IT-Vertragsrecht
10.2 - Softwareverträge
Grundsätze des § 69UrhG |
In §§ 69c, 69d und 69g UrhG sind einige wenige gesetzliche Vorgaben für Softwareverträge, die allerdings die verschiedenen Lizenzmodelle nur unzureichend abdecken. § 69 c UrhG normiert die Rechte des Urhebers an Computerprogrammen, die von ihm durch Verträge lizenziert werden können. Beim computerrechtlichen Vervielfältigungsrecht gem. § 69 c Nr. 1 UrhG wird der allgemeine Vervielfältigungsbegriff gebraucht, d.h. jegliches Abspeichern auf geeigneten Datenträgern wie z.B. auf CDs oder Disketten und auch bei Übernahme von Programmstrukturen. Das Recht zur Umarbeitung gem. § 69 c Nr. 2 UrhG normiert ein Herstellungsverbot, d.h. nicht nur ein Veröffentlichungsverbot wie bei § 23 UrhG. Es werden beispielhaft drei Varianten genannt: Die Übersetzung, d.h. die Programmübertragung in eine andere Programmiersprache oder vom Source- in den Objektcode; die Bearbeitung, d.h. der Ergänzung des Source- oder Objekt-Codes und das Arrangement. Das Verbreitungsrecht nach § 69 c Nr. 3 ist das Recht des öffentlichen Angebots oder Inverkehrbringens sowie des Vermietens des Werkstücks. § 69 c Nr. 4 UrhG gibt ein Verwertungsrecht der öffentlichen Zugänglichmachung von Computerprogrammen, was vor allem bei Vermittlung via Internet relevant ist. |
Inhaltliche Bestimmungen des § 69 UrhG:
Erschöpfungsgrundsatz und gebrauchte Softwarelizenzen |
Das Verbreitungsrecht ist nach zulässiger Erstveröffentlichung erschöpft (Erschöpfungsgrundsatz, § 69 c Abs. 3 S. 2 UrhG). Dies gilt jedoch nicht für eine Vermietung. Besondere Bedeutung von den vertragsrechtlichen Regelungen hat der Erschöpfungsgrundsatz in § 69c Abs. 3 S. 2 UrhG für den Weiterverkauf von sog. „gebrauchten“ Softwarelizenzen erlangt. Ein zweiter Problempunkt war die Frage, inwieweit vertragsrechtlich der Erschöpfungsgrundsatz ausgehebelt werden kann, indem dem Erwerber die Weiterveräußerung seines Werkexemplars verboten wird. Siehe hierzu auch folgende Entscheidung: BGH, U. v. 11.2.2010 - I ZR 178/08 – Half Life |
Beschränkung durch § 69d und §69 e UrhG |
Die §§ 69 d und e UrhG bilden Ausnahmen zu den Regelungen des § 69 c UrhG und geben dem Nutzer gewisse Vervielfältigungs- und Umarbeitungsrechte. Sie schränken so die vertragliche Gestaltungsmöglichkeit des Urhebers ein. Gem. § 69 d Nr. 1 und 2 UrhG hat der Rechtsinhaber die bestimmungsgemäße Nutzung, also die Nutzung gem. dem Überlassungszweck, und die Fehlerberichtigung, z.B. durch Programmbearbeitung hinzunehmen. Zu bestimmungsgemäßen Nutzungen gehört auch das Anfertigen von Sicherungskopien. Bei der Angemessenheit von formularmäßigen Vertragsklauseln ist zwischen Lizenzverträgen und einfachen Verkaufsverträgen zu unterscheiden. Bei Lizenzverträgen sind diese Klauseln grundsätzlich angemessen, solange der Verwender in der Lage bleibt, seine Hardware zu erneuern. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass nach § 69g Abs. 2 UrhG eine vertragliche Abweichung von § 69c Nr. 1 UrhG zulässig ist. Dies ist insoweit problematisch, als dem rechtmäßigen Erwerber einer Software deren bestimmungsgemäße Nutzung eingeschränkt werden kann. Gem. § 69 d Abs. 3 UrhG ist das Beobachten, Testen und Untersuchen von Programmen nicht zustimmungsbedürftig. |
Unter Berücksichtigung der Software-vertragsrechtlichen Regelungen haben sich vier unterschiedliche Grundmodelle der Lizenzierung von Rechten für Computerprogramme herausgebildet. |
Lizenzmodelle:
Softwareüberlassung |
Praktisch wichtigste Art der Verträge über Software ist die Softwareüberlassung. Dabei wird regelmäßig sog. Standardsoftware verkauft, aber auch die Überlassung von Individualsoftware, also die den individuellen Bedürfnissen und Anforderungen des Nutzers angepasste Software, kann vereinbart werden. Allerdings liegen hier regelmäßig nach dem Werkvertragsrecht zu behandelnde Softwareerstellungsverträge vor. Hoch umstritten ist die Anwendbarkeit des Kaufvertragsrechts auf Softwareüberlassungsverträge. Da §§ 433 ff. BGB auf den Kauf von Sachen (und über § 452 BGB auf Rechte) Anwendung findet, kommt es darauf an, ob Software als Sache i.S.d. § 90 BGB anzusehen ist. Die aufgrund ihrer Praktikabilität vorzugswürdige (wenn auch in der dogmatischen Herleitung fragwürdige) herrschende Meinung wendet auf Softwareüberlassungsverträge