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Urheberrecht
8.1 - Computerprogramm - RL
Zielsetzung |
Die Richtlinie 91/250/EWG vom 19.5.1991 (konsolidierte Fassung 2009/24/EG vom 23.4.2009) sollte vor allem sicherstellen, dass die europäische Softwareindustrie nicht aufgrund eines unzureichenden Schutzniveaus für die Produkte im Vergleich zu den – damaligen – wichtigsten Konkurrenten USA und Japan ins Hintertreffen gelangte. Die Kommission stellte zudem ein erhebliches Ungleichgewicht in den teilweise schon vorhandenen Regelungen des Computerprogrammschutzes in den Mitgliedsstaaten fest. Insbesondere die ursprüngliche Rechtsprechung in Deutschland zu Computerprogrammen, nach der ein sehr hohes Maß an schöpferischer Eigentümlichkeit (§ 2 Abs. 2 UrhG) gefordert war (BGHZ 94, 276, 286 f. – Inkasso-Programm; BGHZ 112, 264, 271 – Betriebsprogramm) und somit die Mehrheit aller Computerprogramme vom Urheberrechtsschutz ausgeschlossen waren, stieß auf Widerstand der europäischen Institutionen. Als Reaktion wurden die Schutzanforderungen für Computerprogramme in der Richtlinie 91/250/EWG bewusst niedrig angesetzt. Siehe hierzu auch folgendes Urteil: BGH, U. v. 9.5.1985 - I ZR 52/83 – Inkasso-Programm |
Die eigene geistige Schöpfung |
Problematisch bliebt aber für die Festlegung des genauen Schutzumfangs die Formulierung der „eigenen geistigen Schöpfung“, die der deutsche Gesetzgeber so auch in § 69a Abs. 3 S. 1 UrhG übernommen hat („Computerprogramme werden geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, das sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind.“) Ob dem Begriff „eigene“ eine andere Bedeutung zukommt als dem in § 2 Abs. 2 UrhG verwendeten Begriff „persönlich“ ist bis heute nicht geklärt (einerseits OLG Hamburg, GRUR-RR 2002, 217, 218; andererseits Marly, Urheberrechtsschutz für Computerprogramme in der Europäischen Union (1995), S. 128, 135); wenn eine Abweichung zu verneinen ist, bestünde keine Besonderheit im Schutzumfang für Computerprogramme. Siehe hierzu auch folgende Entscheidungen: EuGH, U. v. 22.12.2010 – Rs. C-393/09 - BSA/Kulturministerium EuGH, U. v. 2.5.2012 – Rs. C-406/10 – SAS Institute |
Zusammenfassend kann für Computerprogramme folgende Unterscheidung des rechtlichen Schutzes für die verschiedenen Formen, Bestandteile und Entwicklungsstufen eines Programms gemacht werden: |
Art. 2 RL |
Von den übrigen Regelungen der Computerprogramm-RL sind vor allem Art. 2 Abs. 3 zu in Arbeitsverhältnissen geschaffenen Computerprogrammen und die Regelungen zum Verhältnis des Urhebers zum Nutzer bedeutsam. Art. 2 Abs. 3 RL bestimmt, dass Inhaber der Verwertungsrechte (wirtschaftlichen Rechte) der Arbeitgeber sein soll (gesetzliche Vermutung); eine vertragliche Abweichung ist zulässig. Hierin liegt eine Abweichung zur Regelung des § 43 UrhG, der selbst bei im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses hergestellten Werken ein Verbleiben der Verwertungsrechte beim Urheber vorsieht. Der Richtliniengeber sieht ausgehend von seiner Überzeugung, dass die Erstellung von Computerprogrammen erhebliche Investitionen bedürfen, hier eine besondere Schutzbedürftigkeit desjenigen, der das finanzielle Risiko der Herstellung trägt. Dieser ökonomisch zutreffende Ansatz öffnet aber das Tor zu einem urheberrechtlichen Investitionsschutz, der mit der Zielvorstellung des Urheberrechts eigentlich nicht vereinbar ist. Die Urheberpersönlichkeitsrechte verbleiben in jedem Fall beim Urheber (Softwareprogrammierer). |
Art. 4, 5 und 6 RL |
In Art. 4 und 5 RL versucht der Richtliniengeber ein abgewogenes Konzept zwischen dem berechtigten wirtschaftlichen Interesse des Rechtsinhabers (also im Regelfall des Softwareunternehmens) einerseits und den berechtigten Nutzungsinteressen des Erwerbers eines Computerprogramms zu entwickeln. Dabei nimmt die Richtlinie insbesondere darauf Rücksicht, dass die bestimmungsgemäße Nutzung eines Computerprogramms immer mit Vervielfältigungen (vor allem im Arbeitsspeicher) verbunden ist, bei denen allerdings häufig keine wirtschaftliche Verwertbarkeit gegeben ist. Vervielfältigung und Verbreitung als Verwertungsrechte sollen einschließlich der verwandten Handlungen (Bearbeitungen etc.) grundsätzlich dem Rechtsinhaber zustehen, während dem Vertragserwerber alle typischen Nutzungshandlungen für Software zustehen sollen, bei denen eine wirtschaftlich nicht verwertbare Vervielfältigung vorliegt. Daneben sind in Art. 5 RL allgemeine Schranken eingeführt, die insbesondere Ausnahmen zum Vervielfältigungsrecht darstellen (vor allem Sicherungskopie). Auch hier ist auf den bestimmungsgemäßen Gebrauch Bezug genommen, wobei diese Schrankenregelung ausdrücklich vertraglich abdingbar ist. Die in Art. 6 RL genannte Schranke der Dekompilierung ist technisch zumeist nicht umsetzbar. Artt. 5 Abs. 3, 6 RL machen in der Gesamtschau deutlich, dass die technische Idee, die hinter einem Computerprogramm steht, gesetzlich nicht geschützt ist und deswegen durch Beobachtung, Tests und sogar „Auseinandernehmen“ (= Dekompilierung) des Programms sogar der Algorithmus – das Betriebsgeheimnis jeder guten Software – erforscht werden darf. Siehe hierzu auch folgende Entscheidung: EuGH, U. v. 2.5.2012 – Rs. C-406/10 – SAS Institute |
Höchst problematisch sind in der Rechtspraxis vor allem die Regelung des Art. 4 Abs. 2 und Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie geworden. Bei Art. 9 Abs. 2 RL wird vor allem bemängelt, dass diese Vorschrift eine vertragliche Bindung des rechtmäßigen Nutzers an das System eines Softwareherstellers ermöglicht. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht ist bedenklich, dass mit einer solchen Systembindung Softwarehersteller dauerhaft Marktanteile sichern können und vor allem neuen Anbietern den Markteintritt oder die Ausweitung ihres Marktanteils erschweren. Dies ist einer der Hauptgründe für die sog. Microsoft-Verfahren. Der Erschöpfungsgrundsatz in Art. 4 Abs. 2 RL hat zu der Frage geführt, ob der „Weiterverkauf“ sog. „gebrauchter“ Softwarelizenzen zulässig ist. Diese Frage hat jüngst der EuGH entschieden. Siehe hierzu folgende Entscheidung: EuGH, U. v. 3.7.2012 – Rs. C-128/11 – UsedSoft/Oracle |
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