Version [27995]
Dies ist eine alte Version von FallBMWvsFahrrad erstellt von AnnegretMordhorst am 2013-05-16 19:38:50.
FALL 1 BMW vs. Fahrrad
Thema: GoA
BMW-Anton (A) fährt mit seinem BMW vorschriftsmäßig durch Schmalkalden.
Fahrrad-Ferdinand (F) befährt mit seinem treuen Klapprad zur selben Zeit die gleiche Straße wie A.
Als A nun versucht den F an einer verkehrssicheren Stelle zu überholen, kommt der F aufgrund eines Schlaglochs, dass ein Resultat, des langen Winters ist, ins Schleudern und stürzt schuldlos vor den Wagen des A. A hat keine andere Möglichkeit, als sein Fahrzeug beim Ausweichmanöver gegen eine Laterne zu lenken.
Das Auto des A wird zerstört. A erleidet hierdurch einen Schaden in Höhe von 25.000 Euro.
A verlangt nun von F Ersatz des Kfz-Schadens. Zu Recht?
Lösungsskizze Fall 1
in Anlehnung an BGH NJW 1963 S. 390 (vorläufig, korrekte Formatierung folgt noch)
Anspruch A gegen F auf Ersatz des Schadens gem. §§ 677, 683, 670 BGB
müsste gem. § 683 eine GoA im Sinne des § 677 BGB vorliegen, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des F entspräche, um entsprechend einem Beauftragten nach §§ 683, 670 BGB den Ersatz der Aufwendungen geltend machen zu können
1. Voraussetzungen der GoA gem. § 677 BGB
1.1. Geschäftsbesorgung
= jedes Tätigwerden in fremden Interesse (rechtsgeschäftlich und tatsächlich) und
kein bloßes Unterlassen darstellt
--> A mit dem Auto ausgewichen, um so Leben des F zu erhalten,
damit im Interesse des F gehandelt, folglich im fremden Interesse
1.2. für einen anderen/ Fremdheit des Geschäfts
a) objektiv fremdes Geschäft
- dann gegeben, wenn das Geschäft/ die Handlung aus Sicht eines obj. Dritten schon ihrem
Inhalt oder ihrer Natur nach zum Rechts- oder Interessenkreis eines anderen gehört als dem des GF
(Geschäftsführer); Bsp.: Veräußerung einer Sache nur durch Eigentümer, Geltendmachung Forderung
nur durch Gläubiger
b) auch fremdes Geschäft [P:]
- GF führt hier sein eigenes und zugleich ein fremdes Geschäft
- Voraussetzung für GoA hier also, dass GH auch ein unmittelbares Interesse
in und an der Geschäftsführung hat (Bsp.: KfZ-Abschleppen durch
Abschleppservice, der Vertrag mit Polizei hat)
--> hier objektiv fremdes Geschäft: Ausweichmanöver des A iSe Unfalls aufgrund höherer Gewalt (schuldloser Sturz
des F aufgrund des Schlaglochs in der Straße) § 7 II StVG (aA vertretbar im Hinblick auf ein "auch fremdes Geschäft")
1.3. Fremdgeschäftsführungswille (ergibt sich aus § 687 I, II BGB)
= GF muss das Bewusstsein und den Willen haben, eine Angelegenheit, die eigentlich in den
Rechtskreis eines anderen gehört, für diesen zu besorgen;
= muss folglich wissen und wollen, dass die Vorteile des Geschäfts dem anderen zugute kommen;
= dabei unerheblich, ob Geschäftsführer den Geschäftsherrn (GH) kennt; genügt, dass er für einen
anderen handeln will (darum auch ein Irrtum über die Person des GH unschädlich § 686 BGB)
a) objektiv fremdes Geschäft
- wird nach hM der Fremdgeschäftsführungswille vermutet
b) auch fremdes Geschäft
- wird nach hM der Fremdgeschäftsführungswille vermutet
--> hier, sofern ein objektiv fremdes Geschäft angenommen wurde, wird der Fremdgeschäftsführungswille vermutet,
ebenso auch bei einem auch fremden Geschäft, denn A handelte mindestens auch im Sinne des F, als er durch sein
Ausweichmanöver das Leben des F rettete
