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Internationales Privatrecht


Internationales Zivilverfahrensrecht (IZVR)


A. Aufgaben und Grundsätze

Hat ein Fall Auslandsberührung, so muss zunächst geklärt werden, welche Gerichte welchen Landes für die Entscheidung über die Sache international zuständig sind. Die lex fori der international zuständigen Gerichte bestimmt dann, welches Recht auf den Fall anwendbar ist. Im Internationalen Privatrecht lautet die Fragestellung:"Welches Recht ist anwendbar.", im IZVR:"Welche Gerichte welchen Landes sind international zuständig."
Es kann auch sein, dass zu dem Sachverhalt bereits eine Entscheidung eines ausländischen Gerichts ergangen ist. Dann ist zu klären, ob das nationale Gericht diese Entscheidung anerkennen und gegebenenfalls vollstrecken muss.

Im IZVR ist vom Grundsatz her anerkannt, dass das Gericht sein eigenes Verfahrensrecht anwendet. Dieses unterliegt daher der lex fori. Hierfür sprechen vor allem folgende drei Erwägungen:


  • Öffentlich-rechtliche Natur der Verfahrensvorschriften (Für die internationale Anwendung öffentlich-rechtlicher Normen gilt das Territorialitätsprinzip, sodass die eigenen Verfahrensnormen anzuwenden sind)
  • Neutralität des Verfahrensrechts (Das Verfahrensrecht beeinflusst die Sachentscheidung grundsätzlich nicht)
  • Praktikabilitätserwägungen (Die eigenen Gerichte sind mit der Anwendung ihres eigenen Verfahrensrechts vertraut)


B. Internationale Entscheidungszuständigkeit deutscher Gerichte

I. EuGVVO

Seit dem 01.03.2002 ist die Verordnung Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 23.12.2000 (EuGVVO) in allen EU-Staaten in Kraft getreten - bis auf Dänemark. Dort gelten die Regeln der EuGVVO aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrags zwischen Dänemark und der EG seit dem 01.07.2007. Die EuGVVO bestimmt die internationale Zuständigkeit innerhalb der EU für Zivil- und Handelssachen.

1. Anwendbarkeit

Die Vorschriften der EuGVVO sind nur einschlägig, wenn der Anwendungsbereich der Verordnung sachlich, zeitlich und räumlich-persönlich eröffnet ist.
Um den Anwendungsbereich zu bestimmen, müssen nicht nur die einzelnen Vorschriften, sondern ggf. auch die Erwägungsgründe hinzugezogen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Vorschriften auszulegen sind. Die Erwägungsgründe sind zu Beginn des Verordnungstextes abgedruckt.

Die EuGVVO ist sachlich für materiell-rechtliche Zivil- und Handelssachen, Art. 1 Abs. 1 EuGVVO, einschlägig. Für welche Gebiete die EuGVVO nicht gilt, ergibt sich aus Art. 1 Abs. 2 EuGVVO.
Zeitlich gilt die EuGVVO für alle nach dem 01.03.2002 erhobenen Klagen oder aufgenommenen Urkunden (Art. 66 Abs. 1 EuGVVO)
Erforderlich ist weiterhin ein hinreichend räumlicher Bezug zum Gebiet der EU, der bei natürlichen Personen (Art. 2 Abs. 1, 4 Abs. 1 EuGVVO) durch den Wohnsitz des Beklagten vermittelt wird. Bei juristischen Personen wird gem. Art. 60 Abs. 1 EuGVVO für die Bestimmung des Wohnsitzes alternativ auf den satzungsmäßigen Sitz, die Hauptverwaltung oder die Hauptniederlassung abgestellt. Hat der Beklagte seinen Wohnsitz nicht in einem Mitgliedstaat der EU, ist die EuGVVO auch dann anwendbar, wenn die PArteien eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten der Gerichte eines Mitgliedstaates getroffen haben, Art. 4 Abs. 1, 23 EuGVVO. Für Immobilien ist der Belegenheitsort (Art. 22 Nr. 1 EuGVVO) maßgeblich, für bestimmte gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten gilt Art. 22 Nr. 2 EuGVVO.

