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Dies ist eine alte Version von NPRVorstellungEinesMusterverfahrensMitBuergerbeteiligung erstellt von PHerget am 2015-12-16 01:03:04.

 

Vorstellung eines Musterverfahrens mit Bürgerbeteiligung

Projekt Nationalparkrecht

Für die Akzeptanz von öffentlichen Großprojekten und Vorhaben im Bereich des Naturschutzes, insbesondere für die Ausweisung von Nationalparks, ist eine Beteiligung der Öffentlichkeit unabdingbar. Betroffene Bürger, Träger öffentlicher Belange, Naturschutz- und Umweltvereinigungen müssen die Möglichkeit haben, Anregungen und Einwände rechtzeitig vorzubringen, sodass diese frühzeitig berücksichtigt werden können und Unstimmigkeiten vor Ausweisung des Nationalparks gelöst werden können. Ziel ist es, die Akzeptanz des Vorhabens zu steigern und eventuelle Klagen zu vermeiden. Grundlage dafür ist ein transparenter und nachvollziehbarer Entscheidungsprozess.

Die Rechtsgrundlagen für die Partizipation bei der Ausweisung von Nationalparks finden sich im jeweiligen Landesrecht wieder. Die Beteiligungsmöglichkeiten der verschiedenen Bundesländer sollen im Folgenden verglichen und Verfahrensmuster herausgearbeitet werden. Am Ende soll ein Musterverfahren stehen, das den grundsätzlichen formellen Verfahrensablauf bei der Ausweisung von Nationalparks widerspiegelt. Zuletzt soll das nun erstellte Musterverfahren durch das Hinzufügen von informellen Beteiligungsmöglichkeiten und den Vergleich mit Verfahren für die Ausweisung anderer Großprojekte gewertet und weiter verbessert werden, sodass im Ergebnis die optimalen Verfahrensmuster und Bedingungen vorgestellt werden können, unter denen eine bestmögliche Beteiligung der Öffentlichkeit möglich ist.

Mögliche Formen der Partizipation


Es gibt verschiedene Möglichkeiten und Wege, Bürger am Verfahren der Ausweisung von Nationalparks zu beteiligen. Hier gilt es grundsätzlich zwischen formeller und informeller Beteiligung sowie der Möglichkeit der finanziellen Beteiligung als eine Unterform der informellen Partizipation zu unterscheiden.

Formelle Partizipation

Die formelle Partizipation bezeichnet die, durch Rechtsnormen, verbindlich vorgeschriebene Beteiligung. Die formelle Partizipation steht bei der Erstellung des Musterverfahrens im Mittelpunkt der Recherchen.

Informelle Partizipation

Die informelle Partizipation bezeichnet die freiwillige Bürgerbeteiligung am Verfahren der Ausweisung von Nationalparks. Es gibt verschiedenste Formen der informellen Partizipation, zum Beispiel die Durchführung von Informationsveranstaltung, die aktive Mitwirkung im Verfahren und somit sogar tatsächliche Mitwirkung oder die selbstbestimmte Durchführung eines Projekts. Nicht zuletzt durch Defizite bei der formellen Partizipation gewinnt die informelle Partizipation immer mehr an Bedeutung.

Partizipation durch finanzielle Beteiligung

Die finanzielle Beteiligung an Projekten stellt eine Unterform der informellen Partizipation dar. Aufgrund der wachsenden Bedeutung wird diese Beteiligungsform gesondert erwähnt.

Wer ist am Ausweisungsverfahren zu beteiligen?

Verbindliche bzw. formelle Partizipation

Zunächst ist zu klären, wer überhaupt an Ausweisungsverfahren beteiligt werden muss. Die Naturschutzgesetze der Länder sehen eine Beteiligung betroffener Bürger, betroffener Träger öffentlicher Belange und die Beteiligung von Naturschutz- und Umweltvereinigungen vor.

