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Kontrolle des Marktzutritts in der Energiewirtschaft

Genehmigung des Netzbetriebs gem. § 4 EnWG, Anzeige der Belieferung gem. § 5 EnWG


Die Energieversorgung ist eine Tätigkeit, die teilweise staatlich reglementiert wird. Sie ist - je nachdem welche Aktivität ein Unternehmen übernimmt - genehmigungs- oder anzeigepflichtig. Die Genehmigungs- bzw. Anzeigepflicht des EnWG ist allerdings nicht für alle Tätigkeitsbereiche eines Energieversorgungsunternehmens erforderlich. Näheres regeln die §§ 4 f. EnWG. In diesem Zusammenhang sind insbesondere folgende Rechtsfragen relevant:
  • Im Hinblick auf § 4 EnWG stellt sich die Frage, was die Genehmigungsvoraussetzungen für die Aufnahme des Netzbetriebes gem. § 4 EnWG sind (mehr dazu unter B.).
  • Eine vorgelagerte Frage ist allerdings, ob eine Genehmigungspflicht überhaupt besteht (A.), d. h. ob die Tätigkeit des Energieversorgungsunternehmens überhaupt genehmigt werden muss.
  • Schließlich muss in manchen Fällen geklärt werden, ob eine Anzeigepflicht i. S. d. § 5 EnWG besteht (C.).
Neben den oben genannten Fragestellungen kann eine erfolgte Genehmigung bzw. ihre Ablehnung selbstverständlich auch im Hinblick auf ihre Rechtsmäßigkeit wie jeder Verwaltungsakt zu überprüfen sein. Im Hinblick auf eine eventuelle Ablehnung erschöpft sich diese Frage allerdings weitgehend in der Frage des Anspruchs auf Genehmigung (vgl. unter B.). Die Frage der Rechtmäßigkeit einer erfolgten Genehmigung als eines begünstigenden Verwaltungsaktes stellt sich in der Praxis des Energierechts - angesichts der ohnehin überschaubaren Anzahl betroffener Rechtssubjekte - denkbar selten und wird deshalb nicht genauer behandelt.

Wird ein Netz ohne die gem. § 4 EnWG notwendige Genehmigung betrieben oder wird die gem. § 5 EnWG vorgesehene Anzeige nicht erstattet, so stellt dies - neben der Möglichkeit des Einschreitens der zuständigen Behörden - eine Ordnungswidrigkeit gem. § 95 EnWG dar (vgl. insbesondere § 95 I Nr. 1 bzw. 2 EnWG).

Nachstehend werden die im Zusammenhang mit der Aufnahme der Tätigkeit durch ein Energieversorgungsunternehmen auftretenden Rechtsfragen erläutert. Dann werden einige Detailprobleme an einem konkreten Fallbeispiel im praktischen Kontext dargestellt. Zum Schluss folgen einige verfahrensrechtliche Hinweise und kurze Erläuterung zu den aus der Genehmigung folgenden Verpflichtungen für den Netzbetreiber.


A. Besteht eine Genehmigungspflicht i. S. d. § 4 EnWG?

Gem. § 4 Abs. 1 EnWG bedarf die Aufnahme des Betriebes eines Energieversorgungsnetzes der Genehmigung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde. Dies bedeutet, dass die Genehmigung gem. § 4 EnWG nur für bestimmte Bereiche der Energiewirtschaft vorgesehen ist. Die Genehmigung ist demnach dann (und nur dann) erforderlich, wenn ein Energieversorgungsnetz in Betrieb genommen werden soll. Wann dies der Fall ist und wer Adressat der Genehmigungspflicht ist, wurde nachstehend beschrieben.

1. Adressat der Genehmigungspflicht (Verpflichteter)
Adressat der Genehmigungspflicht ist der Betreiber des Energieversorgungsnetzes. Das Rechtssubjekt, das gem. § 4 EnWG verpflichtet ist, ist im Sinne des § 3 Nr. 2 bis 7 EnWG zu verstehen, d. h. als jede natürliche oder juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts bzw. rechtlich unselbstständige Organisationseinheit eines Energieversorgungsunternehmens, die für den Betrieb des entsprechenden Netzes zuständig ist. Details hierzu sind im Lexikon des Energierechts nachzulesen.