2. Zuständigkeit

a) Exklusive Zuständigkeit

Die in Art. 22 EuGVVO zusammengefassten exklusiven Gerichtsstände können weder über eine Gerichtsstandsvereinbarung noch durch Einlassung vor einem unzuständigen Gericht derogiert werden, Art. 23 Abs. 5, 24 EuGVVO. Diese Zuständigkeiten sind als vorrangig zu beachten, ebenso die besonderen Vorschriften für Versicherungs-, Verbraucher- oder Arbeitssachen (Art. 23 Abs. 5 EuGVVO).

aa) Gerichtsstandsvereinbarungen

Soweit keine exklusive Zuständigkeit und keine Versicherungs-, Verbraucher- oder Arbeitssache vorliegt, können die Parteien nach Maßgabe des Art. 23 Abs. 1 EuGVVO eine Vereinbarung zugunsten der internationalen und auch der örtlichen Zuständigkeiten der Gerichte eines Mitgliedstaates treffen.

Fallbeispiel:

B ist eine Privatperson in England, die im März 2013 für ihre Tochter zum ersten Mal bei der A-GmbH mit Sitz in Köln Kinderspielzeug bestellt. Der Empfangsbestätigung der A-GmbH waren deren AGB beigefügt, in denen es in § 5 heißt: Gerichtsstand und Erfüllungsort sind in Frankreich. B zahlt nicht. Daraufhin verjklagt die A-GmbH die B in Frankreich. Sind die französischen Gerichte international zuständig?

Lösung:

Die internationale Zuständigkeit der französischen Gerichte könnte sich aus den Normen der EuGVVO ergeben. Dann müsste diese Verordnung anwendbar sein.
Die EuGVVO ist gem. ihrem Art. 1 Abs. 1 auf Zivil- und Handelssachen anzuwenden. Hierunter fällt auch der zwischen der A-GmbH und B geschlossene Kaufvertrag. Der sachliche Anwendungsbereich ist damit gegeben.
Gemäß Art. 76 EuGVVO ist die VO am 01.03.2002 in Kraft getreten. Gemäß Art. 66 Abs. 1 EuGVVO sind die Vorschriften der Verordnung auf alle Klagen anzuwenden, die nach diesem Zeitpunkt erhoben werden. Die Klage ist in Frankreich nach diesem Datum erhoben worden, sodass der zeitliche Anwendungsbereich der VO ebenfalls gegeben ist.
Gemäß Art. 2 Abs. 1 EuGVVO muss der Beklagte seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates haben. Beklagte ist B. Diese hat ihren Wohnsitz in England und damit im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates. Der räumlich-persönliche Anwendungsbereich ist damit eröffnet. Die EuGVVO ist damit anwendbar.