Begriff der Betroffenheit

Verbindliche bzw. formelle Partizipation

„Betroffene Bürger sind am Verfahren zu beteiligen“

Diese oder ähnliche Formulierungen finden sich in den Landesnaturschutzgesetzen, wenn man nach dem zu beteiligenden Personenkreis sucht. An dieser Stelle lässt der Gesetzestext Platz für Interpretationen, da keine Legaldefinition gegeben wird, wann genau eine Person von einem Vorhaben betroffen ist und wann nicht. Muss eine Person in direkter Nachbarschaft zum zukünftigen Nationalpark wohnen oder reicht es aus, wenn die Person vielleicht dadurch betroffen ist, dass z.B. das Verkehrsaufkommen im entfernten Wohnort der Person durch den, vom Nationalpark verursachten, Tourismus ansteigen wird? Muss nachweislich eine tatsächliche Betroffenheit vorliegen oder reicht die Möglichkeit einer zukünftigen Betroffenheit für die Beteiligung aus? Es ist enorm wichtig, zum einen diese Fragen und zum anderen auch die Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen der Intensität der Betroffenheit und dem Umfang der vorgeschriebenen Beteiligung bzw. den Beteiligungsmöglichkeiten gibt zu klären.

Zunächst soll der Gesetzestext der Landesnaturschutzgesetze in Bezug auf die zu beteiligenden Träger öffentlicher Belange und die zu beteiligenden Privatpersonen untersucht werden:

Formulierungen der Landesnaturschutzgesetze hinsichtlich Betroffenheit

Vergleicht man diese Formulierungen, so kommt man auch hier zu keiner konkreten Schlussfolgerung, wann genau Betroffenheit vorliegt. Es fällt jedoch auf, dass in einigen Bundesländern der Personenkreis, der Anregungen und Bedenken vorbringen kann, nicht eingegrenzt wird und lediglich durch die ortsübliche Bekanntmachung der Auslegung eine indirekte Eingrenzung stattfindet. Jedoch schließt dies nicht aus, dass sich auch Personen, die in keiner Weise Auswirkungen des Vorhabens spüren oder zukünftig spüren werden beteiligen können und Anregungen sowie Bedenken vorbringen können. Ebenso fällt bei genauer Betrachtung der Gesetzestexte auf, dass in manchen Bundesländern schon Personen und Träger öffentlicher Belange zu beteiligen sind, wenn die Möglichkeit besteht, dass sich ein Vorhaben auf diese auswirken könnte, in anderen Bundesländern hingegen sind diese zu beteiligen, wenn sich ein Vorhaben auf sie auswirkt.

Eine genaue Eingrenzung des mitwirkungsberechtigten Personenkreises ist auch deshalb notwendig, da der Zuspruch für die Ausweisung von Großprojekten immer größer wird, je weniger eine Person die Auswirkung eines Projektes spürt bzw. die Akzeptanz ansteigt je weiter eine Person von dem Projekt an sich entfernt ist („not in my back yard-Phänomen“). Personen befürworten bestimmte Vorhaben zwar Grundsätzlich, wollen diese aber dennoch nicht in Ihrer eigenen Nachbarschaft haben. An dieser Stelle ist es schwierig zu unterscheiden, ob die Gründe für die Beteiligung bzw. den Widerstand gegen ein Vorhaben eigennützige Motive der Bürger sind, oder ob Bürger aufgrund ihrer moralischen Überzeugung mitwirken.

Das Ergebnis einer Bürgerbeteiligung hängt auch mit dem Umfang der Bürgerbeteiligung zusammen. Führt man eine Beteiligung der Bürger nur auf kommunaler Ebene durch, so werden lediglich Personen beteiligt, die Auswirkungen eines Vorhabens direkt spüren werden, wird jedoch eine umfangreichere Bürgerbeteiligung, z.B. auf Landesebene durchgeführt, so werden auch Personen beteiligt, die nur vom Vorhaben betroffen sind, wenn sie sich direkt damit beschäftigen, bei der Ausweisung von Nationalparks beispielsweise potentielle Touristen und Naturforscher. Somit kann der Umfang der Bürgerbeteiligung auch ausschlaggebend für deren Ergebnis sein.

Aus politischer Perspektive betrachtet können sich Beteiligung und Betroffenheit gegenseitig bedingen, politische Partizipation habe einen instrumentellen Nutzen für die Partizipierenden (Vgl. Steinbrecher 2009 : 64). Betroffenheit führe zu Handlungsdruck (Vgl. Korhut 2002 : 248). Diese Thesen lassen den Schluss zu, dass nur betroffene Bürger sich beteiligen, somit ist im Umkehrschluss jeder, der sich beteiligt, auch gleichzeitig betroffen. Jedoch geben diese Thesen für die Eingrenzung des Begriffes der Betroffenheit aus juristischer Sicht nur wenig Aufschluss. Auch hier findet sich kein Ansatz der den Umfang der Beteiligung(smöglichkeiten) von Grad der Betroffenheit abhängig macht.

