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Informationsrecht

2.3 Domainrecht


Das Eigentumsrecht an der Domain
Aufgrund des Konnektierungsvertrages mit der DENIC besteht an einer Domain ein Nutzungsrecht, das eine eigentumsähnliche Position i. S. v. Art. 14 GG darstellt.


BVerfG, B. v. 24.11.2004 - 1 BvR 1306/02 - adacta.de


(...) Vielmehr erhält [der Domaininhaber] als Gegenleistung für die an die DENIC e.G. zu zahlende Vergütung das Recht, für seine IP-Adresse eine bestimmte Domain zu verwenden - und damit ein relativ wirkendes, vertragliches Nutzungsrecht (...) Es ist dem Inhaber der Domain ebenso ausschließlich zugewiesen wie Eigentum an einer Sache. (...)

Das gesamte Urteil kann hier nachgelesen werden.


Der Vermögenswert der Domain
Domainnamen sind Vermögenswerte. Sie sind wegen ihrer Einmaligkeit ein knappes Gut, so dass sie wirtschaftlich wertvoll sind. Ähnlich wie andere Unternehmenszeichen (z. B. Marken) macht ein einprägsamer Domainname einen wichtigen Teil des öffentlichen Auftritts eines Unternehmens aus, der Goodwill des Unternehmens wird entscheidend aufgewertet. An Domainnamen können lizenzähnliche Rechte an Dritte vergeben werden.

Der Handel mit Domainnamen ist inzwischen üblich und verstößt jedenfalls nicht gegen § 3 UWG. In der Rechtsprechung hat sich die Tendenz durchgesetzt, dass Handel mit Domainnamen ein zulässiges Geschäftsmodell ist. Er erfolgt über Auktionshäuser, Domainbörsen oder private Websites. Der Übergang des Domainnamens auf einen neuen Inhaber erfordert eine Übernahme des Vertrags über die Konnektierung des Domainnamens mit Zustimmung des anderen Vertragsteils, also der Vergabestelle. Erst mit der Registrierung durch die Vergabestelle geht die Stellung als Domainnamen-Inhaber auf den Erwerber über.

Die Pfändbarkeit des Domainnamens
Die Pfändbarkeit des Domainnamens bzw. des Konnektierungs- oder Registrierungsanspruchs für einen Domainnamen gem. § 857 ZPO („sonstiges Vermögensrecht“) lehnt der BGH ab. Der Domainnamen als solches ist kein „anderes Vermögensrecht“ i. S. v. § 857 ZPO; pfändbar ist nur die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche aus dem Registrierungsvertrag gegenüber der Vergabestelle (BGH, MMR 2005, 685 - Domain-Pfändung). Drittschuldner der Pfändung ist dann folgerichtig die DENIC. Angesichts ihres wirtschaftlichen Werts können Domainnamen im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Inhabers verwertet werden.

Das Persönlichkeitsrecht am Domainnamen
Während der Vermögenswert der Domainnamen unbestritten ist, ist die Rechtsprechung bei der Anerkennung eines persönlichkeitsrechtlichen Einschlags (mit Ausnahme bei der Domainpfändung) zurückhaltend.


BVerfG, B. v. 21.8.2006 - 1 BvR 2047/03 - maxem.de: (…)


In der Rspr. des BVerfG ist anerkannt, dass der Schutz des Namens Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist. Dementsprechend kann der Einzelne verlangen, dass die Rechtsordnung seinen Namen respektiert und schützt (...).
Auch der von einem Menschen tatsächlich geführte Name kann verfassungsrechtlichen Schutz genießen, wenn sich mit ihm eine Identität und Individualität des Namensträgers herausgebildet und verfestigt haben und auch herausbilden durften (...). Diese Funktion kann auch ein Pseudonym übernehmen (...) Eine Maßnahme, die den Gebrauch des Zeichens einschränkt, das einer Person als Name dient, berührt jedoch nur dann den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, wenn das Zeichen gerade in seiner Identität und Individualität stiftenden Funktion als Name benutzt werden soll. (...)

Das gesamte Urteil kann hier nachgelesen werden.


