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Informationsrecht


Fall 9 - Mediengesetz


Der Landtag von Baden-Württemberg hat das Landesmediengesetz beschlossen, das am 1. Januar 1986 in Kraft getreten. Das Gesetz beschränkt u. a. in § 13 die Veranstaltung und Verbreitung regionaler oder lokaler Rundfunkprogramme durch die Landesrundfunkanstalten auf Programme, welche bereits am 31. Dezember 1984 bestanden haben (§ 13 Abs. 2 Satz 2). Dadurch ist der Südwestfunk gehindert, sein erst nach diesem Zeitpunkt eingeführtes, montags bis freitags von 5.30 Uhr bis 8.00 Uhr veranstaltetes Frühprogramm für den Bereich des Nachbarschaftsverbandes Stuttgart weiterhin auszustrahlen.

Ist § 13 Landesmediengesetz mit dem Grundgesetz vereinbar?

Lösungshinweise




Siehe hierzu folgende Entscheidung: 1 BvR 147, 478/86 vom 24. März 1987

§ 13 Landesmediengesetz könnte gegen die Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen. Aufgabe der Rundfunkfreiheit ist es, die Beherrschung des Rundfunks durch den Staat auszuschließen und Meinungsvielfalt zu gewährleisten. Der Gesetzgeber muss hierbei sicherstellen, dass der Erweiterung des Rundfunkangebotes Rechnung getragen und der klassische Auftrag des Rundfunks erfüllt wird. "Solange und soweit die Wahrnehmung dieser Aufgaben jedenfalls durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wirksam sichergestellt ist, erscheint es gerechtfertigt, an die Breite des Programmangebots und die Sicherung gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk nicht gleich hohe Anforderungen zu stellen wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Vorkehrungen, welche der Gesetzgeber zu treffen hat, müssen jedoch bestimmt und geeignet sein, ein möglichst hohes Maß gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk zu erreichen und zu sichern." (BVerfG, Urt. v. 24. März 1987 - 1 BvR 147, 478/86)

