Entwicklung des koreanischen Rechtssystems
Korea hat eine Geschichte die mehr als 4.300 Jahre in die Vergangenheit reicht, da ca. 2.333 vor Christus die Gojoseon Dynasty gegründet wurde. In der Geschichte Koreas herrschten Dynastien vor. Hier ist eine kleine Aufstellung der wichtigsten Dynastien:
• 2.333 v. Chr. – 56 v. Chr.: Gojoseon Dynasty
• 56 v. Chr. – 668: Three Kingdoms Period (Goguryo, Baekjae, Silla)
• 918 – 1392: Goryeo Dynasty
• 1392 – 1910: Joseon Dynasty
In der Three Kingdoms Period waren die gerichtlichen Funktionen eher dezentralisiert:
• Goguryeo: Konferenz der Stammesführer
• Baekje: königlicher Minister
• Silla: örtliche Vorsteher der Verwaltung
Das Gesetz in Korea kann bis zur ersten Dynastie, der Gojoseon Dynasty, zurückverfolgt werden. In dieser Dynastie wurde das Gesetz erfunden, das damals aus 8 Artikeln bestand.
Das Gesetz wurde in Korea sehr von China beeinflusst:
Goryeo Dynasty:
• T’ang Code: ein systematisches Gesetzesbuch für Strafrecht und Regeln für die Verwaltung
Chosun Dynasty:
• Ming Code: mit diesem Gesetzbuch sollte das Gesetz durchsichtiger werden, für jeden zugänglich und verständlich, es wurde den Beamten sehr nahegelegt, sich an diese Regeln zu halten.
• Das koreanische Recht hat explizit auf die chinesischen Gesetzestexte verwiesen. Erst mit der Zeit wurden die koreanischen Regeln bekannter und haben chinesische Regelungen ersetzt.
Joseon Dynasty:
In dieser Dynastie wurde 1484 ein Gesetzbuch (namens „The Great Code for Governing the Country“) mit den vorherrschenden Gesetzen eingeführt. Zu dieser Zeit haben sich die sogenannten Yangban (양반), also lokale Ortsvorsteher, um kleine zivilrechtliche und strafrechtliche Fälle gekümmert. Größere strafrechtliche Fälle bzw. schwerwiegende Fälle sowie Berufungsfälle wurden durch die Gouverneure (eine Art Landesvorsteher) geregelt. Letztinstanzliche Fälle wurden vom Justizministerium (der zentralen Regierung) behandelt.
Während der Goryeo Dynasty war Buddhismus die vorherrschende Religion bzw. die offizielle Religion der Regierung. Im 14. Jahrhundert, als die Chosun Dynasty kam, wurde der Buddhismus durch den Konfuzianismus ersetzt. Dieser beeinflusste das Recht folgendermaßen:
1. Als eine Regierungs-Philosophie
2. Rechtfertigung für die internen Machtstrukturen
3. Ein System für soziale Ordnung
Governing Philosophy “하늘이 백성을 낳고 임금을 세운 것은 임금으로 하여금 백성을 길러 서로 살게 하고 백성을 다스려 서로 편안하게 하도록 하기 위함이다. 그러므로 군도에는 득실이 있고 인심에는 복종과 배반함이 있으니, 천명이 떠나가고 머물러 있음은 여기에 달려있다.” That the heaven gave birth to the people and established a king is for the king to raise the people such that they live together, and to govern the people such that they comfort each other. Therefore, the king's way has gains and losses and the people's heart has obedience and betrayal; the departure and presence of the heaven's mandate depends on this. |
Im Konfuzianismus hat der König eine Verpflichtung gegenüber dem Volk, weil das Volk dem König gehorchen muss. Regiert der König richtig, wird ihm das Volk gehorchen. Aber wie regiert der König richtig? Der himmlische Weg des richtigen Regierens ist durch persönliche Moral. Hat der König die Moral einmal erhalten, kommt alles andere von alleine.
Governing Philosophy 子曰: Master said: 道之以政 齊之以刑 民免而無恥 If led by the law and enforced by punishment, people attempt to escape and do not feel ashamed. 道之以德 齊之以禮 有恥且格 If lead by virtue and enforced by rituals, people grow a sense of shame and become good. |
Governing Philosophy “조정의 기강을 형벌로 세워서는 안됩니다. 조정이 이미 바르게 되면 아랫사람들은 자연히 마음으로 복종합니다. 형벌과 법은 비록 폐지할 수는 없으나 다만 정치를 돕는 보조 수단일 뿐이지 정치의 근본이 되어서는 안 됩니다.” The royal court's discipline cannot be established by punishment. Once the court gets right first, the lower people naturally obey with their heart. Punishments and the laws cannot be abolished, but they are but the means to assist governance. They cannot be the foundation of governance. |
Mit dem Konfuzianismus wurde Korea zu einer Quasi-Meritokratie (Leistungsgesellschaft). Dementsprechend sollten auch nur Personen mit Tugend regieren. Laut dem Konfuzianismus kann man Tugend nur durch Lernen/Studieren erreichen (vor allem das Studieren der Regeln des Konfuzianismus).
