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Erfahrungsbericht Erasmus in Wrexham, Wales, 5. Semester


Erfahrungsbericht von Nick Gemeinhardt


Ich studiere Mobile Computing an der Fakultät Informatik der Hochschule Schmalkalden und habe mich entschieden, anstelle des Pflichtpraktikums im 5. Semester ein Auslandssemester in Wales zu absolvieren.
In dem folgenden Bericht werde ich meine Erlebnisse wiedergeben.

An unserer Hochschule gab es im Dezember 2016 eine Infoveranstaltung über das Praktikumssemester, welches im Herbst 2017 stattfinden sollte. Der erste Teil der Veranstaltung bestand aus allgemeinen Informationen über den Ablauf. Im zweiten Teil wurde uns vorgestellt, dass wir anstelle eines Praktikums auch ein Semester im Ausland studieren könnten. Dabei wäre es egal, welche Kurse an der Partnerhochschule belegt werden, es müssen nur am Ende des Auslandssemesters Prüfungen bestanden sein, die 10 ECTS entsprechen. Außerdem gäbe es die Möglichkeit, innerhalb der EU die Erasmus+ Förderung zu beantragen. Insgesamt würde es weniger um das Lernen dort, sondern mehr um die Erfahrungen, sich in einem fremden und anderssprachigem Land zurecht zu finden, gehen. Danach stand für mich fest, dass ich statt einem Praktikum ein Semester im Ausland studieren will.

Nach dieser Veranstaltung beschlossen ein Kommilitone und ich, dass wir, wenn möglich, zusammen ins Ausland gehen. Mein Kommilitone wollte zuerst nach Spanien aber nach reiflicher Überlegung kamen wir zu dem Schluss in ein Land zu gehen, in dem Englisch die Muttersprache ist. Mein Ziel waren dann die USA, allerdings hätte ich da keine Erasmus Förderung erhalten und hätte einen Sprachtest ablegen müssen der um die 100€ kostet. Schlussendlich fiel unsere Wahl dann auf Dublin oder Wrexham, Dublin kam nicht zustande und in Wrexham waren glücklicherweise noch 2 Plätze frei. Damit stand fest, dass wir im September 2017 nach Wales reisen würden.

Weihnachten 2016 ging es dann los, mit Motivationsschreiben für Erasmus+, Dokumente für die Partnerhochschule ausfüllen, Dokumente für das International Office und die Hochschule Schmalkalden ausfüllen usw. .Dabei kam es öfters zu Missverständnissen. Wir wählten 6 Kurse aus, wussten aber nicht, dass pro Semester nur 3 Kurse belegt werden müssen. Wir passten unsere Wahl auf drei Kurse an, bekamen danach mitgeteilt, dass wir diese Kurse nicht belegen konnten und mussten nochmal 3 komplett neue Kurse auswählen. Dann warteten die beiden Hochschulen jeweils auf das Learning Agreement der anderen. Als dann alles von Schmalkalden unterschrieben war, mussten wir wochenlang auf eine Antwort von Wrexham warten. Nachdem dann alles unterschrieben war und wir erstmal eine vorläufige Zulassung hatten, suchten wir nach Wohnmöglichkeiten vor Ort.

Unser Aufenthalt sollte bis Ende Januar bzw. Anfang Februar dauern, weshalb ich mich dazu entschied, meine Wohnung in Schmalkalden nicht zu kündigen. Ich brauchte schließlich noch eine Wohnmöglichkeit im Februar, da zu diesem Zeitpunkt in Schmalkalden auch noch Prüfungen für mich stattfinden sollten (Projekt Mobile Computing, IT- Sicherheit). Bei meinen Recherchen zu Wohnheim- Wohnungen in Wrexham fand ich heraus, dass alle bis auf ein Wohnheim ihre Zimmer nur semesterweise vermieten (37 Wochen). Das kam für uns aber nicht in Frage, da wir nur 21 Wochen dort
sein würden. Privat eine Wohnung zu mieten, hätte sich für 4 Monate aber auch nicht gelohnt, da sie für zwei Leute allein zu teuer gewesen wäre und wir ja nicht wussten, ob wir so schnell einen Mitbewohner in Wales finden würden. Also entschieden wir uns für das Wohnheim, Wrexham Village, bei welchem die Zimmer wochenweise gemietet werden konnten. Das merkte man allerdings auch am Preis. 110 Pfund pro Woche, also umgerechnet 500€ im Monat. Jedes Zimmer hatte ein eigenes Bad/WC und es gab eine Gemeinschaftsküche (6 Personen) mit Aufenthaltsraum. Bezahlt habe ich komplett vorab per Überweisung (es kam keine Zahlungsbestätigung). Ein paar Monate vor der Abreise buchten wir unsere Flüge. Wir entschieden uns für Ryanair für die Verbindung Frankfurt-Manchester. Mit Gepäck zahlten wir für den Hinflug 50€. Falls man vom Datum flexibel ist, sind auch Flüge ohne Gepäck (nur Handgepäck) ab 10€ möglich. Diese günstigen Preise ließen zu, dass ich Weihnachten daheim verbringen konnte und sowohl meine Eltern als auch meine Freundin die Möglichkeit hatten, mich für ein paar Tage zu besuchen. Zu der Zeit schloss ich auch eine Auslandskrankenversicherung bei Envivas ab. Meinen Handyvertrag konnte ich behalten, da in dem (noch) EU-Land die Roaminggebühren weggefallen sind. Für den Transfer vom Flughafen zum Wohnheim buchten wir easybus, den mit Abstand günstigsten Anbieter (12€ p.P.).

