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Fallbeispiel: Der geschenkte 350 SL

ein Klausurfall aus dem Sommersemester 2018 - WIPR I


Sachverhalt

Der 70-jährige E ist verwitwet und wohnt in der Nachbarschaft der Familie des 15-jährigen M. E ist krank, verschweigt dies aber vor M. M verbringt viel Zeit mit E, in der beide den Oldtimer des E – einen Mercedes 350 SL aus dem Jahre 1973 – pflegen und reparieren. Die Eltern des M sehen die Bekanntschaft mit E etwas kritisch, aber dulden die häufigen Besuche bei E, nicht zuletzt deshalb, weil sie selbst – beide voll berufstätig – kaum Zeit für M haben.

Nachdem sich der Zustand des E derart verschlechtert hat, dass E im Krankenhaus behandelt werden muss, bittet E seinen Freund F, Schlüssel für den Mercedes und die kompletten Autopapiere dem M zu geben, damit er sich an dem Oldtimer künftig allein erfreut. E würde das Krankenhaus voraussichtlich nicht mehr verlassen. Dabei betont E, wie wichtig ihm dieses Anliegen ist, dass M das Auto erhält. Dabei geht E auch davon aus, dass die Eltern des M nichts dagegen haben werden. F verspricht, den Wunsch des E demnächst zu erfüllen. Als F den E nach einer Woche wieder besuchen will, ist E tot.

Der aufgebrachte F geht darauf hin direkt zu M, überbringt ihm die traurige Nachricht und zugleich die Schlüssel sowie Dokumente des Mercedes. M ist untröstlich, nimmt das Geschenk des E aber dankend an. Als die Eltern des M dies erfahren, sind sie der Meinung, dass M zu jung sei für ein Auto. Er könne mit dem Auto doch gar nicht fahren. Auch die Steuern, Versicherung und Pflege des Wagens könne er sich gar nicht leisten. M besteht darauf, das Auto zumindest aus Respekt für E zu behalten. Das Auto wird vorerst in die Garage der Familie des M gestellt.

Zwischenzeitlich meldet sich der Sohn des verstorbenen E – S – und sucht den Mercedes. Er spricht mit den Eltern des M und merkt, dass sie das Geschenk gar nicht gut finden und möchte die Gelegenheit nutzen, das wertvolle Fahrzeug (Marktwert ca. 50.000 EUR) zurückzuerlangen. Nachdem er von F erfährt, dass E davon ausging, die Eltern des M hätten nichts gegen das Geschenk, teilt er M und seinen Eltern mit, dass vor diesem Hintergrund auf jeden Fall – wenn die Schenkung denn überhaupt rechtens sein sollte – der Vertrag rückgängig gemacht werden müsse, weil sich E in seiner Annahme geirrt habe, dass die Eltern des M die Schenkung akzeptieren würden. Deshalb verlangt er Herausgabe des Oldtimers an ihn, S, als rechtmäßigen Erben.

Zurecht?

Eventuelle Probleme des Erbrechts sind nicht zu prüfen!




Musterlösung


Anspruch aus § 985 BGB
S könnte gegen M einen Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeugs gem. § 985 BGB haben. Die Voraussetzung dafür ist, dass S den Anspruch erworben, diesen nicht verloren hat und der Anspruch durchsetzbar ist.
S könnte den Anspruch erworben haben. Dies ist dann der Fall, wenn es sich beim fraglichen Gegenstand um eine Sache i. S. d. § 985 BGB handelt, S Eigentümer und M Besitzer dieser Sache ist dem M kein Recht zum Besitz zusteht.

A. Sache i. S. d. § 985 und § 90 BGB
Der Mercedes könnte eine Sache sein. Dafür müsste das Fahrzeug gem. § 90 BGB ein körperlicher Gegenstand sein. Dies ist der Fall. Damit ist der Anspruchsgegenstand eine Sache auch i. S. d. § 985 BGB.

B. Eigentum des S
Ferner müsste S Eigentümer des Fahrzeugs sein. Dafür muss S das Eigentum am Mercedes erworben und darf es nicht verloren haben.

