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Fall: Die heiße Dunstabzugshaube
A. Sachverhalt
Der Angestellte Dusel (D) kauft auf wiederholte Bitten seiner Ehefrau (E) eine neue Küche für seine Wohnung. Die Geräte – d. h. Spülmaschine, Kochplatte, Backofen, Dunstabzugshaube – kauft D separat beim Händler für Haushaltsgeräte Hastig (H) und lässt sie durch Mitarbeiter des H ordnungsgemäß montieren. Die Geräte kosten insgesamt 2.900,- EUR.
Die Geräte verrichten ihren Dienst in den ersten Monaten sehr gut. Nach 13 Monaten löst ein Kurzschluss in der Dunstabzugshaube einen Brand aus, weshalb die komplette Küche abbrennt und auch die gesamte Wohnung des D erheblich beschädigt wird. Der Schaden in der Küche und Wohnung wird durch einen Sachverständigen auf insgesamt 21.000,- EUR beziffert. Beim Brand erleidet auch die E Verbrennungen und muss monatelang im Krankenhaus behandelt werden. An einigen Körperstellen hinterlässt der Unfall sichtbare Narben, weshalb sich E künftig nicht mehr ins Freibad trauen wird. Im Übrigen entgeht der freiberuflichen Erzählpädagogin ein Umsatz von 9.000 EUR.
Eine Untersuchung hat ergeben, dass die in Österreich beim Hersteller Blechbüchse (B) hergestellte Dunstabzugshaube deshalb das Feuer verursachte, weil ein fehlerhaft konstruierter Schalter des Zulieferers Zing-Pong (Z) aus China bei höheren Temperaturen sich verformte und deshalb Stromleitungen an das Metallgehäuse gerieten.
Der Fall des D war nicht der erste Fall dieser Art. Im Zusammenhang mit ähnlichen Fällen durchgeführte Untersuchungen von B führten dazu, dass auf den Lieferanten Z bereits Druck ausgeübt wurde, die Fehler zu korrigieren, allerdings erfolglos. Man hat den Lieferanten der Schalter aus Kostengründen jedoch nicht gewechselt.
Eventuelle Ansprüche gegen das in China ansässige Unternehmen Z sind faktisch nicht durchsetzbar (und deshalb auch nicht zu prüfen).
Eventuelle Ansprüche gegen das in China ansässige Unternehmen Z sind faktisch nicht durchsetzbar (und deshalb auch nicht zu prüfen).
B. Frage
Wie ist die Rechtslage?
C. Lösungshinweise
Sinnvolles Raster beim Einstieg:
Wer?
Will was?
Von wem?
Und woraus?
Folgende Anspruchsgrundlagen sind denkbar (gegen Z waren nicht zu prüfen - vgl. Hinweis im Sachverhalt):
Gegen H:
- auf Rückzahlung des Kaufpreises nach Rücktritt gem. § 437 Nr. 2, 440, 323, 346, 434 BGB in Höhe von 2.900,- EUR
- auf Schadensersatz gem. § 437 Nr. 3 i. V. m. § 280 Abs. 1 BGB
(potenzieller Umfang: Renovierungskosten Wohnung 21.000,- + Behandlungskosten Krankenhaus, Schmerzensgeld, besonders wegen Schmerzen und Narben + entgangener Umsatz 9.000,-) - Verschulden kann recht leicht widerlegt werden! - hier § 278 BGB zu prüfen, aber Hersteller ist nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers;
- auf Schadensersatz gem. § 823 Abs. 1 BGB (im Ergebnis nicht gegeben, aber kurz zu prüfen!)
- auf Schadensersatz gem. § 831 Abs. 1 BGB wegen der Sorgfaltsverstöße seitens B? B kein Verrichtungsgehilfe!
Gegen B:
- vertragliche Ansprüche kommen nicht in Betracht, weil keine vertragliche Verbindung zwischen den Parteien
- auf Schadensersatz gem. § 1 Abs. 1 ProdHG in Höhe von 21.000,- EUR (im Ergebnis 20.500,- EUR)
- auf Schadensersatz gem. § 823 Abs. 1 BGB in Höhe von 21.000,- EUR
Bemerkungen zur Bearbeitung des Falles:
- sortieren Sie die Ansprüche 1) nach Personen 2) nach Anspruchsgrundlagen
- bei unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen soll Gefährdungshaftung vor Verschuldenshaftung geprüft werden
- vor der Prüfung erst feststellen, was für Anspruchsgegenstand denkbar ist (bei Schadensersatz = Schadensposten!)
- diese müssen am besten im Obersatz bereits genannt werden - spätestens beim Umfang des Schadensersatzes!
- Umfang am Ende der Prüfung von Schadensersatzansprüchen nicht vergessen!
- § 823 BGB bei Produkthaftung hat zwei Besonderheiten: Handlung durch Unterlassen (Verkehrssicherungspflichten!) und Beweislastumkehr beim Verschulden
- es gibt keinen Anspruch auf Rücktritt - es gibt einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nach Rücktritt!
- eine Renovierung der Wohnung und Versetzung in den ursprünglichen Zustand ist möglich; beim "Totalschaden bei einer Wohnung" müsste für die neue Wohnung sowieso alles neu gekauft werden; insofern Naturalrestitution nicht ausgeschlossen, möglich = also vorrangig anzuwenden;
- § 831 BGB ist keine Anspruchsgrundlage gegen den Verrichtungsgehilfen, sondern gegen den Geschäftsherrn!
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