Ein Verstoß gegen Art. 5 Abs.1 Satz 2 GG könnte vorliegen, sofern § 13 Landesmediengesetz eine Beschränkung bzw.einen Ausschluss von regionalen und lokalen Programmen zur Folge hat.
Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 LMedienG werden regionale und lokale Rundfunkprogramme ausgeschlossen, die nicht bereits 31. Dezember 1984 bestanden haben. Die könnte gegen das Prinzip der freien Meinungsbildung verstoßen, die der Rundfunkfreiheit übergeordnet ist. Ziel des Nebeneinanders von privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogrammen ist es, das Gesamtangebot durch gegenseitigen Wettbewerb zu bereichern und die Meinungsvielfalt zu fördern. "Damit ist es unvereinbar, dem privaten Rundfunk zwar die Aufgabe einer publizistischen Konkurrenz gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zuzumessen, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk aber eine solche Konkurrenz gegenüber dem privaten zu versagen."(BVerfG, Urt. v. 24. März 1987 - 1 BvR 147, 478/86) Die Rechtsprechung gesteht somit Programmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks den gleichen Rang zu, wie privaten Rundfunkveranstaltungen. Laut Bundesverfassungsgericht erlangt dieser Grundsatz besondere Bedeutung bei regionalen und lokalen Programmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, da "in diesem Bereich die Zahl der Anbieter von Beiträgen in der Presse oder im Rundfunk, die sich auf die Region oder den Ort beziehen, erheblich niedriger ist als im überregionalen Bereich." (BVerfG, Urt. v. 24. März 1987 - 1 BvR 147, 478/86) Dadurch, dass § 13 LMedienG öffentlich-rechtliche Rundfunkangebote im regionalen und lokalen Bereich ausschließt, wird der angestrebte Wettbewerb zwischen den Rundfunkanbietern verzerrt und somit gegen die Rundfunkfreiheit verstoßen.Der Gesetzgeber hat zwar einen Gestaltungsauftrag hinsichtlich der angebotenen Rundfunkprogramme. Dieser befreit ihn jedoch nicht von dem Prinzip der Verfassungsmäßigkeit einschränkender Maßnahmen in Bezug auf die Rundfunkfreiheit. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum Landesmediengesetz Baden-Württemberg Landesmediengesetz soll § 13 Landesmediengestz in erster Linie private Anbieter vor Konkurrenz durch die Landesmedienanstalten schützen."Es bestehe die Gefahr, daß diese die gerade hier noch bestehenden Marktchancen späterer privater Rundfunkveranstalter erschwerten"(LTDrucks. 9/955, S. 53 f.) Diese Gründe sind jedoch rein wirtschaftlicher Natur und somit nicht geeignet einen Eingriff in die Rundfunkfreiheit zu rechtfertigen. Insbesondere beschränkt die Regelung in §13 Landesmediengesetz die regionale und lokale Meinungsbildung durch den Rundfunk. Der Ausschluss von öffentlich-rechtlichen Prgrammen trägt in keiner Weise zur Förderung der Vielfalt bestehender Meinungen bei. Der laut Regierungsentwurf angeführte Rechtfertigungsgrund "private Anbieter vor Konkurrenz zu schützen" ist nicht schlüssig. Eine Beschränkung ist überflüssig bei konkurrenzfähigen privaten Rundfunkprogrammen, die ihre Aufgabe, die Programmvielfalt zu fördern, erfüllen. Schaffen es private Anbieter nicht ein konkurrenzfähiges Programm zu gestalten, dann trägt auch ein Verbot von öffentlich-rechtlichen Programmen nicht zur Meinungsvielfalt bei. Weiterhin erscheint es nicht sinnvoll, die monopolisierende Stellung des öffentlich-rechtlichen Rundkunks zu ersetzen und durch ein Verbot öffentlich-rechtlicher Programme gleichzeitig ein Monopol von privaten Anbietern zu schaffen. Dem könnte entgegenzuhalten sein, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einen finanziellen, organisatorischen und personellen Vorsprung gegenüber privaten Anbeitern haben. Es ist jedoch zu bedenken, dass auf regionalem und lokalem Gebiet der Wirkungsbereich wesentlich enger ist und sich daher ein Vorsprung im finanziellen oder organisatorischen Bereich kaum auswirkt. Folglich ist § 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 LMedienG nicht vereinbar mit Art. 5 Abs.1 Satz 2 GG.

Gemäß Art. 5 Abs. 2 GG wird die Rundfunkfreiheit jedoch beschränkt durch die allgemeinen Gesetze.§ 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 LMedienG könnte ein Gesetz in diesem Sinne sein.
Da sich § 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 LMedienG konkret gegen die Landesrundfunkanstalten richtet, ist bereits zweifelhaft, ob es sich hierbei um ein allgemeines Gesetz handelt. Weiterhin müsste die Beschränkung der Rundfunkfreiheit durch das Landesmediengesetz geeignet, erforderlich und angemessen sein, um den Schutz zu bewirken den die Regelung vorsieht.
§ 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 LMedienG soll dazu dienen, private Rundfunkveranstalter vor der Konkurrenz durch öffentlich-rechtliche Programme zu schützen. Die Beschränkung als Mittel dieses Ziel zu erreichen erscheint somit geeignet. Es fehlt jedoch an der Erforderlichkeit der Maßnahme. Wie bereits oben erwähnt, besteht kein konkreter Vorsprung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbietern. Ausgereicht hätte somit das Werbeverbot des § 13 Abs. 2 Satz 4 LMedienG, welches die Rundfunkfreiheit weniger beeinträchtigt.Darüber hinaus fehlt es an der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Der Schutz privater Rundfunkveranstalter ist nicht höher zu bewerten, als die durch § 13 Landesmediengesetz beeinträchtigte Meinungsvielfalt. § 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 LMedienG sind kein Rechtfertigungsgrund im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG.

Ergebnis: § 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 LMedienG verstoßen gegen die Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und sind daher nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.



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