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Dies ist eine alte Version von FallDasWGAuto erstellt von MartinEbert am 2013-05-26 19:25:55.
FALL 3 Das WG Auto
Grundfall (Wiederholung)
Nachdem die Streitigkeiten zwischen Armin (A), Benno (B) und Christian (C) in ihrer Schmalle-WG beigelegt wurden und A's Käse Schnee von gestern ist, hat C die Idee, einen gemeinsamen Ausflug zu machen, um die Wogen wieder endgültig zu glätten.
Leider fehlt dem C selbst aber noch das nötige Kleingeld für die Umsetzung der eigenen Idee. Da kommt es ihm zugute, dass der knausrige Kevin (K) auf die Verkaufsannonce von C antwortet. C will sein Auto, eine Ente in Ferrari-Rot, verkaufen. Er kann sie in Schmalkalden ohnehin nicht nutzen und in Bälde steht auch wieder eine TÜV-Kontrolle an, die ihm Angst und Bange werden lässt.
C verkauft also an den K sein "Liebhaberstück" für 4.000 Eur. Die beiden vereinbaren, dass der Kaufpreis in drei Monaten zahlbar ist. K lässt das Kfz für 2.000 Eur "frisieren" (tiefer legen, Raumschiff Enterprise-Spoiler und Optimus Prime-Kühlergrill). Nunmehr stellt sich zum Schrecken des C heraus, dass der Kaufvertrag unwirksam ist.
Welche Ansprüche hat C gegen K? Kann K demgegenüber von C Aufwendungsersatz verlangen?
Variante
K hat den Kaufpreis bereits bar an C entrichtet, nunmehr aber keine "Frisierungen" auf die Ente vorgenommen. In einer Kurve, die K mit überhöhter Geschwindigkeit schnittig wie Niki Lauda nehmen wollte, fuhr K zu seinem Erstaunen geradeaus, sodass er nähere Bekanntschaft mit einer deutschen Eiche machte und das Auto zerschellte. Der Schrottwert des Autos beträgt nunmehr 100 Eur. Die von K gezogenen Gebrauchsvorteile an der Ente sind mit 150 Eur beziffert. Auch hier war der Kaufvertrag unwirksam.
Wie ist die Rechtslage?
Lösung Grundfall
A. Ansprüche C gegenüber K
I. Vertragliche Ansprüche
--> keine ersichtlich; SV gibt gerade wieder, dass keine schuldrechtlichen Verträge vorliegen bzw. wirksam sind
II. Anspruch des C ggü K auf Herausgabe der Ente gem. § 812 I S.1 1. Alt. BGB
1. Etwas erlangt/ Bereicherung des Anspruchsgegners (K)
--> etwas erlangt = jeder Vermögensvorteil, z.B. Eigentum, Besitz an einer Sache, sowie Rechte/
Ansprüche, Gebrauchs- oder Nutzungsmöglichkeit
--> hier Eigentumserlangung des K an der Ente des C
2. Durch Leistung
--> Leistung = jede bewusste zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens
--> bei § 812 I S. 1 1. Alt BGB ist Zweck, die Erfüllung einer Verbindlichkeit
--> hier: C übertrug im Vertrauen auf das Bestehen des Kaufvertrages und damit seiner
Erfüllungspflicht aus § 433 I S. 1 BGB das Eigentum an der Ente gem. § 929 BGB an K,
um diese Pflicht so zum Erlöschen zu bringen (§ 362 BGB)
3. Ohne Rechtsgrund
--> wie bereits SV angibt, fehlte der Rechtsgrund des Verpflichtungsgeschäftes, der Kaufvertrag
zwischen C und K war unwirksam
4. Kein Ausschluss des Anspruchs gem. § 814 BGB
--> Ausschluss des Anspruchs von C nur, wenn dieser positive Kenntnis darüber hatte, dass er
im Zeitpunkt der Leistung gar nicht zu dieser verpflichtet war
--> hier: nicht der Fall, laut SV erlangte C von der Unwirksamkeit gerade erst nach der
Eigentumsübertragung Kenntnis
5. Zwischenergebnis
--> C hat gegenüber K einen Anspruch auf Herausgabe des Eigentums und des
Besitzes an der Ente gem. § 812 I S. 1 1. Alt. BGB
6. Umfang des Herausgabeanspruchs gem. § 818 BGB
6.1 § 818 I BGB
--> nach § 818 I BGB sind auch ggf. gezogene Nutzungen des Bereicherten an den
Leistenden herauszugeben
--> Nutzungen iSd § 100 BGB = alle Früchte einer Sache oder eines Rechts, sowie Gebrauchsvorteile,
die tatsächlich gezogen wurden
--> hier: Gebrauch der Ente durch K, der sie im Eigentum und Besitz hatte und so dem C die
Möglichkeit zum Gebrauch vorenthielt
--> veränderte auch die Ente, indem er an ihr Änderungen („Frisierungen“) im Wert von 2.000 Eur vornahm
--> P: § 818 I BGB gewährt nur die Tatsächliche Herausgabe der Nutzungen
