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Territorialisierung der räumlichen Marktabgrenzung im Internet
(Stand: Oktober 2006)
A. Einleitung: Internetökonomie aus kartellrechtlicher Perspektive
Seit der Ernüchterung auf den Handelsmärkten nach Dotcom-Hype und Börsencrash im Jahr 2000 hat sich die wirtschaftliche Bedeutung des E-Business, verstanden als Digitalisierung marktlicher Transaktionen[1], mittlerweile auf hohem Niveau verstetigt. Für viele Branchen ist die Bedeutung der weltweiten Vernetzung kaum noch zu überschätzen. Der Ein- und -verkauf verschiedenster Waren über das Internet ist sowohl für Unternehmen wie auch für Verbraucher längst Normalität geworden. So werden im Business-to-Business-Bereich bereits bedeutende Teile des Handels über internetspezifische Plattformen (B2B-Plattformen[2] ) abgewickelt. Durch die steigende Popularität von B2C-Plattformen wie z.B. des Interversandhändlers Amazon findet eine ähnliche, wenn auch langsamere Entwicklung im Business-to-Consumer-Bereich statt.
Das Internet präsentiert sich dabei als technisch globale Plattform, die prinzipiell von jeder Person auf der ganzen Welt genutzt werden kann – und das rund um die Uhr. Der Anbieter ist in der Lage, seine Produkte und Dienstleistungen einem weltweiten Publikum anzubieten und Bestellungen von überall her entgegenzunehmen. Für den Nachfrager macht es praktisch keinen Unterschied, ob er etwa beim günstigen Kauf von eintausend Rundmuttern auf einen englischen oder einen französischen Online-Shop zurückgreift oder ob ein gekaufter Song im MP3-Format von einem US-amerikanischen oder einem deutschen Server geladen wird. Gerade in Fällen wie dem zuletzt genannten spielt der physische Standort des Anbieters keine Rolle.
Neben der Nutzung des Internets als bloßes Kommunikationsmittel in Wirtschaftsprozessen hat sich eine spezifische „Internet-Industrie“ entwickelt. So gewinnen etwa die Dienstleistungen von Internetprovidern oder Suchmaschinen an wirtschaftlicher Bedeutung. Die Suchmaschine „Google“ hat momentan einen Börsenwert von etwa 75 Mrd. € und lässt damit Konzerne wie Daimler-Chrysler (etwa 45 Mrd. €) weit hinter sich[3].
Gerade dieser Bedeutungszuwachs macht eine kartellrechtliche Überprüfung des Onlinehandels erforderlich. Ferner verursachen Absprachen und Fusionen in der Internetökonomie kartellrechtlich relevante, besondere Wirkungen. So führen Unternehmenszusammenschlüsse und –übernahmen im Internetgeschäft zu außergewöhnlich hohen Effizienzsteigerungen und Synergieeffekten[4]. Durch Zusammenschlüsse von Internetanbietern können die Nutzerzahlen erhöht werden, was sich wiederum positiv auf die Entwicklung der Onlinegeschäfte auswirkt – es entstehen sog. Netzeffekte[5]. Ferner führen Mengenausweitungen bei Anbietern digitaler Güter aufgrund der besonderen Kostenstruktur von Informationsprodukten zu starken Skaleneffekten (economies of scale): Die reinen Produktions- und Absatzkosten sind bei digitalen Gütern meist verschwindend gering, die Entwicklungskosten (first costs/Fixkosten) dagegen vergleichsweise hoch[6]. So ist beispielsweise die Entwicklung einer Software sehr kostenintensiv, während es für den Anbieter eher geringe Kosten verursacht, die fertige Software zum Download bereit zu stellen.
