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Version [18713]

Dies ist eine alte Version von EigentuemerBesitzerVerhaeltnis erstellt von AnnegretMordhorst am 2012-12-20 19:19:17.

 

Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis


Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (kurz: EBV) ist in den §§ 985 - 1003 BGB normiert und beschäftigt sich mit der Rechtsbeziehung zwischen dem Eigentümer und dem unrechtmäßigen Besitzer einer Sache. Grundgedanke des EBV ist der Schutz des Eigentümers. Hat jemand das Eigentum an einer Sache, so kann er gemäß § 903 S.1 BGB, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritten entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren. Diese vollständige Beherrschung der Sache ist jedoch nur möglich, wenn der Eigentümer auch Besitzer ist. Gibt der Eigentümer den Besitz freiwillig auf, geschieht das innerhalb des Rahmens des § 903 BGB. Erlangt jedoch ein Dritter unrechtmäßig den Besitz an der Sache, schränkt dies die Freiheit des Eigentümers (§ 903) ein. Es muss ein Ausgleich geschaffen werden. Neben dem Anspruch auf Herausgabe der Sache nach § 985 BGB stehen dem Eigentümer auch Ansprüche auf Nutzungsherausgabe und Schadensersatz gem. §§ 987 BGB ff. zu.
Ein weiterer Grundgedanke des EBV ist jedoch auf der anderen Seite, den redlichen (also den gutgläubigen oder unverklagten) Besitzer zu schützen. Deshalb steht dem redlichen Besitzer ein Anspruch auf Verwendungsersatz gem. §§ 994 ff. BGB zu.

Voraussetzung für alle Ansprüche der §§ 987 ff. BGB ist das Vorliegen einer sog. Vindikationslage. Die Vindikationslage bezeichnet die Situation, in der der Eigentümer einen Herausgabeanspruch gegenüber dem nicht zum Besitz berechtigten Besitzer gemäß § 985 BGB hat. Die Voraussetzungen für eine Vindikationslage können Sie dem nachfolgenden Punkt "Herausgabeanspruch gem. § 985 BGB" entnehmen. Die Vindikationslage muss nur zu dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs vorliegen, nicht mehr bei dessen Geltendmachung.


A. Ansprüche des Eigentümers gegen den Besitzer


1. Herausgabeanspruch gemäß § 985 BGB

§ 985 BGB räumt dem Eigentümer einen Anspruch auf Herausgabe der Sache gegen den Besitzer ein. Voraussetzungen hierfür sind:

a. Der Anspruchsteller ist Eigentümer der Sache

Ist aus dem Sachverhalt nicht ersichtlich, ob der Anspruchsteller das Eigentum an der Sache hat, so kann die Eigentumsvermutung nach § 1006 BGB angewandt werden.

b. Der Anspruchsgegner ist (mittelbarer oder unmittelbarer) Besitzer der Sache

c. Er besitzt die Sache ohne Recht zum Besitz

Ein Recht zum Besitz könnte dem Anspruchsgegner durch § 986 BGB eingeräumt werden. § 986 BGB kennt drei Fälle, die dem Besitzer ein Recht zum Besitz einräumen:
        • § 986 Abs. 1 S. 1 HS 1 BGB : Der Besitzer ist dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt. Eine Berechtigung kann durch ein eigenes Besitzrecht, ein Anwartschaftsrecht oder ein gesetzliches Besitzrecht gegeben sein.
        • § 986 Abs. 1 S. 1 HS 2 BGB : Der (unmittelbare) Besitzer leitet sein Recht zum Besitz vom Recht zum Besitz des mittelbarern Besitzers ab = Derivatives Besitzrecht
        • § 986 Abs. 2 BGB: Besitzrecht bei Abtretung nach §§ 929 S.1, 931 BGB

Liegt einer der drei Fälle vor, kann der Besitzer die Herausgabe der Sache verweigern, da er zum Besitz berechtigt ist.

