Betriebswirtschaftslehre 2 - Investitionsrechnung und Finanzierung - Kapitel 8 - Unternehmensfinanzierung
Inhalte von Prof. Dr. Thomas Urban
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8.1 Begriffliche Grundlagen
Finanzierung
- engsten Fassung = Finanzierung bezeichnet die Beschaffung von Kapital
- daneben hat sich ein an Zahlungsströmen orientierter monetärer Finanzierungsbegriff herausgebildet,
- statt Kapitalveränderungen stehen Geldströme im Vordergrund
- daher wird unter Finanzierung die Gesamtheit der Zahlungsmittelzuflüsse (Einzahlungen) und die beim Zugang nicht monetärer Güter vermiedenen Zahlungsmittelabflüsse (Auszahlungen) verstanden
Unterschied Finanzierung - Investition
- zwei unterschiedliche Betrachtungsweisen der finanzwirtschaftlichen Funktion sind im Unternehmen möglich:
- traditionelle Betrachtungsweise (güterwirtschaftliche Sicht)
- die Güterwirtschaft ist Kern der Unternehmenspolitik
- die Finanzwirtschaft erfüllt eine Hilfsfunktion
- Schwerpunkt ist die Erhaltung von Liquidität
- „moderne“ Betrachtungsweise (geldwirtschaftliche Sicht)
- der finanzwirtschaftliche Bereich besitzt die gleiche Bedeutung wie der Leistungsbereich
- Schwerpunkt ist die Erzielung von Rentabilität unter der Nebenbedingung der Liquidität
- Ableitung der Finanzierungsziele i. Abh. der Gestaltung der finanzwirtschaftlichen Funktion:
- traditionelle Betrachtungsweise (güterwirtschaftliche Sicht)
- Deckung des Kapitalbedarfs
- Sicherung des finanzwirtschaftlichen Gleichgewichts
- „moderne“ Betrachtungsweise (geldwirtschaftliche Sicht)
- Planung zukünftiger Zahlungsströme (Cash-Flows)
- Bewertung der Zahlungsströme unabhängig von den güterwirtschaftlichen Vorgängen
- Beherrschung der Unsicherheit von zukünftigen Zahlungen (Risikomanagement)
8.2 Finanzmanagement des Unternehmens
Aufgaben des Finanzmanagements:
- Die Planung des Bedarfs an finanziellen Mitteln sowie der kurzfristigen Anlage von freien Geldern (Finanzplanung).
- Auswahl und Beschaffung der benötigten Finanzmittel auf den Geld- und Kapitalmärkten einschließlich der Steuerung und Pflege der Beziehungen zu den Eigenkapital- und Fremd kapitalgebern (Investor Relations und Creditor Relations)
- finanzielle Abwicklung des Investitionsgeschehens in des Sachanlagevermögen sowie im Bereich der Finanzanlagen
- Liquiditätshaltung und optimale Finanzdisposition im Rahmen des Cash Managements und der Abwicklung des Zahlungsverkehrs, des Kreditverkehrs sowie der bedarfsgerechten Anlage von Finanzmittelüberschüssen.
- Risikomanagement zur Überwachung und Steuerung finanzwirtschaftlicher Risiken
8.3 Finanzwirtschaftliche Unternehmensziele
- Finanzziele umfassen im Wesentlichen:
- die Versorgung der Unternehmung mit ausreichend finanziellen Mitteln, um alle Unternehmensziele erreichen zu können,
- die ständige Gewährleistung des finanziellen Gleichgewichts der Unternehmung,
- die Schaffung bzw. Aufrechterhaltung einer an den Unternehmenszielen optimal ausgerichteten Vermögens- und
8.3.1 Finanzielles Gleichgewicht
- von ausschlaggebender Bedeutung im Rahmen der finanzwirtschaftlichen Zielsetzungen ist die ständige Wahrung des finanziellen Gleichgewichts der Unternehmung
8.3.2 Liquidität
- Spannungsverhältnis: Liquidität – Rentabilität – Sicherheit
- Liquidität hat aus der Sicht der Finanzwirtschaft mehrere Bedeutungen und beschreibt:
- das Vorhandensein eines positiven Betrags an Zahlungsmitteln (Kassenbestand und Bestände auf Bankkonten)
- die Eigenschaft von Wirtschaftsgütern durch Umsatzprozesse oder Veräußerung
- die Fähigkeit der Unternehmung, jederzeit fristgerecht ihre Verbindlichkeiten zu begleichen sowie
- ein bestimmtes Verhältnis zwischen Vermögens- und Verbind lichkeitenpositionen
- Dispositive Liquidität: Fähigkeit einer Unternehmung, ihre zwingend fälligen Zahlungsverpflichtungen an jedem Tag uneingeschränkt erfüllen zu können. Sie hat dynamischen Charakter .
