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Kontrolle der Aufnahme der Versorgungstätigkeit

Genehmigung gem. § 4 EnWG, Anzeige gem. § 5 EnWG

Im Hinblick auf die Genehmigungs- und Anzeigepflichten der §§ 4 f. EnWG sind insbesondere Rechtsfragen denkbar, die im Zusammenhang mit den Genehmigungsvoraussetzungen des § 4 EnWG stehen. Vorher ist aber stets die Frage zu stellen, ob und inwiefern die Genehmigungspflicht (bzw. Anzeigepflicht im Falle des § 5 EnWG) überhaupt besteht. Das nachstehende Beispiel zeigt einige konkretere Fragen auf, die dabei auftreten können:

A. Fallbeispiel
Das Unternehmen X ist ein vertikal integriertes Energieversorgungsunternehmen (in der Rechtsform einer GmbH), das ein Kraftwerk (in der Stadt A) und Stromnetze in zwei benachbarten Städten (A und B) betreibt. X plant die Ausgliederung eines Teils seines Netzbetriebes, um die Konzernstruktur zu vereinheitlichen. Dabei soll das Netz in B in eine separate Gesellschaft (X in B) überführt werden, die im Wege der Ausgliederung entstehen soll.
Für den Netzbetrieb in A und B (die Netze wurden durch X vor dem Jahr 1990 in Betrieb genommen) liegt bislang keine Genehmigung gem. § 4 EnWG vor, sondern nur eine Genehmigung i. S. d. § 5 EnWG-1935.

1. Wann ist ein Rechtssubjekt verpflichtet, eine Genehmigung i. S. d. § 4 EnWG einzuholen?
2. Wann (unter welchen Voraussetzungen) ist eine solche Genehmigung zu erteilen?
3. Muss die ausgegliederte Gesellschaft X in B eine Genehmigung gem. § 4 Abs. 1 EnWG beantragen?



1. Zu Frage 1: Voraussetzungen der Genehmigungspflicht gem. § 4 (1) EnWG

Die Aufnahme des Betriebes eines Energieversorgungsnetzes bedarf der Genehmigung gem. § 4 Abs. 1 EnWG durch die nach Landesrecht zuständige Behörde.
Einzelne Voraussetzungen sind demnach:

I. Aufnahme des Netzbetriebes
Unter Aufnahme des Netzbetriebes versteht man allgemein, dass die technischen Maßnahmen getroffen sein müssen und das Netz unter Spannung bzw. unter Druck gesetzt wird.
Weiterhin ist unter der Aufnahme der Versorgungstätigkeit insbesondere zu verstehen:

(a) Beginn der Versorgungstätigkeit. Einer Genehmigung bedarf es erst für den tatsächlichen Beginn der Versorgungstätigkeit, d. h. ab dem Zeitpunkt, ab dem die Netzfunktion aufgenommen wird. Darunter versteht man die erstmalige Aufnahme der netzspezifischen Transportfunktion (Netz wird unter Spannung bzw. unter Druck gesetzt). Vorbereitende Tätigkeit, wie beispielsweise die Errichtung des Leitungsnetzes oder der Abschluss von Durchleitungsverträgen, führen noch nicht zu einer Genehmigungspflicht.

(b) Fortführung eines bestehenden Netzbetriebs nur dann, wenn es sich dabei um eine Betriebsunterbrechung oder um eine wesentliche Erweiterung des Netzbetriebs handelt.

(c) Rechtsnachfolge. Dies ist nicht etwa im Falle des Wechsels der Anteilseigner (Gesellschafter) der Fall, sondern nur dann, wenn eine formell neue Person die Aufgabe des Netzbetreibers übernimmt (z. B. Umwandlungstatbestände). Hiervon sieht allerdings § 4 Abs. 3 EnWG eine Ausnahme vor (Rechtsnachfolge zwecks Entflechtung, § 7 EnWG).

II. Energieversorgungsnetz
Bei der in Betrieb zu nehmenden Anlage handelt es sich um ein Energieversorgungsnetz. Eine Definition des Energieversorgungsnetzes ist in § 3 Nr. 16 EnWG zu finden. Vgl. dazu auch die Begriffsklärung im Lexikon des Energierechts.