2. Schadensersatzansprüche

Neben dem Herausgabeanspruch nach § 985 BGB stehen dem Eigentümer auch Ansprüche auf Nutzungsherausgabe sowie Schadensersatz zu.
Allerdings möchte der Gesetzgeber dem Besitzer die Haftung für diese Ansprüche nicht ohne weiteres zumuten. Es müssen neben der Vindikationslage nach § 985 BGB noch spezielle Voraussetzungen erfüllt sein, damit der Besitzer haften muss. Ohne die speziellen Regelungen der §§ 987 ff. BGB müsste der Besitzer nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung und der unerlaubten Handlung haften, egal ob er nur leicht fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Von dieser strengen Haftung möchte der Gesetzgeber den gutgläubigen bzw. unverklagten Besitzer durch die §§ 987 ff. BGB verschonen. Deshalb lassen sich die Besitzer in drei Gruppen einteilen: in den redlichen (=gutgläubiger bzw. unverklagter) Besitzer, den unredlichen (=bösgläubiger bzw. verklagter) Besitzer und den deliktischen Besitzer.


a. Gegen den bösgläubigen oder verklagten Besitzer, § 989 BGB, § 990 BGB

Entsteht dem Eigentümer ein Schaden, den der Besitzer dadurch zu verschulden hat, dass die Sache verschlechtert wird, untergeht oder aus einem anderen Grunde von ihm nicht herausgegeben werden kann, so ist der Besitzer zum Ersatz des entstandenen Schadens verantwortlich, soweit er bösgläubig oder verklagt ist.

Prüfungsschema:

  1. Vorliegen einer Vindikationslage zum Zeitpunkt der schädigenden Handlung
  1. Verklagter (§ 989 BGB) oder bösgläubiger (§ 990 Abs. 1 BGB) Besitzer
Rechtshängigkeit bedeutet, dass der Eigentümer vor Gericht Klage gegen den Besitzer erhoben hat. Ein Besitzer ist demzufolge rechtshängig, sobald er vor Gericht verklagt wurde. Diese Rechtshängigkeit, die in § 989 BGB vorausgesetzt wird, kann auch dadurch ersetzt werden, dass der Besitzer die Sache bösgläubig erworben hatte, s. § 990 Abs. 1 BGB. Nach Eintritt der Rechtshängigkeit oder im Falle der Bösgläubigkeit des Besitzers ist dieser nicht mehr schutzwürdig.
  1. Verletzungshandlung (in Form einer Beschädigung, Zerstörung oder Unmöglichkeit der Herausgabe)
  1. Besitzer hat die Verschlechterung bzw. den Untergang der Sache zu verschulden (§ 276 BGB, § 278 BGB, vgl. § 989 BGB)

b. Gegen den deliktischen Besitzer, § 992 BGB

Als deliktisch wird ein Besitzer bezeichnet, der den Besitz der Sache durch verbotene Eigenmacht (§858 BGB) oder durch eine Straftat (z.B. Diebstahl, § 242 StGB) erlangt hat. Ist dies der Fall, verdient der Besitzer keinen Schutz mehr und haftet deshalb auch in vollem Umfang nach den Vorschriften der §§ 823 ff., 249 ff. BGB. Die §§ 987 ff. BGB des EBV sind jedoch trotzdem anwendbar. Er haftet also gleich doppelt (=verschärfte Haftung). Zudem haftet er auch für den zufälligen Untergang der Sache nach § 848 BGB.
Prüfungsschema:

  1. Vorliegen einer Vindikationslage zum Zeitpunkt der schädigenden Handlung
  1. Deliktischer Besitzer, § 992 BGB (=Erwerb der Sache durch verbotene Eigenmacht oder durch eine Straftat)
  1. Verletzungshandlung (in Form einer Beschädigung, Zerstörung oder Unmöglichkeit der Herausgabe)
  1. Verschulden (§§ 276, 278 BGB, vgl. § 989 BGB) bereits bei Begehen der verbotenen Eigenmacht bzw. der Straftat.
Für die Haftung aufgrund einer Straftat ist muss deren vorausgesetztes Verschulden, also meist Vorsatz, vorliegen.
Für die Haftung aufgrund verbotener Eigenmacht genügt bereits leichte Fahrlässigkeit. Liegt diese nicht vor, so tritt die verschärfte Haftung der §§ 823 ff. BGB erst bei Bösglaubigkeit (§ 990 I 2 BGB) oder bei Rechtshängigkeit ein.

c. Gegen den gutgläubigen, unverklagten Besitzer

Hat der Besitzer die Sache im guten Glauben erworben und wurde er auch nicht verklagt, so haftet er gem. § 933 I 2. HS BGB nicht für den entstandenen Schaden.



3. Ansprüche auf Nutzungsherausgabe

a. Gegen den gutgläubigen, unentgeltlichen Besitzer, § 988 BGB
Prüfungsschema:

  1. Vindikationslage bei Nutzungsziehung, § 985 BGB
  1. Besitz aufgrund eines Nutzungsrechts
  1. Unentgeltlicher Erwerb des Besitzes
  1. Redlicher und unverklagter Besitzer

Folge: Haftung nach §§ 812 ff. BGB, insbesondere § 818 Abs. 3 BGB. Herausgabe der Nutzungen; auch solche, die vor Eintritt der Rechtshängigkeit bzw. der Bösgläubigkeit gezogen wurden.

b. Gegen den gutgläubigen oder unverklagten Besitzer

War der Erwerber zum Zeitpunkt des Erwerbs gutgläubig oder wurde er von dem Eigentümer noch nicht verklagt, darf er darauf vertrauen, dass er den Besitz behalten darf. Er darf sogar die gezogenen Nutzungen behalten. Jedoch muss er die tatsächlich gezogenen Früchte (s. § 99 BGB), die er über das Maß einer ordnungsgemäßen Wirtschaft hinaus erwirtschaftet hat an den Eigentümer herausgeben, § 933 Abs. 1 BGB.
Sollte er im im nachhinein noch unredlich werden, so gelten die Vorschriften über den bösgläubigen bzw. rechtshängigen Besitzer entsprechend nach dem Zeitpunkt des Eintritts der Bösgläubigkeit bzw. der Rechtshängigkeit. Die Haftung ist jedoch durch § 818 Abs. 3 BGB begrenzt.

c. Gegen den bösgläubigen oder verklagten Besitzer, § 987 BGB, § 990 BGB

Da ein bösgläubiger oder verklagter Besitzer nicht mehr schutzwürdig ist hat er die nach dem Zeitpunkt der Bösgläubigkeit bzw. Rechtshängigkeit gezogenen Nutzungen an den Eigentümer herauszugeben. Anspruchsgrundlage hierfür ist § 987 Abs. 1 BGB bzw. § 990 Abs. 1 BGB i.V.m. § 987 Abs. 1 BGB.
Prüfungsschema:

  1. Vindikationslage bei Nutzungsziehung, § 985 BGB
  1. Nutzziehung nach Rechtshängigkeit (§ 987 I BGB) oder nach Eintritt der Bösgläubigkeit (§ 990 I BGB)
Nutzungen sind nach § 100 BGB die Früchte einer Sache sowie deren Gebrauchsvorteile.

Folge: Herausgabe aller Nutzungen, die der Besitzer nach Eintritt der Rechtshängigkeit bzw. der Bösgläubigkeit gezogen hat.


d. Gegen den deliktischen Besitzer, §§ 992, 823 ff. BGB

Auch hier gilt wieder die verschärfte Haftung nach §§ 812ff, 848 BGB.