1. Ursprünglicher Eigentümer
Ursprünglicher Eigentümer des Fahrzeugs war E.

2. Gespräch zwischen E und F
E könnte das Eigentum an F verloren haben, indem er ihm die Fahrzeugschlüssel und Papiere übergibt. Hier mangelt es aber an einer dinglichen Einigung, ohne die ein Eigentumsübergang nicht möglich ist. F ist damit nicht Eigentümer des Fahrzeugs geworden.

3. Tod des E
S könnte das Eigentum durch den Tod des E kraft Gesetzes gem. § 1922 BGB erworben haben. Voraussetzung dafür ist, dass ein Erbfall eingetreten und S Erbe des E ist. Mit dem Tod des E liegt ein Erbfall vor, S ist Sohn des E und laut Angabe im Sachverhalt sein "rechtmäßiger Erbe". Damit ist S gem. § 1922 BGB Eigentümer des Fahrzeugs geworden.

4. Überlassung des Fahrzeugs an M
S könnte das Eigentum allerdings dadurch verloren haben, dass M das Eigentum gem. 929 S. 1 BGB erworben hat. Voraussetzung dafür ist, dass sich M und der Veräußerer über den Eigentumsübergang geeinigt haben, eine Übergabe der Sache erfolgt ist, die Vertragsparteien sich bei Übergabe nach wie vor einig waren und der Veräußerer auch berechtigt war.

a. Einigung
Zwischen M und dem Veräußerer der Sache könnte eine dingliche Einigung vorliegen. Voraussetzung dafür ist, dass ein dinglicher Vertrag zwischen Veräußerer und Erwerber über die Eigentumsübertragung geschlossen wurde und dieser wirksam ist.

(a) Dinglicher Vertrag
Zwischen M und dem Veräußerer könnte ein Vertrag geschlossen worden sein. Dafür muss ein annahmefähiges Angebot angenommen worden und zwischen den Erklärungen Übereinstimmung gegeben sein.

(i) Angebot
E könnte dem M ein Angebot unterbreitet haben, Eigentum am Auto zu erwerben. Dafür muss eine Willenserklärung vorliegen, die den Inhalt Angebot hat. Ferner muss sie abgegeben werden und dem Adressaten (M) zugegangen sein. Darüber hinaus darf das Angebot nicht vor Zugang gem. § 130 Abs. 1 S. 2 BGB widerrufen worden sein.

Laut Sachverhalt hat E seinen Willen dem F gegenüber geäußert. Danach wollte er das Eigentum am Mercedes dem M verschaffen. Damit liegt eine Willenserklärung vor, die inhaltlich ein Angebot zur Eigentumsübertragung enthält.

Das Angebot könnte auch durch E abgegeben worden sein. In diesem Fall gibt der E sein Angebot nicht persönlich gegenüber M ab, sondern bedient sich des F. F könnte hier als Vertreter oder Bote gehandelt haben, so dass die Handlungen des F dem E zugerechnet werden. Dafür ist Voraussetzung, dass F als Bote eingesetzt wurde, die Erklärung auf diese Weise so auf den Weg gebracht wurde, dass mit Zugang zu rechnen ist.
Ein Bote ist eine Person, welche eine fremde Erklärung im Auftrag eines anderen überbringt. F soll in diesem Fall lediglich die Nachricht sowie die Fahrzeugschlüssel und Papiere überbringen, so dass er keine eigene Willenserklärung abgibt. Damit kann er nur als Bote des E gehandelt haben. Dabei hat E den F eingesetzt. Er soll nun die Erklärung samt Schlüssel und Papieren dem M bringen, so dass die Erklärung so auf den Weg gebracht wurde, dass mit Zugang (bei M) zu rechnen ist. Damit ist die Abgabe der Erklärung - über einen Boten - erfolgt.

Fraglich ist, inwiefern sich der Tod des E auf seine Erklärung gegenüber M auswirkt. Gem. § 130 Abs. 2 BGB ist es allerdings ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach Abgabe der Willenserklärung stirbt. Dies ist in diesem Fall geschehen. Die Erklärung des E wird durch seinen Tod deshalb nicht beeinträchtigt.