Aufgrund der Vereinbarung des französischen Gerichtsstandes in den AGB der A-GmbH ist zunächst eine Zuständigkeitsvereinbarung zu prüfen. Diese richtet sich im Rahmen der EuGVVO nach deren Art. 23 und ist vorrangig zu prüfen, da diese Zuständigkeit im Zweifel ausschließlich wäre, vgl. Art. 23 Abs. 1 S. 2 EuGVVO.
Die Zuständigkeitsvereinbarung ist nicht durch Art. 17 EuGVVO eingeschränkt. Zwar ist B Verbraucher. Es liegt jedoch keine der in Art. 15 EuGVVO abschließend aufgeführten Abschlusssituation vor, sodass es sich schon nicht um eine Verbrauchersache nach Art. 15 EuGVVO handelt.
Gemäß Art. 23 Abs. 1 S. 1 EuGVVO muss zumindest eine Partei ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates haben. Sowohl B als auch die A-GmbH haben ihren Wohnsitz (vgl. Art. 59, 60 EuGVVO) in einem Mitgliedstaat.
Mit der Vereinbarung, dass in Frankreich der Gerichtsstand sei, werden auch die Gerichte eines Mitgliedstaates bestimmt. Beide Voraussetzungen des Art. 23 Abs. 1 S. 1 EuGVVO sind damit erfüllt.
Weiter müsste eine der in Art. 23 Abs. 1 S. 3 EuGVVO genannten Formalternativen einer Gerichtsstandsvereinbarung vorliegen. Eine schriftliche Vereinbarung i.S.d. Art. 23 Abs. 1 S. 3, lit. a), 1. Alt. EuGVVO liegt nicht vor, da sich B nicht schriftlich zu dem Bestätigungsschreiben der A-GmbH geäußert hat.
Die in den AGB enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung könnte allerdings als schriftliche Bestätigung i.S.d. Art. 23 Abs. 1 S. 3, lit. a), 2. Alt. EuGVVO aufzufassen sein. Dann müsste die Gerichtsstandsvereinbarung aber vorher mündlich vereinbart worden sein. Anhaltspunkte hierfür bestehen nicht. Geschäftliche Kontakte bestanden zwischen den Parteien vorher nicht, sodass die Gerichtsstandsvereinbarung in Form von AGB nicht in einer Form erfolgte, die den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, Art. 23 Abs. 1 S. 3, lit. b) EuGVVO. In Betracht kommt auch nicht Art. 23 Abs. 1 S. 3, lit. c) EuGVVO. Bei B handelte es sich um einen Verbraucher und nicht um einen KAufmann, sodass internationale Handelsbräuche für ihn nicht gelten. Die Gerichtsstandklausel ist somit nicht anwendbar.

Seinen allgemeinen Gerichtsstand hat der Beklagte nicht in Frankreich (Art. 2, 59 Abs. 1 EuGVVO), sodass sich hieraus nicht die internationale Zuständigkeit französischer Gerichte ergibt.

Aufgrund der Vereinbarung in den AGB, dass der Erfüllungsort in Frankreich sei, könnte sich die Zuständigkeit französischer Gerichte nach Art. 5 Nr. 1 EuGVVO ergeben.
B hat seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat und soll in einem anderen verklagt werden, sodass die zusätzlichen räumlichen Voraussetzungen des Art. 5 EuGVVO erfüllt sind.
Dann müsste der Erfüllungsort in Frankreich liegen. Art. 5 Nr. 1 lit. b) EuGVVO geht für die Bestimmung des Erfüllungsortes vom Prinzip der vertragstypischen Leistung aus, eine abweichende Vereinbarung ist jedoch möglich.
Fraglich ist daher, ob § 5 der AGB eine wirksame Erfüllungsvereinbarung darstellt. Die Wirksamkeit einer solchen Regelung richtet sich grundsätzlich danach, ob das auf den Vertrag anwendbare Recht (lex causae) diese anerkennt. Zu beachten ist jedoch, dass die Vereinbarung eines Erfüllungsortes einen besonderen Gerichtsstand schafft. Fehlt es aber an einer unmittelbaren Verbindung zwischen dem Rechtsstreit und dem angerufenen Gericht, besteht die Gefahr, dass so die strengen Formvorschriften des Art. 23 Abs. 1 EuGVVO umgangen werden. Deshalb müssen Erfüllungsvereinbarungen, die nicht den tatsächlichen Leistungsort, sondern nur den Gerichtsstand festlegen wollen, an Art. 23 EuGVVO gemessen werden.
Auch im vorliegenden Fall besteht keinerlei Verbindung zwischen Frankreich und dem Vertrag, sodass diese abstrakte Erfüllungsvereinbarung an Art. 23 EuGVVO zu messen ist. Dessen Voraussetzungen aind aber nicht erfüllt.

