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Fallbeispiel: Probleme mit Stammeinlagen der Futter-GmbH

ein Klausurfall - Wiederholungsklausur im WS 2022/23


Sachverhalt

Die Landwirte A, B und C gründen die Futter-GmbH (F) mit Stammkapital 100.000,- EUR. Der Gesellschaftsvertrag wird bei Notar N am 15. 1. unterzeichnet, die Anmeldung im Handelsregister wird danach durch den gleichzeitig berufenen Geschäftsführer für die F – den G – in die Wege geleitet. Dabei sollen die Anteile wie folgt übernommen werden:
  • 35 % durch A, wobei er eine Sacheinlage im Wert von 35.000,- EUR leistet; dafür stellt er einen gebrauchten Traktor zur Verfügung, dessen aktueller Wert allerdings bei 20.000,- EUR liegt;
  • 45 % durch B; diese leistet B als Bareinlage, wobei er vorerst 30.000,- EUR einzahlen soll;
  • 20 % durch C, der allerdings finanzielle Probleme hat, so dass er zunächst einmal nur 5.000,- EUR einzahlen kann.

A übergibt den Traktor mit allen Unterlagen an G am 25. 1. Der B zahlt 30.000,- EUR am 30. 1. auf das Konto der F ein. C zahlt 5.000,- EUR am 30. 1. auf das Konto der F ein. Die F wird am 15. 2. ins Handelsregister eingetragen.

Am 20. 2. bietet B dem G seinen Mähdrescher (aktueller Wert 50.000 EUR) für 45.000,- EUR zum Kauf an. Damit ist G einverstanden; der Mähdrescher wird am 1. 3. an die F übergeben und durch diese, teils aus einem Kredit, komplett bezahlt.

Am 15. 3. bittet C den G um finanzielle Unterstützung. G nimmt weitere Kredite auf und zahlt am 31. 3. ein Darlehen in Höhe von 10.000,- EUR an C aus. Als Verzinsung werden 10 % p. a. vereinbart. Als Sicherheit bürgt der vermögende Onkel des C, O, für die Summe.

Fragen

Welche Ansprüche hat F gegen A, B und C?


Lösungshinweise

Ansprüche F gegen A:
  • Anspruch aus xxx auf ...

Ansprüche F gegen B:

Ansprüche F gegen C:



Gutachten


A. F gegen A aus § 9 Abs. 1 GmbHG
F könnte gegen A aus § 9 Abs. 1 GmbHG einen Anspruch auf Geldausgleich in Höhe von 15.000 EUR haben. Der Anspruch muss dafür erworben, darf nicht verloren sein. Er muss auch durchsetzbar sein.

Der Anspruch der F könnte erworben sein. Dies ist dann der Fall, wenn eine Sacheinlage vereinbart und diese auch bereits geleistet wurde. Ferner muss eine negative Wertdifferenz zwischen den übernommenen Anteilen und der Sacheinlage vorliegen und dies zum Zeitpunkt der Registeranmeldung.

Laut Sachverhalt soll A eine Sacheinlage - das Eigentum an einem Traktor - einbringen. Dieser Traktor wurde der F am 25. 1. überlassen, so dass die Sacheinlage bereits geleistet wurde.

Der Traktor ist allerdings nur 20.000,- EUR wert. A übernimmt aber eine Stammeinlage im Umfang von 35.000,- EUR. Demzufolge besteht zwischen dem Wert der Sacheinlage und den übernommenen Anteile eine negative Differenz von 15.000,- EUR.

Die Wertdifferenz war wohl bereits bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages vorhanden und sie bestand insbesondere auch bei Registeranmeldung fort. Damit bestand die Wertdifferenz zum maßgeblichen Zeitpunkt.

F hat gegen A einen Anspruch gem. § 9 Abs. 1 GmbHG in Höhe von 15.000,- EUR erworben.

Im Hinblick auf Anspruchsverlust und seine Durchsetzbarkeit enthält der Sachverhalt keine Informationen. Es ist davon auszugehen, dass der Anspruch auch weiterhin besteht und durchsetzbar ist.

F hat gegen A einen Anspruch aus § 9 Abs. 1 GmbHG auf Zahlung der Wertdifferenz von 15.000,- EUR.

