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Version [37521]

Dies ist eine alte Version von FallTennisMitBoris erstellt von JKramer am 2014-04-05 14:33:01.

 

Lösungsvorschlag Fall 1 – Tennis mit Boris


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S könnte gegen A einen Anspruch auf Übereignung von 100 neuen Tennisbällen Typ „Boris“ gemäß § 433 I S. 1 BGB haben.

I. Dann müsste S einen Anspruch gegenüber A erworben haben.


1. Dies setzt einen wirksamen Kaufvertrag zwischen den Parteien voraus. Laut Sachverhalt haben S und A am 15.05. einen
Kaufvertrag (§ 433 BGB) über 100 Tennisbälle Typ „Boris" geschlossen.


2. S hat demnach einen Anspruch erworben.


II. Der Anspruch des S könnte jedoch nach § 275 I BGB ausgeschlossen sein.
Dann müsste die Leistung für den Schuldner (A) oder für jedermann unmöglich sein.


1. Voraussetzung wäre hierfür zunächst ein Schuldverhältnis zwischen S und A.
Wie bereits unter Punkt I.1. festgestellt, haben S und A einen Kaufvertrag geschlossen. Ein Schuldverhältnis liegt somit vor.


2. Weiterhin müsste die aus dem Vertrag resultierende Leistung unmöglich sein.


a. Der Vertrag zwischen S und A beinhaltet als Leistung die Übereignung von 100 Tennisbällen Typ „Boris“.


b. Eine Unmöglichkeit liegt vor, wenn niemand die Leistung erbringen kann (objektive Unmöglichkeit) oder wenn eine dritte
Person, nicht aber der Schuldner die Leistung erbringen kann (subjektive Unmöglichkeit bzw. Unvermögen).
Dies wiederum ist insbesondere dann denkbar, wenn es sich bei dem geschuldeten Gegenstand um eine Stückschuld
oder eine konkretisierte Gattungsschuld (§ 243 II BGB) handelt.


aa. Bei den geschuldeten 100 Tennisbällen könnte es sich um eine Stückschuld handeln. Eine Stückschuld liegt vor,
wenn der geschuldete Gegenstand nur einmal existiert. Das ist insbesondere bei gebrauchten Gegenständen und
bei neuen Einzelstücken zu bejahen. S hat sich aufgrund eines Ausstellungsstücks für 100 Tennisbälle dieses Typs
entschieden. Die Parteien haben also nicht die Übereignung eines bestimmten Einzelstücks vereinbart. Gegenstand
des Vertrages war somit eine Gattungsschuld.


bb. Das Schuldverhältnis könnte sich aber gemäß § 243 II BGB auf eine bestimmte Sache beschränkt haben. Um eine
solche Konkretisierung herbeizuführen, müsste der Schuldner (A) das seinerseits Erforderliche zur Leistung getan
haben. Ob hier der A das seinerseits Erforderliche getan hat, hängt davon ab, welche Art der Schuld (Hol-, Bring-,
oder Schickschuld) vorliegt.


(1) Zwischen S und A war die Abholung der Tennisbälle durch den S vereinbart. Mithin handelt es sich hier um
eine Holschuld.


(2) Bei der Holschuld tritt Konkretisierung der Gattungsschuld zur Stückschuld ein, wenn der Schuldner die
Kaufsache ausgesondert und den Gläubiger über die Abholmöglichkeit benachrichtigt hat. Laut Sachverhalt hat
A die Tennisbälle ausgesondert und eine Postkarte an S abgeschickt, mit der er ihn über die Abholmöglichkeit
informieren wollte.


Fraglich ist jedoch, wie es sich auswirkt, dass S von der Mitteilung niemals Kenntnis erhielt, weil ihn die
Postkarte nicht erreicht hat. Nach allgemeiner Meinung reicht die alleinige Absendung einer Mitteilung aus. Ein
Zugehen derselben beim Gläubiger ist nicht erforderlich. Somit hat der A alles seinerseits Erforderliche zur
Leistung getan.


(3) Demnach ist eine Konkretisierung der ursprünglich bestehenden Gattungsschuld zur Stückschuld zu bejahen.
Das Schuldverhältnis zwischen S und A beschränkt sich also nach § 243 II BGB auf diese 100 Tennisbälle.


cc. Die Übereignung einer beweglichen Sache erfordert gemäß § 929 S. 1 BGB eine Einigung über den
Eigentumsübergang und die Übergabe der Sache. Weder A, noch ein Dritter sind im Stande die
ausgesonderten Tennisbälle an A zu übereignen, da diese verbrannt sind.


dd. Somit liegt hier eine objektive Unmöglichkeit vor.


c. Die aus dem Vertrag resultierende Leistung ist für A folglich unmöglich.


3. Mithin sind alle Voraussetzungen des § 275 I BGB erfüllt. Der Anspruch des S aus § 433 I S. 1 BGB ist somit ausgeschlossen,
da die Leistung für den A unmöglich ist.


III. S hat gegen A keinen Anspruch auf Übereignung von 100 neuen Tennisbällen Typ „Boris“ gemäß § 433 I S. 1 BGB.



Fallabwandlung

Bis zur Konkretisierung der Gattungsschuld (Pkt. bb.) ändert sich am Aufbau des Gutachtens nichts.
Hier kann auch in der Klausur auf die Lösung oben verwiesen werden.


Eine Änderung zum Ausgangsfall ergibt sich hier erst in der vereinbarten Schuld.


(1) Zwischen S und A war die Lieferung der 100 Tennisbälle durch A an S, also eine Bringschuld vereinbart.


(2) Bei der Bringschuld tritt Konkretisierung der Gattungsschuld zur Stückschuld ein, wenn der Schuldner (A) die
Kaufsache dem Gläubiger an dessen Wohnort anbietet. A hat die 100 Tennisbälle nicht in der beschriebenen Weise
angeboten.
Laut Sachverhalt war die Lieferung der 100 Tennisbälle durch A am 17.06. bei S vereinbart. Dies hat A nicht getan.
Somit hat A nicht das seinerseits Erforderliche zur Leistung getan.


(3) Demnach ist eine Konkretisierung der ursprünglich bestehenden Gattungsschuld zur Stückschuld zu verneinen. Das
Schuldverhältnis beschränkt sich somit nicht nach § 243 II BGB auf 100 bestimmte Bälle des
Typ „Boris“.


c. Die aus dem Vertrag resultierende Leistung ist folglich nicht unmöglich.


3. Die Voraussetzungen des § 275 I BGB liegen also nicht vor. Der Anspruch des S aus § 433 I S. 1 ist demnach nicht
ausgeschlossen. Vielmehr ist der Schuldner der Leistung (A) nach wie vor zur Leistung verpflichtet.


III. Fraglich ist jedoch, ob der Anspruch des S auch durchsetzbar ist.


Für A kommt gegen den Anspruch des S die Einrede des nicht erfüllten Vertrags gemäß § 320 BGB in Betracht. Hiernach kann der Anspruchsgegner (A) die Leistung so lange verweigern, bis der Anspruchsteller (S) seinerseits leistet. Laut Sachverhalt bezahlt der S am 15.05. den vollen Kaufpreis in Höhe von 400 € für die 100 Tennisbälle. A kann somit die Leistung nicht verweigern, da S den Kaufpreis schon gezahlt hat. Der Anspruch des S ist daher auch durchsetzbar.


IV. S hat gegen A einen Anspruch auf Übereignung von 100 neuen Tennisbällen Typ „Boris“ gemäß § 433 I S. 1 BGB.
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