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aktuelles Dokument: FallloesungFall1DasRennrad
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Version [62585]

Dies ist eine alte Version von FallloesungFall1DasRennrad erstellt von JKramer am 2015-12-01 10:17:48.

 

Fallbeispiel - Das Rennrad


Lösungsvorschlag


1. Lösungsskizze:

V könnte gegen A einen Anspruch auf Zahlung des Restbetrages i.H.v. 100 Euro nach § 433 II BGB haben.

I. Anspruch erworben?
Voraussetzungen: Vertragsschluss, Inhalt, Wirksamkeit


1. Vertragsschluss (+)
Voraussetzungen: Zwei übereinstimmende Willenserklärungen zwischen A und V in Form von Angebot (§ 145 BGB) und
Annahme (§§ 147 ff. BGB)
Hier: unproblematisch. V und A einigen sich über Kauf des Rennrades.


2. Vertragsinhalt (+)


3. Wirksamkeit
Fraglich, ob Kaufvertrag wirksam?


Vertrag könnte nach § 108 I BGB unwirksam sein.


Voraussetzungen: A gehört dem Personenkreis nach §§ 2, 106 BGB an und es kommt keine der Vorschriften der
§§ 107 ff. BGB zur Anwendung, durch welche Rechtsgeschäft wirksam wird.


    1. Beschränkte Geschäftsfähigkeit des A (+)
Voraussetzungen: 7. Lebensjahr vollendet, aber 18. Lebensjahr noch nicht vollendet.


    1. Wirksamkeit des Vertrages nach §§ 107 ff. BGB
A arbeitet in einem Lebensmittelladen! - zunächst § 113 BGB zu prüfen


      1. Wirksamkeit nach § 113 BGB
Voraussetzungen: Dienst- oder Arbeitsverhältnis liegt vor und Rechtsgeschäft im Zusammenhang mit Dienst-
oder Arbeitsverhältnis


        1. Arbeits- oder Dienstverhältnis des A (+)
Sachverhalt: A arbeitet in Lebensmittelladen


        1. Rechtsgeschäft im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnis (-)
Keine Hinweise im Sachverhalt. Es ist davon auszugehen, dass A das Rennrad für sich privat möchte


        1. Wirksamkeit nach § 113 BGB (-)


      1. Wirksamkeit nach § 107 BGB
Voraussetzungen: Einwilligung gesetzlicher Vertreter oder lediglich rechtlicher Vorteil für A durch
Rechtsgeschäft


        1. Einwilligung gesetzlicher Vertreter (-)
gesetzlicher Vertreter = Eltern, § 1629 I BGB
Einwilligung = vorherige Zustimmung nach § 183 BGB
Sachverhalt: A kauft Rennrad entgegen ausdrücklichen Wunsch der Eltern


        1. Lediglich rechtlicher Vorteil für A (-)
Voraussetzung: A entsteht aus dem Geschäft keinerlei rechtliche Verpflichtung (wirtschaftlicher Vorteil
ist irrelevant!)
Sachverhalt: Aus dem Kaufvertrag entsteht für A die Pflicht zur Kaufpreiszahlung und zur Abnahme des
Kaufgegenstandes


        1. Wirksamkeit nach § 107 BGB (-)


      1. Wirksamkeit nach § 110 BGB (Taschengeldparagraph) (-)
Voraussetzungen: vertragsmäßige Leistung hat A mit Mitteln bewirkt, die ihm für diesen Zweck oder zur freien
Verfügung vom gesetzlichen Vertreter oder mit dessen Zustimmung von Dritten überlassen wurde
Vertragsmäßige Leistung = 1.000 Euro
Bewirken = vollständige Zahlung des Kaufpreises
Sachverhalt: A hat nur 700 Euro gezahlt. Den Rest zahlt er in monatlichen Raten ab.
Somit ist vertragsmäßige Leistung nicht bewirkt!
Zu welchem Zweck A die Mittel überlassen wurden oder ob sie zur freien Verfügung standen, kann hier
dahingestellt bleiben. Es fehlt bereits an der vollständigen Bewirkung der Leistung.


      1. Wirksamkeit nach § 108 I BGB (-)
Voraussetzung: Genehmigung des gesetzlichen Vertreters
Gesetzlicher Vertreter = Eltern, § 1629 I BGB
Genehmigung = nachträgliche Zustimmung, § 184 BGB
Sachverhalt: Kauf des Rennrades entsprach nicht Wunsch der Eltern.
In Sachverhalt keine Hinweise, dass Genehmigung erteilt wurde.


    1. Zwischenergebnis
Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts nach § 107 ff. BGB (-)

4. Wirksamkeit des zwischen A und V geschlossenen KV (-)

II. V Anspruch auf Restzahlung erworben (-)

Ergebnis:
V hat gegen A keinen Anspruch auf Zahlung des Restbetrages i.H.v. 100 Euro gem. § 433 II BGB.


Es ist weiterhin zu prüfen, welche Handlungen V erfolgreich vornehmen kann, um an den Restbetrag von 100 Euro zu gelangen.
V könnte durch eine Zustimmungsaufforderung nach § 108 BGB die Wirksamkeit des Kaufvertrages herbeiführen.

V bieten sich hierfür zwei Möglichkeiten:

1. Aufforderung zur Genehmigung ggü. den Eltern des A, § 108 II BGB
2. Aufforderung zur Genehmigung ggü. A, § 108 III BGB

I. Aufforderung zur Genehmigung ggü. Eltern gem. § 108 II BGB

Voraussetzungen: Entscheidung über die Genehmigung kann nur V gegenüber erklärt werden und Genehmigung muss
binnen zwei Wochen nach Aufforderung erteilt werden, sonst wird Verweigerung fingiert.
Sachverhalt: Genehmigung durch die Eltern nach Aufforderung durch V eher unwahrscheinlich, da Kauf des Rennrades
bereits ausdrücklichem Wunsch der Eltern widersprach.

II. Aufforderung zur Genehmigung ggü. A gem. § 108 III, II BGB

A vollendet am 12.01.2009 das 18. Lebensjahr und könnte sich somit die Genehmigung nach § 108 III BGB selbst
erteilen.

Problematisch ist jedoch Zeitpunkt der Aufforderung ggü. A:

1. Aufforderung ggü. A nach Aufforderung ggü. den Eltern

    1. Verweigerung der Genehmigung durch die Eltern bis 12.01.2009
= Entscheidung endgültig! A kann sich die Genehmigung mit Vollendung des
18. Lebensjahres nicht mehr erteilen - Vertrag endgültig unwirksam

    1. Keine Reaktion der Eltern bis 12.01.2009
A könnte Genehmigung noch erteilen, da die Fiktionswirkung der Zwei-Wochen-Frist noch nicht eingetreten ist

2. Abwarten des V bis zum 12.01.2009 und Genehmigung direkt bei A einholen
Aus Gesetzeswortlaut ergibt sich nicht, dass Abwarten des V unzulässig wäre.
Sachverhalt: Genehmigung des A ist wahrscheinlich, da dieser das Rennrad behalten möchte.

Ergebnis nach Würdigung der Umstände:

V sollte abwarten, bis A am 12.01.2009 das 18. Lebensjahr vollendet und A zur Genehmigung des Vertrages auffordern. Sofern A die Genehmigung erteilt, ist der Kaufvertrag wirksam.
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