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Version [31987]

Dies ist eine alte Version von FallDieLeidenGehenWeiter erstellt von MartinEbert am 2013-06-24 11:51:24.

 

FALL 5 Die Leiden gehen weiter


Thema: Sachmängel


Die Ausgangslage des Falles ist ähnlich wie in Fall 4.
B erwirbt von V für seinen Onkel O die Druckermaschine für 2.500 Euro. V hatte die Maschine als Restposten von einer auslaufenden Serie übrig. Ein weiteres Restexemplar hat V bereits verkauft. Die Druckermaschine für den O ist das letzte Exemplar.
Die Maschine wird von O nach einem weiteren Telefonat mit B bei V abgeholt. O bezahlt dem V den Kaufpreis von 2.500 Euro. V übergibt und übereignet dem O die Maschine.
Als O sein neues Schmuckstück dann später am Tag in der Firma anschließt und zum ersten Mal nutzen will, stellt er leider fest, dass die Druckermaschine nicht richtig funktioniert. O ruft den V an und berichtet ihm von dem Mangel, dass die Maschine zwar hochfährt, aber nur fehlerhafte Symbole druckt, Kauderwelsch statt Hochdeutsch.
V bietet dem O an vorbeizukommen und "die Sache in Ordnung zu bringen", es muss sich wohl um ein Softwareproblem handeln oder um einen Draht, der die Signale nicht richtig vom Prozessor zur Druckmechanik weitergibt. O will sich damit jedoch nicht zufrieden geben. Er verlangt eine ganz neue Maschine, mit der Begründung, in die alte habe er "kein Vertrauen mehr". Immerhin geht es um 2.500 Euro.
V teilt dem O mit, dass es die letzte Maschine war. Eine neue aus dieser alten Serie anzufertigen, würde den Ausgangspreis von 7.000 Euro (Fall 4, jetzt ist es ja ein Restpostenpreis zu 2.500 Euro !) sogar übersteigen und 9.900 Euro kosten. V erklärt damit dem O, er könne nicht gezwungen werden Verluste zu machen.

Wie zuletzt wendet B sich an C, der sich mit euch zusammensetzt, und stellt ihm die alles entscheidende Frage:
Kann O von V dennoch die Lieferung einer neuen Maschine verlangen?


Lösungsskizze



O könnte gegen V einen Anspruch auf Ersatzlieferung einer neuen Druckmaschine aus §§ 433 I 2, 434 I 3, 437 Nr.1, 439 I Alt. 2 BGB haben.


1. Kaufvertrag (+)
  • dazu müsste ein Vertrag zwischen O und V vorliegen
  • P: zwischen wem geschlossen?


1.1 Kaufvertrag zwischen O und V? (-)
  • und V hatten nie Kontakt zu einander, als das ein Vertrag zwischen ihnen hätte geschlossen werden können


1.2 Vertrag zwischen O und V durch Handeln des B
  • wie oben gezeigt, kein direkter Vertrag zwischen O und V
  • könnte aber durch Handeln des B für O entstanden sein
  • hierfür hätte B entweder Bote oder Stellvertreter sein müssen
  • EXKURS: dazu müsste hier geprüft werden, ob der B als Bote oder Vertreter auftrat


a. Zulässigkeit Stellvertretung
    • dass nur nicht bei sogenannten höchstpersönlichen Geschäften, wie bspw. Ehe
    • hier nicht vorliegend, nur einfacher Kaufvertrag folglich zulässig


b. Abgrenzungsmerkmal für Stellvertretung zum Boten wäre die eigene Willenserklärung des B
    • Beispiel Stellvertretung : B sagt: "Ich kaufe die Maschine für O."
    • Beispiel Bote : B sagt: "O lässt ausrichten, dass er die Maschine kaufen will."
    • hier: SV stellt klar, dass B die Maschine für O erwirbt
    • kommt dabei auf das äußere Auftreten an, folglich:
    • wie der Erklärungsempfänger (V) das Auftreten der Hilfsperson (B) deuten würde
    • mittels Auslegung (SV: "B erwirbt von V für O") also davon auszugehen, dass eine eigene Willenserklärung vorliegt
    • und, dass der V das so deuten konnte


c. in fremdem Namen
    • Stichwort: Offenkundigkeitsprinzip
    • hier: kein Problem, B erwirbt für O von V


d. Vertretungsmacht des B
    • B müsste auch "innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht" handeln, § 164 I S. 1 BGB
    • fraglich, ob B mit Vertretungsmacht handelte
    • SV gibt hierzu keine Informationen
    • es kann aber hier auch dahin stehen
    • denn selbst, wenn keine Vertretungsmacht vorlag und der B somit ein falsus procurator (Vertreter ohne Vertretungsmacht)
war, so könnte eine Genehmigung des O diesen Umstand obsolet werden lassen


e. Genehmigung des Geschäfts durch O gem. § 177 I, § 184 I
    • vorliegend keine ausdrückliche Genehmigung des O
    • ABER: O fährt zu V zahlt den Kaufpreis und nimmt ihm die Maschine ab, während V übergibt und übereignet
    • folglich im Sinne einer konkludenten Handlungsweise (Erfüllung der Pflichten aus dem schwebend unwirksamen
Rechtsgeschäft) ist davon auszugehen, dass O den Kaufvertrag genehmigt hat