Bei der kartellrechtlichen Beurteilung von Unternehmen ist zur Bestimmung der Marktmacht (etwa im Rahmen von Art. 82 EGV) erforderlich, den relevanten Markt in sachlicher, und zeitlicher und räumlicher Hinsicht abzugrenzen[7]. Bei der sachlichen und zeitlichen Marktabgrenzung wirft die Internetökonomie keine besonderen Fragen auf. Jedoch erscheint der Versuch einer räumlichen Abgrenzung von Internetmärkten angesichts der (auf den ersten Blick) unbeschränkten Verfügbarkeit des Internets zunächst widersprüchlich. Dennoch ist im Rahmen der kartellrechtlichen Zusammenschlusskontrolle die Frage nach der geographischen Reichweite im E-Business zu stellen. Auch von der Beantwortung dieser Frage hängt ab, ob eine effektive Fusions- und Missbrauchskontrolle im Internet-Bereich gelingen kann, ohne dabei die unternehmerischen Gestaltungsmöglichkeiten, die das Internet begründet, zu weit zu beschränken.
B. Räumliche Marktabgrenzung
Die Notwendigkeit einer räumlichen Marktabgrenzung ergibt sich im deutschen und europäischen Kartellrecht aus dem Marktmacht-Konzept, demzufolge ein Unternehmen nicht per se, sondern nur auf einem sachlich und räumlich abgegrenzten Markt beherrschend sein kann.[8] Ist in einem ersten Schritt dieser sog. relevante Markt gefunden, kann erst in einem zweiten Schritt die Marktmacht der Unternehmen festgestellt werden[9].
Während in sachlicher Hinsicht entscheidend ist, welche Art von Produkten oder Dienstleistungen angeboten bzw. nachgefragt wird, geht es beim räumlich relevanten Markt prinzipiell um die territoriale Ausbreitungskraft des Warenangebots. Denn ob ein Anbieter von Waren einen bestimmten Markt beherrscht, hängt maßgeblich davon ab, wie weit dieser Markt in geographischer Hinsicht reicht; d.h. ob der Anbieter in hohem Maße auch Nachfrager aus angrenzenden Regionen, anderen Ländern oder gar Kontinenten erreicht.
Zur Bestimmung des räumlich relevanten Marktes wird das für die sachliche Abgrenzung entwickelte Bedarfsmarktkonzept entsprechend angewendet[10]. Nach dem Bedarfsmarktkonzept werden all diejenigen Güter und Dienstleistungen zu einem Markt gerechnet, die aus Sicht der Marktgegenseite substituierbar, d.h. funktionell austauschbar sind[11]. Danach bildet zum Beispiel im Einzelhandel praktisch jeder größere Ort einen eigenen räumlichen Markt für Lebensmittel[12], da ein Endverbraucher für seinen Einkauf kaum viele Kilometer weit fahren will.
Der EuGH beschreibt den räumlich relevanten Markt als einen abgegrenzten Bereich, in dem das fragliche Erzeugnis vertrieben wird und in dem die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind, während es sich von benachbarten Gebieten durch spürbar unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen unterscheidet[13]. Die wichtigsten dieser Bedingungen sind die wirtschaftlichen Möglichkeiten von Anbietern und Abnehmern, die rechtlichen Rahmenbedingungen und das Preisniveau[14]. Wenn sich etwa die Versandkosten mit größer werdender Entfernung zum Besteller erhöhen, ist schnell der Punkt erreicht, an dem das Produkt von diesem Anbieter für ihn seine Wirtschaftlichkeit verliert. Auch ein nur lokal verfügbarer Kundendienst kann den räumlich relevanten Markt begrenzen. Die Abgrenzung des räumlich relevanten Marktes hat rein ökonomischen Kriterien zu folgen und unterliegt innerhalb der EU grundsätzlich keinen regionalen oder nationalen Barrieren[15].
C. Räumliche Marktabgrenzung im Internetgeschäft
Im Folgenden ist nun zu untersuchen, wie weit sich bei Anwendung der von Rechtsprechung und Kartellbehörden entwickelten Merkmale ein Onlinemarkt in räumlicher Hinsicht erstreckt.
