshilfe zwar der Fachkenntnis der unteren Bauaufsichtsbehörden bedienen, im Außenverhältnis bleiben sie jedoch für die von ihnen getroffenen Entscheidungen verantwortlich.

Thüringer Landtag Drucksache 5/5768





2018 (29.06.2018 - GVBl. 2018, 297)

Anders als beispielsweise Regale, die im Freien errichtet werden und die nach § 60 Abs. 1 Nr. 15 Buchst. c unter bestimmten Voraussetzungen verfahrensfrei sind, sind Regale und Regalanlagen, die in Gebäuden errichtet werden, keine baulichen Anlagen, sondern Einrichtungsgegenstände. Mangels Qualifizierung als bauliche Anlage ist der Anwendungsbereich der Thüringer Bauordnung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 insoweit nicht eröffnet. Der ausdrückliche Ausschluss von Regalen und
Regalanlagen in Gebäuden aus dem Anwendungsbereich dient somit lediglich der Klarstellung.

Auf Regale und Regalanlagen in Gebäuden findet somit das Bauordnungsrecht keine Anwendung. Davon unberührt bleibt die Berücksichtigung der Regale und Regalanlagen einschließlich Lagergut beim Nachweis der Standsicherheit (Bemessung der Fundamente und gegebenenfalls der tragenden Bauteile, auf die die Regallasten einwirken) und des Brandschutzes (Brandlasten, Löschmöglichkeiten, Bemessung der Rettungswege).

Die Behandlung von Regalen im Freien als bauliche Anlagen sowie von Regallagern mit einer Oberkante Lagerguthöhe von mehr als 7,50 m als Sonderbau nach § 2 Abs. 4 Nr. 18 bleibt hiervon unberührt. Maßgeblich für den Sonderbautentatbestand nach § 2 Abs. 4 Nr. 18 ist die Art und Form der Lagerung sowie die Höhe des Lagergutes. Es kommt nicht auf das Regal selbst an. Nicht das Regal selbst, sondern das Lager (Gebäude) wird zum Sonderbau. Hintergrund des Sonderbautentatbestands ist die Gewährleistung wirksamer Löscharbeiten.

Thüringer Landtag Drucksache 6/3277


2. Verwaltungsvorschrift


1.2.1 Anlagen des öffentlichen Verkehrs sind z.B. Straßen und Wege, öffentliche Parkplätze, Flug-plätze und Bahnanlagen, wenn sie grundsätzlich jedermann im Rahmen der Widmung offen stehen. Zu den Straßen gehören nach § 2 Thüringer Straßengesetz z. B. Lärmschutzanlagen, Brücken und Tunnel, Böschungen und Stützmauern, zum Zubehör Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen, zu den Nebenanlagen z.B. Gerätehöfe und Lagerplätze.

1.2.2 Leitungen der öffentlichen Versorgung bzw. Abwasserbeseitigung dienen nicht ausschließlich oder ganz überwiegend der Eigenver- oder entsorgung sondern stehen einem nicht von vorn-herein beschränkten Nutzerkreis zur Verfügung. Sie sind ungeachtet ihrer Betriebsform (öffentlich-rechtlich oder zivilrechtlich) von der Geltung der ThürBO ausgenommen.

1.2.3 Ungeachtet der Nichtanwendung der ThürBO auf Krane und Krananlagen können sich aus der Montage solcher Anlagen an Gebäudetragwerken Folgerungen für bautechnische Nachweise der Standsicherheit ergeben.

1.2.4 Messestände in Messe- und Ausstellungsgebäuden sind grundsätzlich von der Anwendung des Gesetzes ausgeschlossen. Sie sind Einrichtungen, die dem allgemeinen Sicherheitsrecht unterliegen. Die Sicherheitsbehörden können sich im Rahmen der Amtshilfe der Fachkenntnis der unteren Bauaufsichtsbehörden bedienen

VollzBekThürBO


B. Normauslegung





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LTDrs ThürBO 2014
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Zitiervorschlag:
Müller-Grune Sven, Kommentar zur Thüringer Bauordnung, Schmalkalden 2017, § 1.





© Prof. Dr. Sven Müller-Grune





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CategoryAAllgemeineBestimmungen
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