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aktuelles Dokument: BesitzSchutz
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Version [17682]

Dies ist eine alte Version von BesitzSchutz erstellt von LisaHofmann am 2012-11-29 00:07:22.

 

Der Besitz


A. Abgrenzung von Besitz und Eigentum
Besitz und Eigentum sind zwei Zentralbegriffe des Sachenrechts, die im Umgangsprachlichen häufig verwechselt werden, im Juristischen aber klar voneinander abzugrenzen sind. Das BGB regelt zu Beginn des 3. Buches zuerst den Besitz in den §§ 854 - 872 BGB. Als Besitz kann die tatsächliche Herrschaft einer Person über eine Sache bezeichnet werden, vgl. § 854 I BGB. Der Besitzer hat demzufolge die tatsächliche Sachherrschaft. Im Gegensatz dazu hat der Eigentümer die rechtliche Herrschaft über eine Sache. Demzufolge lässt sich sagen, dass das Eigentum das wichtigste dingliche Recht ist, dem im Sachenrecht eine besondere Bedeutung zukommt. Aber auch der Besitz ist als Rechtsinstitut duch die §§ 854 ff. BGB besonders geschützt.

B. Besitzarten

  • Unmittelbarer Besitz (§ 854, 855 BGB) / Mittelbarer Besitz (§ 868 BGB(
  • Alleinbesitz / Mitbesitz (§ 866 BGB) / Teilbesitz (§ 865 BGB)
  • Eigenbesitz (§ 872 BGB) / Fremdbesitz (vgl. §§ 937, 955, 991 BGB)
  • Berechtigter Besitz / Fehlerhafter Besitz (§ 858 BGB)
  • Unberechtigter Besitz / Nicht fehlerhafter Besitz

C. Unmittelbarer Besitz
Unmittelbarer Besitz bedeutet die tatsächliche Herrschaft über eine Sache.
Besitzbegriffe
Besitzer = Besitzer ist, wer nach der Verkehrsanschauung, getragen von einem allgemeinen Besitzwillen, die tatsächliche Sachherrschaft an einer Sache ausübt, § 854 I BGB. Es werden allerdings zwei Arten von Besitzern unterschieden:

Unmittelbarer Besitzer = derjenige, der (im Moment) die tatsächliche Sachherrschaft hat = Besitzmittler

Mittelbarer Besitzer = derjenige, der dem anderen die Sache (auf Zeit) zum Besitz überlässt, § 868 BGB = Oberbesitzer (kann ggf. der Eigentümer der Sache sein). Er ist trotzdem ein vollwertiger, schützwürdiger Besitzer und hat alle Besitzschutzrechte!
Das Verhältnis zwischen Besitzmittler und Oberbesitzer nennt man Besitzmittlungsverhältnis (kurz: BMV).

Besitzdiener = Wer wer im Rahmen eines sozialen Abhängigkeitsverhältnisses tatsächliche Gewalt über eine Sache ausübt, § 855 BGB. Er ist nicht Besitzer der Sache, sondern der Besitzherr.

1. Erwerb des unmittelbaren Besitzes
Es gibt drei Erwerbsformen:
a. Gemäß § 854 I BGB durch Erlangung der unmittelbaren Sachherrschaft
Vorraussetzungen:
      1. Räumliche Beziehung
      1. Gewisse Dauerhaftigkeit
      1. Besitzwillen
b. Gemäß § 854 II BGB durch rechtsgeschäftliche Einigung
Voraussetzungen:
      1. Rechtsgeschäftliche Einigung
      1. Bisheriger Besitzer gibt Sachherrschaft auf
      1. Neuer Besitzer kann Sachherrschaft ausüben
c. Gemäß § 857 BGB durch Erbschaft
Erbenbesitz auch ohne Kenntnis des Erbfalls und ohne tatsächliche Sachherrschaft möglich.