Die EG-Kommission hat den räumlich relevanten Markt im Bereich der elektronischen Kommunikation bisher anhand von zwei wesentlichen Kriterien bestimmt: dem von einem Netz erfassten Gebiet und den dort bestehenden Rechts- und anderen Verwaltungsinstrumenten[16].
Das erste Kriterium (Vernetzung) betreffend ist anzumerken, dass sich in allen dichter bevölkerten Regionen in Nordamerika, Europa und Australien technisch die Möglichkeit eines Zugangs zum Internet bietet. In Südamerika, dem mittleren Osten, den ländlichen Teilen Chinas und vor allem in Afrika hingegen ist ein Internetzugang trotz eines fortschreitenden Ausbaus der Netze immer noch ein Privileg wohlhabender Personen[17]. Für diejenigen Personen, die in den betreffenden Gebieten einen Internetzugang haben, ist die Frage der räumlichen Marktabgrenzung dennoch zu beantworten. Denn wenn beispielsweise in Angola nur weniger als 1 % der Bevölkerung über einen Internetanschluss verfügt[18], so ist diese Minderheit dennoch gleichberechtigter Teilnehmer am Internetverkehr und kann theoretisch einen räumlichen Markt bilden oder Bestandteil eines solchen sein. Auf das zweite Kriterium (rechtliche Instrumente) wird unter Punkt C. 1. b) eingegangen werden. Neben diesen von der Kommission in den Vordergrund gestellten Kriterien sind im Folgenden weitere Aspekte zu untersuchen, die unter Anwendung der von Rechtsprechung und Kartellbehörden entwickelten Merkmale einen Onlinemarkt in räumlicher Hinsicht abgrenzen können.
1. Onlineprodukte und hybride Produkte
Es zeigt sich beim Versuch der Marktabgrenzung im Onlinehandel, dass schon grundsätzlich zwischen zwei Produktgruppen unterschieden werden muss[19].
Auf der einen Seite stehen internetspezifische Produkte, deren gesamter Erwerb, von der Bestellung bis zum Versand, online abgewickelt wird. Beispiele für Onlineprodukte sind zum Download angebotene Software, Internetnachrichten, Musik (zumeist im MP3- oder WMA-Format) oder E-Books (z. B. als PDF- oder DOC-Dateien).
Auf der anderen Seite finden sich solche Produkte und Dienstleistungen, die über das Internet geordert werden, deren Versand oder Bereitstellung aber –zumindest teilweise - außerhalb des Internets erfolgen muss. Der Erwerbsvorgang findet also nur teilweise online statt, das Internet übernimmt lediglich die Funktion der Bestellübermittlung. So können mittlerweile die meisten unverderblichen und versandfähigen Güter bei einem entsprechenden Onlineshop zur Versendung per Post geordert werden. Die (nur) unter Zuhilfenahme des Internets vertriebenen Produkte können als hybride Produkte bezeichnet werden.
2. Räumliche Marktabgrenzung bei Online-Produkten
Online-Produkte zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht nur zum virtuellen Versand fähig sind, sondern häufig genau zu diesem Zweck entwickelt wurden. Musik-Download-Plattformen wie „iTunes“ oder „musicload“ etwa entstanden als legale Alternative zu P2P-Netzwerken. Hier ist der Empfang der Daten also nicht nur online möglich, vielmehr ist gerade der Zweck der Plattformen, den Online-Abruf von Musik-Dateien rund um die Uhr, prinzipiell von jedem Standort der Welt zu ermöglichen. Die Anbieter von Onlineprodukten machen sich die globale und tageszeitunabhängige Verfügbarkeit des Internets zu Nutze. Im Folgenden ist zu analysieren, welche Umstände diesen räumlich wie zeitlich scheinbar grenzenlosen Markt einschränken könnten.
a. Transportkosten als Barriere?