Die Erklärung des E könnte M zugegangen sein. Dies ist dann der Fall, wenn sie so in den Machtbereich des M gelangt ist, dass Kenntnisnahme möglich war. F überbringt dem M die Schlüssel, Papiere des Fahrzeugs sowie die Information, dass M Eigentümer werden soll. Somit ist die Willenserklärung dem M zugegangen.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob das Angebot nicht im Sinne des § 130 Abs. 1 S. 2 BGB widerrufen wurde. Dies ist dann der Fall, wenn das Angebot vor oder gleichzeitig mit Zugang der Erklärung bei M widerrufen worden ist. E ist bei Übergabe der Schlüssel bereits tot und S (als Erbe, der in die Rechte und Pflichten des E eingetreten ist) mit der Überlassung des Fahrzeugs gem. Sachverhalt nicht einverstanden. Allerdings meldet sich S bei M lange nachdem das Fahrzeug durch F übergeben wurde. Ein Widerruf i. S. d. § 130 Abs. 1 S. 2 BGB wäre jedenfalls zu spät erfolgt, so dass festzuhalten ist, dass das Angebot dem M ordnungsgemäß zuging.

Ein Angebot zur Eigentumsübertragung seitens E liegt vor.

(ii) Annahme
M könnte das Angebot angenommen haben. Voraussetzung einer Annahme ist, dass eine Willenserklärung mit Inhalt Annahme vorliegt, sie abgegeben wurde und der anderen Partei zugegangen ist. M ist mit der Eigentumsübertragung - ungeachtet der Bedenken seiner Eltern - einverstanden, so dass eine Annahmeerklärung seinerseits vorliegt. Es stellt sich aber die Frage, inwiefern seine Erklärung dem Veräußerer zugegangen ist. Dem E ist sie - da er tot ist - definitiv nicht zugegangen. S erfährt von der Überlassung des Fahrzeugs sehr spät, so dass sich die Frage stellt, ob die dingliche Einigung bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorlag.

Die Annahme könnte allerdings gem. § 151 BGB in vereinfachter Form vorliegen. Dies ist dann der Fall, wenn die Annahmeerklärung gegenüber dem Anbietenden nach Verkehrssitte oder nach dem Willen des Anbietenden nicht erforderlich ist. Ferner müsste aber M eine Annahmehandlung vorgenommen haben.
E wollte das Fahrzeug dem M auf jeden Fall überlassen und hat sogleich dem F die Schlüssel und Fahrzeugpapiere übergeben. Mit Rückmeldung des M rechnete er nicht. Damit verzichtete er auf eine Annahmeerklärung i. S. d. § 151 BGB. M hat das Fahrzeug auch in Emfpang genommen, was als Annahmehandlung i S. d. § 151 BGB ausreicht. Annahme gem. § 151 BGB liegt vor.

(iii) Bindung an das Angebot
Der Veräußerer müsste zum Zeitpunkt der Annahme durch M an das Angebot gebunden sein. Es stellt sich die Frage, inwiefern das Angebot des E über seinen Tod hinaus bindend ist. Dies ist gem. § 153 BGB dann nicht der Fall, wenn der Antragende sich nicht über den Tod hinaus vertraglich binden wollte. E hat die Überlassung des Fahrzeugs aber gerade angesichts seines bevorstehenden Todes vorgenommen. Damit ist die Bindung über den Tod hinaus ausdrücklich gewollt. Das Angebot ist auch bei Annahme gem. § 153 BGB bindend gewesen.

(iv) Übereinstimmung
Zwischen dem Angebot der Übereignung seitens E und der Annahme durch M besteht Übereinstimmung.

Damit liegt dinglicher Vertrag zwischen Veräußerer und Erwerber i. S. d. § 929 S. 1 BGB vor.

(b) Inhalt
M soll das Eigentum am Fahrzeug erwerben. Demnach soll das Eigentum am Auto auf M übergehen. Es handelt sich somit inhaltlich um eine dingliche Einigung.

(c) Wirksamkeit der dinglichen Einigung
Die Einigung zwischen E und M könnte allerdings unwirksam sein. Der Vertrag könnte insbesondere wegen der beschränkten Geschäftsfähigkeit des M gem. § 108 Abs. 1 BGB unwirksam sein. Dafür muss M i. S. d. § 106 BGB beschränkt geschäftsfähig sein und das Rechtsgeschäft darf nicht gem. §§ 107 ff. BGB ausnahmsweise wirksam sein.