Bei der Anreise verlief alles wie geplant, „einchecken“ für das Wohnheim beim Security Office, da das normale Büro schon geschlossen hatte. Ankunft war am Donnerstag, bevor das Semester startete. Somit hatten wir also noch etwas Zeit zum Eingewöhnen. Mein Zimmer lag im 5.Stock, direkt neben dem meines Kommilitonen, ein Aufzug war zum Glück vorhanden. Eigenes Bad und Gemeinschaftsküche waren vorhanden. Ansonsten war das Zimmer eher spärlich eingerichtet: ein Bett, Schreibtisch mit (unbequemen) Stuhl, ein großer Wandschrank und Hängeschränke. WLAN war im Preis inbegriffen (max.3Geräte, 30Mbit/s, sehr oft ausgefallen). Die Küche und die Zimmer wurden regelmäßig auf Sauberkeit kontrolliert hierzu gab es eine Woche vorher eine Ankündigung.

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Abb.1: Wohnheim von außen - Foto von Nick Gemeinhardt | Abb.2: Gemeinschaftsküche - Foto von Nick Gemeinhardt

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Abb.3: Aufenthaltsraum - Foto von Nick Gemeinhardt | Abb.4: Bett im Zimmer - Foto von Nick Gemeinhardt


Die erste Woche war eine Einführungswoche, um die neuen Kommilitonen und Dozenten kennenzulernen. Dafür wurden die typischen Methoden herangezogen wie beispielsweise eine LEGO-Mindstorm-Challenge, bei der wir den 2. Platz belegten. In dieser Woche fand auch das Enrolment statt. Dabei fiel uns auf, dass einige von den angezeigten Kursen nicht mit unseren Kursen übereinstimmten. Wir fragten einen unserer Mitbewohner nach dem zuständigen Büro, da wir keinen Hochschulbuddy hatten. Trotz allem brachte uns die Einführungswoche, vom Einschreiben mal abgesehen, nicht allzu viel, da wir Kurse aus dem dort 3. Semester belegt hatten also später nicht mit den Studenten aus dem 1. Semester in Berührung kamen.

Ab der zweiten Woche ging es dann mit regulären Vorlesungen los. Es herrschte zwar keine offizielle Anwesenheitspflicht, man musste jedoch am Anfang jeder Stunde seinen Studentenausweis einscannen. Wer öfter als dreimal fehlte, würde, so sagten die Mitstudenten, einen Brief von der Hochschule erhalten. Es waren ca. 30 Studenten pro Vorlesung, die allesamt in PC-Pools stattfanden, da der Unterricht sehr praxisnah gehalten war. Anders als in Schmalkalden war es nicht so, dass die Theorie in der Vorlesung abgehandelt wurde und es zu einem späteren Zeitpunkt eine Übung dazu gab. Es war viel mehr so, dass die Theorie besprochen und gleich in die Praxis umgesetzt wurde. Ich finde diese Mischung persönlich besser. Auch dass es keine Klausuren gab, fand ich gut. Die Note bekommt man nach Abgabe eines Projektes auf das in der Vorlesung hingearbeitet wird. Man bekommt die Grundzüge erklärt und muss dann den Rest sich selbst daheim erarbeiten und hatte so gewisse Freiheiten was beispielsweise die Implementierung betraf. Das Projekt wurde in zwei Teile aufgeteilt. Die Abgabe des ersten Teils war Ende Oktober. Ende Januar wurde der zweite Teil fällig. Das Projekt und Hausaufgaben auf freiwilliger Basis wurden über eine Moodle-Plattform abgegeben. Dort standen auch alle Skripte zur Verfügung und es bestand die Möglichkeit den Professoren direkt Fragen zu stellen, wobei letzteres selbstverständlich auch jederzeit während des Unterrichtes möglich war.