1.3 Ergebnis wirksamer Kaufvertrag
Durch die konkludente Genehmigung des O indem er den Kaufpreis zahlte und die Maschine dem V abnahm, wurde aus dem schwebend unwirksamen Kaufvertrag ein wirksamer Kaufvertrag zwischen O und V geschlossen


2. Sachmangel der Maschine gem. § 434 I BGB (§ 446 S.1)


a. Mangel § 434 I S. 1 BGB
    • Mangel liegt vor, wenn die Sache nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist (§ 434 I 1)
    • V und O haben nichts vereinbart, womit ein Mangel gemäß § 434 I 1 ausscheidet


b. Mangel § 434 I S. 2 Nr. 1 BGB
    • könnte aber Mangel darin liegen, dass sich Sache nicht zum vertraglich vorausgesetzten Gebrauch eignet (§ 434 I 2 Nr. 1)
    • der im Vertrag vorausgesetzte Gebrauch ist die Verwendung der Druckmaschine zum Drucken
    • Maschine druckt, kann zum Ducken verwendet werden, so kein Mangel gem. 434 S. I 2 Nr. 1 BGB
    • aber gegebenenfalls Mangel iSd § 434 I S. 2 Nr. 2 BGB


c. Mangel § 434 I S. 2 Nr. 2 BGB
    • hiernach dürfte sich Druckmaschine nicht zum gewöhnlichen Gebrauch eignen
    • dazu laut Gesetz auch zählend, was Käufer laut Aufschrift und Anpreisung hinsichtlich der Kaufsache erwarten kann
    • Druckmaschine war als solche bekannt und angepriesen, dass sie korrekt drucken könnte
    • lag aber nicht vor, konnte drucken, kamen aber nur sinnlose Symbole
    • für Käufer nachteilige Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit
    • Mangel (+)


3. Bei Gefahrübergang gem. § 446 S. 1 BGB
  • gem. § 446 S. 1 BGB bei Übergabe der Kaufsache
  • lag laut SV vor; O schloss Maschine an und diese funktionierte nicht
  • darüber hinaus keine Angaben im SV, dass O irgendwie den Mangel herbeiführte


4. Zwischenergebnis
O hat die in § 437 Anspruch auf Nacherfüllung gemäß §437 Nr. 1.


5. Einrede Unverhältnismäßigkeit gem. § 439 III S. 1 BGB
  • grundsätzlich kann der Käufer frei auswählen, wie nacherfüllt werden soll
  • möglich sind die Mangelbeseitigung (§ 439 I AIt.1) oder die Ersatzlieferung (§ 439 I AIt.2)
  • O hat vorliegend die Lieferung mangelfreier Sache gewählt
  • Einrede gem. § 439 III S. 1 BGB
  • fraglich, ob sich V auch auf Einrede berufen kann
  • dazu müsste Ersatzlieferung im Verhältnis zur anderen Art der Nacherfüllung, also der Mangelbeseitigung, nur mit unverhältnismäßigen
Kosten verbunden sein
  • das gemäß § 439 III 2 insbesondere danach zu beurteilen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den
Käufer, also O zurückgegriffen werden könnte
  • Mangel liegt in fehlerhafter Verdrahtung der Maschine
  • durch neue Verdrahtung kann der Maschine die geschuldete Druckfunktion unproblematisch verliehen werden
  • Verkäufer zu dieser Reparatur auch in der Lage, Maschine würde durch Reparatur keine Schäden davontragen; für den Käufer ergeben
sich auch keine anderweitigen Risiken
  • im Verhältnis zur einfachen Reparatur ist Beschaffung durch Herstellung einer neuen Maschine sehr aufwendig
  • Kosten, die damit verbunden sind, belasten V im Gegensatz zu einer Reparatur erheblich
  • daher vorliegend Anspruch des O auf die Mangelbeseitigung, hier eine Reparatur, gem. § 439 III 3 Hs.1 beschränkt.


6. Ergebnis
O kann von V keine Ersatzlieferung, sondern nur eine Mangelbeseitigung gemäß §§ 433 I 2, 434 I, 439 III 3 Hs. 1, 439 I Alt. 1 verlangen.
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