- Zt = ZMt-1 + Et + KLt
- Tt: Zahlungskraft in der Periode t [in €]
- ZMt-1: Endbestand an Zahlungsmitteln der Vorperiode
- = Anfangsbestand der lfd. Periode
- = Bankguthaben + Barbestände
- Et: erwartete Einnahmen aus Umsatzerlösen
- + Forderungseinnahmen
- + Scheckeinnahmen
- + Wechseleinnahmen
- + sonstige Einnahmen
- KLt: unausgeschöpfte Kontokorrentkreditlinie
- Strukturelle Liquidität: Ermöglicht Aussagen zum Liquiditätsstatus einer Unternehmung durch Gegenüberstellung bestimmter Bestandsgrößen, die der Aktiv- oder Passivseite einer Bilanz zuzuordnen sind. Sie hat statischen Charakter .
- Liquidität I. Grades (Barliquidität, Cash Ratio)
- LI = (liquide Mittel)/kurzfr . Verbindlichkeiten) * 100
- Liquidität II. Grades (Quick Ratio)
- LII = (monetäres Umlaufvermögen/kurzfr . Verbindlichkeiten) * 100
- Liquidität III. Grades (Current Ratio)
- LIII = ((monetäres Umlaufvermögen + Vorräte)/kurzfr . Verbindlichkeiten) * 100
- Working Capital = Maß für die Innenfinanzierungskraft des Unternehmens
- = Umlaufvermögen – kurzfr . Verbindlichkeiten
Beispiel: Ein Unternehmen weist per 31.12. des Jahres folgende Bilanz auf:
Ermitteln Sie die Liquiditätsgrade I – III sowie das Working Capital!
Welche kritischen Argumente können zur Ableitung von Aussagen zur Liquiditätslage eines Unternehmens aus stichtagsbezogenen Daten aufgeführt werden?
- zur Behebung der bei der bestandsgrößenorientierten statischen Liquiditätsanalyse auftretenden Defizite Beurteilung der Liquiditäts lage besser auf Basis des Cash Flows
- Cash Flow misst den aus dem Umsatzprozess generierten Zahlungsüberschuss eines Unternehmens
- Cash Flow kann entweder direkt auf Basis der Daten des Finanzmanagements oder indirekt auf Basis der Daten des
Beispiel:
Ein Unternehmen weist für 2008 folgende Gewinn- und Verlust rechnung auf . Wie hoch ist der Cash Flow?
- die direkte Ermittlung ist für das unternehmensinterne Finanzmanagement unproblematisch
- Zugriff auf die benötigten betrieblichen Ein- und Auszahlungsströme wie z. B. Umsatzerlöse, Auszahlungen an Lieferanten, Banken, Dienstleister, Lohn- und Gehaltszahlungen an Mitarbeiter etc. ist gegeben
- wesentlich schwieriger ist die Berechnung des Cash Flow für unternehmensexterne Interessenten, die auf Daten des Jahresabschlusses angewiesen sind
- Rückgriff auf wesentlich vereinfachte Berechnung des Cash Flows
Verfeinertes Schema zur indirekten Ermittlung des Cash Flows
- Cash Flow stellt
- einerseits ein Maß für die Innenfinanzierungskraft und seiner Verschuldungsfähigkeit und
- andererseits ein Maß für die tatsächliche Ertragskraft dar
- als Finanzüberschuss der Periode kann der Cash Flow eingesetzt werden für:
- das Tätigen von Investitionen,
- die Tilgung von Verbindlichkeiten,
- Gewinnausschüttungen oder
- die Stärkung der Liquidität
Cash Flow aus Finanzierungstätigkeit
8.3.3 Rentablität
Rentabilität in ihrer allgemeinsten Form stellt das Verhältnis von Jahresüberschuss/Gewinn oder Cash Flow zu den dafür eingesetzten Mitteln dar
ISO-Rendite-Kurve
8.3.4 Sicherheit und Unabhängigkeit
- Sicherheit: betrifft das mit einer Investition und Finanzierung verbundene Risiko und kann sich in unterschiedlichen Formen äußern
Kapitalanlagen mit unterschiedlichem Risiko
- zwischen Sicherheit, Unabhängigkeit und Liquidität sind bestimmte Korrelationen erkennbar
- Liquidität stellt in gewissem Umfang die Basis für die Erhaltung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit dar .
- Unternehmen, die bspw. aufgrund von Zahlungsstockungen ständig mehr Fremdkapital aufnehmen müssen, begeben sich in direkte Abhängigkeit der sie finanzierenden Banken
- muss wegen drohender oder aktueller Zahlungsunfähigkeit Insolvenz angemeldet werden, geht mit der Eröffnung des
Geschäftsführung auf den Insolvenzverwalter über
8.4 Finanzierungsformen im Überblick
Finanzierungskriterien
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