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Dies ist eine alte Version von FalluebungenOeRJH erstellt von WojciechLisiewicz am 2009-06-09 09:45:53.

 

Fallübungen: öffentliches Recht - juristisches Handwerkszeug

Fallbeispiele zur Bearbeitung durch Teilnehmer

Folgende Fälle können durch die Teilnehmer in der Veranstaltung als Gruppenübung bearbeitet werden:

A. Fall X+1: Neue Europäische Verfassung
Um die Handlungsfähigkeit der angewachsenen Europäischen Union zu sichern, vereinbaren die Mitgliedstaaten eine neue Europäische Verfassung.
Die neue Verfassung enthält einen Grundrechtskatalog, ähnlich wie das Grundgesetz. Im Katalog der Zuständigkeiten der Verfassung werden ausschließliche Kompetenzen der EU festgelegt sowie solche, bei denen das Subsidiaritätsprinzip fortgilt. Alle Rechtsetzungskompetenzen werden auf das Europäische Parlament übertragen, das in allgemeinen, freien, gleichen, geheimen und unmittelbaren, europaweiten Wahlen gewählt werden soll. Darüber hinaus ermächtigt die Verfassung das Europäische Parlament, die Verfassung mit 2/3 Mehrheit zu erweitern.

Zur Europäischen Verfassung wird im Bundestag und Bundesrat ein Zustimmungsgesetz verabschiedet. Die Landesregierung des Freistaates Thüringen hält das Gesetz für nichtig und stellt einen Antrag beim Bundesverfassungsgericht auf Überprüfung des Gesetzes.

Wie wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden?


B. Fall X+2: Kampf gegen Wirtschaftskriminalität in Thüringen
In Deutschland machen Fälle besonders dreister Wirtschaftskriminalität Schlagzeilen, in denen Unternehmen in Insolvenz getrieben werden, während sich die Hintermänner bereichern. Da in diesen Fällen viele Arbeitsplätze verloren gehen, wächst der politische Druck, gegen solche Fälle etwas zu unternehmen. Auf Bundesebene sorgt das Thema nur für Streit, so dass keine neuen, politisch geforderten Regelungen zustande kommen.
Die Landesregierung des Freistaates Thüringen verliert vor den Wahlen die Geduld und möchte "zeigen, dass ein einzelnes Bundesland durchaus in der Lage ist, gegen diese kriminelle Praxis etwas zu unternehmen". Sie veranlasst ein vom Landtag verabschiedetes Gesetz "über die Erweiterung der Rechte der Polizei bei der Prävention von Wirtschaftsstraftaten". In dem Gesetz wird der Landespolizei insbesondere erlaubt:
- Überwachung der Telekommunikation von Unternehmen und Personen in Leitungsorganen,
- Zugriff auf alle Unterlagen von Wirtschaftsunternehmen.
Das Gesetz soll insbesondere präventive, abschreckende Wirkung zeigen, jedoch sollen die von der Polizei auf diesem Wege erlangten Informationen auch der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt werden, so dass die Verfolgung von Straftaten erleichtert wird.

Durfte der Freistaat dieses Gesetz erlassen?
vgl. Degenhart, Fall 11a, Rn. 109a und 163


C. Fall X+3:
Vgl. Notizen S. 7 (StVG-Änderung)




D. Fall Y+1
(Mitbestimmung - zu Art. 14 und 9 GG)
Der Bundestag beschließt am 4. Mai 1976 ein Gesetz, in dem u. a. Folgendes geregelt ist:

§ 1
(1) In Unternehmen, die
    1. in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, einer bergrechtlichen Gewerkschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit oder einer Erwerbsgenossenschaft und Wirtschaftsgenossenschaft betrieben werden und
    1. in der Regel mehr als 2.000 Arbeitnehmer beschäftigen, haben die Arbeitnehmer ein Mitbestimmungsrecht nach Maßgabe dieses Gesetzes.

(2) ...

§ 2
(1) Der Aufsichtsrat eines Unternehmens
    1. mit in der Regel nicht mehr als 10.000 Arbeitnehmern setzt sich zusammen aus je sechs Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer;
    1. mit in der Regel mehr als 10.000, jedoch nicht mehr als 20.000 Arbeitnehmern setzt sich zusammen aus je acht Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer;
    1. mit in der Regel mehr als 20.000 Arbeitnehmern setzt sich zusammen aus je zehn Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer.
Bei den in Satz 1 Nr. 1 bezeichneten Unternehmen kann die Satzung (der Gesellschaftsvertrag, das Statut) bestimmen, dass Satz 1 Nr. 2 oder 3 anzuwenden ist. Bei den in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Unternehmen kann die Satzung (der Gesellschaftsvertrag, das Statut) bestimmen, dass Satz 1 Nr. 3 anzuwenden ist.

(2) Unter den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer müssen sich befinden
1. in einem Aufsichtsrat, dem sechs Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer angehören, vier Arbeitnehmer des Unternehmens und zwei Vertreter von Gewerkschaften;
2. in einem Aufsichtsrat, dem acht Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer angehören, sechs Arbeitnehmer des Unternehmens und zwei Vertreter von Gewerkschaften;
3. in einem Aufsichtsrat, dem zehn Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer angehören, sieben Arbeitnehmer des Unternehmens und drei Vertreter von Gewerkschaften.

(3) ...

§ 29
(1) Beschlüsse des Aufsichtsrats bedürfen der Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nicht in Absatz 2 und in den §§ 27, 31 und 32 etwas anderes bestimmt ist.

(2) Ergibt eine Abstimmung im Aufsichtsrat Stimmengleichheit, so hat bei einer erneuten Abstimmung über denselben Gegenstand, wenn auch sie Stimmengleichheit ergibt, der Aufsichtsratsvorsitzende zwei Stimmen. § 108 Abs. 3 des Aktiengesetzes ist auch auf die Abgabe der zweiten Stimme anzuwenden. Dem Stellvertreter steht die zweite Stimme nicht zu.