III. Adressat der Genehmigungspflicht
Adressat der Genehmigungspflicht ist der Betreiber des Energieversorgungsnetzes. Betreiber im Sinne des § 4 EnWG ist gem. § 3 Nr. 2 bis 7 EnWG jede natürliche oder juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts bzw. rechtlich unselbstständige Organisationseinheit eines Energieversorgungsunternehmens, die die tatsächlich oder rechtliche Verfügungsmacht über die Netzanlagen hat und eigenverantwortlich ausübt. Daraus folgt, dass der Betreiber im eigenen Namen und auf eigene Rechnung arbeitet und die erforderlichen Einwirkungsmöglichkeiten auf den Netzbetrieb mitbringt. Somit können also auch Personenhandelsgesellschaften und Gesellschaften des bürgerlichen Rechts als potenzielle Netzbetreiber in Betracht kommen, soweit sie im deutschen Recht den juristischen Personen gleichgestellt sind. Vgl. auch Lexikon des Energierechts.


Abgrenzung Genehmigungspflicht § 4 Abs. 1 EnWG von der Anzeigepflicht i. S. d. § 5 EnWG

1. Voraussetzungen der Anzeigepflicht
Ein Energieversorgungsunternehmen, das Haushaltskunden mit Energie beliefert, muss die Aufnahme und Beendigung der Tätigkeit sowie Änderung seiner Firma gemäß § 5 EnWG anzeigen. Demnach sind folgende einzelne Voraussetzungen der Anzeigepflicht zu identifizieren:

(a) Belieferung.
Eine Belieferung mit Energie umfasst grundsätzlich die gesamte leitungsgebundene Versorgung von Kunden mit Elektrizität oder Gas. Anknüpfungspunkt im Rahmen des § 5 EnWG ist jedoch nicht der physisch-technische Durchleitungsvorgang, sondern die Übernahme einer Versorgungspflicht aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung. Die Belieferung im Sinne des § 5 EnWG setzt daher nicht voraus, dass der Lieferant über ein eigenes Versorgungsnetz verfügt.

(b) Haushaltskunden.
Einer Anzeigepflicht bedarf es nur bei der Belieferung von Haushaltskunden. Dazu zählen neben den Letztverbrauchern, die die Energie überwiegend für den Eigenverbrauch im Haushalt nutzen, auch Kleinunternehmen, die Energie für berufliche, landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke kaufen, soweit ihr Jahresverbrauch nicht 10.000 Kilowattstunden übersteigt. Lexikon des Energierechts

(c) Entstehung der Anzeigepflicht.
Mit Aufnahme der Tätigkeit als Energielieferant entsteht die Anzeigepflicht. Dies beinhaltet bereits Vertragsverhandlungen mit potentiellen Kunden, jedoch muss die Anzeige spätestens mit Lieferbeginn erfolgen. Eine anzeigepflichtige Beendigung der Versorgungstätigkeit liegt vor, wenn keine Dienstleistungen als Energielieferant mehr erbracht werden, speziell bei vollständiger Einstellung der Lieferung.

(d) Änderung der Firma.
Die Änderung der Firma muss angezeigt werden, wenn diesbezüglich eine Mitteilungspflicht gegenüber dem Gewerbe- bzw. Handelsregister besteht (§ 14 GewO bzw. § 29 HGB).

2. Adressat der Anzeigepflicht
Adressat der Anzeigepflicht sind Energieversorgungsunternehmen, die als natürliche oder juristische Person Haushaltskunden mit Energie beliefern. Die Anzeigepflicht besteht nur für Unternehmen, die die Belieferung nach dem Inkrafttreten des EnWG am 13.07.2005 aufgenommen oder beendet bzw. nach diesem Zeitpunkt ihre Firma geändert haben. Unternehmen, welche die Belieferung bereits zu einem früheren Zeitpunkt aufgenommen haben, können die Anzeige freiwillig vornehmen, um ebenfalls auf der Internetseite der Bundesnetzagentur veröffentlicht zu werden.

Zu beachten ist jedoch, dass reine Netzbetreiber, deren Tätigkeit auf die Weiter- bzw. Durchleitung von Elektrizität oder Gas beschränkt ist, sind keine Energieversorgungsunternehmen, welche Haushaltskunden mit Energie nach § 5 EnWG beliefern. Das bedeutet, nur die Energieversorgungsunternehmen, die sich verpflichten, dafür zu sorgen, dass der Strom beim Kunden ankommt, haben eine Anzeigepflicht. Der reine Netzbetreiber ist dagegen nicht zur Anzeige gemäß § 5 EnWG verpflichtet.

