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Jochen Bienmüller
CHRIA VERBALIS ÜBER DIOGENES AUS SINOPE
ALS ALEXANDER EINST BEI EINEM ZUSAMMENTREFFEN ZU IHM SAGTE:
"ICH BIN ALEXANDER, DER GROSSE KÖNIG."
SAGTE ER:
"UND ICH BIN DIOGENES DER HUND."
LOB DES URHEBERS
Diogenes aus Sinope (ca. 400 v. Chr.) ist einer der bekanntesten Philosophen des Kynismus, der seine Armut zur Tugend machte und diese zur Schau stellte.
Er lehnte jeglichen materiellen Besitzt ab, hatte keinen festen Wohnsitz und konzentrierte sich auf die wesentlichen Dinge des Lebens.
Durch seine schmutzige und streundene Lebensweise wurde er oft als "Hund" beschimpft - ein Name, den der Philosoph selbst als treffend empfand.
Aus Diogenes außergewöhnlichem Leben wurden zahlreiche Anekdoten überliefert,
die noch heute aktuell sind und zum Nachdenken anregen.
UMSCHREIBUNG
Als Alexander einst bei einem Zusammentreffen zu ihm sagte:
"Ich bin Alexander, der große König."
sagte er:
"Und ich bin Diogenes der Hund."
Diogenes Aussage ist ebenso knapp wie eindeutig.
Er macht sich nichts aus dem Titel und der Stellung Alexanders.
Zudem bezeichnet er sich selbst als "Hund" und bestimmt damit seinen selbstlosen Standpunkt.
BEWEIS
Dass dem Titel eines Menschen eine zu hohe Bedeutung zugesprochen wird,
erkennt man mit Blick auf große Unternehmen oder die Politik.
Titelträger genießen in der aktuellen gesellschaftlichen Wertevorstellung besonderes Ansehen und
gelten als gebildet, zielstrebig und einflussreich.
Vertrauensvoll werden dieser Personengruppe besondere Eigenschaften und Kompetenzen zugesprochen,
was sie scheinbar höherwertig wirken lässt.
Dies ermöglicht ihnen bessere Karrierechancen und besondere Vorzüge in der Geschäftswelt.
Ihr Charakter oder die Absichten, die sie verfolgen, spielen dabei primär keine Rolle.
WIDERSPIEL
Würde der Titel tatsächlich etwas über einen Menschen aussagen,
hätte es in der Vergangenheit wesentlich weniger Unheil auf der Welt gegeben.
Unheil, welches durch die Entscheidungen tugendschwacher Personen entstand,
die durch ihren Titel an eine Machtposition gelangten und diese zu ihren Gunsten
ausgenutzt hatten.
GLEICHNIS
Der scheinbar höhere Wert eines Menschen mit Titel gleicht
dem Wert einer Blech Uhr die vergoldet wurde.
Im Prinzip sind alle Uhren gleich – sie zeigen die Zeit an.
Jedoch wird durch den goldenen Glanz der Eindruck von etwas Höherwertigem vermittelt.
Ob sich hinter dem goldenen Schleier auch ein hochwertiges Uhrwerk verbirgt,
lässt sich auf den ersten Blick jedoch nicht beurteilen.
BEISPIEL
Ein Beispiel für die Aussagekraft von Titeln finden wir immer wieder in hohen Kreisen der Politik und Wirtschaft.
Immer wieder kommen neue Skandale ans Licht, woraus deutlich wird, dass nicht alles Gold ist, was glänzt.
So muss der Unternehmer und Bordell Besitzer „Prinz Marcus von Anhalt“ vier Jahre wegen
Steuerhinterziehung und Menschenhandel ins Gefängnis.
Er wird dem Titel „Prinz von Anhalt“ ebenso wenig gerecht, ihm er ihm gerecht wird.
- denn diesen Titel hatte er sich erkauft.
Titel sagen über den Wert eines Menschen nichts aus.
ZEUGNIS
Wie Diogenes hat auch der Italienische Staatsmann und Schriftsteller Niccoló Machiavelli (1469-1527)
eine skeptische Auffassung zum Schein von Titeln:
„Titel geben den Menschen keinen Glanz, sondern die Menschen den Titeln“.
Denn es ist nicht der Titel der einem Menschen Bedeutung verleiht.
Vielmehr sind es wir Menschen, die den Titeln eine Bedeutung zusprechen und die damit
verbundenen Eigenschaften auf die Personen dahinter übertragen.
BESCHLUSS
Diogenes macht sich nichts aus Titeln.
Denn nicht der Titel, sondern unser Denken und Handel bestimmt wer wir sind.
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