--> hier: nicht möglich, da nicht gegenständlich und so nicht in Natur herauszugeben
6.2 § 818 II BGB
--> allerdings Ersetzung des Wertes des Erlangten nach § 818 II BGB möglich
--> hierzu müsste der Bereicherte außerstande sein, die gezogenen Nutzungen herauszugeben, was,
wie bereits unter 6.1 dargestellt
--> Herausgabeanspruch aber nur insoweit gedeckt, wie sich K auf die Einrede des Wegfalls der
Bereicherung berufen kann
6.3 § 818 III BGB
(a) Bereicherungsgegenstand Ente
--> K könnte sich auf die Einrede aus § 818 III BGB berufen, sofern er "nicht mehr bereichert wäre"
(= entreichert ist)
--> Bereicherungsschuldner (K) könnte sich auf die Einrede berufen, wenn und soweit der
Bereicherungsgegenstand nicht mehr in seinem Vermögen ist
--> vorliegend ist aber die Ente noch im Vermögen des K, bislang ist keine Herausgabe an C erfolgt;
folglich kann sich K nicht auf die Einrede zum Wegfall der Bereicherung berufen; ABER:
--> Problem mit den Vermögensveränderungen des K
(b) Vermögensänderungen des K durch "Frisierungen"
--> fraglich, ob K sich auf die Einrede berufen kann, unter Betrachtung, dass er, obgleich rechtsgrundlos,
Eigentum erlangte, aber unter Einsatz seines Vermögens die Ente "frisieren" ließ
--> BGH: bereicherungsmindernd iSd des § 818 III BGB wirken sich sämtliche vermögensmindernden Aufwendungen des Beschenkten aus, also nicht nur notwendige und nützliche [...] Verwendungen, sondern auch solche die von vornherein keine Wertsteigerung zur Folge hatten oder solche, die zu einer im Zeitpunkt der Rückgabe wieder entfallenen Wertsteigerung geführt haben (BGHZ 140 S. 275, 283-284)
--> damit kann sich K zumindest auf eine Entreicherung iHv 2.000 Eur berufen, die er für die "Frisierungen" aufwendete
7. Ergebnis II.
Herausgabe-/ Bereicherungsanspruch des C ist folglich durch eine Zug um Zug
dem K zu erfüllende Aufwendungsersatzpflicht iSd § 818 III BGB beschränkt
III. Anspruch C ggü K gem. § 985 BGB
--> der Anspruch des C ggü K gem. § 985 BGB entfällt, da der K wirksam Eigentümer wurde und C ggü K
die Herausgabe des Eigentums nur durch § 812 I S. 1 1. Alt. BGB verlangen kann
IV. Gesamtergebnis Ansprüche C ggü K
C hat ggü K einen Herausgabeanspruch gem. § 812 I S. 1 1. Alt. BGB bzgl. des Eigentums an der Ente,
jedoch gemindert um die Zug um Zug zu erfüllende Aufwendungspflicht des K gem. § 818 III BGB
B. Ansprüche K gegenüber C
I. Anspruch aus §§ 677, 683, 670 BGB
--> bereits fraglich, ob es sich bei Verwendungen auf einer zu Eigentum, letztlich aber rechtsgrundlos
erworbenen Sache ein fremdes Geschäft iSd § 677 BGB vorliegt
--> Klärung kann aber hier dahin stehen, da ein Anspruch nach §§ 677, 683, 670 BGB spätestens am
nicht vorhandenen Fremdgeschäftsführungswillen des K scheitert
--> K machte die Verwendung in der Annahme und dem Bewusstsein es für sich zu tun
II. Anspruch gem. § 994 BGB
--> als Voraussetzung hätte sog. Vindikationslage vorliegen müssen, folglich ein Anspruch des rechtmäßigen
Eigentümers ggü dem gegenwärtigen Besitzer der Sache gem. § 985 BGB, was aber nicht der Fall war
(siehe oben A. III.)
--> hier war lediglich das Verpflichtungsgeschäft unwirksam, nicht aber das dingliche (Verfügungs-)Geschäft,
--> folglich die Eigentumsübertragung gem. § 929 S. 1 BGB, K war rechtmäßiger Eigentümer;
--> Stichwort: TRENNUNGS- und ABSTRAKTIONSPRINZIP!!!
III. Anspruch aus § 812 I S. 1 1. Alt. BGB
--> Anspruch vor einer erfolgten Rückgabe des Autos an C nicht gegeben, da C zu diesem Zeitpunkt gerade
noch nichts erlangt hätte, wie es aber § 812 I S. 1 1. Alt BGB gerade verlangt
--> ABER: ab der Herausgabe hat K ggü C einen Anspruch, da C durch die Verwendungen des K auf die Ente
iHv 2.000 Eur besser gestellt ist als vor der Eigentumsübertragung an K
--> dann wie oben unter A. bereits besprochen, entsprechend Anspruch des K ggü C,
sofern er sich nicht vorher auf § 818 III BGB beruft und seine Verwendungen Zug um Zug
heraus verlangt
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