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Thüringer Bauordnung | [ThürBO] | Kommentar | Prof. Dr. Sven Müller-Grune |
§ 89 Bestehende bauliche Anlagen |
(1) Werden in diesem Gesetz oder in Vorschriften aufgrund dieses Gesetzes andere Anforderungen als nach dem bisherigen Recht gestellt, kann verlangt werden, dass bestehende oder nach genehmigten Bauvorlagen bereits begonnene bauliche Anlagen angepasst werden, wenn dies zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig ist. (2) Sollen bauliche Anlagen wesentlich geändert werden, kann gefordert werden, dass auch die nicht unmittelbar berührten Teile der baulichen Anlage mit diesem Gesetz oder den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften in Einklang gebracht werden, wenn 1. die Bauteile, die diesen Vorschriften nicht mehr entsprechen, mit den beabsichtigten Arbeiten in einem konstruktiven Zusammenhang stehen und 2. die Durchführung dieser Vorschriften bei den von den Arbeiten nicht berührten Teilen der baulichen Anlage keine unzumutbaren Mehrkosten verursacht. |
Kommentierung |
A. Normgeschichte
1. Historie
2. Gesetzesbegründung
Absatz 1 ermöglicht die den Bestandsschutz durchbrechende Anordnung, dient aber gleichwohl dem Bestandsschutz, da diese Anordnungen auf besondere Fälle beschränkt werden. Die Bauaufsichtsbehörde kann die Anpassung von bestehenden oder lediglich genehmigten, aber noch nicht errichteten Anlagen verlangen, soweit die Thüringer Bauordnung neue Anforderungen stellt und die Nichtanpassung an diese neuen Anforderungen erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit bedeuten kann. Nicht von der Regelung erfasst sind Anpassungsverlangen, die darauf beruhen, das bestehende Anlagen entweder bereits abweichend von dem zu ihrer Errichtung geltenden Recht ausgeführt wurden oder durch mangelnden Unterhalt oder bauliche Veränderungen einen solchen Zustand erreicht haben.
Absatz 2 enthält weitere Möglichkeiten, die Anpassung von Anlagen an geänderte Rechtsbestimmungen zu verlangen. Anders als die durch Absatz 1 eröffnete Möglichkeit bestehen diese Möglichkeiten aber nur unter der Voraussetzung, dass eine Anlage ohnehin wesentlich geändert wird. Die Voraussetzung, dass ohne die Änderung erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit zu befürchten sind, muss zwar nicht erfüllt sein. Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Bestandsschutz wird aber dadurch Rechnung getragen, dass ein gewisser (konstruktiver) Zusammenhang mit den ohnehin geplanten Arbeiten bestehen muss und die zusätzlich verlangten Maßnahmen keine unzumutbaren Mehrkosten verursachen. Unzumutbar sind Mehrkosten, wenn sie unangemessen sind. Das ist bei Mehrkosten von etwa zehn Prozent noch nicht der Fall (OVG Hamburg, 16. Juni 2004, Az. 2 Bf 182/02).
3. Verwaltungsvorschrift
B. Normauslegung
Zitiervorschlag:
Müller-Grune Sven, Kommentar zur Thüringer Bauordnung, Schmalkalden 2017, § 89.
© Prof. Dr. Sven Müller-Grune |
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