Die französischen Gerichte sind somit nicht international zuständig.

bb) Gerichtsstand durch rügelose Einlassung, Art. 24 EuGVVO

Auch ein unzuständiges Gericht wird nach Art. 24 S. 1 EuGVVO zuständig, wenn der Beklagte die Zuständigkeit nicht rügt, sondern sich auf das Verfahren einlässt.
Will der Beklagte eine fehlende internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts rügen, reicht es nach zutreffender Meinung aus, die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zu rügen. Im Wege der Auslegung ist zu ermitteln, dass mit einer solchen Rüge auch die internationale Zuständigkeit gemeint sei, sodass diese Vorbringen nicht als vorbehaltloses Verhandeln i.S.d. Art. 24 S. 1 EuGVVO gewertet werden kann. Auch ein hilfsweises Verhandeln zur Hauptsache nach Rüge der internationalen Zuständigkeit ist unschädlich, sodass hierdurch nicht die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts begründet wird.

b) Allgemeiner Gerichtsstand

Sofern keine vorgenannte Zuständigkeitsregelung eingreift, bestimmt sich die internationale Zuständigkeit nach dem Wohnsitz der beklagten Partei, Art. 2 Abs. 1 EuGVVO. Der Wohnsitz ist dabei nach dem internationalen Recht festzustellen, Art. 59 EuGVVO. Für juristische Personen gilt Art. 60 EuGVVO.

c) Besondere Gerichtsstände

Alternativ zum allgemeinen Gerichtsstand stellen die Art. 5 und 6 der EuGVVO dem Kläger fakultativ weitere internationale Zuständigkeiten zur Wahl. Diese Zuständigkeiten begründen jedoch nur dann einen Gerichtsstand, wenn die bezeichneten Anknüpfungspunkte in dem Gebiet eines Mitgliedstaates der EuGVVO liegen. Sie regeln nicht nur die internationale, sondern auch die örtliche Zuständigkeit des Gerichts.

aa) Besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsortes

Der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes ist in Art. 5 Nr. 1 EuGVVO geregelt. Fraglich ist, wo der Erfüllungsort bei einem Vertrag liegt.
Art. 5 Nr. 1 lit. b) EuGVVO ist vorrangig vor Art. 5 Nr. 1 lit. a) EuGVVO zu prüfen, was sich aus Art. 5 Nr. 1 lit. c) EuGVVO ergibt. Art. 5 Nr. 1 lit. b) EuGVVO bestimmt den Erfüllungsort prozessrechtlich autonom. Diese Vorschrift findet Anwendung, wenn der Erfüllungsort in einem Mitgliedstaat liegt und Gegenstand des Vertrages ein Warenkauf oder eine Dienstleistung ist.
Problematisch ist die Bestimmung des Erfüllungsortes bei Verträgen über Warenkäufe und Dienstleistungen, wenn der Verkäufer oder Dienstleister an verschiedenen Orten zu leisten hat. Der EuGH hat auch in diesen Fällen die Anwendbarkeit von Art. 5 Nr. 1 lit. b) EuGVVO bestätigt und entschieden, dass derjenige Ort Erfüllungsort ist, an dem die engste Verknüpfung zwischen dem Vertrag und dem zuständigen Gericht besteht. Regelmäßig ist dies der Ort, wo die Leistung hauptsächlich erbracht wird. Lässt sich diese hauptsächliche Leistung anhand von wirtschaftlichen Kriterien nicht eindeutig ermittel, darf der Kläger jedenfalls bei Kaufverträgen wählen, an welchem Erfüllungsort er die Klage erhebt.