Der Versand der Internet-Produkte erfolgt kostengünstig und äußerst zeitnah. Neben der eigenen Anbindung an das Internet, dem Kauf und der Wartung der notwendigen Hardware fallen für Anbieter und Abnehmer von Online-Produkten bei der eigentlichen Zusendung praktisch nur die Verbindungskosten zum Internet für den jeweiligen Downloadzeitraum an. Aufgrund der Steigerung der Zugangsgeschwindigkeiten durch technische Neuerungen und einer steigenden Zahl von Breitbandanschlüssen sinken weltweit die durchschnittlichen Kosten für den Download eines bestimmten Datenvolumens kontinuierlich. Folglich ist eine Verengung des räumlich relevanten Marktes durch diese Kosten nicht anzunehmen.
b. Beschränkungen durch nationales Recht als Barriere?
Fraglich scheint, ob rechtliche Beschränkungen zu einer Einengung des räumlich relevanten Marktes für Online-Produkte führen. Zwar bestehen für Online-Produkte keine besonderen Mengenbeschränkungen oder ähnliche Handelshemmnisse, es besteht grundsätzlich ein „freier Datenfluss“. Die Verfügbarkeit eines Online-Produkts kann jedoch dadurch beeinträchtigt werden, dass nationales Recht das Wahrnehmen von bestimmten Internetangeboten, vor allem das Abrufen bestimmter Sites im World Wide Web, verbietet.
Verbote, die den Zugang zum Internet einschränken, finden sich in solchen Staaten, die ihre politischen, moralischen oder religiösen Machtstrukturen durch das Internet bedroht sehen und ihre Bürger vor „schädlichen“ Seiten schützen wollen[20]. Insgesamt gibt es solche Beschränkungen in mehr als 20 Staaten[21], unter anderem in China[22], Singapur und den Vereinigten Arabischen Emiraten[23]. In Kuba wird der Zugang zu Internet nur Universitäten und ausgewählten Institutionen gestattet, in Afghanistan war während der Herrschaft der Taliban die Nutzung des Internets vom Juli 2001 bis Ende 2001 sogar gänzlich verboten[24]. Zumeist soll der Zugriff auf die jeweils verbotenen Internetangebote zusätzlich durch technische Barrieren verhindert werden. So versucht Saudi-Arabien, das Abrufen pornographischer Websites durch einen zentralen Server zu unterbinden[25].
Eine Beschränkung des räumlich relevanten Marktes in beträchtlichem Umfang wird durch solche Verbote jedoch in den seltensten Fällen anzunehmen sein. Zunächst ist im Rahmen der Austauschbarkeit erforderlich, dass ein Produkt tatsächlich ein Substitut darstellt. Werden rechtliche Beschränkungen also missachtet oder technische Barrieren umgangen, so haben die Beschränkungen auf die Feststellung des relevanten Marktes keinen Einfluss. Die Durchsetzung von partiellen Internetverboten durch Filtertechnologie verspricht keinen Erfolg[26]. Den zentralen Servern müsste ein vollständiges und ständig aktualisiertes Archiv der herauszufilternden Websites zur Verfügung gestellt werden – angesichts der rasch wachsenden Zahl der Websites ist dieses Unterfangen aussichtslos. Ferner existieren bereits zahlreiche Dienstleistungen im Internet, die es ermöglichen, eine Website über eine „Schutzschildseite“ aufzurufen, so dass der Abrufende anonym bleibt, also technisch nicht zurückverfolgt werden kann[27].
Führt ein staatliches Verbot trotz dieser Umgehungsmöglichkeiten tatsächlich dazu, dass ein bestimmtes Online-Produkt in einem Gebiet keine Abnehmer finden kann, so ist der relevante Markt lediglich um das betroffene Gebiet zu verkleinern. Somit bestünde ein weltweiter relevanter Markt abzüglich der Gebiete, die auf das Produkt nicht zugreifen können oder dürfen und dies auch tatsächlich nicht tun.
c. Sprache als Barriere?