B. F gegen B auf 15.000 wegen nicht gezahlter Einlage
F könnte von B Zahlung der offenen Bareinlage i. H. v. 15.000,- EUR gem. § 14, 19 i. V. m. Übernahmeerklärung verlangen.
[dieser Anspruch weist keine bedeutsamen Probleme auf - er ist in Bezug auf die Differenz zwischen der vereinbarten und der bereits gezahlten Einlagen gegeben; dabei sind eventuell einige Punkte erwähnenswert:]
  • warum ist der Anspruch entstanden (Gesellschaftsvertrag + Übernahmeerklärung) => kurz!
  • da keine Zahlung, ist der Anspruch noch nicht erfüllt
  • bei der Durchsetzbarkeit ist darauf hinzuweisen, wann der Anspruch der Gesellschaft fällig wird (Regelung im Vertrag? Beschluss der GV? usw.).

C. F gegen B auf 30.000 (bzw. komplette Einlage)
F könnte von B Zahlung der bereits nominell gezahlten Bareinlage i. H. v. 30.000,- EUR gem. § 14, 19 Abs. 4 GmbHG i. V. m. Übernahmeerklärung verlangen.

Dies ist dann der Fall, sofern der Anspruch durch F erworben und nicht verloren wurde und durchsetzbar ist.

1. Anspruchserwerb
F könnte den Anspruch erworben haben. Dies ist dann der Fall, wenn zulasten des B eine entsprechende Bestimmung im Gesellschaftsvertrag vorhanden ist, kraft der B Anteile übernimmt und B auch eine darauf bezogene Übernahmeerklärung abgegeben hat.
Im Gesellschaftsvertrag, den die Beteiligten (einschließlich B) beim Notar am 15. 1. abgeschlossen haben, ist geregelt, dass B Anteile im Umfang von 45.000,- EUR übernimmt. Anhaltspunkte für Wirksamkeitsprobleme sind im Sachverhalt nicht ersichtlich. Damit liegt eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung zur Übernahme von Anteilen durch B vor.
Gem. Sachverhalt hat B Anteile im Umfang von 45.000,- EUR übernommen. Eine Übernahmeerklärung gem. § 14 GmbHG kann damit auch unterstellt werden.

Von den 45.000,- EUR an übernommenen Anteilen hat B bislang nur 30.000,- EUR gezahlt. Dies ist gem. § 7 Abs. 2 S. 1 GmbHG zulässig. Die hier geprüfte Stammeinlage im Umfang von 30.000,- EUR ist in den 45.000,- EUR enthalten. Nachstehend wird nur geprüft, ob der Anteil von 30.000,- EUR durch die F verlangt werden kann. Mit Übernahme der 45.000,- EUR Anteile ist (u. a.) jedenfalls auch der Anspruch auf Zahlung der 30.000,- EUR entstanden.

2. Anspruch nicht verloren
Der Anspruch könnte allerdings bereits durch Erfüllung seitens B untergegangen sein. Die Pflicht des B ist erfüllt, wenn B die geschuldete Leistung wie vorgesehen bewirkt hat und dabei die Erfüllungswirkung wegen der Regelungen des GmbHG nicht ausgeschlossen ist.
B hat die geschuldete Bareinlage jedenfalls im Umfang von 30.000,- EUR an die F gezahlt. Damit hat er die Leistung bewirkt.

Fraglich ist jedoch, ob die Erfüllungswirkung der Zahlung durch B nicht durch eine verdeckte Sacheinlage gem. § 19 Abs. 4 GmbHG ausgeschlossen ist. Voraussetzung dafür ist gem. § 19 Abs. 4 GmbHG, dass eine Geldeinlage geleistet wurde, diese bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Sacheinlage darstellt und an sich auch sacheinlagefähig ist, die Parteien hierüber eine Abrede bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages getroffen haben und die Sacheinlage nicht auf die Einlagepflicht angerechnet werden kann.

a. Geldeinlage geleistet
B hat am 25. 1. den Anteil der Bareinlage in Höhe von 30.000,- EUR geleistet. Dies ist eine Geldeinlage.

b. Sacheinlage bei wirtschaftlicher Betrachtung
Am 20. 2. verkauft B seinen Mähdrescher an die F für insgesamt 45.000,- EUR. Damit erlangt die Gesellschaft am Ende - teils vom Geld des B - nicht etwas Geldmittel sondern eine Maschine. Daraus resultiert, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung die Einlage des B als eine Sacheinlage erscheint.

c. Sacheinlagefähigkeit
Da es sich weder um Arbeitsleistung noch um Forderungen gegen Gesellschafter handelt, und vielmehr eine Sache Gegenstand des Tausches ist, ist der betrachtete Gegenstand (Mähdrescher) sacheinlagefähig.