(i) beschränkte Geschäftsfähigkeit des M
M könnte beschränkt geschäftsfähig sein. Dafür muss er zum Personenkreis gem. § 106 BGB gehören. Demnach sind Personen beschränkt geschäftsfähig, die minderjährig i. S. d. § 2 BGB (unter 18) sind, die allerdings das 7. Lebensjahr vollendet haben.
M ist 15 Jahre alt. Damit ist er beschränkt geschäftsfähig gem. § 106 BGB.

(ii) Wirksamkeit gem. §§ 107 ff. BGB
Die Wirksamkeit der dinglichen Einigung könnte sich allerdings aus §§ 107 ff. BGB ergeben. In Betracht kommt zunächst die Wirksamkeit gem. § 107 BGB, wonach ein Rechtsgeschäft dann wirksam ist, wenn es dem Minderjährigen einen lediglich rechtlichen Vorteil bringt.
Im vorliegenden Fall soll eine Verfügung vorgenommen werden. Eine Verfügung ist lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn der Minderjährige allenfalls nur Rechte oder Rechtspositionen erwirbt und nicht persönlich belastet wird. M soll das Eigentum am Fahrzeug erwerben. Dies ist ein Rechtserwerb. Eine persönliche rechtliche Belastung würde hier nur bestehen, wenn er das Auto nutzt - dann würden Steuern, Versicherung etc. anfallen. Dies sind aber keine Folgen des Eigentumserwerbs, somit keine direkten rechtlichen Nachteile i. S. d. § 107 BGB.
Demzufolge ist der Eigentumserwerb für M lediglich rechtlich vorteilhaft und gem. § 107 BGB wirksam.

Weitere Wirksamkeitshindernisse kommen nicht in Betracht. Deshalb ist die dingliche Einigung wirksam.

Eine dingliche Einigung i. S. d. § 929 S. 1 BGB liegt vor.

b. Übergabe
F hat dem M im Auftrag des E die Schlüssel und Fahrzeugpapiere überreicht. Damit hat er die Übergabe vollzogen.

c. Einigsein bei Übergabe
Fraglich ist allerdings, ob sich Veräußerer und Erwerber bei Übergabe noch einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. E ist zum Zeitpunkt der Übergabe bereits tot und sein Erbe - S - teilt die Absicht des E, das Fahrzeug dem M zu überlassen, gar nicht.
Die Einigkeit bei Übergabe bedeutet allerdings lediglich, dass kein Widerruf der eventuell vorher erfolgten Einigung gegeben ist. Ein solcher Widerruf ist zum Zeitpunkt der Übergabe der Schlüssel und Papiere durcvh F an M nicht ersichtlich. Damit sind sich die Parteien bei Übergabe über den Eigentumsübergang einig.

d. Berechtigung
E ist Eigentümer des Fahrzeugs gewesen, also durfte er darüber verfügen.

S hat demzufolge das Eigentum zugunsten des M gem. § 929 S. 1 BGB verloren. Dadurch ist S kein Eigentümer des Fahrzeugs.

C. Ergebnis
S hat den Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeugs gem. § 985 BGB gegen M nicht erworben, der Anspruch besteht nicht.



Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB
S könnte einen Anspruch gegen M gem. § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB auf Herausgabe des Fahrzeugs haben. Dies ist dann der Fall, wenn S den Anspruch erworben, diesen nicht verloren hat und er auch durchsetzbar ist.

S könnte den Anspruch erworben haben. Dafür muss M etwas erlangt haben, durch eine Leistung und ohne Rechtsgrund.

D. Etwas erlangt
M könnte von S etwas erlangt haben. M hat hier - wie oben festgestellt - das Eigentum am Fahrzeug erworben. Darüber hinaus hat er auch den Besitz am Fahrzeug erlangt. Eigentum und Besitz sind ein "Etwas" i. S. d. § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB. M hat etwas erlangt.

E. Durch Leistung
M könnte das Eigentum und Besitz durch eine Leistung des E, von dem S erbt, erlangt haben. Eine Leistung ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. M hat das Fahrzeug infolge einer Schenkung, also zur Erfüllung eines Verpflichtungsgeschäftes, erlangt. Damit liegt eine Leistung vor.

F. Ohne Rechtsgrund
M könnte das Eigentum und den Besitz am Fahrzeug ohne Rechtsgrund erlangt haben. Als Rechtsgrund kommt hier ein Vertrag in Betracht, hier konkret die Schenkung des E. Dafür bedarf es eines Vertragsschlusses, eines Inhalts entsprechend der Leistung und der Wirksamkeit des Vertrages.