Während die räumliche Entfernung zu einem Anbieter bei dem Erwerb eines Online-Produkts keine Rolle spielt, können andere Umstände dazu führen, dass der Nachfrager Online-Produkte eines bestimmten Anbieters nicht als Äquivalent anerkennt. Hauptkriterium ist dabei nicht die Herkunft des Produktes oder der Sitz des Anbieters. Präferenzen der Nachfrager für bestimmte Herkunftsländer von Onlineprodukten sind kaum messbar und dürften schon deshalb nicht entstehen, weil für den Kunden an der jeweiligen Internetpräsenz meist nicht erkennbar ist, wo der jeweilige Anbieter seinen Sitz hat. Der Service wird bei Online-Produkten über das Internet abgewickelt, so dass ein regional verfügbarer Kundendienst nicht erwartet wird. Entscheidend ist vielmehr die Sprache, in der die Website gestaltetet ist bzw. die dem Produkt zugrunde liegt[28].
aa) Sprachbarrieren bezüglich der Websites
Ist die Homepage, über die ein Online-Produkt erworben werden kann, nicht in der Muttersprache des Nachfragers verfügbar, kann dies dazu führen, dass die Seite gar nicht erst genutzt oder schnell wieder verlassen wird. Die Online-Produkte auf dieser Website wären in diesem Fall kein Substitut für das nachgefragte Produkt.
Waren die Internetuser, deren Muttersprache Englisch ist, vor der Jahrtausendwende mit 54 Prozent noch in der Überzahl, so haben mittlerweile 65 Prozent der „Onlinepopulation“, also der Internetnutzer, eine andere Muttersprache[29]. Durch die sinkenden Preise für eine internetfähige Hardware erhalten immer breitere Bevölkerungsschichten in ärmeren, aber bevölkerungsreichen Ländern eine Internetanbindung, so dass sich dieser Trend noch verstärken wird. Aufgrund des explodierenden Wirtschaftswachstums in China nimmt derzeit die chinesische Onlinepopulation besonders stark zu[30]. Die Zahl der chinesisch sprechenden Internetnutzer hat sich von 31 Mio. im Jahr 2000 bis heute auf über 220 Mio. versiebenfacht[31], Tendenz steil ansteigend.
Nach verschiedenen Schätzungen liegt der Anteil der englischsprachigen Websites allerdings noch bei über 50 %[32]. Die Mehrzahl der Internetnutzer ist an die Verwendung englischer Seiten gewöhnt. Gerade in kleineren Ländern, in denen exotische Sprachen vorherrschen, ist das Angebot an Websites in der jeweiligen Muttersprache begrenzt, so dass dort in der Regel auf englischsprachige Websites zurückgegriffen wird.
In größeren Industrienationen findet sich zumeist ein breiteres Angebot an Websites in der jeweiligen Landessprache. So gibt es ein nahezu unbegrenztes Angebot an deutschen, französischen und spanischen Websites. Die potenziellen Abnehmer von Online-Produkten in diesen Ländern kann ein Anbieter jedenfalls dadurch ansprechen, dass er Versionen der Verkaufsseite in diesen Sprachen zur Verfügung stellt. Zahlreiche Unternehmen bieten im Internet die Übersetzung von Websites als Dienstleistung an[33], das Angebot an vielsprachigen Websites wächst rasant. Vor allem große Unternehmen können sich einen solchen Service leisten. Ferner kann heute zunehmend davon ausgegangen werden, dass potenzielle Abnehmer in den genannten Industrienationen der englischen Sprache mächtig sind.
Folglich kann ein Anbieter die räumliche Verbreitung seines Onlineproduktes durch das Einstellen von vielsprachigen Homepageversionen selbst steuern. Er kann sich dabei an den jeweiligen Sprachanteilen der „Onlinepopulation“[34] orientieren. Eine Website, die in englischer, chinesischer, spanischer, japanischer, deutscher und französischer Sprache abrufbar ist, eignet sich praktisch für den Onlinevertrieb auf der ganzen Welt. Im Ergebnis errichtet die Sprache einer Homepage also nicht zwingend räumliche Barrieren.