Gegen die zitierten Vorschriften des Gesetzes erhebt die Firma DB sofort nach Verkündung eine Verfassungsbeschwerde.

Frage: Hat die Verfassungsbeschwerde Aussicht auf Erfolg?

Überlegungen aus BVerfGE 50, 290
S. 328
c) Die Grundannahme der Beschwerdeführer, unter dem Mantel einer unterparitätischen Regelung verberge sich eine der Sache nach paritätische, zum Teil sogar überparitätische, die der Gesetzgeber angestrebt habe oder doch - namentlich im Fall des § 31 MitbestG - habe ermöglichen wollen, kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Es ist nicht ersichtlich, daß der für die verfassungsrechtliche Prüfung grundsätzlich maßgebliche objektive Gehalt und die tatsächliche Wirkung der angegriffenen normativen Regelungen in einem solchen Sinne auseinanderfallen.

S. 336
Maßstäbe der verfassungsrechtlichen Prüfung sind diejenigen Einzelgrundrechte, welche die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen und Grenzen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Einführung einer erweiterten Mitbestimmung markieren. Diese lassen sich nicht ohne Berücksichtigung der Überschneidungen, Ergänzungen und Zusammenhänge zwischen ihrem Schutzbereich und dem anderer Grundrechte und nicht ohne Rücksicht auf die das Grundgesetz tragenden Prinzipien auslegen. Wenn die Beschwerdeführer und das Kölner Gutachten ihrer verfassungsrechtlichen Würdigung darüber hinaus die weiteren Prüfungsmaßstäbe eines "institutionellen Zusammenhangs der Wirtschaftsverfassung" und eines "Schutzzusammenhangs und Ordnungszusammenhangs der Grundrechte" zugrunde legen, so findet das im Grundgesetz keine Stütze. Auf der anderen Seite wird eine Prüfung der angegriffenen Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes anhand der konkreten Einzelgrundrechte nicht deshalb entbehrlich, weil das Grundgesetz auf Grund der geschichtlichen Entwicklung die Verfassungsmäßigkeit einer erweiterten Mitbestimmung bereits vorausgesetzt habe, wie dies namentlich in der Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes und in dem Rechtsgutachten von Professor Z. angenommen wird.

S. 339/340
Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und [Seitenwechsel] Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. Dieser ist nicht gänzlich frei: Er muß sich am Wohl der Allgemeinheit orientieren, das nicht nur Grund, sondern auch Grenze für die Beschränkung des Eigentümers ist (BVerfGE 25, 112 [118] - Niedersächsisches Deichgesetz). Zugleich muß das zulässige Ausmaß einer Sozialbindung auch vom Eigentum selbst her bestimmt werden (BVerfGE 31, 229 [240]). Die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, der Regelungsauftrag des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG und die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG stehen in einem unlösbaren Zusammenhang. Keiner dieser Faktoren darf über Gebühr verkürzt werden; vielmehr müssen alle zu einem verhältnismäßigen Ausgleich gebracht werden. Im Blick auf den Grundgedanken und den Schutzzweck der Eigentumsgarantie führt das nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu folgender Differenzierung:

Soweit es um die Funktion des Eigentums als Element der Sicherung der persönlichen Freiheit des Einzelnen geht, genießt dieses einen besonders ausgeprägten Schutz (vgl. BVerfGE 14, 288 [293f]; 42, 64 [77]; 42, 263 [293, 294f]). Damit hängt es etwa zusammen, wenn an ein Verbot der Veräußerung des Eigentums, also an eine Einschränkung derjenigen Befugnis, die elementarer Bestandteil der Handlungsfreiheit im Bereich der Eigentumsordnung ist, besonders strenge Maßstäbe angelegt werden (vgl. BVerfGE 21, 87 [90f]; 21, 306 [310f]; 26, 215 [222]), und daß die eigene Leistung als besonderer Schutzgrund für die Eigentümerposition anerkannt worden ist (vgl. BVerfGE 1, 264 [277f]; 4, 219 [242f]; 14, 288 [293f]; 22, 241 [253]; 24, 220 [226]; 31, 229 [240f]).

S. 340/341
Dagegen ist die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhaltsbestimmung und Schrankenbestimmung um so weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht (vgl. BVerfGE 21, 73 [83]; 31, 229 [242]; 36, 281 [292]; 37, 132 [140]; 42, 263 [294]). Maßgebend hierfür ist der in Art. 14 Abs. 2 GG Ausdruck findende Gesichtspunkt, daß Nutzung BVerfGE 50, 290 (340)BVerfGE 50, 290 (341)und Verfügung in diesem Fall nicht lediglich innerhalb der Sphäre des Eigentümers bleiben, sondern Belange anderer Rechtsgenossen berühren, die auf die Nutzung des Eigentumsobjekts angewiesen sind. Unter dieser Voraussetzung umfaßt das grundgesetzliche Gebot einer am Gemeinwohl orientierten Nutzung das Gebot der Rücksichtnahme auf den Nichteigentümer, der seinerseits der Nutzung des Eigentumsobjekts zu seiner Freiheitssicherung und verantwortlichen Lebensgestaltung bedarf (vgl. BVerfGE 37, 132 [140]). Auch wenn jedoch das Eigentum insoweit weitergehenden Beschränkungen unterworfen werden kann als in seiner personalen Funktion, fordert die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG in jedem Fall die Erhaltung des Zuordnungsverhältnisses und der Substanz des Eigentums (BVerfGE 42, 263 [295]; vgl. auch BVerfGE 24, 367 [389]).





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