1. Vertragsschluss
Zwischen S und M könnte ein Vertrag geschlossen worden sein. Voraussetzung dafür ist, dass ein annahmefähiges Angebot angenommen wurde und zwischen dem Angebot und der Annahme Übereinstimmung herrscht.

a. Angebot
Es könnte ein Angebot des E vorliegen. Dies ist dann der Fall, wenn E eine Willenserklärung mit dem Inhalt Angebot abgegeben hat und diese dem Adressaten zugegangen ist.
E spricht mit F und bittet ihn, dem M Fahrzeugschlüssel und -papiere zu überreichen, weil er dem M das Auto schenken will. Darin ist eine Willenserklärung mit dem Inhalt Angebot (eines Schenkungsvertrages) zu sehen.
E könnte das Angebot auch abgegeben haben. Persönlich handelte E gegenüber M nicht. Ihm könnten aber die Handlungen des F zugerechnet werden, sofern F als Vertreter oder Bote gehandelt hat.
Die Abgabe des Angebotes könnte insbesondere durch F als Boten erfolgt sein. Dies setzt voraus, dass E den F als Boten eingesetzt hat und die Erklärung in der Weise auf den Weg gebracht hat, dass mit Zugang zu rechnen ist.
F überbringt in diesem Fall lediglich die Erklärung des E. Damit gibt er keine eigene Erklärung ab. Er überbringt lediglich die Nachricht des E. Damit ist er Bote, der vom E eingesetzt wurde. Mit dem Auftrag an F bringt E die Erklärung in der Weise auf den Weg, dass mit Zugang zu rechnen ist. Abgabe der Willenserklärung liegt vor.

Die Erklärung müsste dem M auch zugehen. F überbringt die Fahrzeugpapiere und -schlüssel ebenso wie die Nachricht dem M. Damit geht die Erklärung dem M zu. Der zwischenzeitlich erfolgte Tod des E ist gem. § 130 Abs. 2 BGB ohne Belang. Zugang ist gegeben.

Auch im Hinblick auf das Schenkungsangebot kommt ein Widerruf durch S gem. § 130 Abs. 1 S. 2 BGB nicht in Betracht.

Ein Angebot der Schenkung durch E ist gegeben.

b. Annahme
M könnte das Angebot angenommen haben. Er äußert gegenüber F seine Zustimmung zur Schenkung, allerdings kommt seine Erklärung bei E nicht und vorerst auch bei S nicht an. Damit fehlt zunächst der Zugang der Annahmeerklärung beim Antragenden.

Die Annahme könnte allerdings ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden gem. § 151 BGB erfolgt sein. Voraussetzung dafür ist, dass dies gemäß Verkehrssitte nicht erforderlich ist oder der Antragende hierauf verzichtet hat. In diesem Fall ist die Annahme durch eine einfache Annahmehandlung möglich.
E will den M unbedingt beschenken und dies auch angesichts seines möglicherweise baldigen Todes. Er erwartet von M keinerlei weitere Rückmeldung, so dass anzunehmen ist, dass er die Schenkung auch ohne Annahmeerklärung ihm gegenüber vornehmen will. Damit verzichtet er auf die Annahmeerklärung ihm gegenüber. M nimmt das Geschenk an, was als Annahmehandlung i. S. d. § 151 BGB ausreicht.
Annahme gem. § 151 BGB liegt vor.

c. Bindung an den Antrag
E bzw. S könnte bei Annahme der Schenkung noch an den Antrag von E gebunden sein. Annahmefristen wurden keine vereinbart und es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Annahme zu spät erfolgte.
Es stellt sich allerdings die Frage, inwiefern der Tod des E Einfluss auf die Annahmefähigkeit seines Schenkungsangebotes gegenüber M hat. Das Schenkungsangebot war jedenfalls gem. § 153 BGB dann nach dem Tod des E nicht bindend, wenn der Antragende sich nicht über den Tod hinaus binden wollte. E hat die Schenkung des Fahrzeugs gerade angesichts seines bevorstehenden Todes vorgenommen. Damit ist die Bindung über den Tod hinaus ausdrücklich gewollt. Das Angebot ist bei Annahme gem. § 153 BGB bindend gewesen.

d. Konsens
E hat M die Schenkung des Mercedes angeboten, M hat diese Schenkung angenommen. Zwischen dem Angebot seitens E und der Annahme durch M besteht Übereinstimmung.