bb) Sprachbarrieren bezüglich der Produkte
Der räumliche Markt eines Online-Produkts kann auch dadurch begrenzt werden, dass das betreffende Produkt aufgrund der ihm zugrunde liegenden Sprache nur für eine eingegrenzte Klientel infrage kommt. Zum Beispiel werden E-Books in koreanischer Sprache in Europa auf keine nennenswerte Nachfrage treffen. Andere sprachabhängige Produkte sind Internetnachrichten und Suchmaschinen. Der Onlinemarkt ist für alle diejenigen Produkte, für deren Nutzen es entscheidend auf ihre Sprache ankommt („sprachenabhängige Produkte“), grundsätzlich territorial begrenzt. Jedoch können solche theoretischen Sprachbarrieren, ebenso wie bei den Websites, im Vorhinein dadurch beseitigt werden, dass die Produkte in mehreren Sprachen, bzw. zumindest in englischer Sprache angeboten werden. So wird der ursprünglich amerikanische Suchdienst „Google“ mittlerweile in 35 Sprachen, darunter in Arabisch und Isländisch, angeboten[35]. Letztlich verbleiben nur diejenigen Produkte einer räumlichen Abgrenzung unterworfen, die trotz einer möglichen Übersetzung nur die Nachfrager in einem bestimmten Territorium ansprechen. Ein Beispiel hierfür sind regionale Internetnachrichten. Solche Produkte dürften allerdings eine Seltenheit im Internethandel sein.
Daneben ist eine beträchtliche Menge der Online-Produkte per se sprachunabhängig, wie z.B. Bilddateien, Videos oder Musikdateien mit klassischer Musik oder Jazz.
D. Zusammenfassung
Es besteht grundsätzlich ein weltweiter Markt für Onlineprodukte, territoriale Abgrenzungen bestehen nicht. Dies gilt zumindest für „sprachneutrale“ Produkte wie Bilddateien oder bestimmte Programmdownloads. Für „sprachabhängige“ Onlineprodukte kann der Anbieter in den meisten Fällen territoriale Marktbeschränkungen dadurch vermeiden, dass er sein Produkt in mehreren Sprachen anbietet. Ferner ist Voraussetzung für einen weltweiten Onlinemarkt, dass die Website, über die der Erwerb stattfindet, zumindest in Englisch, im Optimalfall auch in anderen geläufigen Sprachen verfügbar ist. Umgekehrt entstehen territoriale Barrieren dann, wenn Produkt oder Homepage nur in Sprachen abrufbar sind, deren Beherrschung von potenziellen Abnehmern auf dem Weltmarkt nicht erwartet werden kann.
[1] Zerdick/Picot/Schrape/Artopé/Goldhammer/Heger/Lange/Vierkant/López-Escobar/Silverstone, Die Internetökonomie – Strategien für die digitale Wirtschaft (2001), S. 18.
[2] Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 19 ff.
[3] Faller, David gegen Google, Die Zeit Nr. 41 2005, abrufbar unter http://www.zeit.de/2005/41/Suchmaschinen_2?page=2.
[4] Speziell zu B2B-Marktplätzen Sander, Erfolgsfaktoren virtueller Marktplätze, BA 12/2001, S. 32 ff.; Spindler/Wiebe/Heinemann, Internet-Auktionen und Elektronische Marktplätze, 2. Aufl. (2005) S. 292.
[5] Zimmerlich/Aufderheide, Herausforderungen für das Wettbewerbsrecht durch die Internetökonomie (2004), S. 2, abrufbar unter http://www.wi.uni-muenster.de/aw/download/hybride-systeme/Hybrid%2004.pdf.
[6] Zimmerlich/Aufderheide, Herausforderungen für das Wettbewerbsrecht durch die Internetökonomie (2004), S. 4, abrufbar unter http://www.wi.uni-muenster.de/aw/download/hybride-systeme/Hybrid%2004.pdf.
[7] Bechthold, Kartellgesetz Kommentar, § 19, Rn. 3; Emmerich, Kartellrecht, 9. Aufl. (2001), S. 168;Lettl, Kartellrecht (2005), Rn. 19.