2. Energieversorgungsnetz
Die Genehmigungspflicht entsteht, wenn das Energieversorgungsunternehmen ein Energieversorgungsnetz in Betrieb nehmen soll. Der Begriff des Energieversorgungsnetzes wurde im Lexikon des Energierechts erläutert. Eine Legaldefinition des Energieversorgungsnetzes ist in § 3 Nr. 16 EnWG zu finden.

3. Aufnahme des Betriebes
Die Genehmigungspflicht knüpft gem. § 4 EnWG an die Aufnahme des Netzbetriebes an. Unter Aufnahme des Netzbetriebes ist zu verstehen, dass die technischen Maßnahmen zur Inbetriebnahme geschaffen wurden und das Netz unter Spannung bzw. unter Druck gesetzt wurde. Allerdings sind darunter nicht nur die Fälle der rein technischen Inbetriebnahme zu verstehen. Unter die Regelung des § 4 EnWG fallen insgesamt folgende Fallgruppen:

a. Beginn der Versorgungstätigkeit selbst.
Einer Genehmigung gem. § 4 EnWG bedarf es in jedem Fall für den tatsächlichen Beginn der Versorgungstätigkeit. Die Genehmigung ist demnach für den Zeitpunkt erforderlich, ab dem die Netzfunktion aufgenommen wird. Darunter versteht man Netzschaltung zum Zwecke des Energietransports (Netz wird unter Spannung bzw. unter Druck gesetzt).
Vorbereitende Tätigkeiten, wie beispielsweise die Errichtung des Leitungsnetzes und der Netzanlagen oder der Abschluss von Durchleitungsverträgen, führen noch nicht zu einer Genehmigungspflicht [ Säcker/Paul, in: Säcker, Berliner Kommentar, § 4, Rn. 19 ]. Dabei kann die Errichtung von Netzanlagen allerdings gem. § 43 EnWG anderen Restriktionen unterliegen. Auch die Notwendigkeit eventueller Bau- oder umweltrechtlicher Genehmigungen bleibt hiervon unberührt und hat mit der Genehmigung des Netzbetriebes nichts zu tun.
Auch die bloße (einfache) Erweiterung des bestehenden Netzes (sofern dies nicht derart wesentlich ist, dass die Genehmigungskriterien erneut zu prüfen wären) ist kein Beginn der Versorgungstätigkeit und stellt damit keinen genehmigungspflichtigen Vorgang dar.

b. Fortführung eines bestehenden Netzbetriebs
Wird ein bestehendes Netz nach einer Unterbrechung weiterhin genutzt, dann ist dies grundsätzlich nicht genehmigungspflichtig. Die Fortführung des Netzbetriebes nach dessen Unterbrechung kann auch ein genehmigungspflichtiger Vorgang i.S.d. § 4 EnWG sein, sofern die Unterbrechung beachtlich war. Denn die Genehmigung gem. § 4 EnWG verliert ihre Wirksamkeit, wenn sie nicht genutzt wurde [Säcker/Paul in: Säcker Berliner Kommentar, § 4 EnWG, Rn. 23].

c. Wesentliche Erweiterung des Betriebes
Eine Genehmigungspflicht ist auch dann denkbar, wenn eine wesentliche Erweiterung des Netzbetriebs vorgenommen wurde. Dies ist im Falle eines organischen Wachstums eines Netzes der Fall, sondern nur bei der Erweiterung des Netzes durch Übernahme zusätzlicher Netze oder neuer Netzteile durch einen Netzbetreiber, der zwar bereits über eine Genehmigung gem. § 4 EnWG verfügt, dessen ursprüngliches Netz jedoch erheblich kleiner war, als dies nach der Übernahme der Fall ist. In einem solchen Fall ist eine Überprüfung vorzunehmen, ob der Betreiber die Kriterien des § 4 EnWG auch für das wesentlich erweiterte Netz erfüllt.

d. Rechtsnachfolge
Auch Fälle der Rechtsnachfolge können zu einer Genehmigungspflicht führen. Zum Beispiel ist der Verkauf eines Netzes an einen neuen Betreiber ein solcher Fall (asset deal). Die Pflicht entsteht hingegen nicht im Falle des Wechsels des Anteilseigners (Gesellschafters/Aktionärs, share deal). Denn die Rechtsnachfolge ist nur dann aus Sicht des § 4 EnWG interessant, wenn eine formell neue Person die Aufgabe des Netzbetreibers übernimmt.