In manchen Landesgesnaturschutzgesetzen, wie z.B im Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege im Freistaat Sachsen finden sich jedoch Personen, die bei der Öffentlichkeitsbeteiligung, bei der Ausweisung von Nationalparks, bevorzugt zu beteiligen sind. Es handelt sich hier um unmittelbar vom Vorhaben Betroffene, wie z.B. Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Flächen, die unter Schutz gestellt werden sollen. Diese sind schriftlich über die öffentliche Auslegung der Planungsunterlagen zu informieren. Jedoch gibt es auch hier Umgehungsmöglichkeiten, z.B kann diese Regelung gem. § 20 Abs. 2 S. 5 SächsNatSchG umgangen werden, wenn es sich um mehr als fünf Betroffene handelt.

Schlussendlich gibt es keine genaue rechtliche Definition, wo Betroffenheit beginnt und wann diese endet. Folgt man den Thesen für politische Partizipation, so beteiligen sich nur Menschen, die auch betroffen sind. Jedoch entsteht hier eine Gerechtigkeitslücke, da die formellen Beteiligungsmöglichkeiten kaum, bzw. in den meisten Fällen gar nicht vom Grad der Betroffenheit abhängig gemacht werden. An dieser Stelle müsste eine Kategorisierung der Intensität der Betroffenheit durch den Gesetzgeber vorgenommen werden, sodass intensiver Betroffene bei der Mitwirkung privilegiert behandelt werden können. Wer letztendlich von einem geplanten Vorhaben betroffen ist, bleibt jedoch vom Einzelfall und auch vom Umfang der Bürgerbeteiligung (auf Landes- oder kommunaler Ebene) anhängig.

Begriff der Beteiligung

Verbindliche bzw. formelle Partizipation

Neben dem Begriff der Betroffenheit bedarf es auch einer genaueren Eingrenzung des Begriffs der Beteiligung. Gerade im Hinblick auf das oben genannte „not in my back yard-Phänomen“ drängt sich die Frage auf, ob Personen, die weniger intensiv von der Ausweisung eines neuen Großprojektes, in diesem Fall von der Ausweisung neuer Nationalparks, betroffen sind die gleichen Mitwirkungsrechte und Möglichkeiten haben, wie Personen, die direkt und besonders betroffen sind. In manchen Landesnaturschutzgesetzen, wie z.B. im Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege im Freistaat Sachsen, werden direkt betroffene Bürger (Eigentümerinnen und Eigentümer sowie Nutzungsberechtigt betroffener Flächen) bevorzugt am Verfahren beteiligt, indem sie schriftlich gem. § 20 Abs. 2 S. 4 SächsNatSchG über die öffentliche Auslegung zu informieren sind, diese Regelung kann jedoch umgangen werden, wenn es sich um mehrere (im Fall von Sachsen gem. § 20 Abs. 2 S. 5 SächsNatSchG mehr als fünf) Betroffene handelt.

In der Praxis hat jeder Betroffene nur eine Stimme, die demokratisch mit anderen Stimmen gleich gewichtet wird. Um hier eine gerechte Beteiligung zu ermöglichen muss eine sinnvolle und einheitliche Eingrenzung des Betroffenenkreises definiert und vorgenommen werden.

Ebenso muss geklärt werden, welche Auswirkungen die Bürgerbeteiligung haben kann. In der Praxis können betroffene Bürger „Bedenken und Anregungen“ vorbringen, die dann geprüft werden. Dementsprechend können Bürger bei Vorhaben durch formelle Beteiligung lediglich über das „wie“ entscheiden, nicht über das „ob“. Die Umsetzung Vorhaben ist also grundsätzlich schon vor Beteiligung der Bürger beschlossen. Dies kann bei betroffenen Bürgern zu Unmut führen, da diese sich von den Verantwortlichen in Bezug auf Ihre Bedenken nicht ernst genommen fühlen, wenn ein Abbruch des Vorhabens von vornherein nicht mehr möglich ist. Umgekehrt kann dies jedoch auch dazu führen, dass Vorhaben, die von der Bevölkerung vor ihrer Umsetzung nicht akzeptiert worden wären, trotzdem gegen den ursprünglichen Willen der Bürger umgesetzt werden und im Nachhinein von diesen dennoch positiv wahrgenommen werden. Selbst wenn es zu diesem Szenario kommt, so entsteht den Verantwortlichen jedoch immernoch ein Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlust in der Bevölkerung.

