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Version [28353]

Dies ist eine alte Version von UrhRFallloesungSchallplatte erstellt von AnnegretMordhorst am 2013-05-18 19:57:33.

 

Urheberrecht


Fall 47 - Schallplatte


Musikproduzentin A und der Musiker B, der auch selbst Tonträger produziert, haben im Jahre 1979 folgendes vereinbart:

§ 1: Gegenstand dieses Vertrages ist das Recht, Schallaufnahmen des Produzenten auszuwerten.

§ 2: Der Produzent überträgt A ohne Einschränkung und für die ganze Welt exklusiv und zeitlich unbegrenzt das Recht, Schallaufnahmen in jeder beliebigen Weise auszuwerten.

Im Jahre 2001 bringt die A die CD „B – Greatest Hits“ auf den Markt, indem sie das Material verwendet, das B ihr auf Schallplatte zur Verfügung gestellt hatte. B ist auch als Sänger auf der Schallplatte zu hören. B ist der Auffassung, dass sich der Vertrag nicht auf die zur Zeit des Vertragsabschlusses noch unbekannte Nutzungsart der CD erstreckt.

Welche Ansprüche hat B gegen A als ausübender Künstler und Tonträgerhersteller?


Lösung


B könnte einen Anspruch auf Unterlassung gem. § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG gegen A haben.

A. Gem. § 97 müsste eine Verletzung des Urheberrechts oder eines verwandten Schutzrechtes vorliegen.

I. Vorliegend kommt zunächst eine Verletzung von Rechten des B gem. § 77 UrhG in Betracht.

1. Demnach müsste es ich bei B um einen ausübenden Künstler gem. § 73 UrhG handeln. Gem. § 73 UrhG ist ausübender Künstler, wer ein Werk oder eine Ausdrucksform der Volkskunst im Wege des Vortrags oder der Aufführung darbietet oder an einer solchen Darbietung künstlerisch – d.h. nicht technisch – mitwirkt.
Es ist davon auszugehen, dass es sich bei der Schallplatte um ein Werk i.S.d. § 2 UrhG handelt. Es bringt auch Dritten etwas zu Gehör und ist demnach eine Darbietung. B hat den Tonträger selbst hergestellt, der nun auf CD digitalisiert werden soll. Bei dieser Tätigkeit handelt es sich um eine technische Mitwirkung und keine künstlerische Darbietung. Diesbezüglich ist B folglich nicht ausübender Künstler. Er ist auf der Schallplatte jedoch auch als Sänger zu hören. § 73 UrhG wird Singen ausdrücklich in der beispielhaften Aufzählung genannt. Es handelt sich demnach um eine künstlerische Darbietung. Mithin ist B ausübender Künstler i.S.d. § 73 UrhG.

2. Es müsste eine Verletzungshandlung vorliegen. Gem. § 77 hat der ausübende Künstler das ausschließliche Recht seine Darbietung auf Bild- und Tonträger aufzunehmen, zu vervielfältigen und zu verbreiten. A hat eine CD von Bs Darbietung aufgenommen und veröffentlicht. Dies sind eine Tonträgeraufnahme und gleichzeitig eine körperliche Vervielfältigung. Mit der Veröffentlichung hat A die CD auch verbreitet. Mithin liegt eine Verletzungshandlung i.S.d. § 77 UrhG durch A vor.

II. Es kommt weiterhin eine Verletzung von Rechten des B gem. § 85 Abs. 1 S. 1 UrhG in Betracht. Dazu müsste B Tonträgerhersteller sein. Hersteller ist, wer die organisatorische und wirtschaftliche Leistung der Erstfixierung der Aufnahme bringt. B hat die Schallplatte aufgenommen, aus der B die CD hergestellt hat. Die Schallplatte war eine Erstfixierung der Musikaufnahme. B ist Tonträgerhersteller. Er hat demnach das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung. A hat eine CD hergestellt und diese veröffentlicht. Demzufolge liegt auch hier ein Eingriff in das Recht des B vor.

III. Der Eingriff der B müsste widerrechtlich erfolgt sein. Das setzt voraus, dass keine Einwilligung oder Genehmigung durch B vorliegt. Eine solche Einwilligung könnte in einem Vertrag der A mit B liegen.

1. A und B haben einen wirksamen Vertrag abgeschlossen.

2. Fraglich ist jedoch, ob sich dieser Vertrag auch auf die Verwendung durch eine CD erstreckt. Gem. § 2 des Vertrages hat B der A die Nutzung in jeder beliebigen Weise erlaubt. Demnach wäre eine Verwertung der Musikaufnahmen grundsätzlich gestattet. Fraglich ist jedoch, ob hier die Dispositionsschranke des § 31 Abs. 4 UrhG analog zur Anwendung kommt. Das setzt eine planwidrige Regelungslücke voraus. § 31 Abs. 4 UrhG befindet sich im ersten Abschnitt des UrhG, das mit „Urheberrecht“ betitelt ist. Eine entsprechende Regelung findet sich nicht im zweiten Teil des Gesetzes mit dem Titel „Verwandte Schutzrechte“. Diese Systematik deutet bereits darauf hin, dass es sich bei der Dispositionsschranke ausschließlich um eine nur für das Urheberrecht geltende Regelung handelt. Auch im vierten Teil des Gesetzes, welcher „gemeinsame Bestimmungen“ enthält, ist von einer solchen Regelung nicht die Rede. Es wird demnach aus der Systematik des Gesetzes klar, dass diese Regelung ausschließlich zu Gunsten des Urhebers gelten soll und nicht für die – in weiteren Vorschriften ebenfalls geringer geschützten – Leistungsschutzberechtigten. Es liegt keine planwidrige Regelungslücke vor. Eine Analogie ist ausgeschlossen. Auf die streitige Frage, ob es sich bei einer CD um eine neue Verwendungsart i.S.d. § 31 Abs. 4 UrhG handelt, kommt es mithin nicht an.

3. Die Einwilligung im Vertrag ist umfassend und enthält mithin auch die Nutzung durch CD.

IV. B hat keinen Anspruch gegen A auf Unterlassung gem. § 97 Abs. 1 S .1 UrhG.


CategoryFallsammlungUrhR
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