2. Verlust des unmittelbaren Besitzes
Verlustmöglichkeiten:
    • gem. § 856 I 1. Alt. BGB: Dauerhafte Aufgabe des unmittelbaren Besitzes
    • gem. § 856 I 2. Alt. BGB: Besitzverlust in sonstiger Weise: Unfreiwilliger Verlust des Besitzes, z.B. durch Diebstahl
Voraussetzung: Beendigung nicht nur vorübergehend. Beispiel: Abstellen eines PKW
    • Verlust bei Sachherrschaft des Besitzdieners. Beispiel: nicht bei kurzer Spritztour des Chauffeurs
    • Gem. 857 BGB bei Verlust der Erbenstellung

D. Mittelbarer Besitz
Mittelbarer Besitzer ist derjenig, der dem Besitzmittler die Sache auf Zeit zum Besitz überlässt.
1. Entstehung
Voraussetzungen:
    1. Besitzmittler = unmittelbarer Besitzer
    1. Besitzmittlungsverhältnis = Besitzkonstitut i.S.d. § 868 BGB
    1. Erkennbarer Fremdbesitzerwillen des Besitzmittlers
    1. Wirksamer Herausgabeanspruch des mittelbaren Besitzers gegen den Besitzmittler (künftiger oder bedingter Anspruch ausreichend)

2. Beendigung
Beendigungsmöglichkeiten:
    • § 870 BGB: Abtretung des Herausgabeanspruchs
    • Aufhebung des Besitzmittlungsverhältnisses
    • Verlust des unmittelbaren Besitzes durch den Besitzmittler
    • Besitzmittler generiert sich als Eigenbesitzer oder mittelt neuem Oberbesitzer

E. Besitzschutz nach Sachenrecht
Der Besitzer hat bestimmte Schutzrechte, die den Besitz bei unerlaubter Besitzentzug oder Besitzstörung schützen sollen. Diese Rechte stehen sowohl dem unmittelbaren als auch dem mittelbaren Besitzer zu.

1. Besitzwehr gem. § 859 I BGB.
Besitzwehr ist ein Selbsthilferecht und bezieht sich auf den Zeitpunkt, in dem der Besitz durch verbotene Eigenmacht gestört oder entzogen wird. Der § 859 I BGB erlaubt dem Besitzer, sich bei verbotener Eigenmacht durch Gewalt zu wehren, d.h. den Besitz duch Gewalt zu schützen (allerdings innerhalb des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes). Er muss also nicht vorher die Polizei anrufen, damit die für ihn handeln darf.
Folgende Voraussetzungen müssen für die Rechtfertigung der Gewaltanwendung vorliegen:
    1. Drohende Besitzstörung oder Besitzentziehung durch verbotene Eigenmacht gem. § 858 BGB.
- Entziehung oder Störung des Besitzes ohne den Willen des Besitzers (nicht unbedingt "gegen", nur "ohne"den Willen)
- Keine Rechtfertigung durch Gesetz
    1. Nichtüberschreitung der Grenzen einer gebotenen, erforderlichen und angemessenen Gewaltanwendung


2. Besitzkehr
Achtung: für beide Arten der Besitzkehr gilt ein enger zeitlicher Rahmen ("sofort")
a. für bewegliche Sachen gem. § 859 II BGB
Auch die Besitzkehr ist ein Selbsthilferecht und bezieht sich auf den Zeitpunkt, in dem der Besitz durch verbotene Eigenmacht gestört oder entzogen wird (=auf frischer Tat betroffen) oder der Täter unmittelbar nach der verbotenen Eigenmacht verfolgt wurde. Als Rechtsfolge darf der Besitzer die bewegliche Sache dem Täter durch Gewalt wieder abnehmen.
Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:
      1. Bewegliche Sache
      1. Besitzentziehung durch verbotene Eigenmacht, § 858 BGB
      1. Auf frischer Tat betroffen oder nach der Tat unmittelbar verfolgt (Nacheile)
b. für Grundstücke gem. § 859 III BGB
Voraussetzungen:
      1. Grundstück
      1. Besitzentziehung durch verbotene Eigenmacht, § 858 BGB
      1. Sofortige Wiederbeschaffung des Besitzes


