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Version [13081]

Dies ist eine alte Version von FallWemGehoertFerdinand erstellt von ChristianeUri am 2011-12-08 07:10:48.

 

Fallbeispiel 5 – Wem gehört (P)Ferdinand?


A. Sachverhalt

Der gelernte Pferdewirt Phillip (P) konnte bisher nur wenige Erfolge in seiner Pferdezucht verbuchen. Aus diesem Grund kauft er bei einem benachbarten Gestüt des Anton (A) den Zuchthengst Ferdinand. Dieser soll zukünftig nicht nur die 50 Prachtstuten auf der Koppel „aufmischen“, sondern vor allem für viel Nachwuchs sorgen. Da P im Moment nicht ganz flüssig ist, zahlt er vorerst nur den hälftigen Kaufpreis i. H. v. 5.000,- Euro und vereinbart mit A Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung. Der Kaufvertrag enthält neben der Garantie, dass Ferdinand für beachtlichen Nachwuchs sorgen wird auch eine Klausel, dass A im Falle einer Insolvenz des P vom Vertrag zurücktreten kann. Da P allerdings in der Folge nur noch Augen für einen neuen Freund hat und mit diesem viel Zeit verbringt, gerät er schnell in Geldnöte. Zur Sicherung eines Darlehens der Bank (B) übereignet P den Hengst Ferdinand an B und behält diesen vereinbarungsgemäß auf seiner Koppel. Die Bank überträgt das (Sicherungs)Eigentum an Ferdinand weiter auf das Factoring-Unternehmen (F), indem sie den Anspruch auf Herausgabe des Zuchthengstes gegen P an F abtritt.

Es kommt wie es kommen muss. P vernachlässigt seine Geschäfte zugunsten des neuen Freundes zu sehr und er wird kurz nach den Transaktionen insolvent. Da er den restlichen Kaufpreis für Ferdinand noch immer nicht gezahlt hat, tritt A vom Vertrag mit P zurück und verlangt Herausgabe des Pferdes.

B. Frage

Hat A gegen P Anspruch auf Herausgabe des Pferdes?
Wer ist Eigentümer des Pferdes?

C. Lösung

1. Grafische Skizze

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Grafische_Skizze_Fallbeispiel5_Ferdinand.jpg 2023-10-06 18:36 52Kb
Loesung_Fallbeispiel5_Ferdinand.pdf 2023-10-06 18:36 774Kb


 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/FallWemGehoertFerdinand/Grafische_Skizze_Fallbeispiel4_Schuhtick.jpg)


2. Lösungsskizze




Anspruch A gegen P Herausgabe des Pferdes gemäß § 985 BGB

I. Anspruch entstanden


1. Voraussetzungen des § 985 BGB


a. Tauglicher Herausgabegegenstand i. S. d. § 985
HIER (+) Pferd (§ 90a BGB)

b. Anspruchsgegner (P) ist Besitzer
= Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache (§ 854 Abs. 1 BGB)
HIER (+)

c. Anspruchssteller (A) ist Eigentümer

aa.ursprünglich (-)

Konstellation A - P


bb. Eigentumsverlust des A durch wirksamen Eigentumserwerb des P von A gem. § 929 S. 1?
= Erwerb des P vom Berechtigten A


(1) Einigung über den Eigentumsübergang
= dinglicher Vertrag zwischen Veräußerer und Erwerber über den Eigentumsübergang
HIER (-) da Bedingung über den Eigentumsvorbehalt (§§ 929 S. 1, 158 Abs. 1), vollständige Kaufpreiszahlung noch nicht erfüllt ist

(2) Zwischenergebnis: Eigentumsverlust des A durch wirksamen Eigentumserwerb des P von A gem. § 929 S. 1 (-)

Konstellation P - B


cc. Eigentumsverlust des A durch Eigentumserwerb der B von P gem. § 929 S. 1?
= Erwerb der B vom Berechtigten P


(1) Einigung über Eigentumsübergang
= dinglicher Vertrag zwischen Veräußerer und Erwerber über den Eigentumsübergang
HIER (+) Sicherungsabrede