Mitwirkung anerkannter Naturschutzvereinigungen auf Länderebene

Verbindliche bzw. formelle Partizipation

Anerkannten Naturschutzvereinigungen stehen ebenfalls Mitwirkungsrechte zu. Voraussetzung ist jedoch gem. § 63 Abs. 2 BNatSchG die Anerkennung der Naturschutzvereinigung durch ein Bundesland nach § 3 UmwRG. Mitwirkungsrechte stehen den anerkannten Naturschutzvereinigungen gem. § 63 Abs. 2 Nr. 1-8 BNatSchG zu. Einer nach § 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes von einem Land anerkannten Naturschutzvereinigung, die nach ihrer Satzung landesweit tätig ist, ist Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben: bei der Vorbereitung von Verordnungen und anderen im Rang unter dem Gesetz stehenden Rechtsvorschriften der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden der Länder, bei der Vorbereitung von Programmen und Plänen im Sinne der §§ 10 und 11 BNatSchG, bei der Vorbereitung von Plänen im Sinne des § 36 S. 1 Nr. 2 BNatSchG, bei der Vorbereitung von Programmen staatlicher und sonstiger öffentlicher Stellen zur Wiederansiedlung von Tieren und Pflanzen verdrängter wild lebender Arten in der freien Natur, vor der Erteilung von Befreiungen von Geboten und Verboten zum Schutz von Gebieten im Sinne des § 32 Abs. 2, Natura 2000-Gebieten, Naturschutzgebieten, Nationalparken, Nationalen Naturmonumenten und Biosphärenreservaten, auch wenn diese durch eine andere Entscheidung eingeschlossen oder ersetzt werden, in Planfeststellungsverfahren, wenn es sich um Vorhaben im Gebiet des anerkennenden Landes handelt, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind, bei Plangenehmigungen, die an die Stelle einer Planfeststellung im Sinne der § 63 Abs. 2 Nr. 6 BNatSchG treten, wenn eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen ist, in weiteren Verfahren zur Ausführung von landesrechtlichen Vorschriften, wenn das Landesrecht dies vorsieht, soweit sie durch das Vorhaben in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird.

Bezogen auf die Ausweisung von Nationalparks sind anerkannte Naturschutzvereinigungen also gem. § 63 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG zu beteiligen. Dazu bedarf es jedoch der Ausweisung eines Nationalparks durch eine Rechtsverordnung oder eine andere, im Rang unter dem Gesetz stehende Rechtsvorschrift. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass die Mitwirkungsrecht anerkannter Naturschutzvereinigungen durch das jeweilige Bundesland ausgeweitet werden, sodass eine umfangreichere Beteiligung von Naturschutzvereinigungen ermöglicht wird, z.B. §45 NatSchGBln, §36 BbgNatSchAG, § 21 HmbBNatSchAG, § 30 NatSchAG M-V, § 40 LNatSchG SH.

Mitwirkung anerkannter Naturschutzvereinigungen durch Landesrecht

Verfahrensmuster bei Ausweisung durch Rechtsverordnung

Verbindliche bzw. formelle Partizipation

Grundsätzlich sind die verbindlichen und direkten Partizipationsmöglichkeiten für Bürger bei der Ausweisung eines Nationalparks durch Rechtsverordnung wesentlich umfangreicher, als bei der Ausweisung durch ein Gesetz. Meist findet eine breite Öffentlichkeitsbeteiligung durch eine öffentliche Auslegung der Planungsunterlagen statt. Unter den Folgenden Links können die Verfahrensabläufe der einzelnen Bundesländer im Hinblick auf die Bürgerbeteiligung bei der Ausweisung durch Rechtsverordnung eingesehen werden:

Vorgeschriebene Bürgerbeteiligung bei Ausweisung durch Rechtsverordnung in Bayern