In der Goryeo Dynasty wurde ein sogenanntes „civil service exam“ (Gwageo; 괴거) eingeführt. Somit konnten nur Personen, die diesen Test bzw. dieses Examen bestehen, auch wirklich für die Regierung arbeiten. Dieser Test war sehr schwer. Mit der Zeit wurden die Beamten immer mächtiger und wurden die neuen Aristokraten.
Später in der Chosun Dynasty konnten nur die wohlhabenden Kinder dieses Exam absolvieren, die Ämter wurden somit sozusagen vererbt, da kein „normaler“ Mensch das Geld und die Möglichkeit hatte diesen Test zu absolvieren. Die Beamten konnten sogar Strafen verhängen und kleinere Fälle entscheiden. Theoretisch mussten sie sich an die Gesetzesbücher halten, die bereits den Rahmen der Strafen vorgaben, jedoch wurden die Ämter und die Macht auch oft missbraucht. Die meisten Dispute wurden jedoch von den bereits erwähnten Yangban geregelt.
Vergleich der Entwicklung des Rechts in Korea und Europa | |
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Korea | Europa |
• eine zentrale Gewalt gab es schon sehr früh | • die Entwicklung zu einer zentralen Gewalt verlief eher langsam |
• das Gesetz wurde bereits früh entwickelt und kodifiziert | • das Gesetz wurde erst langsam und spät entwickelt und kodifiziert |
• ein übergreifendes Gesetz über alle Territorien hinweg gab es bereits sehr früh | • hier hatten eine lange Zeit die einzelnen Territorien eigene Gesetze |
• es gab keine Differenzierung zwischen öffentlichem und privatem Recht | • öffentliches Recht und Privatrecht wurden getrennt |
• zwischen Verwaltung und Judikative wurde nicht getrennt: es gab lediglich Funktionäre | • Funktionäre waren bereits im System vorhanden |
• der Staat war für die soziale Ordnung verantwortlich | • der Staat war für Gerechtigkeit zuständig (der König war gleichzeitig der Richter) |
• das Gesetz bestand um die Autorität des Staates zu untermauern | • unabhängige rechtliche Normen wurden entwickelt (allgemeines Recht / spezifisches Recht) |
Das Recht in der Zeit der Kolonialisierung Koreas durch Japan:
In Korea herrscht immer noch die Chosun Dynasty. Koreas Politik ist eine Politik der Isolation (aufgrund der konfuzianistischen Ideologie). Dennoch war Korea lange Zeit ein Protektorat von China.
Im ersten Sino-japanischen Krieg (1895) wurde China von Japan besiegt. Als Ergebnis wurde China dazu gezwungen den Protektorats-Status von Korea zu entfernen. Bald darauf wurde Korea gezwungen seine Türe für einen Handel mit Japan zu öffnen (ähnlich wie bei „gunboat diplomacy“). Daraufhin gab es die Gabo reforms (갑오). In diesem Zuge wurde Sklaverei abgeschafft und die Regierung neu organisiert. Unter anderem wurden die Privilegien der Ortsvorsteher (Yangban) abgeschafft.
Weitere wichtige Abkommen sind:
• „Japan-Korea Treaty“ von 1905: Korea hat diplomatische Souveränität erhalten und ist ein Protektorat von Japan geworden
• „Japan -Korea Treaty“ von 1907: Korea wurde von dem japanischen „Governor-General“ regiert, somit wurden alle administrativen Angelegenheiten durch Japan geregelt
• „Japan-Korea Treaty“ von 1910: die formale Annexion von Korea durch Japan
Korea wurde also langsam eine Kolonie von Japan. Somit kommen einige Fragen auf:
• Welche Recht gilt nun?
• Wie gilt das Recht?
• Für wen gilt es?
Die Antwort: Das alte koreanische Rechtssystem (das konfuzianistische Verwaltungssystem) galt.
Japan hatte zu dieser Zeit zwei Möglichkeiten:
• Das französische System: „Rattachement“
Hier wird die Kolonie als ein Teil des Heimatlandes behandelt. Es gilt das Recht des Heimatlandes. (Beispiel: Frankreich und Algerien)
• Das britische System: „Separation“
Hier wird die Kolonie als separate Verwaltungskörperschaft angesehen. Das Recht und die Gewalten sind unabhängig vom Heimatland und der „governor-general“ ist eine eigene Macht.