Das Konkurrenzverhältnis zwischen Domainname und Kennzeichenrechten
Problematisch ist die Konkurrenz zwischen Domainnamen einerseits und Inhabern identischer vorbestehender Kennzeichenrechte, seien es Marken (§ 14 Abs. 1 MarkenG), Unternehmenskennzeichen (§ 15 Abs. 1 MarkenG), Namen (§ 12 BGB) oder eine Firma (§ 17 HGB). In einer Vielzahl von Entscheidungen hat der BGH inzwischen ein Rangverhältnis zwischen Gleichnamigen herausgearbeitet.

  • shell.de (BGH, U. v. 22.11.2001 - I ZR 138/99) - Urteil
  • vossius.de (BGH, U. v. 11.04.2002 - I ZR 317/99) - Urteil
  • kurt-biedenkopf.de (BGH, U. v. 19.2.2004 - I ZR 82/01) - Urteil
  • segnitz.de (BGH, U. v. 9. 6. 2005 - I ZR 231/01) - Urteil
  • hufeland.de (BGH, U. v. 23.6.2005 - I ZR 288/02) - Urteil
  • grundke.de (BGH, U. v. 8. 2. 2007 - I ZR 59/04) - Urteil


Rangverhältnis zwischen Domainnamen und Kennzeichenrechten:

 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/InfoRDomainrecht/InfoRRangverhaeltnisSchutzrechte.jpg)

Gattungsbegriffe als Domainname
Eine schon früh geklärte Streitfrage war zudem, inwieweit Gattungsbegriffe (z.B. "Fahrrad") als Domainname registriert werden darf und aufgrund dieser "Monopolisierung" bei einem Nutzer allen anderen Interessierten die Verwendung des Domainnamens verwehrt wird.

Zu bedenken ist bei Gattungsbegriffen immer auch die Ausweichmöglichkeit auf andere (möglicherweise weniger attraktive) TLD. Erst bei einer Registrierung eines Gattungsbegriffs unter allen (oder allen naheliegenden) TLD kann von einer Monopolisierung gesprochen werden.

Ausweichmöglichkeiten bei der Domainnamenwahl:
 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/InfoRDomainrecht/InfoRGattungsbegriff.jpg)

BGH, U. v. 17.5.2001 - I ZR 216/99 – mitwohnzentrale.de: (…)


(...) Damit sind die Wettbewerber hinsichtlich der Registrierung von Gattungsbegriffen allein dem Gerechtigkeitsprinzip der Priorität unterworfen, wenn sich eine Unlauterkeit nicht aus anderen Gesichtspunkten herleiten lässt. Der Vorteil, der demjenigen ggü. seinen Wettbewerbern zukommt, der als erster um die Registrierung eines beschreibenden Domain-Namens nachsucht, kann nicht als unlauter angesehen werden. (…)

Das gesamte Urteil kann hier nachgelesen werden.


Verwendung eines Domainnamens für ein räumlich begrenztes Angebot
Ein weiterer Diskussionspunkt ist die Frage, inwieweit die Verwendung eines Domainnamens für ein räumlich begrenztes Angebot zu einer Ausweitung des geschäftlichen Raumes und damit ggf. zu einer Kollision mit geschützten Kennzeichen führen kann.


BGH, U. v. 22.7.2004 - I ZR 135/01 – soco.de:


(...) Zwar sind Unternehmenskennzeichen in der Regel im gesamten Geltungsbereich des Gesetzes geschützt. Dies gilt indessen nicht für die Bezeichnungen von Unternehmen, die nach Zweck und Zuschnitt nur lokal oder regional tätig und auch nicht auf Expansion ausgelegt sind (…). Trotz des (...) ubiquitären Charakters des Internet bleiben stationäre Betriebe, die sich und ihr Angebot im Internet darstellen, grds. auf ihren räumlichen Tätigkeitsbereich beschränkt. Auch sonst weisen Unternehmen (...) die sich (...) auf einen bestimmten Wirkungskreis beschränkt haben, mit ihrer Präsenz im Internet nicht notwendig darauf hin, dass diese Beschränkung in Zukunft wegfallen solle. (...)

Das gesamte Urteil kann hier nachgelesen werden.