Vorgeschriebene Bürgerbeteiligung bei Ausweisung durch Rechtsverordnung in Hessen

Vorgeschriebene Bürgerbeteiligung bei Ausweisung durch Rechtsverordnung in Nordrhein-Westfalen

Vorgeschriebene Bürgerbeteiligung bei Ausweisung durch Rechtsverordnung in Rheinland-Pfalz

Vorgeschriebene Bürgerbeteiligung bei Ausweisung durch Rechtsverordnung im Saarland

Vorgeschriebene Bürgerbeteiligung bei Ausweisung durch Rechtsverordnung in Sachsen

Vorgeschriebene Bürgerbeteiligung bei Ausweisung durch Rechtsverordnung in Schleswig-Holstein

Vergleicht man die Verfahrensabläufe der einzelnen Länder, so lassen sich viele Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede feststellen. Durch den Vergleich bilden sich Verfahrensmuster heraus, die in der folgenden Grafik zu einem Musterverfahren zusammengefasst und durch Ergänzung von individuellen Partizipationsmöglichkeiten der einzelnen Bundesländern optimiert wurden. Somit lässt sich in diesem Zwischenergebnis ein Musterverfahren für die Ausweisung von Nationalparks durch Rechtsverordnung darstellen, das die theoretisch größtmögliche Bürgerbeteiligung zusammengefasst in einem einzelnen Verfahren bietet, die gesetzlich in den Bundesländern möglich ist (jedoch praktisch nicht in diesem Umfang, da es sich hier um die Zusammenfassung mehrerer Verfahren handelt, die in der Praxis nicht kombinierbar sind). Es handelt sich hier um die Darstellung eines theoretischen Musterverfahrens.

 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/NPRVorstellungEinesMusterverfahrensMitBuergerbeteiligung/ErgebnisMusterverfahrenRV16Sept.jpg)











































Im Musterverfahren für die Ausweisung von Nationalparks durch Rechtsverordnung wird größere Bürgerpartizipation dadurch ermöglicht, dass besonders betroffene Bürger, z.B. Eigentümer und Nutzungsberechtige von Flächen privilegiert beteiligt werden, indem sie schriftlich auf die öffentliche Auslegung der Planungsunterlagen hingewiesen werden. Ebenso können Bedenken und Anregungen nicht nur während der Auslegungsfrist (ein Monat) eingebracht werden, sondern auch noch während einer zwei Wochen andauernden Nachfrist.

Verfahrensmuster bei Ausweisung durch Gesetz

Verbindliche bzw. formelle Partizipation

Die direkten und verbindlichen Partizipationsmöglichkeiten für Bürger bei der Ausweisung von Nationalparks durch Gesetz fallen wesentlich geringer aus, als bei der Ausweisung durch Rechtsverordnung. Dennoch ist auch hier ein frühzeitiger Austausch der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden mit Betroffenen und der interessierten Öffentlichkeit über ihre Planungen und Maßnahmen gem. § 3 Abs. 6 BNatSchG zu gewährleisten. Die Beteiligungsmöglichkeiten sind jedoch nicht so konkret, wie bei der Ausweisung durch Rechtsverordnung.

Bei der Ausweisung durch Gesetz kommt es bei der Bürgerbeteiligung vor allem auf die Einflussnahme der Bürger auf politische Vertreter an (durch Wahlen, aber auch durch unmittelbare Einflussnahme) und somit eher auf die Möglichkeit einer indirekten Beteiligung am Ausweisungsverfahren, dementsprechend existiert weniger direkt vorgeschriebene Bürgerpartizipation in Bezug auf die Ausweisung selbst. Direkte formelle Beteiligungsmöglichkeiten ergeben sich für Bürger erst, nachdem sie durch die Mitwirkung in Form von Einflussnahme auf politische Vertreter erfolgreich waren und ihre Interessen in Form von verbindlichen Partizipationsvorschriften in das Gesetz einbringen konnten. Diese nun eingebrachten direkten verbindlichen und formellen Partizipationsmöglichkeiten betreffen jedoch nicht mehr die Ausweisung des Nationalparks an sich, da diese ja erst nach Ausweisung des Nationalparks durch das Gesetz verbindlich werden. Sie betreffen die Mitwirkung im bereits bestehenden Nationalpark. Die Beteiligung der Bürger an der Ausweisung erfolgt also oft nicht unmittelbar, es handelt sich meist um eine „mittelbare“ Beteiligung durch die Einflussnahme auf politische Entscheidungsträger und Interessenvertreter. Am Beispiel der Ausweisung des Nationalparks Hunsrück-Hochwald (Rheinland-Pfalz und Saarland) wird dies deutlich:

Vor der Ausweisung des Nationalparks fand ein Bürgerdialog statt, in dem die Bürger sowie die kommunalen Gebietskörperschaften Vorstellungen zu den Inhalten des Gesetzes äußern konnten. Die Durchführung eines Bürgerdialoges ist jedoch nicht verpflichtend, jedoch wurde dadurch ein frühzeitiger Austausch mit der Öffentlichkeit gem. § 3 Abs. 6 BNatSchG ermöglicht. Die geäußerten Erwartungen, Wünsche und Vorstellungen im Bürgerdialog wurden als wichtige Hinweise für die Ausgestaltung des Nationalparkgesetzes angesehen. Im Nationalparkgesetz selbst (Staatsvertrag zum Nationalpark Hunsrück-Hochwald) wurden daraufhin im vierten Teil verbindliche formelle Formen der Bürgerbeteiligung festgelegt. Dazu zählen eine kommunale Nationalparkversammlung (§ 21), ein Nationalparkbeirat (§ 22) und ein Bürgerforum (§ 23) sowie die Möglichkeit für sonstige Formen der Bürgerbeteiligung (§ 23).

Bei der Ausweisung durch Gesetz kann man nicht ganz klar zwischen formeller und informeller Partizipation abgrenzen. Einerseits ist ein frühzeitiger Austausch mit der Öffentlichkeit gem. § 3 Abs. 6 BNatSchG verpflichtend, andererseits ist die Form dieses Austausches nicht festgelegt. Aus diesem Grund wird in der Praxis auf informelle Methoden, wie z.B. das Bürgerforum angewendet. Weitere Methoden der Bürgerbeteiligung können insbesondere sein: Bürgerversammlungen, Bürgerkonferenzen, Einwohnerfragestunden, öffentliche Auslegungen von Plänen, e-Partizipation, Arbeitsgruppen, Mediationen, Bürgerforen, Bürgerjournalismus, Planungszelle/Bürgergutachten, Zukunftskonferenzen, Zukunftswerkstätten. Zuletzt gibt es noch die Möglichkeit eines fakultativen Referendums aus Landesebene, mit dem Ziel, ein beschlossenes Landesgesetz wieder aufzuheben oder abzuändern. Ein fakultatives Referendum ist jedoch nur in den Bundesländern Hamburg und Bremen möglich.

Unter folgenden Links können die jeweiligen Verfahrensabläufe der Landesgesetzgebung der Bundesländer, bei denen die Ausweisung von Nationalpark durch Gesetz vorgesehen ist, aufgerufen werden, ebenso sind dort die jeweiligen Landesverfassungen verlinkt:

Vorgeschriebene Bürgerbeteiligung bei Ausweisung durch Landesgesetz in Baden-Württemberg

Vorgeschriebene Bürgerbeteiligung bei Ausweisung durch Landesgesetz in Brandenburg

Vorgeschriebene Bürgerbeteiligung bei Ausweisung durch Landesgesetz in Berlin

Vorgeschriebene Bürgerbeteiligung bei Ausweisung durch Landesgesetz in Bremen

Vorgeschriebene Bürgerbeteiligung bei Ausweisung durch Landesgesetz in Hamburg

Vorgeschriebene Bürgerbeteiligung bei Ausweisung durch Landesgesetz in Mecklenburg-Vorpommern

Vorgeschriebene Bürgerbeteiligung bei Ausweisung durch Landesgesetz in Niedersachsen

Vorgeschriebene Bürgerbeteiligung bei Ausweisung durch Landesgesetz in Sachsen-Anhalt