In manchen Fällen der Rechtsnachfolge ist dennoch keine Genehmigung gem. § 4 EnWG erforderlich - wenn eine der Ausnahmen des § 4 Abs. 3 EnWG greift. Dies ist dann der Fall, wenn der Netzbetreiber die Genehmigung von seinem Rechtsvorgänger im Wege:
      • der Gesamtrechtsnachfolge,
      • der Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz oder
      • der Entflechtung nach den §§ 7 ff. EnWG in sonstiger Weise
ableiten kann.

Demnach können auch gegenwärtig Netzbetreiber entstehen, welche keine Genehmigung benötigen und vorweisen müssen, sofern sie aus einem Netzbetreiber hervorgegangen sind, der früher eine Genehmigung hatte oder genehmigungsfrei tätig war. Dies ist möglich durch die Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 3 EnWG. Genehmigungen nach den Vorschriften des § 5 EnWG – 1935 und § 3 EnWG – 1998 werden zu Genehmigungen i. S. v. § 4 I EnWG [Säcker/Paul in Säcker, Berliner Kommentar, § 4 EnWG, Rn. 52]. Eine früher geltende Genehmigungsfreiheit gilt durch die gebotene weite Auslegung des § 4 Abs. 3 EnWG [Danner/Theobald, Danner/Theobald, EnWG, § 4, Rn. 32] in diesen Fällen auch heute.


B. Sind die Voraussetzungen der Genehmigung gem. § 4 EnWG erfüllt?

Die Genehmigungspflicht in § 4 Abs. 1 EnWG ist aus Sicht des allgemeinen Verwaltungsrechts ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt [Becker, RdE 2000, 7, S. 8], was auch bereits der Wortlaut des § 4 Abs. 2 EnWG zum Ausdruck bringt ([...] darf nur versagt werden, wenn [...]). Demzufolge besteht ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung, sofern keine Versagungsgründe des § 4 Abs. 2 EnWG vorliegen (gebundene Verwaltungsentscheidung). Vor diesem Hintergrund müssen auch die Voraussetzungen der Genehmigung betrachtet werden.

1. Antrag
In § 4 nicht direkt erwähnt, wegen allgemeiner Regeln des Verwaltungsrechts allerdings zwingend notwendig [Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 22 Rn. 22] ist ein Antrag des Energieversorgungsunternehmens auf Erteilung der Genehmigung gem. § 4 EnWG [Säcker/Paul in: Säcker, Berliner Kommentar, § 4 EnWG, Rn. 74].
Der Antrag des betroffenen Unternehmens ist eine formelle Voraussetzung des Verwaltungsverfahrens. Ohne ihn ist allerdings auch keine materiellrechtliche Entscheidung und damit auch keine Genehmigung an sich möglich, so dass der Antrag an dieser Stelle auch als Voraussetzung des Anspruchs auf Genehmigung bzw. der Genehmigung selbst betrachtet wird.
Der Antrag ist insofern unproblematisch, als er gem. § 10 VwVfG formlos möglich ist.

2. (Keine) Versagungsgründe
Eine gem. § 4 Abs. 1 EnWG beantragte Genehmigung kann von der nach Landesrecht zuständigen Behörde gemäß § 4 Abs. 2 EnWG versagt werden. Die Versagungsgründe des § 4 Abs. 2 EnWG sind typisch gewerberechtlich ausgestaltet [Säcker/Paul in: Säcker, Berliner Kommentar, § 4 EnWG, Rn. 40] und beziehen sich auf die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Antragstellers. Bei der Auslegung dieser im Gewerberecht verankerten Begriffe ist allerdings die Orientierung an den Zielen des EnWG (§ 1 EnWG) geboten [Säcker/Paul in: Säcker, Berliner Kommentar, § 4 EnWG, Rn. 40].
Positiv formuliert ist die Genehmidung zu erteilen, wenn der Antragsteller insgesamt die nachfolgenden Kriterien erfüllt:

a. Leistungsfähigkeit
Gem. § 4 Abs. 2 EnWG muss der Netzbetreiber in personeller, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht derart leistungsfähig sein, dass der Netzbetrieb entsprechend den Vorgaben des EnWG auf Dauer gewährleistet ist. Die leitungsgebundene Energieversorgung ist auf der einen Seite eine technisch anspruchsvolle Aufgabe, auf der anderen Seite ist der stabile Netzbetrieb für die Energieversorgung von herausragender Bedeutung [Klees, Energiewirtschaftsrecht Kap. 2, Rn. 77], sodass nur diejenigen Rechtssubjekte diese Aufgaben übernehmen dürfen, die dazu in der Lage sind.
Die Behörde kann bei der Bewertung der Leistungsfähigkeit in der Regel auf keine Erfahrungswerte zurückgreifen, weil der Netzbetrieb erst gerade aufgenommen werden soll. Dies hat zur Folge, dass die Entscheidung der Behörde lediglich auf einer Prognose vorzunehmen ist. Ist die Prognose positiv, ist die Genehmigung zu erteilen.
Dabei muss die Leistungsfähigkeit in verschiedener Hinsicht gewährleistet sein:

(1) Personelle Leistungsfähigkeit
Der Antragsteller muss die personelle Leistungsfähigkeit gewährleisten. Es kommt insofern auf seine Personalausstattung - d. h. inwiefern die Unternehmensleitung und Mitarbeiter in ausreichender Zahl vorhanden sind und hinreichend qualifiziert sind, ein Energieversorgungsnetz zu betreiben [Franke, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, § 3, Rn. 21; Säcker/Paul in: Säcker, Berliner Kommentar, § 4 EnWG, Rn. 43 m. w. N.]. Allerdings ist ein Rückgriff auf Fremdleistungen anderer Unternehmen möglich, wobei es entsprechend rechtlich und faktisch durch den Antragsteller abgesichert sein muss [Franke, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, § 3, Rn. 20].
Die (natürliche oder juristische) Person des Netzbetreibers selbst, also die Rechtsperson hinter dem Unternehmen, ist dabei irrelevant.

(2) Technische Leistungsfähigkeit
Für eine Genehmigung gem. § 4 Abs. 2 EnWG muss auch die technische Leistungsfähigkeit gewährleistet sein. Dies ist dann der Fall, wenn der Antragsteller belegen kann, dass er den Netzbetrieb entsprechend den Vorschriften des EnWG sowie sonstigen Sicherheits- und Umweltvorschriften garantieren kann [Franke, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, § 3, Rn. 21 m. w. N.; die Sicherheits- und Umweltstandards können dabei aufgrund der technischen Regelwerke vergleichsweise eindeutig ermittelt werden – so zum Beispiel insbesondere aus den DVGW-Arbeitsblättern für Gas und aus den VDE-Richtlinien für Strom].

(3) Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
Der Antragsteller muss auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit belegen. Dazu gehört in erster Linie eine hinreichende finanzielle Ausstattung für die Einstellung von qualifiziertem Personal (sofern noch geplant und notwendig), für die Deckung der laufenden Kosten des Netzbetriebs sowie für die Erhaltung und Instandsetzung der Netzinfrastruktur etc.
Im Übrigen sind bei der Prognose über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auch die Erfolgsaussichten des Geschäftsmodells des Antragstellers zu bewerten. Da der Netzbetrieb dauerhaft gewährleistet werden soll, muss die Wirtschaftlichkeit angesichts der Netzentgeltregulierung und der dabei steigenden Effizienzanforderungen kritisch geprüft werden [Franke, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, § 3, Rn. 21]. Daraus folgt, dass die Behörde unter Umständen auch zu überprüfen hat, ob der Antragsteller auch einen eventuell erkennbaren, erhöhten Investitionsbedarf leisten kann, wenn die von ihm zu betreibende Infrastruktur es erfordert.