Art. 5 Nr. 1 lit. a) EuGVVO findet gemäß Art. 5 Nr. 1 lit. c) EuGVVO dagegen ersatzweise in den übrigen Fällen Anwendung, wenn der Gegenstand des Vertrages nicht ein Warenkauf oder eine Dienstleistung ist oder der Erfüllungsort dieser Verträge sich nicht in einem Mitgliedstaat befindet.
Art. 5 Nr. 1 lit. a) EuGVVO findet gemäß Art. 5 Nr. 1 lit. c) EuGVVO dagegen ersatzweise in den übrigen Fällen Anwendung, wenn der Gegenstand des Vertrages nicht ein Warenkauf oder eine Dienstleistung ist oder der Erfüllungsort dieser Verträge sich nicht in einem Mitgliedstaat befindet.
Art. 5 Nr. 1 lit. a) EuGVVO übernimmt den Wortlaut seiner Vorgängervorschrift, Art. 5 Nr. 1, 1. Halbs. EuGVÜ und ist daher auf Grundlage der zu dieser Vorschrift ergangenen Tessili/de Bloos-Rechtsprechung des EuGH auszulegen: Zur Bestimmung des Erfüllungsortes ist nach der de Bloos-Rechtsprechung diejenige streitige Verpflichtung maßgeblich, die Gegenstand der Klage ist. Es kommt somit nicht auf den Erfüllungsort der vertragscharakteristischen Leistung an, d.h., die Erfüllungsorte sind für die Leistung der einen Partei und die Gegenleistung der anderen Partei nach Art. 5 Nr. 1 lit. a) EuGVVO bzw. Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ getrennt zu bestimmen. Bei einer auf mehrere Verpflichtungen aus einem einzigen Vertrag gestützten Klage entscheidet die Hauptleistungspflicht, um eine Zuständigkeitszersplitterung zu vermeiden. Die Zahlung des Kaufpreises als Hauptleistungspflicht des Käufers geht der Abnahmepflicht, die regelmäßig nur Nebenleistungspflicht ist, vor.
Ist die zu erfüllende Hauptleistungspflicht identifiziert, kommt es darauf an, wo diese zu erfüllen ist. Fraglich ist daher, nach welchem Recht der Erfüllungsort der Kaufpreisforderung zu bestimmen ist. Da Art. 5 Nr. 1 lit. a) EuGVVO keine Kriterien für eine selbständige Bestimmung des Erfüllungsortes enthält, ist nach der Tessili-Rechtsprechung des EuGH der Erfüllungsort nach der lex causae zu bestimmen. Dies ist das Recht, das nach dem IPR der lex fori für die streitige Verpflichtung maßgeblich ist.
Das anwendbare Sachrecht ( Vertragsstatut) bestimmt folglich, an welchem Ort die jeweils streitige Verpflichtung zu erfüllen ist (h.M., Bestimmung des Erfüllungsortes nach der lex causae). Beachte hierbei: Haben die Parteien einen Kaufvertrag abgeschlossen und sich auf eine Hol- oder Bringschuld geeinigt, ist der Ort, an dem die vertragscharakteristische Leistung zu erbringen ist, der tatsächliche Übergabeort der Ware.

bb) Besonderer Gerichtsstand am Ort der unerlaubten Handlung, Art. 5 Nr. 3 EuGVVO

Fall:
In der Zeitschrift B heißt es auf der Titelseite und auf S. 3 unter dem Bild von Caroline von Hannover: " Exklusiv-Caroline spricht zum 1. MAl von Traurigkeit, Hass auf die Welt, Glückssuche". Im Inhaltsverzeichnis wird unter "Titelthemen" der Artikel "Exklusiv: Caroline von Monaco. Warum ich das Leben hasse" angekündigt, der dort ab S. 16 mit der Überschrift "Caroline. Das Psycho-Interview" abgedruckt ist. Die Zeitschrift wird in Hamburg verlegt und gedruckt. Die Zeitschrift erscheint nicht nur in Deutschland, sondern wird weltweit veröffentlicht, unter anderem auch mit einigen Exemplaren in Frankreich. Tatsächlich hat das Interview nie stattgefunden. Die Bilder sind von einem Paparazzi aufgenommen worden. C, die ihren Wohnsitz in Frankreich hat, klagt im Juni 2002 in Frankreich gegen die B auf Schadensersatz wegen der Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts. Sind die französischen Gerichte international zuständig?
1. Abwandlung: C klagt auch in Deutschland gegen B. Sind die französischen Gerichte international zuständig?
2. Abwandlung: Die Zeitung wird im Internet veröffentlicht. Sind die französischen Gerichte international zuständig?