1.4. Ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung
= GF handelt 'ohne Auftrag', wenn er nicht im Hinblick auf eine bestehende vertragliche Pflicht
zum Handeln ggü dem GH tätig wird (-)
= TB-Merkmal 'ohne sonstige Berechtigung' dann erfüllt, wenn GF keine sonstige Legitimation zum
Tätigwerden hat; damit Rechtsverhältnisse gemeint, die den GF kraft Gesetz zum Tätigwerden berechtigen
(und eventuell auch verpflichten), z.B.:
- die Tätigkeit als Insolvenzverwalter
- Vereinsvorstand
- Betreuer, Eltern oder
- aus öffentlich-rechtlichem besonderen Gewaltverhältnis
= dagegen hat Norm, die allein Recht oder Pflicht zur Geschäftsbesorgung festlegt und damit
'legitimiert' keine Ausschlußwirkung für die GoA
--> so durch Notwehr (§ 227 BGB) gerechtfertigte Geschäftsbesorgung macht §§ 677 ff BGB
nicht etwa unanwendbar
--> hier kein Auftrag, beide kannten sich nicht; auch keine sonstige Berechtigung ersichtlich (+)
1.5. Geschäft im objektivem Interesse und entsprechend dem (wirklichen oder mutmaßlichen) Willen gem. §§ 683 iVm 677 BGB / Berechtigung
a) wirklicher Wille
- gegeben und entscheidend, wenn GH sich nur irgendwie schon einmal
Willen bzgl. des Geschäfts gebildet hat, selbst wenn dieser unvernünftig erscheint; keine Kenntnis des GF erforderlich
b) mutmaßlicher Wille
- sofern (noch) kein Wille vom GH zum Geschäft ersichtlich, zu fragen: "Hätte GH bei obj. Würdigung der Gesamtumstände der Geschäftsübernahme zugestimmt?";
c) objektives Interesse
- sofern nicht mal mutmaßlicher Wille vorliegt, so auszulegen, ob die Geschäftsführung im objektiven Interesse des GH lag
--> hier über den wirklichen Willen des F (GH) nichts bekannt, aber objektiv zu konstatieren, dass es in seinem Interesse
(mutmaßlichen Willen) war, dass A auswich, um das Leben des F zu retten
1.6. Zwischenergebnis
= im Lenken des BMW an die Laterne und dem damit verbundenen Ausweichen vor dem F
2. Aufwendungsersatz im Sinne des § 683 BGB
2.1. Prüfung TB-Merkmale § 670 BGB (+)
- Aufwendungen= freiwillige Vermögensopfer (-/+)
Fraglich, ob A seinen BMW freiwillig gegen Laterne lenkte, folglich mitunter mit keine Aufwendung im eigentlichen Sinne, ABER:
--> laut BGH werden auch aus GoA resultierende Schäden ersetzt, sofern:
- es sich um aus der Geschäftsführung risikotypische Begleitschäden handelt;
- aber regelmäßig Mitverschulden GF § 254 BGB anwendbar
--> hier: liegt eine Aufwendung im Sinne des § 670 BGB vor da, typische Risikokonkretisierung beim ruckartigen
Ausweichen von A, um F zu retten, die wiederum kausal zum Schaden führte, der nun wie Aufwendung behandelt wird
MERKE: Mitverschulden gem. § 254 BGB des KfZ-Fahrers möglich, sofern auch andere Möglichkeit als das Ausweichen
besatnd
2.3. Zwischenergebnis Merkmale § 670 BGB
= die TB-Merkmale des § 670 BGB sind iSd § 683 BGB erfüllt, A führte zwar keinen Auftrag aus, hatte aber in Folge
der Lebensrettung des F Aufwendungen, die sich in den Unfallschäden konkertisierten
3. Ergebnis
A kann von F den Ersatz der Aufwendungen, die in er Form seines Kfz-Totalschadens hatte, verlangen, da eine berechtigte GoA iSd des § 677 BGB vorliegt und A Aufwendungen iSd §§ 683, 670 BGB in Form der risikotypischen (Begleit)Schäden erlitt, die infolge der Geschäftsvornahme typischerweise entstanden
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