b. Zuverlässigkeit
§ 4 Abs. 2 EnWG fordert ebenfalls die Zuverlässigkeit des Netzbetreibers. Zuverlässig ist, wer die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben wird [Ständige Rechtsprechung des BVerwG; vgl. z. B. BVerwGE 65, 1 ff.]. Der Antragsteller ist im Sinne des § 4 Abs. 2 EnWG als zuverlässig zu qualifizieren, wenn er Gewähr für rechtmäßigen und ordnungsgemäßen Betrieb seines Unternehmens bietet, also keine Verstöße gegen straf-, verwaltungs- und wesentliche privatrechtliche Pflichten zu befürchten sind [Ausführlich dazu Franke, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, § 3, Rn. 23].
Die dabei für die Beurteilung der Zuverlässigkeit maßgebliche Person ist die für den Netzbetrieb verantwortliche natürliche Person. Bei juristischen Personen sind es in erster Linie die Personen in den vertretungsberechtigten Organen [Franke, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, § 3, Rn. 23], also die Unternehmensleitung [Säcker/Paul in: Säcker, Berliner Kommentar, § 4 EnWG, Rn. 49].

c. Dauerhafte Gewährleistung des Netzbetriebs
Die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Netzbetreibers sollen den Netzbetrieb dauerhaft und gemäß den Vorschriften des EnWG gewährleisten. Die Leistungsfähigkeit ist insofern nur dann anzunehmen, wenn die oben genannten Kriterien in einer Weise nachgewiesen wurden, die ihr dauerhaftes Vorliegen vermuten lassen.


C. Ist eine Tätigkeit gem. § 5 EnWG anzuzeigen?

Ein Energieversorgungsunternehmen, das Haushaltskunden mit Energie beliefert, muss die Aufnahme und Beendigung der Tätigkeit sowie Änderung seiner Firma gemäß § 5 EnWG anzeigen. Demnach liegt die Anzeigepflicht vor, wenn
  • das Unternehmen mit Energie beliefert oder beliefern soll,
  • die zu beliefernden Kunden zumindest auch Haushaltskunden sind,
  • und die o. g. Tätigkeit aufgenommen oder beendet wird bzw. das Unternehmen seine Firma ändert.
Diese einzelnen Voraussetzungen, bei deren Vorliegen eine Anzeigepflicht entsteht, wurden nachstehend etwas näher erläutert.

1. Belieferung mit Energie
Die Anzeigepflicht bezieht sich auf den Vorgang der Belieferung mit Energie. Die Belieferung mit Energie bedeutet die jede leitungsgebundene Versorgung von Kunden mit Elektrizität oder Gas. Unter dem Begriff der "Belieferung" im Sinne des § 5 EnWG ist dabei nicht die physikalische Durchleitung von Strom oder Gas gemeint (für die der Netzbetreiber zuständig ist) sondern die zivilrechtliche Verpflichtung aufgrund eines Schuldverhältnisses [Deshalb sprechen Säcker/Paul in: Säcker, Berliner Kommentar, § 5 EnWG, Rn. 9 von einem schuldrechtlichen Belieferungsbegriff, der bereits in den früheren Fassungen des EnWG (z. B. § 3 EnWG-1998) galt].
Demzufolge muss der Lieferant über kein eigenes Versorgungsnetz verfügen, um im Sinne des § 5 EnWG zu "beliefern". Allein die Tätigkeit, bei der sich das Unternehmen zur Lieferung von Energie verpflichtet, begründet die Anzeigepflicht im Sinne des § 5 EnWG.

2. Haushaltskunden
Die Anzeigepflicht entsteht nur dann, wenn das Unternehmen zumindest auch Haushaltskunden beliefert. Was ein Kunde des Energieversorgungsunternehmens im Allgemeinen ist, definiert § 3 Nr. 24 EnWG: Es sind alle denkbaren Rechtssubjekte, die Energie kaufen. Der besondere Haushaltskundenbegriff wurde hingegen in § 3 Nr. 22 EnWG definiert. Der Begriff des Haushaltskunden wurde im Begriffslexikon näher erläutert (bitte lesen!).

3. Entstehung der Anzeigepflicht
Die Anzeigepflicht entsteht in unterschiedlichen Fällen:
    • zum einen - mit Aufnahme der Tätigkeit als Energielieferant an Haushaltskunden; die Tätigkeit wird eigentlich bereits mit Aufnahme von Vertragsverhandlungen mit potentiellen Kunden aufgenommen, die Anzeige muss aber spätestens mit Lieferbeginn erfolgen;
    • ferner entsteht die Anzeigepflicht auch, wenn die anzeigepflichtige Versorgungstätigkeit eingestellt wurde, d. h. wenn Dienstleistungen als Energielieferant nicht mehr erbracht werden, insbesondere infolge einer vollständigen Aufgabe des Energieliefergeschäftes durch das Unternehmen;
    • die Anzeigepflicht entsteht im Übrigen auch bei Änderung der Firma durch ein Unternehmen, das eine anzeigepflichtige Tätigkeit ausübt.