Aus dem Sachverhalt ist nicht zu erkennen, dass die Gesellschaft X in B Haushaltskunden beliefert. Demzufolge wird davon ausgegangen, dass es sich bei dieser Gesellschaft um einen reinen Netzbetreiber handelt. Die Gesellschaft X in B ist somit nicht anzeigepflichtig.

3. Umfang der Anzeigepflicht
Das anzeigepflichtige Unternehmen hat gemäß § 5 EnWG seine personelle, technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie die Zuverlässigkeit der Geschäftsleitung darzulegen (siehe Frage 2).

4. Verfahren
Die Anzeige muss unverzüglich nach dem Eintritt des anzeigepflichtigen Sachverhalts erfolgen. Die Aufnahme bzw. Beendigung der Versorgungstätigkeit und die Firmenänderung sind ebenfalls ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB) mitzuteilen.

Für die Vornahme der Anzeige hat die Bundesnetzagentur auf ihrer Internetseite Formblätter zur Verfügung gestellt. Diese sollen zur Vereinfachung der Antragstellung dienen. Da das Gesetz zur ordnungsgemäßen Anzeige keinen Formzwang anordnet, kann diese auch durch ein formloses Schreiben erfolgen.

5. Untersagung
Sofern die Regulierungsbehörde nach der Anzeige bzw. von Amts wegen feststellt, dass ein Unternehmen, das die Belieferung von Kunden aufgenommen hat, dies nicht hätte tun dürfen, kann sie gem. § 5 S. 4 EnWG Ausübung der Tätigkeit untersagen. Die Voraussetzungen des Untersagungstatbestandes stimmen im Wesentlichen mit den Versagungsgründen des § 4 Abs. 2 EnWG überein, sodass diesbezüglich auf die Frage 2 verwiesen werden kann.


Zu Frage 2: Voraussetzungen Genehmigungserteilung

Wurde eine Genehmigung nach § 4 Abs. 1 EnWG beantragt, kann diese gemäß § 4 Abs. 2 EnWG von der Energieaufsichtsbehörde trotzdem versagt werden, wenn die nachfolgenden Kriterien nicht vorliegen.

1. Leistungsfähigkeit.
Nach § 4 Abs. 2 EnWG muss die Leistungsfähigkeit des Netzbetreibers in personeller, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht auf Dauer gewährleistet sein. Die leitungsgebundene Energieversorgung ist eine technisch anspruchsvolle Aufgabe, sodass nur diejenigen, die diese Leistung erbringen können, zum Energiemarkt zugelassen werden sollen.

(a) Personelle Leistungsfähigkeit. Diesbezüglich ist auf die Personalausstattung des Unternehmens abzustellen, es kommt nicht auf die persönliche Leistungsfähigkeit der das Unternehmen betreibenden natürlichen oder juristischen Personen an. Entscheidend ist somit, ob die Unternehmensleitung sowie die sonstigen Mitarbeiter nach Anzahl, Ausbildung und Erfahrungsstand hinreichend qualifiziert sind, die beantragte Form des Netzbetriebes durchzuführen.

(b) Technische Leistungsfähigkeit. Diese ist gegeben, wenn der Antragsteller in der Lage ist, das Energieversorgungsnetz entsprechend den Vorschriften des EnWG zu betreiben. Folglich müssen der störungsfreie Betrieb und die Instandhaltung der Versorgungsanlagen und technischen Betriebsmittel unter Einhaltung der einschlägigen Sicherheits- und Umweltschutzvorschriften gewährleistet sein.

(c) Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Das bedeutet, dass die finanziellen Ressourcen so bemessen sein müssen, dass nach der vorzunehmenden Prognoseentscheidung ein sicherer Netzbetrieb gewährleistet erscheint. Demnach muss der Betreiber über die notwendigen finanziellen Mittel verfügen, um qualifiziertes Personal einzustellen und die kompetente Bedienung, Erhaltung und Instandsetzung der Energieanlagen zu sichern.