(2) Übergabe nach 929 S. 1 BGB
= Vollständiger Besitzverlust des Veräußerers und Besitzerwerb des Erwerbers, auf Veranlassung des Veräußerers zum Zwecke der Eigentumsübertragung
HIER (-) eine Übergabe hat zu keinem Zeitpunkt stattgefunden


(3) Zwischenergebnis: Eigentumsverlust des A durch wirksamen Eigentumserwerb der B vom Berechtigten P gem. § 929 S. 1 (-)


dd. Aber: Eigentumsverlust des A durch Eigentumserwerb der B von P gem. §§ 929 S. 1, 930?
= Erwerb der B vom Berechtigten P

(1) Einigung (+), s.o.

(2) Übergabesurrogat („Übergabeersatz“) nach 930

(a) Veräußerer muss Besitzer sein
HIER (+) P ist unmittelbarer Besitzer geblieben

(b) Besitzmittlungsverhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber
= Rechtsgeschäftliches Besitzmittlungsverhältnis i. S. v. § 868
HIER (+) Sicherungsabrede zwischen B und P als Besitzmittlungsverhältnis i. S. d. § 868

(c) Fremdbesitzwille des Veräußerers
= Wille, für den Erwerber zu besitzen
HIER (+) P wollte für B besitzen

(d) Zwischenergebnis: Voraussetzungen des § 930 (+)


(3) Einigsein im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs
= keine der WEen darf widerrufen worden sein
HIER (+) kein Widerruf

(4) (Verfügungs-)Berechtigung des Veräußerers

(a) Verfügungsbefugter Eigentümer
HIER (-) P ist nicht Eigentümer

(b) Nichteigentümer, der gesetzlich verfügungsbefugt ist oder der vom Berechtigten ermächtigt ist
HIER (-) P ist nicht Ermächtigter nach § 185; eine sonstige Verfügungsbefugnis ist nicht ersichtlich


(5) Zwischenergebnis: Eigentumsverlust des A durch Eigentumserwerb der B von P gem. § 929 S. 1, 930 (-)


ee) Aber: Eigentumsverlust des A durch Eigentumserwerb der B von P gem. §§ 929 S. 1, 930, 933?
= gutgläubiger Erwerb der B vom Nichtberechtigten P nach den Voraussetzungen des § 933 und kein Ausschluss nach § 935 Abs. 1


(1) Einigung (+), s.o.


(2) Übergabesurrogat („Übergabeersatz“) nach 930
= Voraussetzung des § 930
HIER (+) s.o.


(3) Einigsein im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs
HIER (+) kein Widerruf


(4) „Berechtigungsersatz“ des Veräußerers


(a) Rechtsgeschäftlicher Erwerb
= nicht durch gesetzlichen Erwerb
HIER (+) Rechtsgeschäft liegt vor


(b) Verkehrsgeschäft
= (Güter)Vermögensaustausch zwischen zwei Personen; nicht gegeben bei persönlicher oder wirtschaftlicher Identität des Übereignenden mit dem Erwerber
HIER (+) = Verkehrsgeschäft liegt vor


(c) Legitimation durch Rechtschein des Besitzes gem. §§ 932 ff.
= beim gutgläubigen Erwerb nach §§ 929 S., 930 (Besitzkonstitut), 933: Erwerber muss Sache „übergeben“ werden; Übergabe i. S. v. § 929 ist erforderlich
HIER (-) P hat das Pferd nicht an B übergeben


(d) Zwischenergebnis: (bereits) Voraussetzungen des § 933 (-)

(5) Zwischenergebnis: Eigentumsverlust des A durch Eigentumserwerb der B vom Nichtberechtigten P gem. §§ 929 S. 1, 930, 933 (-)


Konstellation B - C


ff) Aber: Eigentumsverlust des A durch Eigentumserwerb des F von B gem. § 929 S. 1, 931
= Erwerb des F von der Berechtigten B


(1) Einigung
= dinglicher Vertrag zwischen Veräußerer und Erwerber über den Eigentumsübergang
HIER (+)