Damit liegt ein Vertrag zwischen E und M vor.

2. Vertragsinhalt
E wollte M ein Geschenk machen, mit dem M einverstanden war. Damit handelt es sich bei der Vereinbarung um einen Schenkungsvertrag.

3. Wirksamkeit der Schenkung
Der Vertrag zwischen E und M könnte allerdings unwirksam sein. Der Vertrag könnte insbesondere wegen einem eventuellen Formmangel gem. § 125 S. 1 BGB oder wegen der beschränkten Geschäftsfähigkeit des M gem. § 108 Abs. 1 BGB unwirksam sein.

a. Formmangel
Der Vertrag ist im Ergebnis nicht gem. § 125 S. 1 BGB unwirksam, weil die notarielle Beurkundung gem. § 518 Abs. 1 BGB zwar fehlt, aber der Formmangel wegen der Bewirkung der Leistung gem. § 518 Abs. 2 BGB geheilt ist.

b. Beschränkte Geschäftsfähigkeit
Die Schenkung könnte gem. § 108 Abs. 1 BGB wegen dem Alter des M unwirksam sein. Dafür muss M i. S. d. § 106 BGB beschränkt geschäftsfähig sein und das Rechtsgeschäft darf nicht gem. §§ 107 ff. BGB ausnahmsweise wirksam sein.

(1) beschränkte Geschäftsfähigkeit des M
M könnte beschränkt geschäftsfähig sein. Dafür muss er zum Personenkreis gem. § 106 BGB gehören. Demnach sind Personen beschränkt geschäftsfähig, die minderjährig i. S. d. § 2 BGB (unter 18) sind, die allerdings das 7. Lebensjahr vollendet haben.
Wie bereits oben erwähnt ist M 15 Jahre alt. Damit ist er beschränkt geschäftsfähig gem. § 106 BGB.

(2) Wirksamkeit gem. §§ 107 ff. BGB
Die Wirksamkeit der dinglichen Einigung könnte sich allerdings aus §§ 107 ff. BGB ergeben. In Betracht kommt zunächst die Wirksamkeit gem. § 107 BGB, wonach ein Rechtsgeschäft dann wirksam ist, wenn es dem Minderjährigen einen lediglich rechtlichen Vorteil bringt.
Im vorliegenden Fall soll eine Schenkung vorgenommen werden. Ein schuldrechtlicher Vertrag - was eine Schenkung auch ist - ist lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn dem Minderjährige durch diesen keinerlei Pflichten entstehen. Die Schenkung zugunsten des Minderjährigen ist eine solche, wenn sie neben der Schenkung als solcher keine Verpflichtungen vorsieht.
Durch die Schenkung seitens E sollen M keine Pflichten erwachsen. Er ist lediglich der Beschenkte und einzige Pflicht aus dem Schenkungsvertrag ist für E bzw. S entstanden. Eventuelle Steuer- und Versicherungspflichten sind im Hinblick auf die Schenkung gar nicht relevant, weil sie erst nach Erfüllung der Schenkung entstehen können und auch dies gar nicht aus der Eigentumsübertragung resultiert, was bereits oben festgestellt wurde. Die Schenkung selbst ist damit lediglich rechtlich vorteilhaft für M. Auf die Einwilligung oder Zustimmung des gesetzlichen Vertreters kommt es nicht an.
Demzufolge ist die Schenkung gem. § 107 BGB wirksam.

Weitere Wirksamkeitshindernisse kommen nicht in Betracht. Deshalb ist die Schenkung auch wirksam.

4. Zwischenergebnis
Es ist festzuhalten, dass die Schenkung zugunsten des M wirksam ist. Sie stellt demnach einen Rechtsgrund i. S. d. § 812 Abs. 1 BGB vor. Die Leistung zugunsten des M war deshalb begründet, die Voraussetzungen (insb. das "ohne Rechtsgrund") des § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB sind nicht erfüllt.

S hat gegen M keinen Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeugs.


intern: Gran Torino


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