Vorgeschriebene Bürgerbeteiligung bei Ausweisung durch Landesgesetz in Thüringen

Es ist festzuhalten, dass es bei der Ausweisung von Nationalparks durch Gesetz weniger konkrete verbindliche Bürgerbeteiligung vorgeschrieben ist, als bei der Ausweisung durch eine Rechtsverordnung. Da die Akzeptanz von Nationalparks dennoch wichtige große Rolle spielt, findet auch hier eine immer größere Partizipation der Bürger statt. Ebenso haben betroffene Bürger immer die Möglichkeit, Einfluss auf Entscheidungen zu auszuüben, indem die politische Entscheidungsträger wählen und können und Bedenken und Anregungen gegenüber diesen vorbringen können. Jedoch wurden neben diesen selbstverständlichen Möglichkeiten auch neue Formen der Bürgerbeteiligung geschaffen, um eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit gem.§ 3 Abs. 6 BNatSchG zu gewährleisten, wie z.B. die Einführung eines Bürgerdialogs. Diese Möglichkeiten tragen zu einer Vereinfachung des Beteiligungsprozesses bei und können somit zu einer Akzeptanzsteigerung des Vorhabens führen. Eine verbindliche Durchführung dieser informellen Methoden, die in der Praxis schon angewendet werden wäre wünschenswert, da dies zu einer transparenteren Gestaltung des Beteiligungsprozesses beitragen würde und somit auch zur Verbesserung der Akzeptanz von Vorhaben führen würde.

 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/NPRVorstellungEinesMusterverfahrensMitBuergerbeteiligung/AktuellGesetzgebungsverfahrenBundeslaender.jpg)












































Kombination beider Verfahrensmuster

Musterverfahren hinsichtlich verbindlicher bzw. formeller Partizipation

Im nächsten Schritt erfolgt eine Kombination der bereits erstellten Musterverfahren für die Ausweisung von Nationalparks durch Rechtsverordnung und durch Gesetz. Ziel ist es, die Partizipationsmöglichkeiten beider möglichen Ausweisungsverfahren so zu vereinen, dass die größtmögliche Bürgerbeteiligung in Bezug auf die verbindliche bzw. formelle Partizipation dargestellt werden kann. Hier wird der Ablauf des Musterverfahrens der Ausweisung durch Rechtsverordnung als Grundlage genutzt, da mehr verbindliche Beteiligungsmöglichkeiten bei dieser Form der Ausweisung gegeben sind. Diese werden durch die Beteiligungsmöglichkeiten bei der Ausweisung von Nationalparks durch Landesgesetz ergänzt. Es sei darauf hingewiesen, dass dieses Verfahren in der Realität nicht existent ist. Es handelt sich um eine Kombination verschiedener, in der Praxis voneinander getrennten, Verfahrensmustern.

 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/NPRVorstellungEinesMusterverfahrensMitBuergerbeteiligung/KombinationRVGesetzBeteiligung.jpg)











































Möglichkeit der freiwilligen bzw. informellen Partizipation


Wie schon kurz erwähnt, steht den Bürgern neben den gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungsmöglichkeiten auch immer die Möglichkeit einer freiwilligen bzw. informellen Partizipation zur Verfügung. Dieser Bereich gewinnt durch Defizite bei den verbindlichen Beteiligungsmöglichkeiten immer mehr an Bedeutung.

Die Möglichkeiten für die informelle Partizipation sind vielfältig und unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Intensität. Sie lassen sich in drei „Intensitätsstufen“ einteilen. Die unterste Stufe stellt die informative Beteiligung dar. Hier werden Bürger lediglich über vorhaben informiert und können sich nicht aktiv beteiligen. Die nächste Stufe stellt die konsultative Beteiligung dar. Hier werden Bürgerinteressen ermittelt. Die höchste informelle Partizipationsstufe ist die kooperative Bürgerbeteiligung. Bei der kooperativen Bürgerbeteiligung kommt es zur aktiven Mitwirkung der Bürger, was bis zur selbstbestimmten Durchführung eines Vorhabens gehen kann.

Die Auswirkungen von der Anwendung informeller Partizipationsmöglichkeiten sind weitestgehend positiv. Sie führen zur Steigerung der Identifikation mit Vorhaben, zu Qualitätsverbesserungen im Vorhaben selbst, zur Vermeidung von Fehlplanungen und zur Beschleunigung von des Planungsprozesses sowie zur Vermeidung von Gerichtsverfahren (siehe dazu: DStGB-Leitlinien zur Bürgerbeteiligung bei Planungsvorhaben).