4. Ausnahmen
Wenn ein Unternehmen die Belieferung vor dem Inkrafttreten des EnWG (2005) aufgenommen hat, musste es nicht mehr gem. § 5 EnWG anzeigen. Ungeachtet dessen durften Unternehmen, welche die Belieferung bereits zu einem früheren Zeitpunkt aufgenommen haben, eine Anzeige freiwillig vornehmen, um ebenfalls auf der Internetseite der Bundesnetzagentur veröffentlicht zu werden [Säcker/Paul in: Säcker, Berliner Kommentar, § 5 EnWG, Rn. 23].

Zu beachten ist jedoch, dass jede Beendigung der Belieferung oder Änderung der Firma nach Inkrafttreten des EnWG durch ein Unternehmen, das bereits vor dem Jahre 2005 als Lieferant tätig war und die Voraussetzungen des § 5 EnWG erfüllt, gem. § 5 EnWG anzuzeigen ist.


D. Fallbeispiel
Ein Beispiel zum Thema Genehmigung gem. § 4 EnWG finden Sie hier.


E. Verfahrensrechtliche Hinweise
Die für die Genehmigung bzw. für den Empfang der Anzeige zuständige Behörde ist gem. § 4 und § 5 EnWG die "nach Landesrecht zuständige Behörde". In Thüringen ist dies das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie. Einzelheiten dazu wurden im Lexikon unter dem Begriff der "nach Landesrecht zuständigen Behörde" erfasst.

Die Anzeige gem. § 5 EnWG ist unverzüglich nach Aufnahme bzw. Beendigung der Versorgungstätigkeit oder der Firmenänderung vorzunehmen (ohne schuldhaftes Zögern, § 121 BGB [Säcker/Paul in: Säcker, Berliner Kommentar, § 5 EnWG, Rn. 29]). Die Anzeige erfolgt am einfachsten über die durch die Bundesnetzagentur auf ihrer Internetseite zur Verfügung gestellten Formblätter, ist aber auch formlos zulässig (§10 VwVfG).

Sofern die Regulierungsbehörde nach der Anzeige bzw. von Amts wegen feststellt, dass ein Unternehmen, das die Belieferung von Kunden aufgenommen hat, dies nicht hätte tun dürfen, kann sie gem. § 5 S. 4 EnWG Ausübung der Tätigkeit untersagen. Die Voraussetzungen des Untersagungstatbestandes stimmen im Wesentlichen mit den Versagungsgründen des § 4 Abs. 2 EnWG überein, sodass diesbezüglich auf die Ausführungen zu § 4 EnWG verwiesen werden kann.

F. Pflichten der Netzbetreiber
Die Genehmigung des Netzbetriebes ist an organisatorische, technische und personelle Voraussetzungen geknüpft. Dies hängt unter anderem mit den besonderen Aufgaben der Netzbetreiber, die in den §§ 11 ff. EnWG geregelt sind. Diese Aufgaben machen deutlich, wie hoch die Anforderungen an die Netzbetreiber eigentlich sind.
Die einzelnen Pflichten werden an dieser Stelle nicht näher behandelt. Einige von ihnen (z. B. Engpassmanagement gem. § 13 EnWG) werden im konkreten Kontext (im Falle des § 13 EnWG - beim Netzzugang und Stromabnahme nach dem EEG) erläutert.

G. Zertifizierungen gem. §§ 4a ff. EnWG
Die infolge der Umsetzung von EU-Recht (Energie-Binnemarktrichtlinien von 2009) eingeführten Zertifizierungsverfahren beziehen sich auf die Transportnetzbetreiber in unterschiedlichen Konstellationen. Damit ist der Betrieb von Transportnetzen (Übertragungsnetze bei Strom und Fernleitungsnetze bei Gas) an weitergehende Anforderungen wegen der Entflechtungsvorgaben geknüpft. Diese werden an dieser Stelle nicht näher erläutert.


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