(2) Übergabesurrogat („Übergabeersatz“) nach § 931

(a) Dritter ist Besitzer geblieben
= unmittelbarer oder mittelbarer Besitz
HIER (+) P ist zum gegenständlichen Zeitpunkt unmittelbarer Besitzer des Pferdes


(b) Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen den Dritten an den Erwerber
HIER (+) B hat alle Ansprüche aus dem Darlehens- und Sicherungsvertrag gem. § 398 an F abgetreten


(c) Zwischenergebnis: Voraussetzungen des § 931 (+)


(3) Einigsein im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs
= keine der WEen darf widerrufen worden sein
HIER (+) kein Widerruf


(4) (Verfügungs-)Berechtigung des Veräußerers


(a) Verfügungsbefugter Eigentümer
HIER (-) B ist nicht Eigentümer


(b) Nichteigentümer, der gesetzlich verfügungsbefugt ist oder der vom Berechtigten ermächtigt ist
HIER (-) B ist nicht Ermächtigte nach § 185; eine sonstige Verfügungsbefugnis ist nicht ersichtlich


(5) Zwischenergebnis: Eigentumsverlust des A durch Eigentumserwerb des F von B gem. § 929 S. 1, 931 (-)


gg) Aber: Eigentumsverlust des A durch Eigentumserwerb des F von B gem. § 929 S. 1, 931, 934
= gutgläubiger Erwerb der F von der Nichtberechtigten B


(1) Einigung (+), s.o.


(2) Übergabesurrogat („Übergabeersatz“) nach § 931
= Voraussetzungen des § 931
HIER (+) s.o.


(3) Einigsein im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs
HIER (+) s.o.


(4) „Berechtigungsersatz“ des Veräußerers
= Voraussetzungen des § 934 und kein Ausschluss nach § 935 Abs. 1


(a) Rechtsgeschäftlicher Erwerb
= nicht durch gesetzlichen Erwerb
HIER (+) Rechtsgeschäft liegt vor


(b) Verkehrsgeschäft
= (Güter)Vermögensaustausch zwischen zwei Personen; nicht gegeben bei persönlicher oder wirtschaftlicher Identität des Übereignenden mit dem Erwerber
HIER (+) = Verkehrsgeschäft liegt vor


(c) Legitimation durch Rechtschein des Besitzes gem. §§ 932 ff.
= beim gutgläubigen Erwerb nach §§ 929 S., 931, 934 Var. 1: Veräußerer muss mittelbarer Besitzer sein; Einigung und Abtretung ausreichend, d.h. Verschaffung des mittelbaren Besitzes ausreichend
HIER (+) B hat ihren Anspruch aus dem BMV durch Eingung und Abtretung auf F übertragen und F damit den mittelbaren Besitz verschafft (§ 870)


(d) Gutgläubigkeit des Erwerbers, § 932 Abs. 2
= keine positive Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom Nichteigentum des Veräußerers bis zur Vollendung des Rechtserwerbs, § 932 Abs. 2
HIER (+) F wusste nichts von der Herkunft des Pferdes und insbesondere nichts vom Eigentumsvorbehalt; Hinweise für eine grobe Fahrlässigkeit enthält der Sachverhalt nicht


(e) Kein Abhandenkommen der Sache, 935 Abs. 1
= kein unfreiwilliger Verlust des unmittelbaren Besitzes
HIER (+) das Pferd ist nicht abhandengekommen (steht noch auf der Wiese des P)


(f) Zwischenergebnis: Voraussetzungen des § 934, Var. 1 (+) und kein Ausschluss nach § 935 Abs. 1 (+)


(5) Zwischenergebnis: Eigentumserwerb der F von der Nichtberechtigten B gem. §§ 929 S. 1, 931, 934 Var. 1 (+)


hh. Zwischenergebnis: Anspruchssteller A ist Eigentümer (-)


d. Zwischenergebnis: Voraussetzungen des § 985 (-)


2. Zwischenergebnis: Anspruch entstanden (-)

II. Ergebnis: A gegen P Herausgabe des Pferdes gem. § 985 (-)



D. Formulierungsvorschlag

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