das Kaufvertragsrecht gem. §§ 433 ff. BGB an, um so auch einen Rückgriff auf die kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften zu haben bei Mängeln der Software. Da es sich in diesen Fällen regelmäßig um die Überlassung von Standardsoftware handelt, hält das Kaufvertragsrecht ausreichend detaillierte Regelungen bereit, um die Rechte des Erwerbers ausreichend zu sichern. Ein besonderer Unterschied zum typischen Sachkauf gibt es hier nicht, vor allem die urheberrechtliche Rechtseinräumung wird sich regelmäßig auf ein einfaches Nutzungsrecht (§ 31 Abs. 2 UrhG) beschränken. Siehe hierzu folgende Entscheidung: BGH, U. v. 04.11.1987 - VIII ZR 314/86 |
Softwareüberlassung:
Softwareerstellungsvertrag |
Der Softwareerstellungsvertrag weist gegenüber dem Softwareüberlassungsvertrag aber besondere Fragen auf, die eine vertragliche Regelung zwingend erscheinen lassen. Grundlage ist hier regelmäßig das Werkvertragsrecht, dessen Regelungen aber eine Modifikation bedürfen. Bei Softwareerstellungsverträgen hat der Besteller ein großes Interesse daran, dass die Software seinen individuellen Bedürfnissen entspricht, d.h. vor allem im Rahmen seines Datenverarbeitungssystems einsatzfähig und kompatibel mit den anderen eingesetzten Computerprogrammen ist. |
Grundsätze aus urheberrechtlicher Sicht |
Aus urheberrechtlicher Sicht wichtig ist für die Vertragsparteien zum einen angesichts des § 31 Abs. 5 UrhG die Klärung der eingeräumten Nutzungsrechte (einfach oder ausschließlich, Umfang), da angesichts des Zweckübertragungsgrundsatzes der Erwerber der Software ansonsten im Zweifel nur für begrenzte Nutzungsarten die Software einsetzen kann. Zum zweiten ist wegen § 69c Abs. 3 UrhG der Erschöpfungsgrundsatz zu berücksichtigen, bei dem der BGH inzwischen aber vertragliche Abbedingungen zulässt. Der Ersteller kann hier Weitergaben und Unterlizenzierungen der von ihm erstellte Software weitgehend behindern. Schließlich sollten die Parteien sich über die Einräumung des Quellcodes als hinter der Software stehender Grundidee einigen. Der Quellcode ermöglicht die einfache Änderung einer Programmierung sowie die Beseitigung von Programmierungsfehlern. Nach der Rechtsprechung des BGH besteht selbst bei Verträgen über Individualsoftware keine Pflicht zur Herausgabe des Quellcodes (BGH NJW 1987, 1259). Die Überlassung des Quellcodes ist vor allem eine für die Bestimmung der Vergütung entscheidende Frage. Entschließt der Ersteller sich, dem Erwerber den Quellcode zu überlassen, sollte er dies bei der Vergütungshöhe berücksichtigen. Der Erwerber wird ein erhebliches Interesse an dem Erhalt des Quellcodes haben, denn einerseits hat er mit dem Auftrag für die Entwicklung dieses Quellcodes bezahlt, andererseits ermöglicht der Quellcode dem Erwerber unabhängig von dem Ersteller die Software weiterentwickeln und die Kompatibilität mit seinen anderen Programmen herstellen. |
Umfang der Rechteübertragung:
Umfang aus werkvertraglicher Sicht |
Aus werkvertraglicher Sicht ist vor allem eine Regelung der Abnahme und Zahlungsverpflichten zu bedenken. Der Ersteller trägt nach den gesetzlichen Vorgaben (§ 640 BGB) das Vergütungsrisiko bis zur Abnahme des Werks, in diesem Fall also der Software. Er hat finanziell in Vorleistung zu treten. Daher besteht für ihn ein erhebliches Interesse daran, schon vor der Abnahme Abschlagszahlungen zu erhalten. Gleichfalls ist es in seinem Interesse, klare Vorgaben für die Abnahme zu entwickeln, die z.B. Art und Umfang der ein zu übergebenden Software beschreiben, eine angemessene Zahl von Testläufen und die Erstellung eines Abnahmeprotokolls festschreiben. Im Gegenzug sollte der Erwerber Sorge tragen, dass in einem sog. Pflichtenheft bereits bei Vertragsschluss die genauen Anforderungen an die zu erstellende Software spezifiziert werden. Schließlich sollte ein Vertrag für den Fall der Beteiligung mehrerer unabhängiger Softwareersteller eine Haftungsregelung vorsehen, damit ein Ersteller nicht für die Fehler des anderen zur Verantwortung gezogen wird. Solche Haftungsausschlüsse oder -erleichterungen stoßen allerdings nicht nur an AGB-rechtliche Grenzen (§ 309 Nr. 7 BGB), sondern wegen § 278 BGB auch bei Subunternehmerabsprachen zwischen den Softwareerstellern. |
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