d. Abrede bei Übernahme
Zu fragen ist, inwiefern über die Verknüpfung zwischen Geldeinlage und späterem Austausch gegen eine Sache eine Abrede zwischen B und der Gesellschaft oder anderen Gesellschaftern getroffen wurde.
Aus dem Sachverhalt sind keinerlei Abreden zwischen B und irgendjemandem ersichtlich. Dies ist aber nicht zwingend erforderlich. Eine o. g. Abrede wird in der Rechtsprechung regelmäßig dann unterstellt, wenn das Folgegeschäft (hier: Verkauf des Mähdreschers an F durch B) innerhalb einer gewissen Zeit erfolgt. Auf jeden Fall wird eine solche Abrede angenommen, wenn das Rechtsgeschäft über den Gegenstand innerhalb von 6 Monaten ab Gründung oder Leistung der Einlagen geschieht.
Die F wurde am 15. 1. gegründet und B hat seine Geldeinlage im Umfang von 30.000,- EUR am 30. 1. gezahlt. Bereits am 20. 2. hat der den Mähdrescher der F verkauft und am 1. 3. auch übergeben. Dies war nicht später als 2 Monate nach Gesellschaftsgründung. Der Zeitraum dazwischen ist deutlich kürzer als die von Rechtsprechung als maßgeblich genannten 6 Monate.
Eine entsprechende Abrede zwischen B und der Gesellschaft oder ihren Gesellschaftern kann unterstellt werden.

e. Anrechnung des Wertes
Es stellt sich allerdings ferner die Frage, inwiefern der Wert der zur Verfügung gestellten Sacheinlage auf die Erfüllung der Einlageverpflichtung anzurechnen ist. Gem. § 19 Abs. 4 Satz 3 GmbHG ist dies vorzunehmen, jedenfalls entsprechend dem Wert bei (in diesem Fall) Überlassung der Einlage.
Der Mähdrescher des B wird der F am 1. 3. zur Verfügung gestellt. Kurz davor weist dieser einen Wert von 50.000 EUR. Kann dieser Wert unterstellt werden und weist B diesen Wert insbesondere im Zweifel nach (§ 19 Abs. 4 Satz 4 GmbHG), ist sein Wert auf die Einlageverpflichtung anzurechnen.
Da der Wert des Mähdreschers insgesamt die Höhe der Einlageverpflichtung übersteigt, und B am Ende einen werthaltigen Gegenstand (50.000,- EUR) für einen niedrigen Kaufpreis (45.000,- EUR) übergibt, ist jedenfalls die bereits getätigte Geldeinlage in Höhe von 30.000,- EUR als erfüllt anzusehen.

3. Ergebnis
Der Anspruch der F gegen B ist im Hinblick auf die gezahlten 30.000,- EUR als Stammeinlage - auch unter Berücksichtigung des § 19 Abs. 4 GmbHG - erfüllt. F hat gegen B nur noch einen Anspruch auf Zahlung der restlichen 15.000,- EUR. Dies kann sie allerdings erst dann verlangen, wenn auch C seine ausbleibenden Zahlungen vornimmt (§ 19 Abs. 1 GmbHG).



D. Anspruch F gegen C
=> F gegen C auf Zahlung der Verzinsung, § 488 Abs. 1 S. 2 BGB
=> F gegen C auf Rückzahlung der Darlehenssumme, § 488 Abs. 3 BGB (bei Fälligkeit)

=> F gegen C auf Zahlung der Stammeinlage gem. § 14 GmbHG i. V. m. der Übernahmeerklärung des C

F könnte gegen C einen Anspruch auf Zahlung der Stammeinlage (20.000,- EUR) gem. § 14 GmbHG i. V. m. der Übernahmeerklärung des C haben. Dies ist dann der Fall, wenn F den Anspruch erworben hat, dieser nicht verloren gegangen und durchsetzbar ist.

1. Anspruchserwerb
F könnte den Anspruch auf Zahlung der Stammeinlage gegen C erworben haben. Dies setzt voraus, dass die Einlage durch C im Gesellschaftsvertrag vorgesehen wurde und C diese in einer entsprechenden Erklärung auch i. S. d. § 14 GmbHG übernommen hat.

Im Gesellschaftsvertrag der F vom 15. 1. ist eine Stammeinlage des C in Höhe von 20.000,- EUR vorgesehen. Eine vertragliche Regelung liegt somit vor. Laut Sachverhalt übernimmt C auch die 20 % der Anteile (entspricht 20.000,- EUR), so dass von einer Übernahmeerklärung seinerseits auszugehen ist.

F hat gegen C einen Anspruch auf Zahlung der Stammeinlage in Höhe von 20.000,- EUR erworben.

