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Wirtschaftsprivatrecht II


Fall 42 - Nachsendung



Student K gönnt sich zu Weihnachten einen neuen 42-Zoll-Plasma-Fernseher für sein Wohnheimzimmer in Schmalkalden, den er beim Fachhändler V in Erfurt für 1500 € erwirbt. Allerdings kann K zunächst nur 500 € anzahlen. K und V vereinbaren, dass der Restbetrag in 20 Monatsraten zu 50 € abbezahlt werden soll, ohne einen genauen monatlichen Zahlungstermin festzulegen. Nachdem K die Januar- und Februarraten bezahlt hat, stellt er nach der Klausur im Wirtschaftsprivatrecht fest, dass Wirtschaftsrecht nicht das rechte für ihn sei und er jetzt Meeresbiologie in Kiel studieren will. Er gibt sein Zimmer in Schmalkalden auf und zieht mitsamt Fernseher, aber ohne Nachsendeadresse um. Nachdem die Buchhaltung von V Ende April feststellt, dass K zwei Raten nicht gezahlt hat, schreibt V ihm einen freundlichen Brief mit der Bitte um Begleichung der ausstehenden Raten und zukünftig pünktliche Zahlung. Dieses Schreiben bleibt ohne Antwort und auch in der Folgegeht keine weitere Zahlung bei V ein. Daraufhin schickt V an die von K angegebene Adresse in Schmalkalden im Juni eine Mahnung mit Zahlungsaufforderung des gesamten ausstehenden Betrags bis zum 15. Juli. Dieses Schreiben kommt mit dem Postvermerk „Empfänger unbekannt verzogen“ zurück. Auf Anfrage teilt das Einwohnermeldeamt Schmalkalden dem V mit, dass K niemals dort gemeldet war. Erst eine von V beauftragte Privatdetektei kann die aktuelle Anschrift von K in Kiel herausfinden; sie berechnet V dafür 200 €.

Kann V von K Erstattung der Detektivkosten verlangen?



Lösung


Anspruch gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB

1. Bestehen eines Schuldverhältnisses + Kaufvertragzwischen K und V über Fernseher, § 433 BGB
2. Pflichtverletzung wegen Verzögerung einer Leistung, § 280 Abs. 1 BGB (+)
Nichtzahlung der geschuldeten Restkaufpreiszahlung;jeden Monat sollte K 50 € zahlen; seit März ist er dieser Zahlungspflicht nicht nachgekommen
3. Vertretenmüssen des Schuldners, §§ 280 Abs. 1 S. 2, 276 Abs. 1 BGB (+)
Beschaffungsrisiko bei Geldschulden liegt beim Schuldner, also K
4. Voraussetzungen des § 286 BGB
a) Nichterbringen einer geschuldeten Leistung (+)
b) trotz Fälligkeit
aa) Fälligkeit, § 271 BGB: hier vertragliche Vereinbarung, dass K monatlich eine Rate bezahlen muss; die 13 Raten ab August sind danach noch nicht fällig
bb) positiv zu bewerten: Fälligkeit könnte aber für alle eingetreten sein, wenn V die Gesamtzahlung der ausstehenden Raten sofort verlangen konnte; dafür bedurfte es einer berechtigten Kündigung der Ratenzahlungsvereinbarung gem. § 498 BGB
(1) Ratenzahlungsvereinbarung ist Darlehensvertrag
(2) Wirksamkeit des Darlehensvertrags
(a) Keine Bedenken aufgrund allgemeiner Vorschriften
(b) Wirksamkeitsbedingungen des
Verbraucherdarlehensrechts, §§ 491 ff. BGB?
(aa) Vorliegen eines Verbraucherdarlehens?
    • K ist Verbraucher nach § 13 BGB
    • V ist Unternehmer nach § 14 BGB
(bb) hier keine Schriftform des Darlehensvertrags, § 492 BGB
Aber: entgegen §§ 125, 494 Abs. 1 BGB keine Nichtigkeit, weil K das Darlehen empfangen hat (bekommt den Fernseher auf Ratenzahlung)
(3) Voraussetzungen des § 498 Abs. 1 BGB müssten vorliegen
(a) Zahlungsverzug mit mindestens zwei aufeinander
folgenden Teilzahlungen, § 498 Abs. 1 Nr. 1 BGB (+)
Verzug mit fünf Raten
(b) Zahlungsverzug mit mindestens zehn Prozent des Nennbetrags des Darlehens + fünf ausstehende Raten à 50 € ergeben 250 €, bei einem Nennbetrag des Darlehens von 1000 € (= 1500 € Kaufpreis – 500 € Anzahlung) mithin 25 % (selbst bei vier Raten noch 20%)
(c) erfolglose Nachfristsetzung von 2 Wochen ? nur bei Wirksamkeit der Fristsetzung (Problem: Entbehrlichkeit wie bei Mahnung nach § 286 Abs. 2 BGB?)
c) trotz Mahnung
    1. Vorliegen einer Mahnung nach § 286 Abs. 1 BGB: bestimmte, ernsthafte Zahlungsaufforderung
(1) nicht in dem ersten freundlich gehaltenen Schreiben
(2) Zahlungsaufforderung im zweiten Schreiben enthalten, aber Mahnung ist empfangsbedürftig nach § 130 BGB
(a) Schreiben hat K nicht erreicht
(b) Möglichkeit der Ersetzung durch § 132 Abs. 2 BGB nicht gewählt
bb) Entbehrlichkeit der Mahnung nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB
(kalendermäßige Bestimmung) (–) keine Vereinbarung eines festen Zahlungstags
cc) Entbehrlichkeit der Mahnung nach § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB (+)
Abwägung der gegenseitigen Interessen: V hat ohne Adresse des K keine Möglichkeit der Mahnung; Mehraufwendungen sind nur durch das Verhalten des K verursacht; K verhielte sich treuwidrig, wenn er sich auf die Unwirksamkeit der Mahnung beruft, obwohl er allein und ausschließlich die Ursache hierfür gesetzt hat (§ 242 BGB)
Ergebnis: V kann Erstattung der Detektivkosten in Höhe von 200 € von K gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB verlangen.













CategoryWIPR2Faelle
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