Das Tatortprinzip bei der Verletzung von Domainrechten
Kennzeichenrechtliche Streitigkeiten sind nach deutschem Kennzeichenrecht zu entscheiden, soweit ein ausreichender, relevanter Inlandsbezug besteht. Der Inlandsbezug für die Frage nach dem anwendbaren Recht ergibt sich hingegen aus dem Ort der Verletzung (Tatortprinzip). Das in Deutschland geschützte Kennzeichen muss in Deutschland als räumlichen Schutzgebiet des MarkenG verletzt werden, um überhaupt Ansprüche nach den §§ 14, 15 MarkenG auszulösen. Ist ein in Deutschland geschütztes Kennzeichen durch die Nutzung eines Domainnamens im Ausland verletzt, entstehen angesichts des Territorialitätsprinzips nur dann Ansprüche, wenn das Kennzeichen auch in dem Verletzungsstaat geschützt ist (z. B. aufgrund Eintragung, Bekanntheit oder als IR-Marke).

Der Inlandsbezug bei der Verletzung von Domainrechten
Abzulehnen ist zunächst die Ansicht, dass es einen eigenständigen Rechtsraum „Cyberspace“ gibt, in dem kein nationales Recht anwendbar ist. Dann wäre im Endeffekt keine Rechtsverletzung im Online-Bereich sanktionierbar. Wegen der weltweiten Abrufbarkeit von Websites wird teilweise vertreten, dass die verletzende Benutzung in jedem Land erfolgt (KG, CR 1997, 685 – concertconcept.de). Allerdings wird man einen konkreten Inlandsbezug der Website fordern müssen, um Ansprüche nach §§ 14, 15 MarkenG begründen zu können. Dieser wird dann als gegeben angesehen, wenn ein Internetauftritt einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug („commercial effect“) aufweist.Nur geringfügige wirtschaftliche Auswirkungen im Inland sollen keine Rolle spielen, selbst wenn inländische Verkehrskreise durch ein ausländisches Angebot ebenfalls angesprochen werden.


BGH, U. v. 13.10.2004 - I ZR 163/02 - HOTEL MARITIME.dk:


(...)Auf Grund des Territorialitätsprinzips ist der Schutzbereich einer inländischen Marke oder eines inländischen Unternehmenskennzeichens auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt (…). Ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG oder § 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG setzt deshalb eine das Kennzeichenrecht verletzende Benutzungshandlung im Inland voraus. Die Anwendung des Kennzeichenrechts (...) darf nicht dazu führen, dass jedes im Inland abrufbare Angebot ausländischer Dienstleistungen im Internet bei Verwechslungsgefahr mit einem inländischen Kennzeichen kennzeichenrechtliche Ansprüche auslöst. Erforderlich ist vielmehr, dass das Angebot einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug aufweist (…).

Das gesamte Urteil kann hier nachgelesen werden.



Verneinung Inlandsbezug
Eine auf der Website enthaltene Erklärung, das Angebot sei für bestimmte Länder nicht bestimmt (Disclaimer), reicht nur dann zur Verneinung des Inlandbezugs aus, wenn tatsächlich keine Lieferung der Produkte in das betroffene Land erfolgt (OLG Frankfurt/M., K&R 1999, 138, 139). Um wirksam zu sein, muss ein solcher Disclaimer jedoch eindeutig gestaltet und auf Grund seiner Aufmachung als ernst gemeint aufzufassen sein (BGH, MMR 2006, 461 - Arzneimittelwerbung im Internet).

Haftung der Vergabestelle
Soweit es zu Kennzeichenrechtsverletzung durch die Registrierung oder Benutzung von Domainnamen kommt, ist die DENIC als Vergabestelle trotz ihrer notwendigen Beteiligung (ohne Vergabe des Domainnamens kommt es zu keiner Verletzung) zu keiner Haftung verpflichtet.


BGH, U. v. 17.5.2001 - I ZR 251/99 - ambiente.de:


(...)Weil die Störerhaftung aber nicht über das Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommene nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist.(...) Die Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit einer bestimmten Domain-Bezeichnung fällt (...) grds. zunächst allein in den Verantwortungsbereich des Anmelders. Da er die als Domain-Name zu registrierende Zeichenfolge auswählt und den Domain-Namen für seine Zwecke nutzt, liegt es in seiner Verantwortung sicher zu stellen, dass der angemeldete Domain-Name keine Rechte Dritter verletzt. (...)

Das gesamte Urteil kann hier nachgelesen werden.


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