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Fall: Der fiese Lehrling


A. Sachverhalt
Fies (F) wird in der unabhängigen Autowerkstatt des Streng (S) ausgebildet und fühlt sich dort nicht sehr wohl. Er ist der Meinung, dass er als Anfänger durch den Geschäftsinhaber "gemobbt" würde und dass er eigentlich viel mehr verdienen müsste, wenn er so schuften soll. Als ihn S bittet, ein Getriebelager für den BMW des S im BMW-Autohaus (B) zu besorgen, mit dem das Auto des S repariert werden soll, fasst F den Plan, dem S seine Gemeinheiten heimzuzahlen.

F nimmt den Zettel, auf dem S die genaue Nummer des Ersatzteils aufgeschrieben hat, korrigiert mit dem Kugelschreiber des S die Bezeichnung so, dass die Zahlen eine Nummer eines völlig anderen Teils ergeben und begibt sich in das Autohaus. Da das Ersatzteil mit der von F vorgelegten Nummer nicht im Lager ist, bietet ein Mitarbeiter bei B an, das Teil am nächsten Tag bei S direkt abzuliefern. F willigt ein.

Am nächsten Tag wird ein kompletter Motorblock für 3.000 EUR bei S geliefert. S überprüft den Zettel, den er F gegeben hat, bemerkt die kindische Schrift des F und verweigert die Annahme der Lieferung sowie die Bezahlung des Kaufpreises.

B. Frage
Welche Ansprüche hat B?

C. Lösungshinweise


1. Erfüllungsanspruch B gegen S auf Zahlung der 3.000 EUR aus § 433 Abs. 2 BGB
Da F das Angebot des S überbracht hat, stellt sich die Frage, ob dieses dem S zugerechnet werden kann.
F ist wohl kein Vertreter, weil er die genaue Ersatzteilnummer auf einem Zettel hatte. Er gibt insofern keine eigene Willenserklärung ab, sondern überbringt lediglich die Erklärung des S (bzw. sollte dies zumindest tun).
Die dabei vorgenommene Umgestaltung der Erklärung auf dem Zettel führt allerdings zu Problemen: die von S auf den Weg gebrachte Erklärung kommt beim Adressaten (so, wie gewollt) nie an. Deshalb mangelt es am Zugang der Angebotserklärung des S beim Adressaten, weshalb nach h. M. gar kein Angebot seitens S gegeben ist und damit kein Vertrag zustande kam.

Schließt man sich der Meinung einiger Autoren an, ist ein Vertrag zustande gekommen, kann aber möglicherweise angefochten werden. Anfechtung gem. § 120 BGB wäre dann möglich - auch ein wissentlicher Übertragungsfehler beim Boten fällt vom Wortlaut her hierunter.

Also ist hier entweder
    • der Zugang abzulehnen (h. M.) - und damit kein Vertragsschluss - oder
    • der Vertrag ist wegen § 120 BGB anfechtbar - und damit nach Anfechtung unwirksam.
In jedem Fall kann der Vertrag hier keinen Bestand haben - der Übertragungsfehler ist zu berücksichtigen.

2. Anspruch auf Schadensersatz
B könnte entweder gegen S oder gegen F Schadensersatzansprüche geltend machen.

a. Gegen F direkt
Wenn ein Vertrag hier abgelehnt wird (entsprechend der herrschenden Meinung: die Erklärung des S kam beim Adressaten gar nicht an - eine komplett andere Erklärung wurde in die Welt gesetzt), dann kommt Haftung des F gem. § 179 BGB in analoger Anwendung (gesetzliche Lücke: der Gesetzgeber regelt nicht, wie ein Bote ohne "Botenmacht" zu behandeln ist, während § 179 I BGB dies in einer vergleichbaren Situation sachgerecht regelt) in Betracht.

b. Gegen S, mit Regreßmöglichkeit gegen F
Soll zwischen S und B ein Vertrag zustande gekommen aber angefochten worden sein, dann hat B gegen S einen Anspruch auf Schadensersatz gem. § 122 BGB. Muss S den Vertrauensschaden des B ersetzen, kann er den F in Anspruch nehmen, wegen Verletzung des Rechtsverhältnisses zwischen S und F.



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