2. Zuverlässigkeit.
Zuverlässig ist, wer die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben wird. Somit ist im Sinne des § 4 Abs. 2 EnWG die versorgungswirtschaftliche Zuverlässigkeit des Antragstellers gegeben, wenn die prognostische Beurteilung ergibt, dass dieser den Netzbetrieb entsprechend den gesetzlichen Vorschriften ausführen wird.

3. Dauerhafte Gewährleistung des Netzbetriebs.
Die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Netzbetreibers sollen den Netzbetrieb dauerhaft und gemäß den Vorschriften des EnWG gewährleisten.


Zu Frage 3: Muss die ausgegliederte Gesellschaft X in B eine Genehmigung § 4 Abs. 1 EnWG beantragen?

Zu prüfen sind die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 EnWG:
Die Gesellschaft X in B verfügt nach der Gründung über ein Energieversorgungsnetz.
Mit der Ausgliederung der Gesellschaft X in B fand ein Übergang der Netzanlage und somit ein Wechsel des Netzbetreibers statt. Hier übernimmt eine natürliche oder juristische Person, die bisher nicht als Netzbetreiber tätig war, den Netzbetrieb. Dieser Übergang der Netzanlage stellt ferner ein Tatbestandsmerkmal für die Aufnahme des Netzbetriebs dar.
Demnach ist die Gesellschaft X in B Betreiber des Energieversorgungsnetzes und Adressat der Genehmigungspflicht.

Zu prüfen sind die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 EnWG:
Dem Sachverhalt sind keine Informationen bezüglich der für die Genehmigung benötigten personellen, technischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit zu entnehmen.
Sie werden vorausgesetzt.

Zwischenergebnis:
Nach bisherigem Stand und unter den Voraussetzungen des § 4 (1), (2) EnWG muss die Gesellschaft X in B eine Genehmigung i.S.d. § 4 Abs. 1 EnWG einholen.

Ausnahmeregelung nach § 4 Abs. 3 EnWG:
Allerdings kann die Privilegierung des § 4 Abs. 3 EnWG und daher eine Befreiung von der Genehmigungspflicht eingreifen.
Dies ist dann der Fall, wenn eine Gesamtrechtsnachfolge, eine Rechtsnachfolge nach dem Umwandlungsgesetz oder eine sonstige Entflechtung des Netzbetriebs nach § 7 gegeben ist.
Im Sachverhalt liegt die 2. Alternative des § 4 Abs. 3 EnWG vor, die Rechtsnachfolge nach dem Umwandlungsgesetz.

Rechtsfolge dieses Absatzes ist der Übergang der Genehmigung auf den Rechtsnachfolger.
Demzufolge ist die die Genehmigungspflicht des Unternehmens X zu prüfen, ehe man die Rechtsnachfolge bejahen kann.

Zu prüfen ist die Genehmigungspflicht des Unternehmens X:
Grundsätzlich ist eine Genehmigung nur für den Beginn des Netzbetriebs erforderlich. Energieversorgungsunternehmen, die bereits vor dem Inkrafttreten des EnWG 2005 mit ihrer Tätigkeit als Netzbetreiber begonnen haben, fallen nicht unter den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 EnWG. Sowohl Unternehmen, die den Netzbetrieb bereits vor 1935 aufgenommen haben oder als reine Netzbetreiber auch unter der Geltung des EnWG 1998 keiner Genehmigung bedurften, als auch integrierte Energieversorgungsunternehmen, die neben der Versorgung anderer mit Energie auch die dafür notwendigen Übertragungs- und Verteilernetze betreiben und über eine Genehmigung nach § 5 EnWG 1935 oder § 3 EnWG 1998 verfügen, können ihre Netzanlage ohne erneutes Einholen einer Genehmigung weiter betreiben.

Zwischenergebnis:
Unternehmen X verfügt über eine Genehmigung nach § 5 EnWG 1935 und benötigt daher keine erneute Genehmigung nach § 4 Abs. 1 EnWG.

Endergebnis:
Die Genehmigung des Unternehmen X geht durch die Rechtsnachfolge nach dem Umwandlungsgesetz (§ 4 (3) 2. Alt. EnWG) auf die Gesellschaft X in B über.

Vgl. dazu auch folgende Erläuterung zur Struktur.

B. Weiterführende Informationen



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