Erweiterung des formellen Musterverfahrens durch informelle Partizipationsmöglichkeiten

Musterverfahren hinsichtlich verbindlicher bzw. formeller und informeller Partizipation

Im letzten Schritt soll das erstellte Musterverfahren durch Möglichkeiten informeller Partizipation erweitert werden, wodurch eine noch größere und direktere Beteiligung Betroffener ermöglicht werden soll:

 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/NPRVorstellungEinesMusterverfahrensMitBuergerbeteiligung/Grafikinformellundformellneu.jpg)











































Wertung des Verfahrens in Bezug auf die Beteiligung der Bürger


Es fällt auf, dass die formellen Partizipationsmöglichkeiten an einigen Stellen des Verfahrens, insbesondere bei der Ausweisung von Nationalparks durch Gesetz, nicht ausreichend erscheinen. Eine aureichende Bürgerbeteiligung ist bei der Ausweisung durch Gesetz nicht immer gewährleistet, somit besteht die Gefahr, dass auch Vorhaben umgesetzt werden können, die nicht im Interesse der Betroffenen liegen. Durch den "Boom" von informellen Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung wird deutlich, dass es im Interesse der Bürger liegt, an der Planung von Vorhaben aktiv mitzuwirken. Eine Verbindlichmachung von informellen Beteiligungsmethoden könnte die Transparenz von Verfahren steigern und in jedem Fall eine ausreichende Bürgerbeteiligung gewährleisten, jedoch ist es dann auch schwieriger Vorhaben gegen den Bürgerwillen durchzusetzen. Ebenso stellt sich als Defizit heraus, dass die Partizipationsmöglichkeiten die Bürger nur Mitwirkungsrechte bei der Gestaltung und Umsetzung eines Vorhabens einräumen, über das "ob", also darüber ob ein Vorhaben überhaupt umgesetzt wird können Betroffene nicht entscheiden. Ein Abbruch des Vorhabens ist durch formelle Beteiligung nicht vorgesehen, lediglich durch informelle Beteiligungsmöglichkeiten, wie z.B. die aktive Mitwirkung in der Politik können Bürger Einfluss auf das "ob" nehmen.

Vergleich der Partizipationsmöglichkeiten bei der Ausweisung von Nationalparks mit Verfahren für die Ausweisung von Vorhaben in anderen Bereichen


In den letzten Jahren wurden immer mehr Rechtsgrundlagen für eine formelle und verbindliche Bürgerpartizipation, insbesondere durch die Umsetzung von Richtlinien der EU, in vielen Bereichen geschafften. Im Naturschutzrecht sind für die allgemeine Öffentlichkeitsbeteiligung von besonderer Bedeutung:

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG), Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz (Umsetzung der RL 2003/35 EG), Gesetz zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfestellungsverfahren (PlVereinhG)

Diese Rechtsgrundlagen sollen in den nächsten Schritten hinsichtlich Ihrer Beteiligungsmöglichkeiten untersucht werden. Daraufhin sollen weitere Beteiligungsmöglichkeiten in das Musterverfahren für die Ausweisung von Nationalparks einfliessen, sodass eine theoretische Optimierung des Musterfahrens stattfinden kann.

Partizipation beim Bau von Windkraftanlagen

…in Bearbeitung

Partizipation beim Netzausbau

…in Bearbeitung

Partizipation beim Straßenbau

…in Bearbeitung

Stuttgart 21

…in Bearbeitung

Gesamtergebnis Musterverfahren


Im Ergebnis kann nun ein Musterverfahren erstellt werden, das eine größtmögliche Bürgerbeteiligung gewährleistet. Hierzu werden die Ergebnisse aus der Analyse der formellen Beteiligungsmöglichkeiten bei Ausweisung von Nationalparks durch Rechtsverordnung und Gesetz mit den informellen Beteiligungsmöglichkeiten und den Beteiligungsmöglichkeiten bei Verfahren für Vorhaben in anderen Bereichen miteinander verknüpft. Das nun erstellte Musterverfahren ist theoretisch und praktisch nicht anwendbar, jedoch soll es Ideen und Möglichkeiten aufzeigen, die zu einer verbesserten Bürgerpartizipation beim Ablauf des Verwaltungsverfahrens und einer Verbesserung der Akzeptanz von Nationalparks und anderen Großprojekten führen können.

…Abbildung folgt

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