Lösung:
Die internationale Zuständigkeit der französischen Gerichte könnte sich aus der EuGVVO ergeben. Dann müsste diese anwendbar sein. Die EuGVVO ist gemäß ihrem Art. 1 auf Zivil- und Handelssachen anzuwenden. Hierunter fallen auch Schadensersatzansprüche wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen. Gemäß Art. 76 EuGVVO ist die VO am 01.03.2002 in Kraft getreten. Da C die Klage nach diesem Datum erhoben hat, ist der zeitliche Anwendungsbereich gegeben. Gemäß Art. 2 Abs. 1 EuGVVO muss der Beklagte seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates haben. Beklagte ist B. Diese ist eine juristische Person. Gemäß Art. 60 EuGVVO wird der Wohnsitz von juristischen Personen autonom bestimmt. Die Zeitung wird in Hamburg verlegt. Daher ist davon auszugehen, dass sich in Hamburg auch der Ort der Hauptverwaltung i.S.d. Art. 60 Abs. 1 lit. b) EuGVVO befindet. Damit ist der räumlich-persönliche Anwendungsbereich eröffnet.

Da sich die Hauptverwaltung der B in Deutschland und nicht in Frankreich befindet, ergibt sich die internationale Zuständigkeit der französischen Gerichte nicht aus Art. 2 Abs. 1 EuGVVO.
Die internationale Zuständigkeit französischer Gerichte würde sich aus Art. 5 Nr. 3 EuGVVO ergeben, wenn die unerlaubte Handlung bzw. das schädigende Ereignis in Frankreich stattgefunden hätte. Der Begriff der unerlaubten Handlung wird autonom ausgelegt. Er umfasst auch eine hier in Betracht kommende Persönlichkeitsverletzung. Als schädigendes Ereignis kommen hier zum einen der Druck und der Vertrieb der Zeitung in Deutschland und zum anderen deren weltweite Verbreitung in Betracht. Bei Distanzdelikten, wenn also Handlungs- und Erfolgsort in verschiedenen Staaten liegen, wird grundsätzlich jeder der beiden Orte für maßgebend gehalten (Ubiquitätsprinzip). Das Zuständigkeitsrecht räumt dem Kläger ein Wahlrecht ein, weil an beiden Orten wesentliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht worden sind und die zuständigkeitsbegründende Sachnähe des Gerichts also gegeben ist.
Im Falle von Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Presseerzeugnisse ist Handlungsort die Niederlassung des Herausgebers, Erfolgsort jeder Mitgliedstaat, an dem die Veröffentlichung verbreitet wird. Durch die weltweite Verbreitung des Presseerzeugnisses kommt es bei Pressedelikten daher nicht nur zu einem Erfolgsort, sondern zu mehreren Erfolgsorten. Es handelt sich somit um ein Streudelikt. Der EuGH entschied in der Entscheidung Shevill/Presse Alliance S.A., dass der Geschädigte eine Schadensersatzklage wegen Ehrverletzung durch einen Presseartikel zwar sowohl bei den Gerichten des Verlagsortes als auch bei den Gerichten derjenigen Staaten, in denen die Veröffentlichung verbreitet worden ist, geltend machen kann.


II. EheGVO

III. Internationale Abkommen

IV. Autonomes deutsches Recht

V. Die Behandlung des ausländischen Rechts im Prozess


C. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen

D. Internationale freiwillige Gerichtsbarkeit

E. Schiedsgerichtsbarkeit



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