3. Possessorischer Besitzschutz
Der possessorische Besitzschutz leitet sich aus dem faktischen Besitz ab (unabhängig vom Recht zum Besitz) und bezieht sich auf den Zeitpunkt, in dem eine Besitzstörung (§ 862 I BGB) bzw. Besitzentziehung (§ 861 I BGB) bereits stattgefunden hat. Diese Ansprüche sind also kein "Sofortschutz" wie die Besitzwehr oder die Besitzkehr. Sie zielen auf eine Unterlassung der Störung (§862 I BGB) oder auf eine Wiedereinräumung des Besitzes (§ 861 I BGB) als Rechtsfolge ab.
a. bei Besitzentziehung, gem. § 861 I BGB
Voraussetzungen:
      1. Anspruchsteller ehemaliger Besitzer
      1. Anspruchsgegner fehlerhafter Besitzer nach § 858 II 1 BGB: Besitzer hat Besitz selbst durch verb. Eigenmacht entzogen oder § 858 II 2 BGB: Nachfolger im Besitz bei Kenntnis Fehlerhaftigkeit oder Besitznachfolger bei Erbschaft, § 858 II 2, 1. Alt. BGB
      1. Kein Ausschluss des Anspruchs
        • Besitzentzug selbst war erlaubte Besitzkehr, § 859 II, III BGB
        • Entzogener Besitz war fehlerhaft, § 861 II BGB
        • Erlöschen nach einem Jahr ab Verüben der verbotenen Eigenmacht, § 864 BGB
        • Beachte: alle anderen Einwendungen sind ausgeschlossen! § 863 BGB
Rechtsfolge: Ehemaliger Besitzer kann vom Täter die Wiedereinräumung des Besitzes verlangen.
b. bei Besitzstörung, gem. § 862 I BGB
Voraussetzungen:
      1. Anspruchsteller Besitzer
      1. Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht
      1. Kein Ausschluss des Anspruchs
        • Besitzentzug selbst war erlaubte Besitzwehr, § 859 I BGB
        • Besitzer besitzt Störer selbst gegenüber fehlerhaft, § 862 II BGB
        • Erlöschen nach einem Jahr ab Verüben der verbotenen Eigenmacht, § 864 BGB
        • Beachte: alle anderen Einwendungen sind ausgeschlossen! § 863 BGB
Rechtsfolge: Besitzer kann vom Täter die Unterlassung der Störung verlangen.

4. Petitorischer Besitzschutz
Der petitorische Besitzschutz leitet sich aus dem Recht zum Besitz ab, nicht aus dem Besitz selbst. Der Besitzschutz (§ 1007 I, II BGB) schützt den früheren Besitzer. Auch hier gibt es zwei Anspruchsgrundlagen. Bei beiden zielt die Rechtsfolge auf die Herausgabe einer beweglichen Sache ab. Der petitorische Besitzschutz hat allerdings nur geringe praktische Bedeutung neben den anderen Herausgabeansprüchen, da die Bösgläubigkeit des Anspruchgegners oftmals schwer nachweisbar ist und im Rahmen des § 985 BGB die Eigentumsvermutung nach § 1006 BGB hilft.
a. Herausgabeanspruch gem. § 1007 I BGB
Voraussetzungen:
      1. Bewegliche Sache
      1. Anspruchsteller früherer Besitzer
      1. Aktueller Besitz des Anspruchsgegners
      1. Anspruchsgegner bösgläubig beim Besitzerwerb, vgl. § 932 II BGB
      1. Kein Ausschluss des Anspruchs
        • Bösgläubigkeit des Anspruchstellers beim Besitzerwerb, § 1007 III 1, 1. Hs. BGB
        • Freiwillige Besitzaufgabe, § 1007 III 1, 2. Hs. BGB
        • Gegenwärtiger Besitzer hat Recht zum Besitz, § 1007 III 2, 986 BGB
b. Herausgabeanspruch gem. § 1007 II BGB
Voraussetzungen:
      1. Bewegliche Sache
      1. Anspruchsteller früherer Besitzer
      1. Besitz des Anspruchsgegners
      1. Abhandenkommen beim Anspruchssteller (Diebstahl, Verlust oder sonst abhanden gekommen) = unfreiwilliger Verlust des unmittelbaren Besitzes
      1. Kein Ausschluss des Anspruchs
        • Bösgläubigkeit des Anspruchstellers beim Besitzerwerb, § 1007 III 1, 1. Hs. BGB
        • Freiwillige Besitzaufgabe, § 1007 III 1, 2. Hs. BGB nicht möglich, da Abhandenkommen immer unfreiwillig
        • Sache ist Anspruchsgegner abhanden gekommen, § 1007 II 1, 2. Hs. BGB
        • Gegenwärtiger Besitzer hat Recht zum Besitz, § 1007 III 2, 986 BGB
        • Keine Anwendung auf Geld oder Inhaberpapiere, § 1007 II 2 BGB
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