Auch die Schwierigkeit würde ich wie in Schmalkalden einschätzen, auch, wenn andere Schwerpunkte gelegt wurden. Da dort auch sehr viele Deutsche studieren, fühlt man sich auch fast ein bisschen so, als wäre nur die Vorlesung auf Englisch und ansonsten alles wie zu Hause. Kulturunterschiede waren nur wenige zu spüren, abgesehen davon, dass Deutsche wohl tatsächlich allgemein überpünktlich sind. Zu Wrexham selbst gibt es nicht viel zu sagen, außer, dass es eine typisch walisische Stadt ist. Auffällig war, dass alle Schilder zweisprachig gehalten waren, also sowohl auf Englisch, als auch auf Walisisch. Auch ein Aldi, in den wir meistens zum Einkaufen gingen (lag in Fußweite), waren die Durchsagen auf Walisisch und Englisch. Die Innenstadt ist geprägt von vielen einzelnen Läden und Friseuren. Es gibt aber auch einige große Einkaufzentren, in denen fast alles was man braucht, zu bekommen ist.
Sehenswürdigkeiten hat Wrexham eher weniger zu bieten, mal abgesehen von einer großen Kirche und einigen schönen Parks. Allerdings finden sich in näherer Umgebung einige schöne Stellen. Wer Lust am Laufen hat, braucht auch kein Auto dafür. Im Umkreis von 10km haben wir was Natur angeht, einige schöne Spots entdeckt. Liverpool, Chester und Manchester standen auch auf unserer Besuchsliste und ich selbst war noch einige Tage im Snowdonia-Nationalpark. Eine wunderschöne Berglandschaft direkt neben dem Meer hält auf jeden Fall einige schöne Motive bereit. Dort gibt es auch ein Tal in dem die Royal Air Force Tiefflugübungen macht und Flugzeuge unter einer Höhe von 100 Fuß direkt an dir vorbeirauschen. Das findet so gut wie jeden Tag zwischen 13.30 Uhr und 14.30 Uhr statt (festes Schuhwerk wird gebraucht!).

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Abb.5: Snowdonia- Nationalpark - Fotos von Nick Gemeinhardt

Die Erasmus+ Förderung hat leider nicht ausgereicht, um unsere Kosten zu decken. Das scheiterte schon an der Wohnung, die wir für 4 Monate buchten und die uns ca. 500€ pro Monat kostete. Als Förderung bekamen wir 3 x 450€. Andere Wohnungen wären günstiger gewesen, aber wie oben schon beschrieben gab es dort andere Probleme. Es lohnt sich aber auf jeden Fall, sich nach Alternativen umzuhören. Vielleicht hat man Glück und findet privat etwas. Lebenshaltungskosten sind mit Deutschland zu vergleichen, wobei es dort generell etwas teurer ist. Mit 20 Pfund (~25€) pro Woche kommt man einigermaßen hin, wenn man selbst kocht und verzichtet in der Mensa zu essen. Dort bezahlt man einiges mehr als in Schmalkalden.

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Abb.6: Chester - Foto von Nick Gemeinhardt | Abb.7: Manchester - Foto von Nick Gemeinhardt


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Abb.8: Umgebung Wrexham - Foto von Nick Gemeinhardt

Insgesamt bin ich mit der Entscheidung, ein Auslandssemester gemacht zu haben, sehr zufrieden. Noch ein Tipp an alle, die sich noch nicht sicher sind: Am Ende muss ein ca. 20 Seiten langer benoteter Bericht bei eurem Auslandskoordinator abgegeben werden, als Gegenstück zum Praktikumsbericht. In unserer Infoveranstaltung wurde uns das leider nicht mitgeteilt und wir haben das erst nach unserer Rückkehr erfahren. Ansonsten ist die größte Schwierigkeit die Organisation vorab und nicht das Semester selbst. Alles in allem eine Erfahrung auf die ich nicht verzichten würde und froh bin, mich für Wrexham entschieden zu haben.

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Abb.9: Heimflug - Foto von Nick Gemeinhardt



CategoryErfahrungsberichte
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