[8] Emmerich, Kartellrecht, 9. Aufl. (2001), S. 168.
[9] Emmerich, Kartellrecht, 9. Aufl. (2001), S. 168.
[10] BKartA WuW/E DER 695 (696); Emmerich AG 2003, 604 (652); Möschel in Immenga/Mestmäcker, GWB Kommentar, 3. Aufl. (2001), § 19 Rn. 35.
[11] Bechtold, GWB Kommentar, 3 Aufl. (2002), § 19 Rn. 6; Commichau/Schwartz, Grundzüge des Kartellrechts, 2. Aufl. (2002), Rn. 287; Emmerich, Kartellrecht, 9. Aufl. (2001), S. 168; Schmidt, Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, 8. Aufl. (2005), S. 50; Trafkowski, Medienkartellrecht (2002), S. 31.
[12] Emmerich, Kartellrecht, 9. Auflage (2001), S. 173.
[13] EuGH Slg. 2002, II-4075 (4115 Rn. 153 ff.).
[14] Lettl, Kartellrecht (2005), § 1 V Rn. 29.
[15] So nun auch der BGH: BGH WuWE DE-R 1355 (1357); anders noch BGH WuW/E BGH 3026 ff.
[16] EG-Kommission, Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (2002/C 165/03), Rn. 59.
[17] Vgl. z.B. http://www.internetworldstats.com/stats.htm; http://www.gazette.de/Archiv/Gazette-Oktober2002/Devide.html; http://www.aec.at/de/archiv_files/2002_139.pdf, S. 1; http://www.emw-d.de/fix/files/kompakt_02-2004_medien.pdf, S. 2.
[18] http://www.nua.com/surveys/how_many_online/africa.html.
[19] Ähnlich Trafkowski, Die sachliche Abgrenzung der Märkte im Internet, MMR 1999, 631.
[20] Ott, Urheber- und wettbewerbsrechtliche Probleme von Linking und Framing (2004), S. 219, abrufbar unter http://www.linksandlaw.com/ownpublications-zsfgpromotion.htm.
[21] Ott, Urheber- und wettbewerbsrechtliche Probleme von Linking und Framing (2004), S. 220.
[22] The OpenNet Initiative, Internet Filtering in China in 2004-2005: A Country Study, abrufbar unter http://opennetinitiative.net/studies/china/ONI_China_Country_Study.pdf; Florian Rötzer, China perfektioniert die Kontrolle des Internets, abrufbar unter http://www.heise.de/tp/r4/artikel/19/19893/1.html.
[23] Ott, Urheber- und wettbewerbsrechtliche Probleme von Linking und Framing (2004), S. 220, Fn. 641.
[24] Ott, Urheber- und wettbewerbsrechtliche Probleme von Linking und Framing (2004), S. 219/220.
[25] Ott, Urheber- und wettbewerbsrechtliche Probleme von Linking und Framing (2004), S. 220.
[26] Ott, Urheber- und wettbewerbsrechtliche Probleme von Linking und Framing (2004), S. 220.
[27] Ott, Urheber- und wettbewerbsrechtliche Probleme von Linking und Framing (2004), S. 221, Fn. 643.
[28] EG-Kommission, Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (2002/C 165/03), Rn. 58; Armin Trafkowski, Medienkartellrecht (2002), S. 43.
[29] http://global-reach.biz/globstats/index.php3.
[30] http://www.heise.de/newsticker/meldung/68495.
[31] http://global-reach.biz/globstats/evol.html.
[32] Z.B. http://collabor.f4.fhtw-berlin.de:8080/antville/publ/topics/4.+Digital+Divide/; http://www.swissinfo.org/sde/swissinfo.html?siteSect=2105&sid=4460821&cKey=1070267869000.
[33] Z.B. http://www.twigg.de; http://www.sdl.com/de/services/sdlagency/sdlagency-website-translation.htm.
[34] http://global-reach.biz/globstats/index.php3.
[35] http://www.google.de/preferences?hl=de.
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