Sie konnten sich nicht wirklich entscheiden und haben bei verschiedenen Kolonien verschiedene Systeme angewendet.
Letztendlich wurden japanische Einwohner und andere Nationalitäten anders behandelt als die koreanischen Einwohner:
• Japaner in Korea: japanisches Recht wurde angewendet und japanische Richter haben entschieden
• andere Nationalitäten: japanisches Recht wurde angewendet und japanische Richter haben entschieden
• Koreaner: koreanisches Recht wurde angewendet und japanische Richter haben entschieden
• Koreaner gegen Japaner: japanisches Recht wurde angewendet und japanische Richter haben entschieden
Japan hat Korea zusammen mit dem Rechtssystem übernommen, das noch aus der Chosun Dynasty stammt:
• keine Unterscheidung zwischen Verwaltung und Judikative
• keine Unterscheidung zwischen Strafrecht und Zivilrecht
• kein System bezüglich der Ausbildung von Juristen
Japan hat dann jedoch sein komplettes Rechtssystem nach europäischen Normen ausgerichtet. Dabei hat sich Japan vor allem an dem deutschen und dem französischem Recht orientiert. Ein Gesetzbuch wurde entwickelt und in Korea eingeführt. Dieses System ist immer noch die Basis für das koreanische Recht und die rechtlichen Normen.
Das koreanische Recht in der modernen Geschichte (1945 bis heute):
1945 hat Japan bedingungslos kapituliert vor den Alliierten. Japan musste seine kompletten territorialen Errungenschaften aufgeben, darunter auch Korea. Dennoch war Korea durch zwei Mächte besetzt (die Vereinigten Staaten von Amerika im Süden und die Soviet-Union im Norden). Deshalb wurde von 1945 bis 1948 Korea (der Süden, also Südkorea) direkt von dem U.S. Militär regiert. Mit der Zeit wurde den Koreanern die Möglichkeit gegeben in der Regierung mitzuwirken. Zwischen USSR und den United States wurde 1945 vereinbart, dass in vier Jahren (also 1949) Korea die Unabhängigkeit als ein einzelnes Land gewährt wird. Jedoch wurde die Beziehung zwischen USSR und US immer schwieriger. Die US haben sich dann 1948 dazu entschieden, dass Südkorea bereits in 1948 eine Regierung formen konnte. Diese hat beansprucht, dass sie Hoheitsgewalt über ganz Korea hat, hatte jedoch nur tatsächliche Autorität über den südlichen Teil. Im gleichen Jahr, also 1948, wurde im Juli die Verfassung in Kraft getreten. Diese Verfassung wurde nach dem Vorbild der Weimarer Verfassung von 1919 gestaltet. Hier wurden unter anderem das Recht zur Bildung, das Recht zur Arbeit und das Recht zur Gewerkschaft garantiert.
Der erste Präsident war Syngman Rhee. Der Präsident wurde indirekt durch die National Assembly gewählt. Im Jahr 1960 haben dann Proteste von Studenten in der Aprilrevolution geendet. Hiermit wurde ein neues parlamentarisches Kabinett eingeführt. Unter der neuen Verfassung wurde unter anderem auch eine unabhängige Wahl-Kommission sowie das Constitutional Court eingeführt.
Im Jahr 1961 hat General Park Chung-Hee einen Militärputsch unternommen und die zweite Regierung umgestürzt.
Nach 2 Jahren der Militärregierung wurde die „Third Republic“ im Jahre 1962 mit einer neuen Verfassung eingerichtet (direkte Wahlen, 2x vierjährige Amtszeit; das Parteien-System wurde verfassungsrechtlich anerkannt).
1971 hat Park Chung-Hee seine eigene Präsidentschaft wieder umgestürzt, um eine neue Verfassung, die Yushin Constitution, einführen zu können. Diese Verfassung hat den Präsidenten mit enormer Macht ausgestattet, hat das indirekte Wahlsystem eingeführt und die Amtszeit auf 6 Jahre verlängert, wobei diese unendlich oft verlängert werden konnte.
1979 wurde Park Chung-Hee ermordet. 1980 wurde eine neue Verfassung eingerichtet (hiermit wure die Amtszeit des Präsidenten auf 7 Jahre gesetzt, jedoch konnte er nicht erneut gewählt werden; das indirekte Wahlsystem ist geblieben mit kleinen Änderungen).
1987 wurde dann schließlich die neunte und finale Verfassung eingeführt. Diese hat vor allem das direkte Wahlsystem wiederhergestellt.
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