Prüfungsschema:

  1. Vindikationslage bei Nutzungsziehung, § 985 BGB
  1. Deliktischer Besitzer, § 992 BGB
  1. Nutzziehung nach deliktischer Handlung
  1. Verschulden, §§ 276, 278 BGB, vgl. § 989 BGB

Folge: Deliktischer Besitzer haftet verschärft nach den §§ 812 ff., 848 BGB
Herausgabe der Nutzungen gem. § 249 Abs. 1 BGB
Gegebenenfalls Wertersatzu gem. § 251 Abs. 1 BGB

B. Anspruch des Besitzers gegen den Eigentümer: auf Verwendungsersatz gem. §§ 994 ff. BGB

Bevor wir uns dem Anspruch an sich zuwenden, muss vorab geklärt werden, was Verwendungen überhaupt sind. Verwendungen sind freiwillige Aufwendungen, die der Erhaltung, Verbesserung oder Wiederherstellung einer Sache dienen. Drei Arten von Verwendungen werden unterschieden:
  • Notwendige Verwendungen nach § 994 BGB: Bei objektiver Betrachtung notwendig, um wirtschaftlichen Bestand zu erhalten.
  • Nützliche Verwendungen nach § 996 BGB: Erhöhung des Wertes der Sache oder des Gebrauchsvorteils, auch wenn nicht notwendig
  • Luxusaufwendungen: Keine Erhöhung des Wertes; Kein Nutzen für den Eigentümer (werden nicht erstattet, lediglich Wegnahmerecht nach § 997 Abs. 1 BGB)
Es ist gleichgültig, ob der Besitzer bei Vornahme der Verwendungen rechtmäßiger oder unrechtmäßiger Besitzer war.

1. Haftung des gutgläubigen oder unverklagten Besitzers, § 994 Abs. 1 BGB
Prüfungsschema:

Wenn es sich um notwendige Verwendungen handelt: Voraussetzungen des § 994 Abs. 1 BGB
  1. Vindikationslage bei Nutzungsziehung
  1. Unverklagter und redlicher Besitzer
  1. Notwendige Verwendung, § 994 I BGB

Wenn es sich um nützliche Verwendungen handelt: Voraussetzungen des § 996 BGB:
  1. Vindikationslage bei Nutzungsziehung
  1. Unverklagter und redlicher Besitzer
  1. Nützliche Verwendung (aus Sicht Eigentümer, str.)

Folge: Eigentümer muss dem Besitzer Ersatz der notwendigen Verwendungen zahlen. Jedoch ist dieser Anspruch nur innerhalb der Grenzen der §§ 1001 ff. BGB durchsetzbar.

2. Haftung des bösgläubigen oder verklagten Besitzers, § 994 Abs. 2 BGB
Prüfungsschema:

Wenn es sich um notwendige Verwendungen handelt, die nach Rechtshängigkeit bzw. Bösgläubigkeit gemacht wurden, sind diese dem Besitzer nur unter den Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag zu erstatten, s. § 944 Abs. 2 BGB:
  1. Vindikationslage bei Nutzungsziehung
  1. Verklagter oder unredlicher (§ 990 Abs.1 BGB) Besitzer
  1. Voraussetzungen der GoA nach § 683 BGB, § 670 BGB bzw. § 684 BGB, § 818 BGB (je nach mutmaßlichem Willen des Eigentümers)

Folge: Ersatzzahlung der nützlichen Aufwendungen. Durchsetzbarkeit des Anspruchs richtet sich nach §§ 1001 ff. BGB.

Wenn es sich um nützliche Verwendungen handelt, die nach Rechtshängigkeit bzw. Bösgläubigkeit gemacht wurden, kann der Besitzer keinen Ersatz verlangen.

3. Haftung des deliktischen Besitzers, § 994 Abs. 2 BGB, § 683 BGB, § 684 BGB
Keine speziellen Vorschriften für deliktischen Besitzer. Siehe bösgläubiger Besizter.

Weitere Ansprüche:
  • Wegnahmerecht nach § 997 Abs. 1 BGB
  • Zurückbehaltungsrecht nach § 999 BGB
  • Befriedigungsrecht nach § 1003 BGB

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