2. Anspruch nicht verloren
F könnte den Anspruch allerdings verloren haben. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn C mit Erfüllungswirkung gezahlt hat (§ 362 BGB). Im Hinblick auf die noch nicht gezahlten 15.000,- EUR Geldeinlage kann von Erfüllung keine Rede sein. Dieser Anspruch bleibt insofern ohne Zweifel bestehen.

Fraglich ist lediglich, ob die Zahlung der 5.000,- EUR durch C zur (teilweise) Anspruchserfüllung und damit Untergang der Forderung geführt hat. Der Anspruch ist jedenfalls dann erloschen, wenn C diesen mit Erfüllungswirkung beglichen hat. Dafür müsste er die Leistung wie vereinbart bewirkt haben. Ferner ist dafür aber auch Voraussetzung, dass die Erfüllungswirkung der Zahlung nicht gem. GmbHG ausgeschlossen ist.
C hat 5.000,- EUR am 30. 1. auf das Konto der F eingezahlt. Damit hat er jedenfalls den versprochenen und fälligen Teil der Geldeinlage an die F wie geschuldet bewirkt.

Es stellt sich allerdings die Frage, inwiefern die Erfüllungswirkung nicht gem. § 19 GmbHG ausgeschlossen ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine verdeckte Sacheinlage gem. § 19 Abs. 4 GmbHG oder ein Fall des § 19 Abs. 5 GmbHG vorliegt.

Eine verdeckte Sacheinlage gem. § 19 Abs. 4 GmbHG würde nach h. M. voraussetzen, dass ein sacheinlagefähiger Gegenstand in Betracht kommt. Der zwischen F und C abgeschlossene Darlehensvertrag und die daraus eventuell folgenden Forderungen sind aber nicht sacheinlagefähig i. S. d. Gesellschaftsrechts. Damit kann § 19 Abs. 4 GmbHG in diesem Fall nicht angewendet werden.

Die Erfüllungswirkung entfällt aber auch dann, wenn eine Rückzahlung an den Gesellschafter i. S. d. § 19 Abs. 5 GmbHG vorliegt. Eine solche Rückzahlung könnte hier infolge der Darlehensvereinbarung zwischen F und C gegeben sein. Dies setzt voraus, dass eine Geldeinlage vorliegt, im Sachverhalt aber ein Vorgang festzustellen ist, der einer Rückzahlung dieser gleichsteht, zwischen den Beteiligten eine Abrede über die Rückzahlung der Einlage gegeben ist und dieser Rückzahlung kein vollwertiger Anspruch der Gesellschaft gegenübersteht.

a. Geldeinlage
C hat insgesamt 20.000,- EUR Geldeinlage übernommen und davon bereits 5.000,- EUR bezahlt. Dies ist eine Einlage im Sinne des § 19 Abs. 5 GmbHG, die entrichtet wurde.

b. Rückzahlung
C vereinbart mit F und erhält sogleich ein Darlehen am 31. 3. in Höhe von 10.000,- EUR. Es stellt sich die Frage, ob eine (temporäre) Auszahlung einer Darlehenssumme eine Rückzahlung sein kann. Eine Rückzahlung i. S. d. § 19 Abs. 5 GmbHG ist jedoch jede Leistung an den Gesellschafter. Eine Darlehensauszahlung ist eine Solche Leistung.
C zahlt am 30. 1. die 5.000,- EUR als Einlage an die F und am 31. 3. empfängt er von der F wieder 10.000,- EUR. Dies erscheint - zumindest im Hinblick auf die 5.000,- EUR - als eine Rückzahlung i. S. d. § 19 Abs. 5 GmbHG.
Eine Rückzahlung i. S. d. Vorschrift liegt vor.

c. Vorherige Vereinbarung der Rückzahlung
Die Rückzahlung an C müsste auch i. S. d. § 19 Abs. 5 GmbH vor der Einlage vereinbart worden sein. Im Sachverhalt ist von einer solchen Vereinbarung allerdings nicht die Rede. Dennoch wird eine solche Vereinbarung durch Gerichte regelmäßig dann vermutet, wenn die Rückzahlung im zeitlichen Zusammenhang mit der Einlage erfolgt - insb. innerhalb von 6 Monaten.
C zahlt seine Einlage am 30. 1. zum Teil (5.000,- EUR) ein. Am 31. 3. - also 2 Monate später - wird das Darlehen an ihn ausgezahlt. Demzufolge sind keine 6 Monate seit Einlagenzhalung vergangen. Es ist anzunehmen, dass eine Rückzahlungsvereinbarung vorliegt. Dies hat C auch nicht widerlegt.

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